HSV-Spielmacher Pherai: Braunschweig-Rückkehr als Lehrling

Sein erstes Tor für den HSV hatte Immanuel Pherai ausgerechnet beim 2:1 im Hinspiel gegen seinen Ex-Klub Eintracht Braunschweig erzielt. Die Hoffnungen auf den Durchbruch haben sich indes auch vor dem Rückspiel und der ersten Rückkehr noch nicht erfüllt.

Immanuel Pherai wartet noch auf seinen Durchbruch beim Hamburger SV.

Immanuel Pherai wartet noch auf seinen Durchbruch beim Hamburger SV.

IMAGO/Eibner

Drei Tore und fünf Vorlagen stehen in der Statistik des 23-jährigen Mittelfeldmannes, dessen Verpflichtung im vergangenen Sommer mit großen Erwartungen verknüpft waren – zur festen Größe aber ist Immanuel Pherai, der zum Nachfolger von Sonny Kittel aufgebaut werden sollte, in der Hansestadt noch nicht geworden. Auch nicht seit dem Trainerwechsel. Unter Steffen Baumgart ist für den früheren Dortmunder lediglich ein Assist notiert, resultiert aus einem herausgeholten Elfmeter beim 1:2 gegen Osnabrück. Das ist zu wenig für Pherais Ansprüche, aber auch für die des Klubs.

Dennoch bestehen durchaus Startelfchancen am Samstag in Braunschweig. Diese resultieren vor allem aus der personellen Situation: Mit Laszlo Benes (muskuläre Probleme) fällt ein Konkurrent auf der Achterposition aus, mit Ludovit Reis wird der zweite voraussichtlich wieder als verkappter Rechtsverteidiger benötigt. Der Grund: Ignace van der Brempt fehlte am Freitag beim Abschlusstraining vor der Abreise nach Niedersachsen, Reis wird folglich wohl wieder zwischen Mittelfeld und der Rechtsverteidigerrolle pendeln müssen.

Baumgart teilt Walters Einschätzung

Dennoch bleibt eine Frage offen: Wann findet Pherai seine Rolle? Baumgart stellt zunächst einmal eine Gegenfrage: “Hat er sie denn vorher gefunden?” Für ihn steht fest: “Manu ist ein sehr, sehr talentierter Spieler, der aber auch noch sehr viel lernen muss.” Und in den Augen des neuen Trainers sind das exakt die gleichen Dinge, die der alte Coach angemahnt hatte.

Schon Tim Walter war Pherais Spiel mitunter zu risiko- und fehlerbehaftet, dessen Nachfolger konstatiert nun ebenfalls: “Manu muss abwägen, welche Pässe er spielen sollte und welche nicht, das sind Erfahrungswerte. Er ist noch nicht so weit, alles richtig zu machen. Aber wir sind dran und er ist auf einem guten Weg.” Der nächste Nachweis für den guten Weg ist an der ehemaligen Wirkungsstätte erwünscht. Und der Torerfolg aus dem Hinspiel im November dient als Mutmacher.

Sebastian Wolff

Benes: Nie wieder HSV?

Angedeutet hatte Steffen Baumgart den Ausfall von Laszlo Benes bereits zum Start in die laufende Trainingswoche, seit Donnerstag herrscht Gewissheit: Der Slowake wird am Samstag im Auswärtsspiel bei Eintracht Braunschweig ausfallen. Spielt er gar nie wieder für den HSV?

Fällt in Braunschweig aus: Laszlo Benes.

Fällt in Braunschweig aus: Laszlo Benes.

IMAGO/Eibner

Wegen muskulärer Probleme hatte Laszlo Benes das vergangene Heimspiel gegen Holstein Kiel (0:1) verpasst und ist seitdem nicht auf den Trainingsplatz im Volkspark zurückgekehrt. Auf die Frage nach der Perspektive bezüglich einer Rückkehr des Slowaken ließ sein Trainer auf der Pressekonferenz am Donnerstag ein wenig Spielraum für Spekulationen: “Die Hoffnung ist, dass er überhaupt nochmal spielt.”

