“Es hat mit den Fans gematcht”: Diekmeier verabschiedet sich von der Profi-Bühne

Nach über 15 Jahren bestritt Dennis Diekmeier gegen den FC Ingolstadt sein letztes Profispiel. Zwar wurde der Kult-Kicker nach seiner Ankunft beim SV Sandhausen erstmal “schräg angeguckt”, spielte sich jedoch schnell in die Herzen der Fans. Zumindest bleibt der 34-Jährige dem Verein wohl in anderer Funktion erhalten.

Die Mitspieler von Dennis Diekmeier lassen den 34-Jährigen bei seiner Verabschiedung beim SV Sandhausen hochleben.

Die Mitspieler von Dennis Diekmeier lassen den 34-Jährigen bei seiner Verabschiedung beim SV Sandhausen hochleben.

IMAGO/foto2press

Es schien eigentlich von Anfang an nicht zu passen und dennoch entwickelte es sich zu einer Liebesgeschichte: Auf der einen Seite der Verteidiger, der vom HSV kommt mit seinem “dickem Auto”, dazu auch noch “voll­tä­to­wiert”. Und auf der anderen Seite ein kleiner Verein, der gerne – besonders in den Fan-Kreisen in Fußballdeutschland – als “Dorfverein” tituliert wurde, beschreibt Dennis Diekmeier am Mikrofon von MagentaSport seine Ankunft in der Kurpfalz, bei der er “bisschen schräg angeguckt” wurde. Über die Stationen Werder Bremen, bei denen der mittlerweile 34-Jährige mit der Zweitvertretung in der 3. Liga kickte, sowie dem 1. FC Nürnberg, wo der Rechtsverteidiger sein Profi-Debüt feierte, und dem HSV, bei denen Diekmeier Kult-Status erreichte, führte der eingeschlagene Weg in die beschauliche Kurpfalz.

Doch lautete der Appell von Diekmeier stets: “Lernt mich als Typ kennen und gebt nicht einfach ein Urteil ab.” Nach fünfeinhalb Jahren in Sandhausen kann der gebürtige Niedersachse stolz sagen, dass es “mit den Fans gematcht hat”: “Ich glaube, die Fans haben vom ersten Tag an gemerkt, was für ein Kämpfer ich auf dem Platz bin”, führt Diekmeier aus, der es “wirklich geliebt hat, auf der rechten Seite langzuflitzen”. Es war jedes Mal ein besonderes Gefühl “zur Kurve zu kommen, die mich immer mit Sprechchören nach vorne gepusht haben”.

So war es auch wenig verwunderlich, dass nach Schlusspfiff am Samstag nicht das Unentschieden gegen Ingolstadt (1:1) im Fokus stand, sondern vielmehr der Kämpfer auf der rechten Seite. Auf eine illustre Karriere darf der Niedersachse zurückblicken: Nach über 15 Jahren und 380 absolvierten Spiele in den höchsten drei Spielklassen des deutschen Fußballsystems verließ Diekmeier am Samstag letztmalig in der 54. Minute durch ein Spalier der Mitspieler den Rasen in einem Profi-Spiel. “Ich wusste gar nicht was los ist, weil die ganze Mannschaft vor mir weggerannt ist”, schmunzelte der Verteidiger über seine Auswechslung und fügte an: “Ich habe mich mega darüber gefreut.” Vor allem nachdem er in seiner letzten Saison eine “menschlich echt überragende Truppe” um sich herum hatte.

