Der FCK ist nur noch ein Schatten seiner selbst

Die Mannschaft leistet den nächsten Offenbarungseid, der Trainer flüchtet sich in Durchhalteparolen, dem Klubchef platzt der Kragen: So ist der 1. FC Kaiserslautern auf dem besten Weg in die 3. Liga. Eine kommentierende Analyse von kicker-Reporter Moritz Kreilinger.

Nachdenklich: Auch Friedhelm Funkel bekommt die Mannschaft nicht in die Spur geführt.

Nachdenklich: Auch Friedhelm Funkel bekommt die Mannschaft nicht in die Spur geführt.

IMAGO/Rene Schulz

Nicht ohne Grund ist der SV Wehen Wiesbaden das schlechteste Team der Rückrunde. In den ersten 45 Minuten irrten die Gäste am Samstag hilflos durchs Fritz-Walter-Stadion. Der FCK hatte die Sache im Griff und lag 1:0 vorne. Nach dem Halbzeittee bewiesen die Pfälzer jedoch noch etwas eindrücklicher, warum sie die zweitschlechteste Mannschaft der Rückrunde sind.

Es wäre wirklich höchst unfreundlich von den Hessen gewesen, nicht mindestens eine der zahlreichen Einladungen anzunehmen. Der FCK hat um mindestens ein Gegentor gebettelt, mit dem 1:1-Endergebnis die elfte Führung dieser Art verspielt und damit auch die Chance, aus eigener Kraft die Klasse zu halten.

Mit Hosenscheißer-Fußball kriegst du keine Punkte.

Thomas Hengen

Wenn Thomas Hengen von sich aus auf dem Weg vom Spielfeld in die Katakomben in der Mixed Zone halt macht, hängt meistens der Haussegen schief. Schonungslos legte der Geschäftsführer den gerade absolvierten Auftritt in Schutt und Asche.

“Ich kann nicht einfach ein 1:0 verwalten, das geht nicht. Das war in der zweiten Halbzeit ein Spiegelbild der Saison. Wir haben es die ganze Woche angesprochen: Mit Hosenscheißer-Fußball kriegst du keine Punkte”, grollte Hengen.

Glaubhafter Optimismus? Fehlanzeige

Dem sportlichen Offenbarungseid begegnete Trainer Friedhelm Funkel weitaus gelassener. Es mag dem 70-Jährigen mit der Erfahrung aus unzähligen Fußballspielen als Trainer und Spieler zwar gelingen, der prekären Lage mit ruhigem Gemüt zu begegnen. Glaubhaften, weil begründeten Optimismus versprüht der Routinier aber keinen.

Funkel dreht den Leierkasten mit den Durchhalteparolen: “Es ist im Moment eine Weltuntergangsstimmung, wenn ich in die Gesichter der Leute schaue. Aber wir sind heute nicht abgestiegen, wir haben noch vier Spiele. Und ich bin der Erste, der vorneweg geht. Beim 1. FC Köln habe ich damals die gleiche Situation gehabt und auch wir werden in der Liga bleiben – ob über die Relegation oder direkt.” Den Vergleich zu seiner Situation in Köln hat Funkel derweil schon etwas oft gezogen …

Rein faktisch betrachtet hat Hengen schon in zwei Situationen einen Trainer entlassen, da war die Lage längst nicht so festgefahren wie jetzt. Einmal ging es gut: bei Dirk Schusters Einstellung vor der Relegation 2022. Ein andermal ging es mächtig schief: bei Schusters Freistellung im November 2023.

Funkel ist inzwischen Teil des Problems

Funkel ist inzwischen Teil des Problems und muss jetzt zeigen, dass er auch Teil der Lösung werden kann. Wobei unabhängig davon ein vierter Trainerwechsel in dieser Saison die Sache vermutlich nicht besser machen würde. Trainersuchen hatten auf dem Betzenberg in jüngerer Vergangenheit recht plan- und ideenlose Züge.

Klar ist aber: Der “Hosenscheißer-Fußball” führt den viermaligen Deutschen Meister auf direktem Weg in die 3. Liga. Der Kader ist zwar auf mehreren Positionen überdurchschnittlich besetzt, aber eben nicht in der Defensivreihe.

Mit einer Mannschaft, die schon 59 Gegentore kassiert hat, nur darauf zu spielen, nicht das 60. und 61. zu kassieren, grenzt an Fahrlässigkeit. Funkel muss die Erkenntnis gewinnen, dass diese Mannschaft nicht in der Lage ist, Ergebnisverwaltung zu betreiben.

Funkel muss die Zügel abnehmen

Die passive Spielweise hat dem Team im Grunde jegliches Leben genommen. All das, was das Team in vielen Spielen unter Schuster ausgezeichnet hat. Diese Saison genauso wie vergangene. Da gab es immer wieder mitreißende Spiele voller leidenschaftlicher Duelle, zum Teil mit offenem Visier. Drei Gegentore wurde in Kauf genommen, weil regelmäßig drei oder vier eigene Treffer die Sache retteten.

Die Mannschaft ist inzwischen nur noch ein Schatten ihrer selbst. Sie spielt auf eine Art und Weise, die ihr nicht liegt. Der Versuch, ihr Stabilität überzustülpen, ist misslungen. Zu einem hohen Preis.

Langsam hat der FCK nichts mehr zu verlieren

Die ständigen Rückschläge haben der Truppe jegliches Selbstvertrauen genommen. Es gibt nur einen Weg, die Verunsicherung abzuschütteln: Funkel muss dem Team die Zügel abnehmen. Die Mannschaft kann torgefährlich agieren – wenn sie es denn darf. 16-Tore-Mann Ragnar Ache ist der wohl beste Kopfballstürmer der Liga, Tymoteusz Puchacz‘ Flügelläufe und Flanken können stets für Gefahr sorgen, Marlon Ritter hat immer wieder geniale Ideen im Kopf und den passenden Fuß dazu.

Kenny Prince Redondo, Aaron Opoku und andere bringen enormes Tempo mit. Der Kader ist prädestiniert fürs Umschaltspiel. Eine offensivere Spielweise bedeutet Risiko. Doch so langsam hat der FCK nichts mehr zu verlieren. Mit einem mutlosen Fußball auf die Fehler anderer zu hoffen, kann sich ein Tabellen-17. nämlich nicht leisten.

Das Restprogramm in der 2. Bundesliga

Die Saison 2023/24 in der 2. Bundesliga geht in den Endspurt. Das Restprogramm der 18 Klubs auf einen Blick.