Baumgart ließ diesen Satz aber nicht allein für sich stehen, fügte hinzu: “Es wird von Tag zu Tag besser, und wir werden sehen, ob Laci nächste Woche ins Lauftraining einsteigt. Dann müssen wir gucken, wie er die Belastung wegsteckt.”

Der Coach erklärte daher, er könne “keine Prognose abgeben für die nächsten Spiele. Ich hoffe natürlich trotzdem, dass er uns für das nächste Heimspiel zur Verfügung steht. Das wäre sehr wichtig für uns.” Es ist das Derby gegen den Stadtnachbarn FC St. Pauli. “Aber bevor wir irgendwelche Hoffnungen schüren, sollten wir vorsichtig sein.”

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Droht Köln bei Abstieg der komplette Zerfall? (mit Dominic Maroh)

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Klar ist, dass es in Hamburg in Bezug auf Benes ohnehin viel weniger um Hoffen als vielmehr um Bangen geht. Der 26-jährige frühere Mönchengladbacher ist mit zwölf Toren und dreizehn Vorlagen der Topscorer des HSV und hat eine Ausstiegsklausel in seinem bis 2026 gültigen Vertrag.

Die festgeschriebene Summe soll zwischen zwei und drei Millionen Euro liegen – und Benes’ Wunsch ist, in der kommenden Spielzeit erstklassig zu spielen. Seit dem vergangenen Wochenende scheint dies mit Hamburg unmöglich und ein Abschied im Sommer damit sehr wahrscheinlich.

Bedeutet Baumgarts Aussage, er hoffe, dass Benes überhaupt noch einmal spiele, also, dass dessen Einsatz beim 2:2 in Magdeburg vor eineinhalb Wochen womöglich sein letzter im HSV-Dress gewesen sein könnte? Klar ist: Das Risiko einer möglicherweise schwerwiegenden Muskelverletzung wird der Mittelfeldmann nicht eingehen wollen. In wenigen Wochen beginnt zudem die EM, wo er sich mit der Slowakei dann auf der ganz großen Bühne präsentieren will.

Sebastian Wolff

Baumgarts Einblicke: “Eine schwierige Situation”

Bohrende Fragen ist Steffen Baumgart in Hamburg bereits gewohnt. Auf der Pressekonferenz am Donnerstag bekam sie der HSV-Trainer von Hamburgs “Nachwuchs-Journalisten” gestellt und erlebte etwas Abwechslung in tristen Tagen.

Schwierige Zeiten: Steffen Baumgart.

Schwierige Zeiten: Steffen Baumgart.

IMAGO/Eibner

Die Zukunftsfragen werden seit dem 0:1 gegen Holstein Kiel und dem fast sicheren Verpassen aller Saisonziele in den Vereinsgremien intensiv diskutiert. Passend dazu fand in der Hansestadt der “Zukunftstag” statt und bescherte Baumgart rund zwei Dutzend Schülerinnen und Schüler, die vor der Partie bei Eintracht Braunschweig ihre Fragen stellen durften und durchaus auch den Finger in die Wunde legten.

Gleich zu Beginn des launigen Frage-Antwort-Spiels analysierte ein Junge, dass des Trainers System nicht so richtig zur Mannschaft passe und wollte wissen, wie lange es wohl noch dauere? Baumgart schmunzelte versöhnlich und fragte zurück: “Können nicht doch lieber die Journalisten fragen? Sonst komme ich ins Schwitzen…”

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In Erklärungsnot sind zum Ende dieser restlos missratenen Saison sämtliche Protagonisten, und der 52-Jährige nutzte die Steilvorlage, um etwas Grundsätzliches loszuwerden. “Ich bin nicht hierhergekommen und habe gesagt, das ist nicht mein Kader. Das ist der Kader des HSV, also unser Kader, und ich finde ihn gut.” Das Problem ist, dass der Kader dies zu selten gezeigt hat. Schon unter Vorgänger Tim Walter. Und auch in den acht Partien unter Baumgart, in denen ein Punkteschnitt von 1,38 zu Buche steht. “Unsere Konkurrenten machen es gut und wir machen es nicht gut genug”, sagt Baumgart, “wir haben viel liegen gelassen.”

