Valentinis Anklage lässt tief blicken

Fünf der vergangenen sechs Spiele verloren – von dem in der Hinrunde erfrischend aufspielenden FCN ist im Saisonendspurt so gar nichts mehr übrig, die Stimmung um den Traditionsverein ist längst gekippt, und er selbst führt angesichts der tiefgreifenden Krise mal wieder Personal- und Richtungsdebatten.

Das Beste am Nachmittag der 0:1-Heimniederlage gegen den KSC? Nein, nicht der Umstand, dass die Mannschaft nach der Pause gegen die Badener einen deutlich besseren Auftritt hinlegte. Dies war angesichts einer unterirdischen ersten Hälfte erstens nicht schwer und zweitens dann auch nur ansatzweise zweitliga-tauglich. Zum großen Leidwesen eines jeden eingefleischten Cluberers musste ausgerechnet der Lokalrivale aus Fürth als Stimmungsaufheller herhalten: Das Drehen eines 0:2 in einen 5:3-Erfolg der SpVgg beim Abstiegskandidaten Wehen Wiesbaden war zumindest ein klein wenig Balsam auf den klaffenden FCN-Wunden.

Es spricht Bände, dass momentan die Schwäche der anderen der größte Trumpf des neunmaligen Deutsche Meister im Saisonfinale zu sein scheint. Der fünf, beziehungsweise sechs Punkte betragende Vorsprung auf den 16. Wehen Wiesbaden und den 17. Rostock ist drei Spieltage vor Schluss nur deshalb beruhigend, weil eine Aufholjagd der beiden angesichts ihres Restprogramms und ihrer derzeitigen Form schwer vorstellbar ist.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es eingedenk des jüngsten Auftritts gegen den KSC ebenso schwer vorstellbar ist, dass der FCN noch einen Punkt holt. Erschwerend zur Form- und Leistungskrise kommt eine Gemengelage hinzu, die wenig Hoffnung auf einen Umschwung macht. Das beginnt damit, dass Kapitän Enrico Valentini öffentlich die Trainingsleistungen der Mannschaft als nicht ernsthaft bezeichnet und (selbst-)anklagend anfügt, dass “wir es nicht mal schaffen, 90 Minuten mittelmäßig zu spielen”.

Valentini: “Jeder kriegt, was er verdient”

Was ist nur passiert, dass die bis zum 13. Spieltag so ordentlich bis ansehnlich aufspielende Mannschaft in den Monaten und Wochen danach nur noch selten wiederzuerkennen war? Den einen Grund kann auch der 35-jährige Ur-Cluberer im Profi-Kader nachvollzieherweise nicht benennen, wie auch, es sind viele, viele Gründe, die zur jetzigen Situation geführt haben. “Jeder kriegt das, was er verdient”, resümiert Valentini. Was so banal klingt, ist letztlich eine brutale Bestandsaufnahme.

Zurück zu den Gründen. Ein grundlegender könnte darin liegen, dass der Club ein Stück weit in seiner glorreichen Vergangenheit gefangen ist. Läuft es drei, vier Spiele gut, gerät der Umstand, im vergangenen Jahrzehnt im Schnitt höchstens ein mittelmäßiger Zweitligist gewesen zu sein, völlig außer Blick. Eingedenk der alten Titel und Triumphe wird dann von der Wucht des Vereins geschwelgt, die Bundesliga als das einzige dem Selbstverständnis entsprechenden Ziel angesehen, egal, wie weit sich der Club in der Zwischenzeit von der Eliteliga entfernt hat. Passend dazu muss alles groß sein, der FCN will der nachhaltigste Verein der Welt sein, das Projekt “neues Stadion” soll, wenn realisiert, eines sein, das weltweit Beachtung finden wird.

Mangelnde Selbstkritik und Schönfärberei

Damit keine Missverständnisse entstehen: Deswegen spielt die Mannschaft nicht so, wie sie es gegen den KSC tat, aber das mitunter zu hochtrabende Auftreten des Vereins färbt ab. Zumal in den guten Phasen eines verpönt ist: jede Form von Kritik. Mangelnde Selbstreflexion ist ein Manko, das sich einem roten Faden gleich durch die jüngere Vergangenheit zieht – dies beinhaltet auch den Hang zur Schönfärberei und den, Ausflüchte zu finden. Beim 0:2 gegen St. Pauli wird der enttäuschend mutlose Auftritt damit weggedrückt, dass die Hamburger als Spitzenreiter einfach zu gut seien. 0:4 zu Hause gegen Kiel? Klar, aufgrund einer frühen Unterzahl ist gegen so eine Spitzenmannschaft gar nichts anderes möglich, als hätte es das noch nie gegeben, dass ein Mannschaft in Unterzahl zum unbequemen Gegner wird.