Enge Duelle im Auf- und im Abstiegsrennen: Schafft der HSV den Sprung ins Oberhaus? Gelingt Osnabrück noch der Klassenerhalt?

Enge Duelle im Auf- und im Abstiegsrennen: Schafft der HSV den Sprung ins Oberhaus? Gelingt Osnabrück noch der Klassenerhalt?

IMAGO/Lobeca

1. Holstein Kiel – 61 Punkte (Tordifferenz +26)

Kaiserslautern (H), Wiesbaden (A), Düsseldorf (H), Hannover (A)

2. FC St. Pauli – 60 Punkte (Tordifferenz +23)

Rostock (H), Hamburg (A), Osnabrück (H), Wiesbaden (A)

3. Fortuna Düsseldorf – 55 Punkte (Tordifferenz +29)

Schalke (A), Nürnberg (H), Kiel (A), Magdeburg (H)

4. Hamburger SV – 49 Punkte (Tordifferenz +13)

Braunschweig (A), St. Pauli (H), Paderborn (A), Nürnberg (H)

5. Karlsruher SC – 46 Punkte (Tordifferenz +16)

Nürnberg (A), Rostock (A), Hannover (H), Elversberg (A)

6. Hannover 96 – 45 Punkte (Tordifferenz +14)

Hertha (A), Paderborn (H), Karlsruhe (A), Kiel (H)

7. Hertha BSC – 44 Punkte (Tordifferenz +11)

Hannover (H), Elversberg (A), Kaiserslautern (H), Osnabrück (A)

8. SC Paderborn – 43 Punkte (Tordifferenz -3)

Elversberg (H), Hannover (A), Hamburg (H), Rostock (A)

9. SpVgg Greuther Fürth – 42 Punkte (Tordifferenz -3)

Wiesbaden (A), Braunschweig (H), Magdeburg (A), Schalke (H)

Tabellenrechner

10. SV Elversberg – 40 Punkte (Tordifferenz -8)

Paderborn (A), Hertha (H), Nürnberg (A), Karlsruhe (H)

11. 1. FC Nürnberg – 37 Punkte (Tordifferenz -18)

Karlsruhe (H), Düsseldorf (A), Elversberg (H), Hamburg (A)

12. 1. FC Magdeburg – 36 Punkte (Tordifferenz -4)

Osnabrück (H), Kaiserslautern (A), Fürth (H), Düsseldorf (A)

13. FC Schalke 04 – 36 Punkte (Tordifferenz -10)

Düsseldorf (H), Osnabrück (A), Rostock (H), Fürth (A)

14. Eintracht Braunschweig – 34 Punkte (Tordifferenz -8)

Hamburg (H), Fürth (A), Wiesbaden (H), Kaiserslautern (A)

15. SV Wehen Wiesbaden – 32 Punkte (Tordifferenz -9)

Fürth (H), Kiel (H), Braunschweig (A), St. Pauli (H)

16. Hansa Rostock – 31 Punkte (Tordifferenz -23)

Magdeburg (H), St. Pauli (A), Karlsruhe (H), Schalke (A), Paderborn (H)

17. 1. FC Kaiserslautern – 30 Punkte (Tordifferenz -13)

Kiel (A), Magdeburg (H), Hertha (A), Braunschweig (H)

18. VfL Osnabrück – 24 Punkte (Tordifferenz -33)

Magdeburg (A), Schalke (H), St. Pauli (A), Hertha (H)

“Hatten nicht den Glauben”: Hengen vermisst eine Tugend der FCK-Identität

Der Glaube ist ein Teil von Kaiserslauterns Identität. Doch diese Tugend sprach Thomas Hengen der Mannschaft im zweiten Durchgang gegen Wiesbaden ab.

Kritisierte die Spieler mit deutlichen Worten: Thomas Hengen.

Kritisierte die Spieler mit deutlichen Worten: Thomas Hengen.

IMAGO/Werner Schmitt

Steckt Kaiserslautern in einer Zeitschleife fest? Diese Frage könnten sich aktuell wohl einige FCK-Anhänger stellen. Denn wie schon unter anderem gegen Düsseldorf Ende März (1:3) und in der Vorwoche gegen Fürth (1:2) verspielten die Roten Teufel auch am Samstag im Heimspiel gegen Wiesbaden eine 1:0-Halbzeitführung. “Es ist das alte Lied. Wir spielen eine vernünftige erste Halbzeit und sind in der zweiten Halbzeit inaktiv”, wird Julian Krahl von der Rheinpfalz zitiert.

Immerhin holte Lautern anders als in den vorherigen Partien trotz des Leistungsabfalls noch einen Punkt – der zu wenig ist, aber eben auch “besser als keiner” wie Marlon Ritter feststellte. Dass sie nicht einen noch herberen Dämpfer kassierten, lag aus der Sicht von Geschäftsführer Thomas Hengen nur am Gegner. “Zum Glück hat Wiesbaden den ein oder anderen Konter zu schlecht ausgespielt, sonst hätten wir wieder den Knockout bekommen”, so der 49-Jährige.

Mit Hosenscheißer-Fußball kriegst du keine Punkte.

Thomas Hengen

Besonders vermisste er eine Tugend, die den FCK in der Vergangenheit auszeichnete – der Glaube. “Mit Hosenscheißer-Fußball kriegst du keine Punkte. Ich hatte nicht den Glauben, dass wir den Glauben hatten, in der zweiten Halbzeit noch ein Tor zu schießen”, erklärte Hengen.

Friedhelm Funkel widersprach in diesem Punkt seinem Vorgesetzten allerdings und wollte den Spielern nicht ihren Willen absprechen. Vielmehr sei die Leistungssteigerung des Gegners und die Diskrepanz zwischen Trainings- sowie Spielleistung einiger Spieler für einen solchen Abfall verantwortlich. “Bei dem einen oder anderen war deutlich zu erkennen, dass er es im Spiel nicht so gut umsetzen kann wie im Training”, erläuterte Funkel.

Auf wen er damit anspielt, verriet der Coach zwar nicht, kündigte aber Konsequenzen an. Diese sollen im Laufe der Trainingswoche sichtbar werden. Ob die Änderungen greifen, wird sich dann erstmals am kommenden Samstag im Gastspiel bei Spitzenreiter Kiel zeigen (13 Uhr).

Funkels Appell: “Wir werden in der Liga bleiben”

Anschließend stehen unter anderem noch die Heimspiele gegen Magdeburg und Braunschweig auf dem Programm, bei denen der FCK dem großen Druck standhalten muss. Funkel ist sich sicher, dass dies seiner Mannschaft gelingt.