Unvergessen dank “Torrekord”

So kann sich Diekmeier auch damit arrangieren, dass sein “großes Ziel, den Aufstieg zu schaffen” nicht erreicht wurde: “Das wäre ein schöner Abschluss für mich gewesen, aber es sollte nicht so sein.” Doch letztendlich musste sich der Verteidiger auch eingestehen, “so viel Spaß der Umgang mit den Jungs in der Kabine gemacht hat”, ist die Entscheidung bezüglich des Karriereendes einfach “der richtige Schritt”, “wenn der Körper irgendwann nicht mehr kann”. Auch für seine Frau, die “schon länger Druck gemacht hatte”, nachdem sie nach den Spielen gesehen hat, wie der 34-Jährige “herumrannte”. “Sie hat gesagt: ‘Hör jetzt auf’. Ich habe mich lange dagegen gewehrt, aber irgendwann gehts nicht mehr”, plauderte Diekmeier aus dem Nähkästchen.

Ein dementsprechend “sehr emotionaler” Tag wurde es dann auch für den Routinier: “Bereits am Frühstückstisch habe ich gemerkt, das wird heute sehr krass”, verrät Diekmeier, der auf eine “lange und schöne Karriere mit Aufs und Abs” zurückblickt: “Es war eine mega geile Zeit. Ich bin so ein Typ, ich lebe für den Fußball, gebe immer alles und heute ist es vorbei”.

Eine unvergessene Karriere wird es für den langjährigen Profi vor allem aufgrund seines “Torrekords” bleiben: Ganze 294. Profi-Einsätze bzw.  26.415 torlose Minuten brauchte der Rechtsverteidiger bis zu seinem ersten Treffer am 28. Spieltag der Saison 2019/20. Rückblickend auf seine aktive Zeit muss Diekmeier zugeben: “Natürlich würde ich jetzt sagen, ich hätte lieber früher in der Bundesliga getroffen”, nur um ausgiebig und herzhaft lachend einzuräumen: “Ich habe ja gar nicht getroffen.” “Diese Nummer hat mich einfach zum Kult gemacht, überall wo ich war haben sie mich auf diese Zahl angesprochen, dadurch haben sie mich kennengelernt”, nimmt Diekmeier seinen “Rekord” mit Humor und fügt an: “Eigentlich finde ich das jetzt ganz cool.” Dennoch weiß er noch “wie die Presse kam und jede Woche geschrieben hat, da habe ich mir irgendwann gedacht: ‘Treff’ bitte, treff’ bitte'”.

Zukunft in Sandhausen geplant

Möglicherweise hebt Diekmeier sich ja auch das Toreschießen für den Amateurbereich auf, denn es könnte noch ein Comeback in der Verbandsliga Baden anstehen: “Beim FC Bammental ist der Präsident ein sehr guter Freund von mir und ich habe gesagt, wenn der Körper irgendwie nochmal hält, dann werde ich auf jeden Fall kommen.” Leider, muss der Kult-Kicker gestehen, “sieht es momentan nicht danach aus” – bereits der Einsatz für das Landespokal-Finale am Samstag (11:45 Uhr) gegen den 1. FC Mühlhausen ist aufgrund von Beschwerden nach einem Zweikampf fraglich.

Zur Not wird die Mannschaft – wie nach dem Spiel gegen Ingolstadt – mit einem Bier in der Hand prostend aus der Kurve angefeuert. “Ab und zu trinke ich auch gerne ein Bierchen oder ein Weinchen, das gehört ja auch dazu”, gibt Diekmeier zu und fügt schmunzelt an: “Zwar nicht zum Fußball, aber ich war da immer anders.”

Derweil sicher ist schon mal, dass gebürtige Thedinghausener auch seine weitere Zukunft erstmal beim SV Sandhausen beginnen soll. In  welcher Rolle wollte Diekmeier noch nicht bekannt geben, denn erstmal steht noch der zweite Teil des Abschieds mit dem Pokalspiel an, danach wird sich mit dem Verein “final zusammengesetzt”. Beide Parteien “sind aber schon in guten Gesprächen”.

Diekmeier, Hennings & Co.: SVS verabschiedet Quintett

Der SV Sandhausen richtet seinen Blick schon auf die kommende Saison. Personell verabschiedete der Drittligist nun fünf Spieler, darunter bekannte Namen.