Überhaupt Kiel. In der aktuellen Krise wird nun die These aufgestellt, dass die Qualität des Kaders, weil total falsch zusammengestellt, einfach nicht mehr hergebe. Nun ja, die Mannschaft hat selbst schon die Anti-These dazu aufgestellt, zum Beispiel beim überzeugenden 2:0 bei den Störchen in der Hinrunde. Und: Es mag Kader geben, die wie der des HSV oder des FC Schalke 04 eine deutlich höhere individuelle Qualität haben, doch das Kieler Aufgebot gehört gewiss nicht dazu. Keine Frage, dem Kader des Club fehlt es an Stimmigkeit, er ist in manchen Mannschaftsteilen zu üppig bestückt, während es wiederum generell an widerstandsfähigen Führungskräften fehlt, doch den Niedergang der vergangenen Monate lässt sich allein dadurch nicht erklären.

Existentiell wichtige Transfererlöse

Andererseits gibt es mit Sportvorstand Dieter Hecking einen Mann, der allein aufgrund seines Amts in der Verantwortung steht. Dass der 59-Jährige dieser Tage so mächtig angezählt wird, dass seine Tage in Nürnberg gezählt zu sein scheinen, ist zwar einerseits nachvollziehbar, doch zum Alleinschuldigen taugt er dennoch nicht. In seinem fast vierjährigen Wirken ist in der Tat keine nachhaltige sportliche Weiterentwicklung zu erkennen, andererseits darf nicht unterschlagen werden, dass er und Sportdirektor Olaf Rebbe mit ihren Transfererlösen den Verein von seinen existentiellen Finanznöten befreit haben.

Hecking selbst betont, dass er die Unzufriedenheit und die damit verbundenen hochkochenden Emotionen “nachvollziehen kann”, sein Handeln will er davon aber nicht bestimmen lassen. Dass er vor dem Spiel gegen den KSC mit der Mannschaft “sprach”, um in der Pause des Spiels dann eine gemäß Valentinis “sehr laute” Kabinenansprache folgen zu lassen, zeigt aber auch, wie sehr die Misere an ihm nagt. Nachvollziehbar, doch wie zerfahren die Situation für ihn mittlerweile geworden ist, belegt gerade diese Aktion: Größtenteils wird sie Hecking als Untergrabung der Autorität des Trainers ausgelegt. Hätte er wiederum nichts gemacht, wäre ihm wohl Tatenlosigkeit vorgeworfen worden.

Der Aufsichtsrat soll angeblich bereits den Daumen in der Causa Hecking gesenkt haben, was einerseits den Mechanismen des Geschäfts entsprechen würde, andererseits aber auch auf ein Großteil des Gremiums ein schlechtes Licht wirft, hat es doch in der alten Zusammensetzung erst unlängst die Vertragsverlängerung Heckings als wichtigen zukunftsweisenden Schritt gefeiert. Jedes Aber daran, verbat sich das Gremium ausdrücklich, dabei las sich auch damals die Bilanz des Sportvorstands nicht viel besser. Die sich nun wohl anbahnende Trennung wird so nun für den Club mal wieder zu einer kostspieligen Angelegenheit, nicht zu vergessen, dass der 59-Jährige längst die ersten Weichen für den großen Umbruch im Sommer gestellt hat.

Fiel steht intern nicht zur Diskussion

Was aktuell indes für den FCN sehr ungewöhnlich ist: Am Trainer wird nicht gerüttelt, auch wenn er die Malaise mitzuverantworten hat und ihr mittlerweile ratlos gegenübersteht. Der vor fünf Monaten bei der Jahreshauptversammlung gefeierte Cristian Fiel mag bei einigen Fans einen Teil seines Kredits verspielt haben, nicht so aber im Verein selbst. Zwar kann man derzeit von der von Fiel beabsichtigten Spielweise nichts sehen, so sind die guten Tage des FCN in dieser Saison unverändert das Pfund, mit dem der Spanier wuchern kann. Da hat man nämlich sehr wohl und sehr gut eine klare Handschrift des 44-Jährigen erkannt. Sein über die Flügel vorgetragener Ballbesitz-Fußball hat Spaß gemacht und Eindruck hinterlassen – auch bei der Hertha.