Dies machte der 70-Jährige mit einem flammenden Appell auf der Pressekonferenz deutlich. “Hier ist eine Weltuntergangsstimmung, wenn ich in die Gesichter der Leute gucke. Wir sind aber nicht abgestiegen”, erklärte er und fuhr fort: “Wir werden in der Liga bleiben. Ob durch die Relegation oder direkt. Das ist alles noch möglich und das werden wir auch zeigen.”

“Nach Kohli krähte kein Hahn, einfach vergessen”

Nicht alle Helden von Bern blieben solche. 100 Jahre alt wäre Werner Kohlmeyer am Freitag geworden. Kurator Hagen Leopold erzählt.

Bei der Kranzniederlegung auf dem Kaiserslauterer Hauptfriedhof an diesem Freitag wird Hagen Leopold zugegen sein. Der Kurator hat in seiner Ausstellung zu Ottmar Walter, die im Stadtmuseum wegen des großen Erfolges bis zum 18. Mai verlängert wird, auch Werner Kohlmeyer thematisiert.

Warum haben Sie dem Kaiserslauterer 54er Weltmeister Werner Kohlmeyer nur eine Vitrine gewidmet und nicht wie bei Fritz oder Ottmar Walter eine eigene Ausstellung, Herr Leopold?

Das ist schlichtweg nicht möglich, weil es kein entsprechendes Ausstellungsmaterial gibt. Außer Pressebildern ist fast nichts mehr vorhanden, von seinen WM-Devotionalien ist nur die Medaille übrig, der Rest wurde in alle Winde zerstreut. Die Familie hat praktisch gar nichts mehr von ihm.

Kohlmeyer sei ein geborener Verteidiger gewesen mit einem Schuss wie ein Pferd. Was zeichnete diesen “Mordskerl”, wie ihn WM-Final-Kommentator Herbert Zimmermann nannte, fußballerisch noch aus?

Als Linksverteidiger hatte er neben einem schnellen Antritt die Gabe, wie ein Torwart zu denken. Sein Stellungsspiel war herausragend, und weil er sehr gut antizipiert hat, kam es bei der WM zu diesen Rettungstaten. Keine Ahnung, wie oft er für den FCK in ähnlicher Weise für den geschlagenen Torwart geblockt hat.

Bundestrainer Sepp Herberger soll ihn geschätzt haben, weil er “nicht für die Kulisse spielte, sondern sich in den Dienst der Mannschaft stellte”.

Kohli war keiner, der für die Galerie spielte, er war sich nicht zu schade, den Ball unters Tribünendach zu dreschen. Aber obwohl er auf den ersten Metern präsent war und dem Gegner kaum Raum ließ, war er kein unfairer Verteidiger, ganz anders als sein Klubkollege Werner Liebrich.

In den Archiven wird er als Pfälzer Fünfkampfmeister geführt, der die 100 Meter um die elf Sekunden lief.

Von der Statur her war er ein kräftiger, bulliger Typ. Und obwohl Kohlmeyer zu viel Leibesfülle hatte für einen Sportler dieser Art, war er ein Multitalent über den Fußball hinaus. Während er in der FCK-Jugend spielte, glänzte er auch als Leichtathlet.

Kohli war für jeden Spaß zu haben. Karten spielen, Musik machen, singen: Er war immer ganz vorne dabei, wenn es um die Kameradschaft ging.

Hagen Leopold

Ein Job als Buchhalter, eine Lehrerin als Ehefrau und drei Kinder: Wie war Kohlmeyer abseits des Platzes?

Hilfsbereit, zuverlässig und gutmütig, so wird er charakterisiert. Und er war immer der gesellige Typ, einer, der gerne Musik gemacht hat. Es gibt Bilder, da spielt er Violine während der WM. Ich dachte erst, das wären gestellte Fotos mit ihm an der Violine und Helmut Rahn mit dem Schifferklavier. Aber dann erfuhr ich, dass er als Jugendlicher in einem Gau-Orchester gespielt hat.

Von seinem Mitspieler Werner Liebrich ist dieses Zitat überliefert: “Kohli war immer zu Streichen aufgelegt, dann aber auch sehr eigenbrötlerisch. Wenn wir alle ein blaues Sakko trugen, kam er mit Sicherheit im grünen. Im Spiel aber war auf ihn absolut Verlass, er war ein exzellenter Kamerad.”

Das kann man genau so stehen lassen. Kohli war für jeden Spaß zu haben. Karten spielen, Musik machen, singen: Er war immer ganz vorne dabei, wenn es um die Kameradschaft ging. Und vielleicht hat ihm genau das später das Genick gebrochen.

Sie thematisieren in Ihrer aktuellen Ausstellung “100 Jahre unser Ottes” Werner Kohlmeyer als Gegenpol zu Ottmar Walter. Warum?

Die beiden haben von der Jugend an im selben Jahrgang gespielt und dieselben Erfolge erzielt. Ihre Karrieren verliefen komplett im Gleichschritt, inklusive Spielsucht und Alkoholprobleme – mit einem signifikanten Unterschied: Ottmar Walter hat diese Lebenskrise gemeistert, weil er die Chancen, die ihm geboten wurden, ergriffen hat. Auch Kohlmeyer hat es nicht an Hilfestellungen gefehlt. Aber er hat in die ausgestreckten Hände durch seinen unkontrollierten Alkoholkonsum stets selbst hineingebissen. Durch die Spielsucht, die Schulden und den Alkohol ging die Ehe in die Brüche. Gegen einen Deckel Bierschulden im Wirtshaus hat er seine WM-Medaille versetzt. Er ist so tief abgerutscht, dass er wie ein Clochard auf der Straße gelebt hat.

Wie sahen diese Hilfestellungen aus?

Bei Ottmar Walter hat zum Beispiel Herberger nach dessen Selbstmordversuch entscheidend eingegriffen. Herberger hat immer wieder versucht, Kohlmeyer unter die Arme zu greifen, ihm Türen geöffnet und Arbeit vermittelt. Verschiedene Jobangebote nahm er auch wahr, aber das ging nur eine gewisse Zeit gut. Herberger hat ihm sogar einen Kredit besorgt und diesen privat vorfinanziert, im Zuge meiner Recherchen im Herberger-Nachlass habe ich den Schriftverkehr gesehen.

Das soll dem DFB nicht gefallen haben.