Zukunftsdebatten auf allen Ebenen

Die Folge davon sind Zukunftsdebatten auf allen Ebenen. “Das ist normal”, weiß Baumgart, “aber, dass es normal ist, heißt ja nicht, dass es auch gut ist. Am Ende darf es mich nicht stören. Ich sollte bei dem bleiben, was ich beeinflussen kann. Ich weiß schon, wer aus welcher Ecke schießt, was aus welcher Ecke kommt. Und grundsätzlich ist das eine schwierige Situation.”

Weil die Blicke in dieser Woche weniger auf den Platz gehen als vielmehr in die Büroräume im Volkspark. Klar scheint: Entscheidet sich der Aufsichtsrat für einen Austausch von Jonas Boldt, käme ein neuer Sportvorstand auch womöglich mit einer anderen Idee auf dem Trainerposten.

Baumgart versucht, die Mannschaft in dieser Gemengelage in der Spur zu halten. “Ich bin kein Psychologe und kann trotzdem sehen, wie es den Jungs geht. Natürlich habe ich gemerkt, dass Lockerheit und Freude nicht so da sind. Ich muss ja auch mit der Situation umgehen können.” In Braunschweig soll sich die Situation möglichst nicht noch zuspitzen. “Die Jungs versuchen sich da rauszuarbeiten. Ob es gelingt, werden wir sehen.”

Sebastian Wolff

HSV: Schonlaus Selbstanklage

Die erste Trainingswoche seit dem 0:1 gegen Kiel, dem fast sicheren Ende aller Hamburger Aufstiegsträume, ist zwei Tage alt. Und Sebastian Schonlau gewährt tiefe Einblicke in das Innenleben einer Mannschaft, die ihr Ziel früh wie nie aus den Augen verloren hat.

In der kommenden Saison mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weiterhin Zweitligist: Sebastian Schonlau und der HSV.

In der kommenden Saison mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weiterhin Zweitligist: Sebastian Schonlau und der HSV.

IMAGO/Eibner

“Dass es keine leichte Woche ist”, sagt der HSV-Kapitän offen, “ist doch klar, und das war auch am ersten Tag zu spüren. Wir haben daran zu knabbern, und es ist auch völlig normal, dass es schlechte Momente im Training gibt.” Das aller Voraussicht nach letzte große Ziel des einstigen Top-Favoriten in dieser Spielzeit ist es, weitere schlechte Momente zu vermeiden.

“Es ist unsere Aufgabe, uns hochzufahren und zu zeigen, dass wir nicht aufgeben. Wir müssen damit umgehen können, es ist ja kein Hobby. Wir brauchen jetzt keine Pläne machen und über Chancen nachdenken, wir müssen Spiele gewinnen, im Hier und Jetzt bleiben und im Training einen gewissen Spaß entwickeln, um ein gutes Spiel machen zu können.”

Kapitän nimmt seinen Trainer aus der Schusslinie

Während in den Vereinsgremien die Zukunftsfragen erörtert werden, macht sich Schonlau Gedanken über die Gründe für Platz 4 und macht die Ausweglosigkeit im Aufstiegskampf keineswegs am Trainerwechsel fest: “Definitiv hat die Mannschaft Aktien an der Situation. Jeder Einzelne hat seine Verantwortung, das hat wenig mit Steffen Baumgart zu tun. Das war auch schon zuvor der Fall. Wir haben leider Gottes dafür gesorgt, dass Tim Walter gehen musste, genauso liegt es in unserer Verantwortung, dass es ergebnistechnisch jetzt nicht gut läuft.”

Schonlaus Ansatz ist Selbstreflexion: “Jeder muss sich hinterfragen. Keiner von uns kann mehr erzählen, dass er eine überragende Saison gespielt hat.” Einzig den auch am Mittwoch im Training fehlenden Topscorer Laszlo Benes schließt der frühere Paderborner aus: “Laci hat rein von der Statistik her sehr gut performt.” Und dennoch: “Grund zu hinterfragen haben sich alle.”