Das 3:3 in Berlin vor fünf Spielen war nicht nur spektakulär, sondern auch die mit Abstand spielerisch beste Vorstellung des FCN in diesem Jahr – nicht zu vergessen, der 3:1-Erfolg über den Absteiger in der Hinrunde. In Summe sorgt dies dafür, dass Fiel auf der Liste Herthas steht, und dass die Berliner auch schon mit ihm gesprochen habe. Offen ist derzeit, ob er der Favorit ist. Was indes klar ist: Fiel hat einen gültigen Vertrag beim FCN, und wohl keine Ausstiegsklausel, wie kolportiert wird.

So gesehen sind unabhängig vom weiteren Saisonverlauf spannende Tage beim Club programmiert. Dass die Zeichen mal wieder auf Umbruch stehen, ist klar, nicht aber, wie groß dieser ausfallen wird

Chris Biechele

“DNA des SV Sandhausen vorgelebt”: Diekmeier beendet seine Karriere

Dennis Diekmeier, der seit Januar 2019 für den SV Sandhausen spielte, beendet seine sportliche Laufbahn. Das gab der Verein in einer Pressemitteilung bekannt. Der Kapitän wandte sich auch in einem offenen Brief an die Fans.

Sandhausens Kapitän Dennis Diekmeier beendet seine Karriere.

Sandhausens Kapitän Dennis Diekmeier beendet seine Karriere.

IMAGO/Eibner

Im Sommer ist Schluss: Dennis Diekmeier, der seit Januar 2019 für den SV Sandhausen auf dem Rasen stand, beendet seine Karriere. Das gaben die Kurpfälzer und der Kapitän wenige Wochen vor dem Ende der Spielzeit 2023/24 bekannt. Für den SVS lief Diekmeier bislang 118-Mal in der 2. Liga, 24-Mal in Liga 3 und in vier Partien im DFB-Pokal auf. Maximal drei Drittligaspiele und das Finale im Landespokal werden noch folgen, dann endet Diekmeiers Zeit als aktiver Fußballer.

Beim SV Sandhausen hatte sich der langjährige Bundesligaspieler des Hamburger SV (2010-2018) und 1. FC Nürnberg (2009-2010) schnell in die Herzen der Fans gespielt – und das, obwohl er den Verein ursprünglich nur als Zwischenstation gesehen hatte. “Als ich vor über fünf Jahren zum SV Sandhausen kam, dachte ich, so ehrlich muss ich sein, es sei nur ein kurzes Abenteuer. Ich wollte mich, nach einem halben Jahr ohne Klub, zeigen, um dann weiterzuziehen. Aber dann habe ich den Verein kennengelernt – allen voran Jürgen Machmeier. Er hat mich mit seinem Enthusiasmus so sehr für den Klub und die Region angesteckt, dass ich trotz anderer Angebote nie wieder gehen wollte”, wird der 34-Jährige in der Vereinsmitteilung zitiert.

Es war mir schon vor langer Zeit klar, dass Sandhausen meine letzte Station sein soll.

Dennis Diekmeier zu seinem Karriereende

“Es war mir schon vor langer Zeit klar, dass Sandhausen meine letzte Station sein soll. Und so ist es jetzt auch. Es war mir eine Ehre, hier so eine besondere Zeit erleben zu dürfen, auch wenn es mir weh tut, dass wir in der 3. Liga spielen”, sagte Diekmeier, der mit den Kurpfälzern am Ende der vergangenen Saison nach elf Jahren im Bundesliga-Unterhaus abgestiegen war. Ein Wiederaufstieg in dieser Saison erscheint drei Spiele vor Schluss angesichts von neun Zählern Rückstand auf Relegationsplatz 3 unmöglich.

Der von Diekmeier erwähnte Präsident Machmeier hob in seinem Statement die Bedeutung des Verteidigers für den Verein hervor: “Ich bedanke mich bei Dennis für sein aufrichtiges Bekenntnis zu unserem Verein. Er war der Spieler, der von Beginn an die DNA des SV Sandhausen vorgelebt hat. An ihm kann sich jeder Spieler ein Beispiel nehmen.”

Diekmeier erzielte erst im 294. Profispiel sein erstes Tor

“Wir verlieren mit Dennis nicht nur einen klasse Menschen und unseren Kapitän, sondern auch eine außergewöhnliche Professionalität und Mentalität in der Kabine”, bedauert auch Sportdirektor Matthias Imhof den Verlust. Womöglich wird Diekmeier in Zukunft aber einen anderen Posten beim SVS bekleiden: “Dennis wird uns auf dem Platz fehlen, doch vielleicht bleibt er uns an anderer Stelle erhalten …”, so Imhof. Wie konkret die Zukunftsplanungen des Vereins in dieser Hinsicht sind, wurde aber nicht bekannt.