Es gibt ein Schreiben von DFB-Präsident Hermann Gößmann, der darin mahnend den Zeigefinger hebt: “Herr Herberger, verheben Sie sich nicht, Sie wissen, dass Sie allein im Risiko sind.” Der Bundestrainer hat dennoch 10.000 Mark überwiesen. Und auch in die Hilfeschreie von Kohlmeyers Frau Carola – in Form von handschriftlichen Briefen – hatte ich Einblick. Die gehen einem durch Mark und Bein, sie hat ihr Innerstes nach außen gekehrt. Die Familie hat enorm unter der Situation gelitten und sich später komplett von ihm abgewendet.

Der 2013 verstorbene Spiegel-Reporter Jürgen Leinemann schrieb in der Herberger-Biografie: “Die Weltmeisterschaft war wie eine Versuchung in ihr Leben eingebrochen und in der Tat hatten es die meisten schwer, damit fertigzuwerden.”

Ich würde schon sagen, dass einige Schwierigkeiten hatten, das im Nachgang zu verarbeiten. Das fing schon mit der Spaltung innerhalb des Teams an: hier die erste Elf, da das zweite Glied. Bei vielen Veranstaltungen, etwa bei Fernsehformaten wie “Der blaue Bock”, wurden immer nur die Stammspieler eingeladen. Oder nehmen wir die WM-Plakette. Es wurden lediglich elf Exemplare überreicht. Und nur weil Herberger sich für die anderen eingesetzt und die restlichen bei derselben Goldschmiede in Auftrag gegeben hat, erhielten alle eine. Wenn ich mir allein die Lebenskrisen bei Ottmar Walter, Helmut Rahn oder Kohlmeyer betrachte, ist das eine bedauerliche Quote. Wie bilanzierte Fritz Walter so treffend: Der Lebenskampf ist schwieriger als der Fußballkampf.

Eine der Kohlmeyer-Töchter sagte einmal: “Unser Vater und auch die anderen Weltmeister waren nicht darauf vorbereitet, wie man mit Ruhm und all der Aufmerksamkeit umzugehen hat.”

Das ist nachvollziehbar, viele waren null dafür präpariert, was auf sie einprasselt. Ottmar Walter hat einmal bei einem Empfang bemängelt, dass “du es weder genießen noch verarbeiten konntest. Plötzlich standest du dem Bundespräsidenten gegenüber.”

FCK

Ein Denkmal vor dem Fritz-Walter-Stadion mit den FCK-Legenden Werner Liebrich, Fritz Walter, Werner Kohlmeyer, Horst Eckel und Ottmar Walter.
IMAGO/alimdi

Von Kohlmeyer selbst stammt dieses Zitat, nachdem er sich wieder gefangen hatte: “Vielleicht war es der größte Fehler, dass ich Fußball gespielt habe.”

Die Familie verloren, auf der Straße gelebt – er war ganz, ganz unten. Und es schien, als habe sich niemand um ihn gekümmert. Bei dieser Tragik liegt ein solches Resümee nahe. Er hat es allein dem Journalisten Werner Höllein von der Allgemeinen Zeitung in Mainz zu verdanken, dass er nach diversen Hilfsarbeiterjobs ab 1972 Boden unter die Füße bekam dank einer Anstellung als Nachtportier.

1974, mit nicht einmal 50 Jahren, starb Kohlmeyer als Erster der Berner Elf.

Und er ist in aller Stille beerdigt worden. 25 Jahre später wurde das Grab eingeebnet, weil die Familie aus verständlichen Gründen kein Geld mehr in die Hand genommen hat, um das Grab zu verlängern. Erst 2017 ist ein Gedenkstein auf dem Hauptfriedhof in Kaiserslautern aufgestellt worden.

Sie nennen Kohlmeyer den vergessenen Weltmeister und haben einen Anteil daran, dass man seinem Namen in Kaiserslautern wieder begegnet. 2007 wurde ein Stadiontor nach ihm benannt, zehn Jahre später folgte der Gedenkstein, in Morlautern eine Straße.

Im Jahr 2003, bei meiner Gedenkveranstaltung zum ersten Todestag von Fritz Walter, habe ich es eine Schande genannt, dass es in Kaiserslautern keinen einzigen Nachweis für die Existenz von Kohlmeyer gibt. Kein Hahn hat damals mehr nach ihm gekräht, er war einfach vergessen.

Dieses Interview erschien erstmals in der kicker-Donnerstagsausgabe am 18. April

Interview: Uwe Röser

“Habe viele solcher Situationen erlebt”: Funkel geht mit Optimismus voran

Fünf Spieltage vor dem Ende der Zweitliga-Saison steht der 1. FC Kaiserslautern auf einem direkten Abstiegsplatz. Im Heimspiel gegen den SV Wehen Wiesbaden bietet sich die große Chance, das zu ändern.

Große Erfahrung als Schlüssel zum Erfolg? Friedhelm Funkel weiß, wie es im Abstiegskampf läuft.

Große Erfahrung als Schlüssel zum Erfolg? Friedhelm Funkel weiß, wie es im Abstiegskampf läuft.

IMAGO/Zink

Es war ein herber Dämpfer, den der 1. FC Kaiserslautern in der Vorwoche bei der SpVgg Greuther Fürth einstecken musste. Trotz früher Führung unterlagen die Roten Teufel durch ein Tor in der fünften Minute der Nachspielzeit noch mit 1:2 und blieben damit 17. “Wir haben schon am nächsten Morgen sehr kritisch über das Spiel gesprochen. Am Sonntag war dann frei, Montag haben wir wieder mit dem Training angefangen und da war das Spiel in Fürth schon Vergangenheit”, setzte Friedhelm Funkel ein Haken hinter das Geschehene.

Stattdessen ging der Fokus schnell auf das so wichtige Heimspiel am Samstag (13 Uhr, LIVE! bei kicker) gegen den SV Wehen Wiesbaden, der auf Rang 14 liegend nur zwei Punkte mehr auf dem Konto hat als der FCK. Dort erwartete der Coach eine “körperlich robuste und große Mannschaft, die auch bei Standardsituationen sehr gefährlich ist” und forderte: “Da müssen wir uns wehren.”

Es geht darum, dass man einfach für die Region und für die Menschen hier die Liga halten muss.