Im Sommer ist Schluss mit Profi-Fußball: Dennis Diekmeier.

Im Sommer ist Schluss mit Profi-Fußball: Dennis Diekmeier.

IMAGO/Eibner

Den sofortigen Wiederaufstieg in die 2. Liga haben die Sandhäuser verpasst, nun muss man sich auf ein weiteres Jahr in der 3. Liga einstellen. Das wird der SVS dann ohne Dennis Diekmeier, Rouwen Hennings, Yassin Ben Balla, Daniel Klein und Lucas Laux tun – das Quintett wird im Rahmen des letzten Heimspiels offiziell verabschiedet werden. Mit Diekmeier geht ein absolutes Urgestein, der 34-Jährige lief 149-mal für die Kurpfälzer auf und schoss dabei vier Tore. Der Rechtsverteidiger ist momentan der dienstälteste Spieler im Kader, beendet nun aber als Kapitän seine Karriere.

Neben Diekmeier verlässt mit Rouwen Hennings ein weiterer prominenter Name den SV Sandhausen. Der 36-Jährige konnte die in ihn gesetzten Erwartungen nicht restlos erfüllen, war auch immer wieder von Verletzungen geplagt. Seit November 2023 laboriert er an einer langwierigen Verletzung der Achillessehne und spielte deshalb nicht mehr. Seine Bilanz beim SVS kann sich mit acht Toren in 18 Pflichtspielen dennoch sehen lassen. Wie es mit Hennings’ Karriere weitergeht, ist derzeit noch unklar.

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Mit Yassin Ben Balla verlässt eine weitere Stütze den Klub. Der Franco-Marokkaner zählte im zentralen Mittelfeld immer wieder zum Stammpersonal und kam in 36 von 43 möglichen Spielen zum Einsatz. Drei Tore, zwei Vorlagen und ein kicker-Notenschnitt von 3,58 sind seine Bilanz. Wohin es Ben Balla zur neuen Saison zieht, teilten die Sandhäuser nicht mit.

Leihspieler kehren zurück zu ihren Stammvereinen

Der Vierte im Bunde ist Torhüter Daniel Klein, der im Sommer auf Leihbasis aus der Regionalliga-Mannschaft des FC Augsburg zum SVS kam, sich dann aber nicht durchsetzen konnte. Erst als sich Nikolai Rehnen gegen Arminia Bielefeld eine schwere Gehirnerschütterung zuzog, schlug Kleins Stunde – und der 21-Jährige sammelte im Saisonendspurt noch Einsätze. Der Keeper kehrt nun zum FC Augsburg zurück.

Zu guter Letzt wäre da noch Lucas Laux, der zu Saisonbeginn von der zweiten Mannschaft des 1. FSV Mainz 05 losgeeist worden war. Laux hatte großes Verletzungspech, erlitt kurz nach dem ersten Spieltag im Training einen Kreuzbandriss und fällt seitdem aus. Aufgrund der schweren Verletzung kommt der 21-Jährige lediglich auf zwei Pflichtspiele für den SVS. Laux kehrt zu seinem Stammverein Mainz zurück.

“DNA des SV Sandhausen vorgelebt”: Diekmeier beendet seine Karriere

Dennis Diekmeier, der seit Januar 2019 für den SV Sandhausen spielte, beendet seine sportliche Laufbahn. Das gab der Verein in einer Pressemitteilung bekannt. Der Kapitän wandte sich auch in einem offenen Brief an die Fans.

Sandhausens Kapitän Dennis Diekmeier beendet seine Karriere.

Sandhausens Kapitän Dennis Diekmeier beendet seine Karriere.