Zum Schluss wandte sich Diekmeier in einem offenen Brief an die Fans – und ging auch auf ein Ereignis ein, was ihn in der Saison 2019/20 in die Schlagzeilen gebracht hatte, als er in seinem 294. Profispiel endlich seinen ersten Treffer erzielte: “Zahlreiche Journalisten sind zu der Zeit irgendwie ausgeflippt, weil ich endlich, endlich, endlich ein Tor erzielt hatte.” Trotz schwieriger Phasen, in denen der U-19-Europameister von 2009 gerade während seiner Jahre in der Bundesliga beim HSV wegen der langen Torlosigkeit immer wieder Häme über sich ergehen lassen musste, konstatierte Diekmeier: “Es wird mir schwerfallen, wenn es bald vorbei ist.”

Ewige Tabelle: Heidenheim kann Lokalrivalen überholen – und was sich noch anbahnt

Fünf Klubs hat Neuling Heidenheim in der ewigen Bundesliga-Tabelle bereits hinter sich gelassen, der sechste könnte am Samstag folgen. Weiter oben sind fünf Klubs auf dem Vormarsch.

Leverkusen hat Köln, Leipzig Augsburg im Visier - und Jan-Niklas Beste (Mi.) winkt mit Heidenheim Platz 51 in der ewigen Bundesliga-Tabelle.

Leverkusen hat Köln, Leipzig Augsburg im Visier – und Jan-Niklas Beste (Mi.) winkt mit Heidenheim Platz 51 in der ewigen Bundesliga-Tabelle.

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Dass der 1. FC Heidenheim den Klassenerhalt dicht vor Augen hat, ist schon bemerkenswert genug. Doch wer hat im Sommer vorausgesagt, dass der Bundesliga-Neuling in seiner ersten Saison nie ernsthaft in Abstiegsgefahr geraten und sogar Chancen haben würde, bei der bevorstehenden Heim-EM einen deutschen Nationalspieler zu stellen?

Kurzum: Die Entwicklung des FCH ist schier sensationell – und spiegelt sich auch in der ewige Bundesliga-Tabelle wider. Mit 34 Punkten nach 30 Spieltagen hat die Mannschaft von Trainer Frank Schmidt schon jetzt fünf Klubs hinter sich gelassen: Schlusslicht Tasmania Berlin (10 Punkte), den VfB Leipzig (20), die SpVgg Blau-Weiß 90 Berlin (21), Preußen Münster (30) und Fortuna Köln (33). Der sechste könnte an diesem Sonntag (19.30 Uhr, LIVE! bei kicker) folgen.

Wer steht wo?

Holen die Heidenheimer beim derzeitigen Tabellenletzten SV Darmstadt 98 mindestens einen Punkt, überholen sie im historischen Bundesliga-Ranking auch den SSV Ulm 1846, der seine einzige Bundesliga-Saison 1999/2000 mit 35 Zählern und einer Tordifferenz von -26 beendete. Dann wäre der FCH bereits auf dem 51. Platz und könnte zur neuen Saison die ersten Klubs ins Visier nehmen, die bislang zwei Bundesliga-Jahre erlebten: die SpVgg Greuther Fürth (39 Punkte), Tennis Borussia Berlin (49) und den SC Paderborn (51).

Leverkusen hat Köln im Visier

Weitere Verschiebungen in der ewigen Tabelle bahnen sich weiter oben an: RB Leipzig (28.) liegt nur noch einen Punkt hinter dem FC Augsburg (27.) und 40 hinter dem KFC Uerdingen (26.). Dem SC Freiburg (19.) fehlen noch 22 auf Fortuna Düsseldorf (18.).

Der VfL Wolfsburg (15.) könnte bei 43 Punkten Rückstand zur neuen Saison den 1. FC Nürnberg (14.) überholen, Meister Bayer 04 Leverkusen (10.) den Lokalrivalen 1. FC Köln (9.), der zwar noch 47 Zähler mehr auf dem Konto hat, 2024/25 aber womöglich nur noch Zweitligist ist. Ebenso droht der FC Schalke 04 seinen siebten Platz an Verfolger Eintracht Frankfurt zu verlieren – bei nur noch 30 Punkten Abstand.

“Sind nicht in der 1. Klasse”: Klare Worte und Hecking-Ansprache für FCN-Profis

Der 1. FC Nürnberg steckt in einer Formkrise. Vor dem Auswärtsspiel beim Karlsruher SC sprach auch Sportvorstand Dieter Hecking zur Mannschaft, während die Trainer draußen warteten. Für Coach Cristian Fiel in der aktuellen Situation “nichts Außergewöhnliches”.