Friedhelm Funkel

Dass bei den Wiesbadenern zuletzt nichts mehr zusammenläuft – die letzten vier Ligaspiele gingen verloren -, das spiele laut Funkel keine Rolle. “Ich habe es ja selbst schon erlebt, dass es sich bei Mannschaften, die in den letzten Wochen nicht so viele Punkte geholt haben, auch schnell wieder ändern kann. Da können wir uns nicht drauf verlassen.” Viel mehr müsse man sich selbst in die Pflicht nehmen. “Ich glaube, dass den Spielern schon bewusst ist, worum es in den letzten fünf Spielen geht. Darum, dass man einfach für die Region und für die Menschen hier die Liga halten muss.”

Auf der anderen Seite sei es aber ebenso nötig, “eine gewisse Lockerheit reinzubringen, den ein oder anderen Spaß zu machen”, um nicht zu verkrampfen. “Das ist auch ganz, ganz wichtig, ohne die Ernsthaftigkeit dieser Situation zu verhehlen. Die muss trotz allem immer wieder angesprochen werden.” Ein schwieriger Balanceakt, der Funkel an den letzten fünf Spieltagen gelingen muss. “Das ist manchmal nicht so leicht, aber bei der Mehrzahl meiner Stationen haben wir das ganz gut hinbekommen”, blickte der 70-Jährige auf seinen großen Erfahrungsschatz als Trainer.

Nur Niehues und Zuck fallen aus

Aus jenen Erfahrungen weiß Funkel auch, dass er die Mannschaft mitreißen muss. “Es wäre fatal, wenn ich nicht daran glauben würde und nicht mit Optimismus vorangehen würde. Ich habe so viele Situationen erlebt, die dieser gleichen. Da geht es nur mit Optimismus, Arbeit und Leidenschaft.” Diese Komponenten habe seine Mannschaft unter der Woche im Training schonmal an den Tag gelegt. “Aber entscheidend ist am Samstag auf dem Platz.”

Dann ist auch Julian Krahl wieder dabei. Der Lautrer Stammkeeper verpasste die vergangenen drei Ligaspiele und das Pokal-Halbfinale in Saarbrücken mit einer Handverletzung. Im Schlussspurt kann Funkel wieder auf den 24-Jährigen setzen – wie auch auf den Großteil seines Kaders. Lediglich Julian Niehues und Hendrick Zuck (beide Kreuzbandriss) fallen aus.

Torschütze im Skandalspiel: Gerd Roggensack ist tot

Der ehemalige Bundesligaspieler und -trainer Gerd Roggensack ist tot. Bekannt wurde er unter anderem durch das entscheidende Tor in einem Skandalspiel.

Gerd Roggensack als Trainer von Wattenscheid 09

Gerd Roggensack als Trainer von Wattenscheid 09

imago images/Ferdi Hartung

Wie seine Familie mitteilte, verstarb Roggensack am Mittwoch nach langer, schwerer Krankheit im Alter von 82 Jahren im Kreise seiner Angehörigen. Sein Ex-Verein Arminia Bielefeld drückte in einer Mitteilung sein Beileid aus und schrieb: “Der DSC Arminia Bielefeld wird Gerd Roggensack nie vergessen.”

Der 1941 in Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern geborene Roggensack spielte zunächst als Profi für Borussia Dortmund und wurde in der letzten Saison vor Einführung der Bundesliga 1963 Deutscher Meister mit dem BVB. Im Anschluss wechselte er nach Bielefeld, wo er den Großteil seiner Spielerkarriere verbrachte. Von 1963 bis 1972 lief er mit Ausnahme eines einjährigen Intermezzo beim 1. FC Kaiserslautern für die Arminen auf. Insgesamt kam er als Spieler auf 77 Bundesligaspiele und 18 Tore.

Skandalspiel 1971

Bekannt wurde “Zick-Zack-Roggensack” vor allem als Schütze des Siegtores im Bundesligaspiel der Ostwestfalen gegen Schalke 04 am 17. April 1971. Roggensack erzielte ohne echte Gegenwehr in der 83. Minute das Tor zum 1:0. Wie sich später herausstellte, war das Spiel zwischen den Mannschaften abgesprochen, um Bielefelds Abstieg aus der Bundesliga zu verhindern. Es war das erste von insgesamt acht betroffenen Spielen, die nach Auffliegen im großen Bundesligaskandal resultierten. Bielefeld hatte Schalke 40.000 D-Mark für eine Niederlage gezahlt.

Trainer in Bielefeld, Kaiserslautern und Wolfsburg

Nachdem Roggensack seine Spielerkarriere in Gütersloh ausklingen ließ, wurde er Trainer. Über die Bielefelder Jugend wurde er Co-Trainer der Profis und assistierte als solcher unter anderem Otto Rehhagel und Karl-Heinz Feldkamp. Von 1984 bis 1986 war er Cheftrainer des Vereins, stieg aber 1985 mit dem DSC aus der Bundesliga ab. Im Anschluss coachte Roggensack zahlreiche weitere Profimannschaften, unter anderem Eintracht Braunschweig, den 1. FC Kaiserslautern, Preußen Münster, Fortuna Köln oder den VfL Wolfsburg.

Beim FCK wurde er 1990 wegen schlechter Leistungen in der Liga entlassen, hatte die Mannschaft zuvor aber ins Halbfinale des DFB-Pokals geführt. Unter seinem Nachfolger Feldkampf gewannen die Pfälzer schließlich den Wettbewerb. Insgesamt saß er bei 66 Spielen in der Bundesliga und 238 Spielen in der 2. Liga auf der Trainerbank.

Bilanz des Schreckens: So taumelt der FCK in die 3. Liga

Der 1. FC Kaiserslautern bestätigte in Fürth das problematische Muster der Saison. Die Relegation wäre inzwischen ein Gewinn – und müsste klare Priorität gegenüber dem Finale im DFB-Pokal gegen Meister Leverkusen genießen. Eine kommentierende Analyse von kicker-Reporter Moritz Kreilinger.

Am Boden: Kapitän Jean Zimmer und der FCK stecken tief im Abstiegssumpf.

Am Boden: Kapitän Jean Zimmer und der FCK stecken tief im Abstiegssumpf.

IMAGO/Zink

Trotz nunmehr über eines Jahrzehnts Bundesliga-Absenz ist der FCK mit 17 Siegen nach Zwei-Tore-Rückstand noch immer der Rekordhalter in der höchsten deutschen Spielklasse. Mitunter spektakuläre Aufholjagden und der Glaube, gegen jeden noch so aussichtslosen Rückstand bis zur letzten Sekunde zu kämpfen, sind Teil der Identität des Traditionsvereins. Doch von diesem Selbstverständnis ist in dieser Saison nichts zu spüren. Ausgerechnet in der 50. Spielzeit nach der legendärsten aller Aufholjagden: dem 7:4 über den FC Bayern.