IMAGO/Eibner

Im Sommer ist Schluss: Dennis Diekmeier, der seit Januar 2019 für den SV Sandhausen auf dem Rasen stand, beendet seine Karriere. Das gaben die Kurpfälzer und der Kapitän wenige Wochen vor dem Ende der Spielzeit 2023/24 bekannt. Für den SVS lief Diekmeier bislang 118-Mal in der 2. Liga, 24-Mal in Liga 3 und in vier Partien im DFB-Pokal auf. Maximal drei Drittligaspiele und das Finale im Landespokal werden noch folgen, dann endet Diekmeiers Zeit als aktiver Fußballer.

Beim SV Sandhausen hatte sich der langjährige Bundesligaspieler des Hamburger SV (2010-2018) und 1. FC Nürnberg (2009-2010) schnell in die Herzen der Fans gespielt – und das, obwohl er den Verein ursprünglich nur als Zwischenstation gesehen hatte. “Als ich vor über fünf Jahren zum SV Sandhausen kam, dachte ich, so ehrlich muss ich sein, es sei nur ein kurzes Abenteuer. Ich wollte mich, nach einem halben Jahr ohne Klub, zeigen, um dann weiterzuziehen. Aber dann habe ich den Verein kennengelernt – allen voran Jürgen Machmeier. Er hat mich mit seinem Enthusiasmus so sehr für den Klub und die Region angesteckt, dass ich trotz anderer Angebote nie wieder gehen wollte”, wird der 34-Jährige in der Vereinsmitteilung zitiert.

Es war mir schon vor langer Zeit klar, dass Sandhausen meine letzte Station sein soll.

Dennis Diekmeier zu seinem Karriereende

“Es war mir schon vor langer Zeit klar, dass Sandhausen meine letzte Station sein soll. Und so ist es jetzt auch. Es war mir eine Ehre, hier so eine besondere Zeit erleben zu dürfen, auch wenn es mir weh tut, dass wir in der 3. Liga spielen”, sagte Diekmeier, der mit den Kurpfälzern am Ende der vergangenen Saison nach elf Jahren im Bundesliga-Unterhaus abgestiegen war. Ein Wiederaufstieg in dieser Saison erscheint drei Spiele vor Schluss angesichts von neun Zählern Rückstand auf Relegationsplatz 3 unmöglich.

Der von Diekmeier erwähnte Präsident Machmeier hob in seinem Statement die Bedeutung des Verteidigers für den Verein hervor: “Ich bedanke mich bei Dennis für sein aufrichtiges Bekenntnis zu unserem Verein. Er war der Spieler, der von Beginn an die DNA des SV Sandhausen vorgelebt hat. An ihm kann sich jeder Spieler ein Beispiel nehmen.”

Diekmeier erzielte erst im 294. Profispiel sein erstes Tor

“Wir verlieren mit Dennis nicht nur einen klasse Menschen und unseren Kapitän, sondern auch eine außergewöhnliche Professionalität und Mentalität in der Kabine”, bedauert auch Sportdirektor Matthias Imhof den Verlust. Womöglich wird Diekmeier in Zukunft aber einen anderen Posten beim SVS bekleiden: “Dennis wird uns auf dem Platz fehlen, doch vielleicht bleibt er uns an anderer Stelle erhalten …”, so Imhof. Wie konkret die Zukunftsplanungen des Vereins in dieser Hinsicht sind, wurde aber nicht bekannt.

Zum Schluss wandte sich Diekmeier in einem offenen Brief an die Fans – und ging auch auf ein Ereignis ein, was ihn in der Saison 2019/20 in die Schlagzeilen gebracht hatte, als er in seinem 294. Profispiel endlich seinen ersten Treffer erzielte: “Zahlreiche Journalisten sind zu der Zeit irgendwie ausgeflippt, weil ich endlich, endlich, endlich ein Tor erzielt hatte.” Trotz schwieriger Phasen, in denen der U-19-Europameister von 2009 gerade während seiner Jahre in der Bundesliga beim HSV wegen der langen Torlosigkeit immer wieder Häme über sich ergehen lassen musste, konstatierte Diekmeier: “Es wird mir schwerfallen, wenn es bald vorbei ist.”