Auf der Suche nach den passenden Worten: Nürnberg-Coach Cristian Fiel (li.) und Sportvorstand Dieter Hecking.

Auf der Suche nach den passenden Worten: Nürnberg-Coach Cristian Fiel (li.) und Sportvorstand Dieter Hecking.

IMAGO/Zink

Es hapert gewaltig beim 1. FC Nürnberg: Fünfmal in Folge blieb die Mannschaft von Cristian Fiel in den vergangenen Wochen sieglos, zuletzt verlor man dreimal in Folge gar zu Null. Vier Spieltage vor Schluss ist Relegationsplatz 16 zwar noch sechs Zähler entfernt, langsam braucht es aber wieder Punkte, wenn es nicht doch noch einmal ungemütlich werden soll.

Entsprechend wurde der Ton unter der Woche rauer. Neben Trainer Cristian Fiel hat sich auch Sportvorstand Dieter Hecking direkt an die Spieler gewendet. “Er hat zur Mannschaft gesprochen, das Trainerteam hat draußen gewartet, bis die Jungs zum Training gekommen sind”, erklärte Fiel. “Keiner ist weinend rausgekommen. Ich glaube, wenn du als Fußballmannschaft in so einer Situation bist, dann hat der Sportvorstand auch mal das Recht, zur Mannschaft zu sprechen. Deswegen ist es für mich nichts Außergewöhnliches.”

Wir sind keine 1. oder 2. Klasse, sondern eine Fußballmannschaft und da gehört es schon dazu, die Wahrheit anzusprechen.

Cristian Fiel

Der Coach selbst sah zwar, dass nicht alles in den vergangenen Wochen schlecht war, weiß aber auch: “Wenn du die Spiele nicht gewinnst, keine Punkte holst, keine Tore schießt, dann interessiert es auch keinen, dass du immer wieder ins letzte Drittel kommst und es immer wieder der entscheidende Pass oder das letzte Duell ist, das du dann nicht für dich entscheidest.”

Entsprechend sei klar: “Wir sind keine 1. oder 2. Klasse, sondern eine Fußballmannschaft und da gehört es schon dazu, die Wahrheit anzusprechen.” Und die sieht bitter aus: 0:4 gegen Kiel, 0:2 auf Schalke und 0:2 gegen Paderborn, so lauteten die Ergebnisse der vergangenen Wochen.

Angst vor Fehlern? “Dann können wir es gleich lassen”

Neben der harmlosen Offensive verschärften auch einige individuelle Fehler die Krise. “Wenn du, um einfach irgendeine Position zu nennen, als Flügel das Eins-gegen-eins vor dir hast und es nicht gewinnst, dann wird es halt schwierig, in gefährliche Räume zu kommen und Tore zu schießen”, erklärte Fiel, betonte andererseits aber auch: “Fehler gehören einfach dazu. Wenn ich mit sieben Spielern rausgehe, die Angst haben, den Ball zu bekommen, dann können wir es gleich lassen.”

Viele dieser Fehler darf sich der Club am Sonntag (13.30 Uhr, LIVE! bei kicker) jedenfalls nicht erlauben. Dann geht es zum Karlsruher SC, einem der formstärksten Teams der Liga. Zuletzt blieb die Elf von Christian Eichner fünfmal in Folge ungeschlagen (3-2-0).

Fünferkette ist “eine Option”

“Sie bringen viele Flanken, sind super in der Box, bringen Größe mit. Wenn wir das so verteidigen, wie wir es teilweise schon gezeigt haben, dann werden wir große Probleme kriegen, das steht außer Frage”, analysierte Fiel den kommenden Gegner. “Wir müssen unsere Box besser verteidigen. Allerdings gehört auch dazu, dass wir früher attackieren, um die Flanken zu verhindern. Wenn der Ball erstmal unterwegs ist, dann ist es manchmal auch nicht so einfach.”

Dabei könne auch eine Fünferkette durchaus eine Option sein. Sicher nicht mit von der Partie ist Christopher Schindler, der sich unter der Woche eine Muskelverletzung im Oberschenkel zuzog. Außerdem fehlt Jens Castrop bereits zum vierten Mal in dieser Saison gesperrt, diesmal aufgrund seiner zehnten Gelben Karte. James Lawrence macht nach seiner Rücken-OP Fortschritte und nimmt bereits teilintegrativ am Mannschaftstraining teil.

Mit 24 Jahren: Nürnbergs Dauerbrennerin May beendet ihre Karriere

106 Partien stand Jessica May zuletzt in Folge im Ligabetrieb für den 1. FC Nürnberg auf dem Platz, maximal drei weitere werden hinzukommen. Im Sommer beendet die 24-Jährige ihre aktive Karriere.