Schuster-Entlassung: ein gravierender Fehler

Dramatisch ist die Lage derzeit vor allem, weil sich der Verein regelmäßig mit seiner einstigen Waffe selbst schlagen lässt. Die jüngste Niederlage in Fürth ist ein Spiegelbild der Saison: 1:0 geführt – und am Ende verloren. Das 1:2 bei der Spielvereinigung, erlitten in der fünften Minute der Nachspielzeit, ist bereits das siebte (!) Spiel dieser Art. Insgesamt konnte der FCK elf Partien trotz zwischenzeitlicher Führung nicht gewinnen.

Dass diese Bilanz des Schreckens von keinem Konkurrenten unterboten wird, bedarf eigentlich keiner expliziten Erwähnung.

Dirk Schuster zu entlassen, war schon Ende November auf Tabellenplatz elf liegend mehr als fragwürdig, entpuppt sich aber immer mehr als einer der größten Fehlentscheidungen in der jüngeren FCK-Historie. Schuster holte in 14 Spielen im Schnitt 1,29 Punkte. Dimitrios Grammozis während seines völlig desolaten sechs-Spiele-Intermezzos 0,5. Friedhelm Funkel steht nach sieben Partien bei einem Punkt. Wo der Unterschied noch gravierender ist: Nur in drei Partien gab der FCK unter Schusters Regie nach einer Führung noch Punkte ab, also in 21 Prozent. Die Werte unter Grammozis (66 Prozent) und Funkel (50 Prozent) bewegen sich in ganz anderen Dimensionen.

Platz 4 in der Halbzeit-Tabelle

Das Ausmaß der ganzen Misere rund um die verspielten Punkte offenbart eine Tabelle, die nur die jeweils die erste Hälfte aller Spiele berücksichtigt: Der FCK liegt hier mit 50 Punkten auf Platz 4. Knapp hinter Hertha BSC, dem FC St. Pauli und Holstein Kiel. Lauterns 45-Minuten-Vorsprung auf Halbzeit-Schlusslicht Hansa Rostock beträgt sagenhafte 30 (!) Punkte. In der Realität steht die Kogge nach 90 Minuten zwei Zähler vor den Pfälzern …

Es wird ein Kraftakt, den zweiten Abstieg in die 3. Liga nach 2018 noch zu verhindern. Im Schnitt reichten 34,87 Punkte am Ende einer Zweitliga-Saison, um den Relegationsplatz zu erreichen. Mit Sicherheit braucht man diese Saison mehr. Deutlich mehr. Die drei verbleibenden Heimspiele werden am Ende ausschlaggebend sein. Es geht gegen drei direkte Konkurrenten. Am Samstag (13 Uhr, LIVE! bei kicker) kommt Wehen Wiesbaden, zwei Wochen später der 1. FC Magdeburg und zum Saisonfinale Eintracht Braunschweig. Zur Erinnerung: In der Hinrunde gingen alle drei Spiele verloren – inklusive Interimsgespann übrigens unter drei verschiedenen Trainern.

Finale? Klare Nebensache

Mit Blick auf den Abwärtstrend von zuletzt drei Niederlagen in Serie und dem kniffligen Restprogramm wäre das Erreichen des Relegationsplatzes schon ein Gewinn. Das Finale im DFB-Pokal gegen Bayer Leverkusen am 25. Mai (Samstag, 20 Uhr) könnte dann zu einem ganz besonders teuren Spaß werden. Bei allem Respekt vor den Erfolgen, die der FCK als Außenseiter in seiner Historie gefeiert hat: So aussichtslos wie in diesem Endspiel ist die Lage noch nie gewesen.

In der möglichen Relegation am Mittwoch vor (22. Mai) und nach (29. Mai) dem Duell in Berlin geht es um die Existenz. Diese Spiele müssten in der Vorbereitung klare Priorität genießen. Was ein Abstieg in die 3. Liga zu bedeuten hat, muss man in Kaiserslautern wirklich niemandem erzählen.

Knackt die Bundesliga erneut die Milliardengrenze?

An diesem Montag startet die Auktion der nationalen Medienrechte der Deutschen Fußball-Liga (DFL), es geht um die wichtigste Einnahmequelle der 36 Klubs aus Bundesliga und 2. Liga. Der kicker beantwortet die drängendsten Fragen.

Wie viel Geld fließt in Zukunft für die nationalen Medienrechte an Bundesliga und 2. Liga?

Wie viel Geld fließt in Zukunft für die nationalen Medienrechte an Bundesliga und 2. Liga?

IMAGO/Jan Huebner

Um welche Rechte genau geht es?

Um die Ausstrahlungsrechte an Bundesliga und 2. Liga für den deutschsprachigen Markt, also Deutschland, Österreich, Schweiz, Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol, in den Spielzeiten 2025/26 bis 2028/29.

Wieviel Geld erhalten die Klubs aus den nationalen Medienrechten?

Aktuell fließen pro Saison 1,1 Milliarden Euro an die DFL, die diese allerdings nicht in Gänze an die 36 Klubs verteilt. Eine Abgabe von derzeit 7,75 Prozent, also umgerechnet 85,25 Millionen Euro, verbleibt beim Ligaverband zur Finanzierung von Organisation, Produktion und Sicherungsmechanismen. 2020 waren die nationalen Medienrechte zuletzt ausgeschrieben worden. Von durchschnittlich 1,16 Milliarden Euro pro Spielzeit ging es minimal herab auf 1,1 Milliarden Euro – was allerdings inmitten der Pandemie als Erfolg des damaligen Geschäftsführers Christian Seifert galt.

Womit rechnen die Liga-Bosse?

Der für die Ausschreibung zuständige DFL-Geschäftsführer Dr. Steffen Merkel, der die Thematik bereits unter Seifert verantwortete, strahlte zuletzt Zuversicht aus: “Ich teile mit Blick auf unsere Ausschreibung nicht die Weltuntergangsszenarien einiger Kommentatoren. Die Bundesliga ist nach wie vor das mit Abstand werthaltigste Medienrecht Deutschlands. Wir werden ein deutlich aufgewertetes Medienprodukt anbieten. Und anders als in anderen Ländern haben unsere aktuellen Live-Partner auch öffentlich bekundet, sich umfangreich engagieren zu wollen.” Gemeinhin gilt in der Branche ein Verbleib auf ähnlichem Niveau als Erfolg. Maßgeblich wird es davon abhängen, welche Anbieter sich letztlich konkret mit der Bundesliga beschäftigen, weil dies natürlich Einfluss auf den Erlös haben wird.