Dass die Spielidee von Baumgart eine andere als die von Walter ist und womöglich einer längeren gemeinsamen Vorbereitung bedurft hätte, will Schonlau nicht als Argument ins Feld führen. “Ich glaube nicht, dass die Ideen zu unterschiedlich sind, es wurde nicht dramatisch viel verändert. Es wurden ein paar Dinge angepasst, wir bauen häufiger mit einer Dreierkette auf, aber das ist kein Grund.”

Wir hatten, abgesehen vom Saisonstart, in der gesamten Runde nie Konstanz.

Sebastian Schonlau über die enttäuschende HSV-Saison

Schonlau sieht Gründe, die sich, unabhängig von der Trainerfrage, wie ein roter Faden durch die Saison gezogen haben. “Wir hatten, abgesehen vom Saisonstart, in der gesamten Runde nie Konstanz, hatten sechs Platzverweise und damit zu viele Spiele in Unterzahl, haben oft Rückstände aufgeholt und die Spiele dann doch verloren.” Die Folge: “Dass wir gerade nicht vor Selbstvertrauen strotzen, ist klar, eine gewisse Verunsicherung ist zu spüren.”

Am kommenden Samstag in Braunschweig, im Spiel 1 nach Kiel, sollen Verunsicherung und Enttäuschung nach Möglichkeit, nicht nachwirken. “Es ist unser Job, Spiele zu gewinnen. Wir sind gefordert.”

Sebastian Wolff

HSV: Baumgart rechnet nicht mit Benes

Laszlo Benes wurde im Heimspiel gegen Holstein Kiel (0:1) wegen muskulärer Probleme schmerzlich vermisst. Und der Topscorer wird dem Hamburger SV sehr wahrscheinlich auch am kommenden Samstag bei Eintracht Braunschweig fehlen.

Erzielte bislang 13 Tore in der laufenden Zweitliga-Saison: Laszlo Benes.

Erzielte bislang 13 Tore in der laufenden Zweitliga-Saison: Laszlo Benes.

IMAGO/Eibner

Als Steffen Baumgart am Dienstagvormittag im Volkspark zur ersten Einheit der neuen Trainingswoche bat, fehlte Benes erneut, arbeitete stattdessen im Kraftraum. “So lange er nicht auf den Platz kann, gibt es auch keine Prognosen”, sagt der Trainer, “wir müssen von Tag zu Tag sehen. Stand heute ist er am Wochenende nicht dabei.” Dabei, betont der 52-Jährige, ginge es weniger um seine Maxime, angeschlagene Profis behutsam aufzubauen, sondern schlichtweg um die Machbarkeit: “Der Junge muss gesund sein, er arbeitet aber im Reha-Bereich.”

Benes’ abermaliger Ausfall wäre fraglos eine Schwächung für den HSV. 13 Tore und zwölf Vorlagen hat der effektivste Offensivmann der Hanseaten in seiner persönlichen Saison-Statistik stehen – seine Präzision fehlt, wenn er nicht auf dem Platz ist. “Wir hatten gegen Kiel 21 Torschüsse”, sagt Baumgart, “aber wir müssen über die Qualität unserer Torschüsse reden und darüber, wie wir Aktionen zu Ende bringen.” Die Analyse der Partie hat aus seiner Sicht ergeben: “Wir hätten sehr, sehr gute Möglichkeiten haben können.” Es wurden aber zu wenig klare, und der Ex-Kölner weiß: “Fußball ist Ergebnissport, wir haben die Ergebnisse nicht. Deshalb sind wir unzufrieden und alle anderen sind auch unzufrieden.”

Tabellenrechner

Dompé kann “wieder eine ganz andere Rolle spielen”

Angesichts der seit dem vergangenen Wochenende nahezu ausweglosen Situation im Aufstiegskampf geht es in Braunschweig (Samstag, 13 Uhr, LIVE! bei kicker) erstmals vor allem darum, dass sich die Unzufriedenheit nicht noch weiter ausweitet. Und das wohl weiter ohne Benes. Möglicherweise aber wieder mit Jean-Luc Dompé als Teil der Startelf.