Hängt ihre Schuhe an den Nagel: Jessica May.

Hängt ihre Schuhe an den Nagel: Jessica May.

IMAGO/foto2press

“Ich habe mir in den letzten Monaten einige Gedanken gemacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich im Sommer meine Karriere beenden werde”, erklärt Jessica May in einer Videobotschaft ihre Entscheidung, einen Haken hinter ihre Fußball-Laufbahn zu setzen. “Ich bin unfassbar dankbar für die Zeit, ich habe viele tolle Erfahrungen sammeln dürfen und viele schöne Momente gehabt, gerade auch mit diesem Verein. Ich konnte meinen Traum leben, mit meinem Herzensverein in der Bundesliga zu spielen”.

Nürnberg verliert “tragende Säule”

Ab Sommer möchte sich May, die seit dem 13. Spieltag der Saison 2018/19 keine einzige Spielminute im Dress des 1. FC Nürnberg im Ligabetrieb verpasste, auf ihre berufliche Laufbahn als Grundschullehrerin konzentrieren. “Mit Jessica verlieren wir nicht nur eine tragende Säule dieser Mannschaft, sondern auch eine Spielerin, die in den letzten Jahren maßgeblichen Anteil an der Entwicklung des Vereins hatte. Ihr Werdegang ist ein Vorbild für viele junge Spielerinnen und unterstreicht die gute Jugendarbeit unseres Vereins”, so FCN-Sportvorstand Dieter Hecking in einer Vereinsmitteilung.

“Jessi hat sich immer in den Dienst der Mannschaft gestellt und alles für den maximalen Erfolg getan”, wird Osman Cankaya, Sportlicher Leiter der FCN-Frauen, zitiert. “Wir bedauern ihre Entscheidung in so jungen Jahren bereits die aktive Karriere zu beenden, respektieren aber ihren Wunsch und wünschen ihr für die berufliche Zukunft alles Gute.“

“Bis zum Saisonende liegt der Fokus nun aber noch auf unserem großen Ziel, den Klassenerhalt gemeinsam zu schaffen. Dafür werden wir als Team nochmal alle Kräfte mobilisieren, auch wenn die Ausgangslage extrem schwierig ist”, sagt May, die aus Ezelsdorf im Nürnberger Land stammt. In der Frauen-Bundesliga liegen die Nürnbergerinnen drei Spieltage vor Schluss auf dem vorletzten Platz und benötigen angesichts ihres Sechs-Punkte-Rückstands auf den vor ihnen liegenden 1. FC Köln wohl drei Siege, um den direkten Wiederabstieg zu verhindern.

Schon wieder verletzt: Schindler muss Club-Training abbrechen

Christopher Schindler hat es am Dienstag erneut erwischt. Der Nürnberger Abwehrspieler musste das Training wegen einer Muskelverletzung abbrechen.

Rückschlag im Kampf ums Comeback: Christopher Schindler.

Rückschlag im Kampf ums Comeback: Christopher Schindler.

IMAGO/Zink

“Leider keine guten Nachrichten vom Trainingsplatz”, schrieb der 1. FC Nürnberg am Dienstagmittag bei X. Christopher Schindler, 33-jähriger Abwehrspieler im Kader der Franken, hat sich erneut verletzt. Wegen einer “Muskelverletzung im Oberschenkel”, wie der Club weiter mitteilt, habe der gebürtige Münchner und Ex-Kapitän des FCN die Übungseinheit abbrechen müssen.

Damit verlängert sich die Leidenszeit Schindlers, der in der laufenden Saison noch keine Zweitliga-Minute auf dem Rasen bestritten hat.

Zwei Kreuzbandrisse und ein gebrochener Fuß

Seit einem im Dezember 2020 in Diensten von Huddersfield Town erlittenen Kreuzbandriss ist die Laufbahn des Defensivakteurs von mittelschweren bis schweren Verletzungen geprägt. Im vergangenen Sommer erlitt Schindler einen weiteren Kreuzbandriss, im Januar einen Mittelfußbruch, von dem er sich zuletzt erholt zu haben schien und das Trainingspensum wieder erhöht hatte.

Schindlers Vertrag beim Club läuft mit dem 30. Juni aus. Ob er darüber hinaus der Defensive der zuletzt nicht selten wackligen Nürnberger Hintermannschaft Halt geben wird, darf bezweifelt werden.