Wer bietet überhaupt mit?

Für die Live-Rechte sind mit Sicherheit die beiden Platzhirsche in Deutschland, Sky und Dazn, am Tisch. Das Duo teilt sich auch aktuell das Gros der Live-Rechte, während Sport1 das Zweitliga-Topspiel hält und ProSiebenSat1 2020 das für die frei empfangbaren Sender vorgesehene Paket E (Eröffnungsspiele, Relegation, Super-Cup sowie zwei Einzelspiele) erstanden hatte. Gut möglich, dass sich auch das Duo wieder um kleinere Pakete bemüht, auch RTL, mittlerweile Rechtehalter bei der Nationalelf, Magenta (3. Liga) und Vodafone sind denkbar. Dazu kommt die große Frage: Was machen die US-Konzerne Amazon, Netflix, Paramount oder Apple? Fernando Carro, Sprecher der Geschäftsführung des frischgebackenen Deutschen Meisters Bayer Leverkusen, erklärte im Herbst 2023, dass er auf Interesse des genannten Quartetts hofft. Bietet einer dieser Großkonzerne mit, könnte dies den Preis in der Tat nach oben treiben.

Die Bundesliga ist nach wie vor das mit Abstand werthaltigste Medienrecht Deutschlands.

Dr. Steffen Merkel über die Ausschreibung der TV-Rechte an der Bundesliga

Wie viele Rechtepakete gibt es?

Insgesamt gibt es 15 audiovisuelle Pakete. Sieben mit Live-Rechten, acht Pakete für Highlight-Berichterstattungen, also Spielzusammenfassungen und Einzelclips. Bei den Live-Rechten hat die Liga folgende Neuerung eingeführt: Sie vergibt den Bundesliga-Sonntag, bislang gekoppelt an die Freitagspartien, als Ganzes (Paket D). Der Freitag wird kombiniert mit den fünf Einzelspielen am Samstagnachmittag (B). Zudem gibt es die Samstags-Konferenz (A), das Samstags-Topspiel inklusive Super-Cup (C). Dazu kommt noch das Free-Live-Paket E (Eröffnungsspiele Bundesliga und 2. Liga, Super-Cup, Relegation, je eine Partie Spieltage 17 und 18 der Bundesliga), Paket F (alle Einzelspiele der 2. Liga inklusive Konferenz) und Paket G, das Samstags-Topspiel im Unterhaus um 20.30 Uhr. Paket E ist aufgrund der mit dem Bundeskartellamt abgesprochenen Rahmenbedingungen im Free-TV vorgesehen, Paket G kann sowohl im Pay- als auch im Free-TV laufen.

Was könnte sich für den Kunden ändern?

Momentan müssen Bundesliga-Fans zwei Abos abschließen, um alle Live-Spiele sehen zu können. Dies könnte sich ab 2025 ändern, weil das Kartellamt die “no-single-buyer-rule”, also das Alleinerwerbsverbot für alle Live-Rechtepakete, gekippt hat. Dieses sollte eigentlich wettbewerbsfördernd wirken, hatte aber am Ende nur dazu geführt, dass die Fans Mehrfach-Abos abschließen mussten – für den Konsumenten teuer, für den Anbieter ärgerlich, weil der Run ausblieb und die Rechte kaum finanzierbar waren, für die Liga insgesamt also schlecht. Theoretisch könnte sich nun ein Anbieter alle Live-Rechte sichern. In der Praxis dürfte es zwar nicht dazu kommen, weil dies extrem teuer wäre. Das heißt aber nicht, dass erneut Mehrfach-Abos notwendig sein werden. Denn durch die erfolgreichen Verhandlungen mit den Kartellwächtern erhofft sich die Liga, dass Rechtenehmer gemeinsame Abo-Modelle anbieten.

Wie läuft die Auktion konkret ab?

Interessenten bieten für jedes Paket einzeln, die jeweiligen Auktionstage folgen strengen Regeln und Zeitplänen. Die Liga setzt Vorbehaltspreise für die jeweiligen Rechtepakete fest. Bieten mehrere Interessenten eine Summe oberhalb dieser Vorbehaltspreise und liegt das zweithöchste Angebot mehr als 20 Prozent hinter dem des Höchstbietenden, kommt es zur Annahme. Liegt nur ein Angebot über dem Ziel und dabei 20 Prozent höher als das des “Zweiten”, wird das Paket ebenfalls vergeben. Nicht vergeben wird beispielsweise, wenn mehrere oberhalb des Vorbehaltspreises liegen, das Top-Angebot den Zweiten aber nicht um mindestens 20 Prozent übersteigt. Dann informiert die Liga die Bieter darüber und diese starten in eine neue Runde, die sogenannte Reservationspreis-Auktion, die wieder denselben Kriterien folgt. Gleiches gilt, wenn kein Angebot auf Vorbehaltsniveau eintrifft. Bis Ende April sollten die Rechte vergeben sein.

Benni Hofmann

Niehues’ Kreuzbandriss bestätigt: Schwerer Schlag für Lautern und Heidenheim

Julian Niehues hat am Freitag in Fürth zum letzten Mal für den 1. FC Kaiserslautern gespielt. Der Sommerneuzugang des 1. FC Heidenheim zog sich einen Kreuzbandriss zu.

Sein letzter Auftritt im FCK-Trikot endete mit großen Schmerzen: Julian Niehues.

Sein letzter Auftritt im FCK-Trikot endete mit großen Schmerzen: Julian Niehues.

picture alliance/dpa

Viel bitterer hätte der Freitagabend für den 1. FC Kaiserslautern kaum laufen können – und für Julian Niehues erst recht nicht. Der defensive Mittelfeldspieler des FCK hat sich im Spiel bei der SpVgg Greuther Fürth einen Kreuzbandriss zugezogen. Das gaben die Roten Teufel am Sonntagmittag bekannt. “Die Befürchtungen rund um den Betze haben sich in der MRT-Untersuchung leider bestätigt”, schrieben sie bei X und schickten “allerbeste Genesungswünsche”.

Niehues hatte sich kurz vor der Halbzeitpause verletzt und war zu Beginn des zweiten Durchgangs durch Tobias Raschl ersetzt worden. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Lauterer noch mit 1:0 geführt, mussten nach dem 2:1 durch Doppeltorschütze Robert Wagner in der fünften Minute der Nachspielzeit Fürth aber schließlich ohne Punkt verlassen.