Der Linksaußen war beim 2:2 in Magdeburg ein wesentlicher Impulsgeber für die Aufholjagd, gegen Kiel jedoch erneut nur Joker und wirkungslos. Baumgart hatte im Nachgang die weiterhin noch bestehenden körperlichen Rückstände als Begründung angeführt. Nun sagt er: “Jean-Luc trainiert jetzt seit zwei Wochen voll durch. Er ist jetzt so weit, dass er aus meiner Sicht gegen Braunschweig wieder eine ganz andere Rolle spielen kann. Er war in der Vergangenheit immer wieder sehr verletzungsanfällig. Jetzt trainiert er voll und dann kommt er auch wieder in seine Form.”

Sebastian Wolff

HSV: Die wichtigsten Entscheidungen fallen nun nicht mehr auf dem Platz

Der Hamburger SV gibt sich im Endspurt der Saison noch nicht auf, weiß aber auch, dass der Aufstieg mit der Niederlage gegen Kiel in weite Ferne rückte. Neben dem Platz stehen wichtige Entscheidungen an.

Geht der Hamburger SV mit Sportvorstand Jonas Boldt in sein siebtes Zweitligajahr?

Geht der Hamburger SV mit Sportvorstand Jonas Boldt in sein siebtes Zweitligajahr?

IMAGO/Eibner

Abhaken, das betont Kapitän Sebastian Schonlau, werde der HSV diese Spielzeit noch nicht. “Aber natürlich sind sechs Punkte und das schlechtere Torverhältnis ein absolutes Brett.” Die wichtigsten Entscheidungen in Hamburg werden in den kommenden Wochen womöglich nicht auf dem Platz fallen.

Für Schonlau und seine Teamkollegen geht es, angefangen mit der nächsten Partie bei Abstiegskandidat Eintracht Braunschweig, vor allem darum, Signale auszusenden, dass der HSV gewillt ist, vernünftig aus dieser Saison zu gehen, Weichen stellen können die Spieler seit dem 0:1 gegen Holstein Kiel beinahe nicht mehr. Diese Aufgabe kommt den Aufsichtsräten zu.

Boldt ist definitiv nicht der Alleinschuldige

Gewisse Planungssicherheit für ein siebtes (!) Zweitligajahr in Folge besteht seit einem Wochenende, an dem sämtliche Konkurrenten gewannen und der HSV verlor, und die Kontrolleure müssen darüber befinden, wer den siebten Anlauf verantworten soll. Wieder Jonas Boldt? Mit ihm hat zwar Kontinuität auf vielen Ebenen und auch eine gewisse wirtschaftliche Stabilität Einzug gehalten, als Sportvorstand aber hatte er einen klaren Auftrag und wird diesen mutmaßlich auch in seinem fünften Jahr nicht erfüllen: den Aufstieg. Oder wird der frühere Leverkusener abberufen und ersetzt? Nur, durch wen?

Unstrittig ist, dass Boldt den HSV trotz der im Vergleich zur Konkurrenz ausreichenden wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht zurück nach oben geführt hat. Ebenso klar ist auch, dass der 42-Jährige keineswegs der Alleinschuldige am unbefriedigenden Ist-Zustand des einstigen Aushängeschilds des deutschen Fußballs ist. Über mehr als eine Dekade wurden schon vor ihm in den verschiedenen Vereinsgremien, häufig auch im Aufsichtsrat, an entscheidenden Weggabelungen die falschen Entscheidungen getroffen. Mal mangelte es an Mut zu unbequemen Personalien, mal auch an der Kompetenz.