Mit Kollege James Lawrence hatte sich zu Wochenbeginn ein weiterer Innenverteidiger indes nach langer Leidenszeit beim Club zurückgemeldet. Auch der Vertrag des 31-Jährigen läuft im Sommer aus. Ob der Waliser im Saison-Endspurt noch einmal wird auflaufen können, ist noch fraglich.

Lawrence berichtet über Leidenszeit: “Ich konnte nicht mehr sitzen”

Ende August stand James Lawrence zuletzt für den 1. FC Nürnberg auf dem Platz. Jetzt kehrt der 31-Jährige zurück und berichtet davon, dass er kein “alltägliches Leben” mehr habe führen können, weswegen eine Operation nötig gewesen sei.

Das Mannschaftstraining ist sein nächstes Ziel: James Lawrence.

Das Mannschaftstraining ist sein nächstes Ziel: James Lawrence.

IMAGO/Zink

Die Saison war gar nicht so schlecht losgegangen für James Lawrence. Der Innenverteidiger stand bei den ersten fünf Pflichtspielen viermal auf dem Platz. Doch sein Martyrium nahm dann schnell seinen Lauf, wie er jetzt auf der Website des Clubs berichtet.

“Es begann im September nach der Vorbereitung. Ich war fit und fühlte mich gut, hatte aber immer wieder Schmerzen in meinem Bein”, schildert Lawrence den Prozess, wie vor rund acht Monaten alles losging. Das habe sich alles zunächst nicht schlimm angefühlt und sei auch während des Trainings kein Problem gewesen.

“Ich konnte nicht mehr wirklich ein alltägliches Leben führen”

“Wenn ich aber nach dem Training ausgekühlt bin und zu Hause war, kam der Schmerz zurück. Nach einiger Zeit konnte ich nach den Einheiten nicht mal mehr sitzen und es stellte sich heraus, dass das Problem im Rücken liegt”, erzählt der 31-Jährige über seine dramatische Situation. “Ich konnte nicht mehr wirklich ein alltägliches Leben führen, da ich mich nirgendwo mehr hinsetzen konnte. Das Einzige, was sich einigermaßen in Ordnung anfühlte, war liegen oder gehen, wobei es im Liegen auch immer schlimmer wurde und ich nicht mal mehr richtig schlafen konnte.”

OP im Januar bringt die Wende

Nachdem seine Probleme während der Reha im Herbst immer wieder zurückgekehrt waren, wurde schließlich im Januar die Entscheidung getroffen zu operieren. Nach der OP seien die Schmerzen weggewesen. “Ich hatte das Gefühl, dass ich wieder zurück in ein normales Leben finden kann.” Nach seiner Reha in Amsterdam ist Lawrence nun seit Sonntag wieder in Nürnberg und möchte allmählich ins Mannschaftstraining einsteigen.

Wie geht es im Sommer weiter?

Allerdings wird die Zeit bis Saisonende knapp und so steht nicht mal fest, ob der Waliser, dessen Vertrag im Sommer ausläuft, nochmals für den FCN wird spielen können/dürfen. Lawrence steht seit Sommer 2022 beim Club unter Vertrag und hat seither 28 Pflichtspiele absolviert. Ob der elfmalige walisische Nationalspieler einen neuen Vertrag erhalten wird, ist offen.

Das Restprogramm in der 2. Bundesliga

Die Saison 2023/24 in der 2. Bundesliga geht in den Endspurt. Das Restprogramm der 18 Klubs auf einen Blick.

Enge Duelle im Auf- und im Abstiegsrennen: Schafft der HSV den Sprung ins Oberhaus? Gelingt Osnabrück noch der Klassenerhalt?

Enge Duelle im Auf- und im Abstiegsrennen: Schafft der HSV den Sprung ins Oberhaus? Gelingt Osnabrück noch der Klassenerhalt?

IMAGO/Lobeca

1. Holstein Kiel – 61 Punkte (Tordifferenz +26)

Kaiserslautern (H), Wiesbaden (A), Düsseldorf (H), Hannover (A)

2. FC St. Pauli – 60 Punkte (Tordifferenz +23)

Rostock (H), Hamburg (A), Osnabrück (H), Wiesbaden (A)

3. Fortuna Düsseldorf – 55 Punkte (Tordifferenz +29)

Schalke (A), Nürnberg (H), Kiel (A), Magdeburg (H)

4. Hamburger SV – 49 Punkte (Tordifferenz +13)

Braunschweig (A), St. Pauli (H), Paderborn (A), Nürnberg (H)

5. Karlsruher SC – 46 Punkte (Tordifferenz +16)

Nürnberg (A), Rostock (A), Hannover (H), Elversberg (A)