Die ohnehin schwierige Mission Klassenerhalt ist für den zweimaligen Deutschen Meister und Trainer Friedhelm Funkel nach diesem Abend noch ein wenig schwieriger geworden. Der FCK bleibt Tabellenvorletzter und muss in den verbleibenden fünf Spielen – sowie der etwaigen Relegation – auch noch auf eine Stammkraft verzichten. Niehues absolvierte in dieser Saison 26 Zweitliga-Spiele (ein Tor, kicker-Notenschnitt 3,7). Zuletzt fehlte er am 20. Spieltag wegen einer Gelb-Sperre. “Auch das müssen wir wegstecken”, hatte Funkel am Freitag gesagt, als sich bereits angedeutet hatte, dass es Niehues schwerer erwischt hat.

Niehues’ Bundesliga-Debüt muss warten

Für den 22-Jährigen, der auch das DFB-Pokal-Finale gegen Bayer 04 Leverkusen am 25. Mai verpassen wird, steht damit fest, dass er bereits seinen letzten Auftritt im Trikot der Roten Teufel hinter sich hat. Zur kommenden Saison wechselt er ablösefrei in die Bundesliga zum 1. FC Heidenheim, für den die Diagnose ebenfalls ein bitterer Schlag ist. Der FCH, der ihn mit einem Vertrag bis 2027 ausgestattet hat, hatte in Niehues einen Spielertypen identifiziert, “der perfekt zu uns passt”, muss nun aber gleich einige Monate auf dessen Dienste verzichten. Niehues war 2021 von Borussia Mönchengladbach II nach Kaiserslautern gewechselt.

Funkel berichtet von “schlaflosen Nächten” und gibt ein Versprechen ab

Während der 1. FC Kaiserslautern im DFB-Pokal die Chance auf einen Titel hat, spitzt sich die Lage im Ligaalltag weiter zu. Trainer Friedhelm Funkel blickt auf entscheidende Wochen voraus – und gibt ein Versprechen ab.

Unzufrieden über die lange Nachspielzeit: Friedhelm Funkel (re.) sah in Fürth nach Abpfiff die Gelbe Karte.

Unzufrieden über die lange Nachspielzeit: Friedhelm Funkel (re.) sah in Fürth nach Abpfiff die Gelbe Karte.

picture alliance / Sportfoto Zink / Melanie Zink

“Fest davon überzeugt”, dass die Roten Teufel die Klasse halten, war Friedhelm Funkel bereits unmittelbar nach dem Abpfiff in Fürth gewesen, wo seine Mannschaft am Freitag in der fünften Minute der Nachspielzeit das Spiel doch noch aus der Hand gegeben hatte (1:2). An dieser Überzeugung hatte sich auch bis zum Samstagabend nichts geändert, als der 70-Jährige zu Gast im Aktuellen Sportstudio des ZDF war.

Muss Funkel erneut in die Relegation?

“Eine Herzensangelegenheit” ist die Aufgabe am Betzenberg für Funkel, daran ändern auch “schlaflose Nächte” in der jüngsten Vergangenheit nichts. Die Lage beim FCK ist brisant, auch nach diesem Wochenende rangieren die Roten Teufel auf Tabellenplatz 17. Trotz einem Punkt aus den letzten vier Partien stimmt den Cheftrainer “die Leistung, bis auf die zweite Halbzeit gestern”, insgesamt aber zuversichtlich.

Um “das große Ziel” – den Klassenerhalt – zu erreichen, müssen die Pfälzer im Endspurt der Saison punktetechnisch eine ordentliche Schippe drauflegen. “Wir brauchen jetzt Siege, da brauchen wir nicht drumherum zu reden”, schätzt der FCK-Coach die derzeitige Situation ein, die Parallelen zu seiner vorherigen Trainerstation aufweist. “Noch schwieriger” sei die Rettungsmission der Roten Teufel im Vergleich zu seiner Zeit beim 1. FC Köln, den der erfahrene Coach 2021 über die Relegation vor dem Abstieg aus dem Oberhaus bewahrte. “Das kann hier auch passieren”, so Funkel.

“Drei Endspiele” zum Saisonende

Mut macht, wie eng es im diesjährigen Abstiegskampf zugeht. Vor den Sonntagsspielen beträgt Kaiserslauterns Rückstand auf den Tabellen-13. aus Magdeburg lediglich drei Punkte. Man habe nun “drei ganz, ganz wichtige Heimspiele gegen die Mitkonkurrenten” Wehen Wiesbaden, Magdeburg und zum Saisonabschluss gegen Braunschweig vor der Brust – “drei Endspiele, ohne Frage”, sagt Funkel. Und auch in den Auswärtsspielen in Kiel und bei Hertha BSC rechnet sich Funkel “was aus, weil wir auswärts gute Spiele gemacht haben”.

Dass die abstiegsbedrohten Pfälzer zum Ende der Spielzeit auch noch den Spagat zwischen Abstiegskampf und DFB-Pokal-Finale hinbekommen müssen, sei indes “überhaupt nicht schwierig”, das Endspiel in Berlin gegen Bundesliga-Spitzenreiter Bayer Leverkusen “überhaupt kein Thema”. Die “volle Konzentration” liege auf dem Restprogramm in der Liga.

Funkel sieht dritte Gelbe Karte – “die vierte werde ich nicht bekommen”

Damit Funkel seine Mannschaft auch im Endspurt von der Seitenlinie aus unterstützen kann, muss er sich derweil etwas zurückhalten. Nach dem Abpfiff in Fürth echauffierte er sich bei Schiedsrichter Patrick Alt vehement über die Länge der Nachspielzeit und sah dafür zum dritten Mal in dieser Saison Gelb. “Man hat gesagt, dass ich nicht so emotional dabei bin oder mich nicht so freue. Aber glauben Sie mir, ich bin sehr, sehr emotional dabei. Der Frust musste irgendwie raus.” Aber: “Ich kann versprechen, dass ich die vierte nicht bekommen werde.” Nach der wäre er für ein Spiel gesperrt.

Bis Funkel, dessen Vertrag in Kaiserslautern zum Saisonende ausläuft, “unter der Sonne auf Fuerteventura” liegen kann, gibt es also noch einiges an Arbeit zu tun. Bleibt der 70-Jährige über den Sommer hinaus? Aktuell sei es “wirklich nicht der richtige Zeitpunkt, darüber zu sprechen”, hält er sich alles offen. Wie es nach der Saison weitergeht, “das steht in den Sternen. Ich lasse alles auf mich zukommen.”