Das Restprogramm des HSV

Dem HSV fehlt es nicht nur auf dem Feld an Überzeugung

Das aktuelle Kontrollgremium spielt in den kommenden Wochen daher eine wohl bedeutendere Rolle für die Zukunft des HSV als die Profis. Anhaltspunkte für Kritik an Boldt gibt es einige: Im Verbund mit Sportdirektor Claus Costa ist es nicht gelungen, die seit eineinhalb Jahren bestehende Lücke durch die Dopingsperre von Mario Vuskovic zu schließen. Zum Vergleich: Stadt-Nachbar St. Pauli hat in diesem Zeitraum mit Karol Mets und Hauke Wahl zwei adäquate Innenverteidiger verpflichtet, die stabilisierend wirken.

Hinzu kommt ein unglückliches Timing in der Trainerfrage, und es geht gar nicht allein darum, ob die Freistellung von Tim Walter und die Inthronisierung von Steffen Baumgart richtig oder falsch war, sondern vielmehr um den Zeitpunkt: Boldt hatte sich im Dezember für den alten und gegen den neuen Coach entschieden, um diese Entschluss dann nach nur vier Spielen zu revidieren. Das wirkte vom ersten Moment an nicht wie eine Entscheidung aus Überzeugung.

Und genau jene fehlende Überzeugung ist inzwischen auch ein Merkmal der Mannschaft geworden. “Irgendwie hat uns der Punch gefehlt”, konstatierte Jonas Meffert nach dem Alles-oder-Nichts-Spiel gegen Kiel. Auch deshalb wurde es – nichts, und daher geht es jetzt um – alles.

Sebastian Wolff

Das Restprogramm in der 2. Bundesliga

Die Saison 2023/24 in der 2. Bundesliga geht in den Endspurt. Das Restprogramm der 18 Klubs auf einen Blick.

Enge Duelle im Auf- und im Abstiegsrennen: Schafft der HSV den Sprung ins Oberhaus? Gelingt Osnabrück noch der Klassenerhalt?

Enge Duelle im Auf- und im Abstiegsrennen: Schafft der HSV den Sprung ins Oberhaus? Gelingt Osnabrück noch der Klassenerhalt?

IMAGO/Lobeca

1. Holstein Kiel – 61 Punkte (Tordifferenz +26)

Kaiserslautern (H), Wiesbaden (A), Düsseldorf (H), Hannover (A)

2. FC St. Pauli – 60 Punkte (Tordifferenz +23)

Rostock (H), Hamburg (A), Osnabrück (H), Wiesbaden (A)

3. Fortuna Düsseldorf – 55 Punkte (Tordifferenz +29)

Schalke (A), Nürnberg (H), Kiel (A), Magdeburg (H)

4. Hamburger SV – 49 Punkte (Tordifferenz +13)

Braunschweig (A), St. Pauli (H), Paderborn (A), Nürnberg (H)

5. Karlsruher SC – 46 Punkte (Tordifferenz +16)

Nürnberg (A), Rostock (A), Hannover (H), Elversberg (A)

6. Hannover 96 – 45 Punkte (Tordifferenz +14)

Hertha (A), Paderborn (H), Karlsruhe (A), Kiel (H)

7. Hertha BSC – 44 Punkte (Tordifferenz +11)

Hannover (H), Elversberg (A), Kaiserslautern (H), Osnabrück (A)

8. SC Paderborn – 43 Punkte (Tordifferenz -3)

Elversberg (H), Hannover (A), Hamburg (H), Rostock (A)

9. SpVgg Greuther Fürth – 42 Punkte (Tordifferenz -3)

Wiesbaden (A), Braunschweig (H), Magdeburg (A), Schalke (H)

Tabellenrechner

10. SV Elversberg – 40 Punkte (Tordifferenz -8)

Paderborn (A), Hertha (H), Nürnberg (A), Karlsruhe (H)

11. 1. FC Nürnberg – 37 Punkte (Tordifferenz -18)

Karlsruhe (H), Düsseldorf (A), Elversberg (H), Hamburg (A)

12. 1. FC Magdeburg – 36 Punkte (Tordifferenz -4)

Osnabrück (H), Kaiserslautern (A), Fürth (H), Düsseldorf (A)

13. FC Schalke 04 – 36 Punkte (Tordifferenz -10)

Düsseldorf (H), Osnabrück (A), Rostock (H), Fürth (A)