6. Hannover 96 – 45 Punkte (Tordifferenz +14)

Hertha (A), Paderborn (H), Karlsruhe (A), Kiel (H)

7. Hertha BSC – 44 Punkte (Tordifferenz +11)

Hannover (H), Elversberg (A), Kaiserslautern (H), Osnabrück (A)

8. SC Paderborn – 43 Punkte (Tordifferenz -3)

Elversberg (H), Hannover (A), Hamburg (H), Rostock (A)

9. SpVgg Greuther Fürth – 42 Punkte (Tordifferenz -3)

Wiesbaden (A), Braunschweig (H), Magdeburg (A), Schalke (H)

Tabellenrechner

10. SV Elversberg – 40 Punkte (Tordifferenz -8)

Paderborn (A), Hertha (H), Nürnberg (A), Karlsruhe (H)

11. 1. FC Nürnberg – 37 Punkte (Tordifferenz -18)

Karlsruhe (H), Düsseldorf (A), Elversberg (H), Hamburg (A)

12. 1. FC Magdeburg – 36 Punkte (Tordifferenz -4)

Osnabrück (H), Kaiserslautern (A), Fürth (H), Düsseldorf (A)

13. FC Schalke 04 – 36 Punkte (Tordifferenz -10)

Düsseldorf (H), Osnabrück (A), Rostock (H), Fürth (A)

14. Eintracht Braunschweig – 34 Punkte (Tordifferenz -8)

Hamburg (H), Fürth (A), Wiesbaden (H), Kaiserslautern (A)

15. SV Wehen Wiesbaden – 32 Punkte (Tordifferenz -9)

Fürth (H), Kiel (H), Braunschweig (A), St. Pauli (H)

16. Hansa Rostock – 31 Punkte (Tordifferenz -23)

Magdeburg (H), St. Pauli (A), Karlsruhe (H), Schalke (A), Paderborn (H)

17. 1. FC Kaiserslautern – 30 Punkte (Tordifferenz -13)

Kiel (A), Magdeburg (H), Hertha (A), Braunschweig (H)

18. VfL Osnabrück – 24 Punkte (Tordifferenz -33)

Magdeburg (A), Schalke (H), St. Pauli (A), Hertha (H)

Frühem Rückstand getrotzt: SGE nutzt Hoffenheims Patzer

Vor dem direkten Aufeinandertreffen in zwei Wochen sprang Frankfurt an Hoffenheim vorbei auf Platz drei. Beim 4:1 gegen Nürnberg drehte die SGE nach einem Rückstand in Minute eins die Partie.

Nicole Anyomi (r.) schnürte einen Doppelpack.

Nicole Anyomi (r.) schnürte einen Doppelpack.

IMAGO/Norina Toenges

Kurz vor dem Anpfiff hatte es für Frankfurt gute Nachrichten aus Essen gegeben: Hoffenheim, der direkte Konkurrent um Platz drei, hatte wegen zwei später Gegentreffer Federn gelassen (1:2). Doch dies sorgte augenscheinlich zunächst nicht für extra Motivation: Keine 60 Sekunden nach Anpfiff köpfte Magnusdottir Nürnberg in Führung (1.). Die Eintracht schüttelte sich kurz und schlug zeitnah sehenswert durch Doorsoun zurück (5.).

Anschließend arbeitete die dominante SGE an der Führung: Nachdem es erst noch im letzten Drittel an der Klarheit gefehlt hatte, sorgte Anyomis Doppelpack (31., 41.) für die auch in der Höhe absolut verdiente 3:1-Halbzeitführung.

Anyomi verpasst Dreierpack

Frauen-Bundesliga, 19. Spieltag

Im zweiten Durchgang wollte die Eintracht nachlegen – vor allem Reuteler brach auf der rechten Seite immer wieder gefährlich durch. So ließ unter anderem Anyomi nach der Vorlage der Mittelfeldspielerin ihren Dreierpack liegen und Reuteler traf selbst nur den Außenpfosten (beides 57.). Kaltschnäuziger zeigte sich sieben Minuten später Prasnikar (64.).

Das 4:1 war gleichzeitig der Endstand, weil Scholz für den FCN noch auf der Linie klärte (74.) und Bauereisen (75.) sowie Desic (87.) auf der Gegenseite einen Treffer verpassten.

Damit nutzte Frankfurt den Patzer von Hoffenheim und schob sich vor dem direkten Aufeinandertreffen am 4. Mai (14 Uhr) an der TSG vorbei auf Platz drei. Nürnberg blieb Tabellenvorletzter und trifft im Aufsteigerduell am 6. Mai (19.30 Uhr) auf Leipzig.