14. Eintracht Braunschweig – 34 Punkte (Tordifferenz -8)

Hamburg (H), Fürth (A), Wiesbaden (H), Kaiserslautern (A)

15. SV Wehen Wiesbaden – 32 Punkte (Tordifferenz -9)

Fürth (H), Kiel (H), Braunschweig (A), St. Pauli (H)

16. Hansa Rostock – 31 Punkte (Tordifferenz -23)

Magdeburg (H), St. Pauli (A), Karlsruhe (H), Schalke (A), Paderborn (H)

17. 1. FC Kaiserslautern – 30 Punkte (Tordifferenz -13)

Kiel (A), Magdeburg (H), Hertha (A), Braunschweig (H)

18. VfL Osnabrück – 24 Punkte (Tordifferenz -33)

Magdeburg (A), Schalke (H), St. Pauli (A), Hertha (H)

Stegemann ist im Fokus und erklärt sich

Der beste Schiedsrichter, heißt es, ist am Ende der, über den nicht gesprochen wird. Sascha Stegemann indes stand im Mittelpunkt der Diskussionen nach dem Nordderby zwischen dem HSV und Kiel (0:1) – und beide Seiten haderten jeweils einmal mit dem Referee.

Hatte zwei knifflige Szenen zu bewerten: Schiedsrichter Sascha Stegemann.

Hatte zwei knifflige Szenen zu bewerten: Schiedsrichter Sascha Stegemann.

IMAGO/Susanne Hübner

Den ersten Aufreger hatte es in der Nachspielzeit der ersten Hälfte gegeben, als Ludovit Reis einen Schussversuch des Kielers Timo Becker im Strafraum deutlich sichtbar mit dem Arm geblockt hatte. Videoassistent Timo Gerach schickte Stegemann aus objektiv nachvollziehbaren Gründen an den Bildschirm, der Referee blieb nach langer Betrachtung jedoch bei seinem “nein” zu einem Strafstoß.

In der Mixedzone stellte sich Stegemann anschließend und erklärte seine Beweggründe: “Aus meiner Sicht versucht der Spieler, den Arm aus der Flugbahn des Balles wegzunehmen. Deswegen war ich nicht 100 Prozent davon überzeugt, dass es ein strafwürdiges Handspiel war und bin bei meiner Entscheidung geblieben.” Eine strittige Entscheidung, die bei den Kielern Kopfschütteln hinterließ. Steven Skrzybski bekennt: “Wann es Elfmeter gibt und wann nicht, ist inzwischen Lotterie geworden.”

Ebenso strittig war Stegemanns Entschluss nach dem zweiten Gang vor dem Bildschirm. In der Entstehung des Kieler Siegtreffers durch Tom Rothe hatte Marko Ivezic HSV-Keeper Matheo Raab nach einem Eckball klar umklammert und gehalten – wieder wurde der Referee rausgeschickt, wieder blieb er bei seiner ursprünglichen Sichtweise. “Es ist für mich ein handelsübliches Positionsgerangel. Es gibt nicht mehr die Regel, in der der Torhüter im Fünfmeterraum geschützt wird.”

Raab: “Ich werde umklammert und blockiert”

Raab ist diese Regel bewusst, dennoch beklagt er: “Ich werde umklammert und blockiert, sodass ich mit den Händen nicht zum Ball komme. Ich habe die Szene auch nochmal am Bildschirm gesehen und kann nicht verstehen, wie man da keinen Freistoß pfeifen kann.” Auch seinen Trainer bringt die Ausführung des Unparteiischen auf die Palme: “Das ist die Schlüsselszene der Partie, und da braucht mir auch niemand etwas von Positionsgerangel erzählen.”

Für Stegemann war bei der Bewertung der Situation entscheidend, dass das Foul an Raab aus seiner Sicht abseits des Kampfes um den Ball stattgefunden hat. “Für mich ist es kein Zweikampf um den Ball. Er wäre nicht an den Ball gekommen, daher ist es kein klares Foulspiel.”

Sebastian Wolff