Alle 36 Erst- und Zweitligisten erhalten Lizenz für die kommende Saison

Die neue Saison kann kommen. Alle 36 Erst- und Zweitligisten haben die Lizenz von der DFL für die Spielzeit 2024/25 bekommen.

Wer wird Nachfolger von Bayer 04 Leverkusen? Oder gelingt der Werkself gar die Titelverteidigung?

Wer wird Nachfolger von Bayer 04 Leverkusen? Oder gelingt der Werkself gar die Titelverteidigung?

IMAGO/Team 2

Alle 36 Klubs der 1. und 2. Bundesliga haben die nötige Lizenz für die kommende Saison 2024/25 bekommen, das gab die Deutsche Fußball Liga am Mittwoch bekannt. Einige Vereine hatten bis Ende Mai noch Bedingungen erfüllen müssen, um eine Spielberechtigung zu erhalten. Dies sei nun erfolgt, heißt es in dem Statement weiter.

Welche Vereine nachbessern mussten, veröffentlichte die DFL nicht. Unter anderem hatte aber Hertha BSC “Bedingungen im finanziellen Bereich zu erfüllen”, wie Geschäftsführer Thomas E. Herrich Ende April auf kicker-Nachfrage erklärt hatte. Schließlich gab es für die Berliner, die nach dem Abstieg aus der Bundesliga im Vorjahr um die Lizenz zur vergangenen Saison lange hatten zittern müssen, grünes Licht.

“Wir haben in den vergangenen Wochen unsere Hausaufgaben erledigt: Die durch die DFL auferlegte Bedingung haben wir fristgerecht und vollumfänglich erfüllt”, freute sich Herrich am Mittwoch und betonte: “Insgesamt befinden wir uns auf einem sehr, sehr guten Weg. Aber jetzt gilt es, auf diesem Weg zu bleiben.”

Kiel und Münster atmen auf

Bundesliga-Aufsteiger Holstein Kiel hatte im April die Lizenz unter Auflagen erhalten. “Wir werden alles daransetzen, um die an uns gestellten Anforderungen bis zum Saisonstart zu erfüllen”, hatte damals Präsident Steffen Schneekloth versprochen – und Wort gehalten.

Auch Preußen Münster musste nachbessern insbesondere im Bereich des Stadions. Dass der SCP in der zweiten Liga im Preußenstadion antreten darf, sei mit “erheblichen Auflagen und Anstrengungen verbunden” hatten die Preußen Mitte April erklärt – und mussten deshalb um die Lizenz bangen. Die Anstrengungen waren nun erfolgreich.

“Im Sinne eines integren und fairen Wettbewerbs” prüft die DFL finanzielle, sportliche, rechtliche und personell-administrative Aspekte. Außerdem fließen Kriterien in Bezug auf Stadien, Nachhaltigkeit und die Virtual Bundesliga. Satzungsgemäß müssen die Klubs im Herbst für die laufende Spielzeit dann erneut ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit dokumentieren.

Kiel holt Regionalliga-Torschützenkönig Harres aus Homburg

Holstein Kiel rüstet nach dem Bundesliga-Aufstieg in der Abteilung Attacke nach: Regionalliga-Torschützenkönig Phil Harres wechselt im Sommer drei Ligen höher.

Er darf ab Sommer auf Bundesliga-Einsätze hoffen: Phil Harres.

Er darf ab Sommer auf Bundesliga-Einsätze hoffen: Phil Harres.

imago images

Mit Andu Yobel Kelati (Mittelfeld, TSG Hoffenheim II) und Max Geschwill (Abwehr, SV Sandhausen) hatte Holstein Kiel bis dato zwei Sommerneuzugänge präsentieren können. Am Mittwoch kam mit Phil Harres ein weiterer dazu.

“Mit Phil Harres konnten wir einen variablen und entwicklungsfähigen Stürmertypen für uns gewinnen, der in dieser Saison mit 24 Treffern in 34 Spielen Toptorschütze in der Regionalliga Südwest geworden ist”, wird Geschäftsführer Sport Carsten Wehlmann auf der KSV-Website zitiert: “Daher sind wir sicher, dass Phil sich hier bei Holstein weiterentwickeln und uns mit seinen Qualitäten helfen kann.”

Direkt drei Ligen höher

Harres’ Zahlen aus der Saison 2023/24 sind schlichtweg beeindruckend: Neben 24 Toren in 34 Regionalliga-Partien (dazu zwei Assists) erzielte der 22-jährige Angreifer auch zwei Treffer im DFB-Pokal (drei Einsätze) sowie zwei im Saarlandpokal (fünf Einsätze).

Ich freue mich wahnsinnig auf die neue Herausforderung hier in Kiel.

Phil Harres

“Ich freue mich wahnsinnig auf die neue Herausforderung hier in Kiel”, sagt Harres, für den es im Sommer direkt drei Ligen höher geht: “Holstein hat in der Vergangenheit schon auf junge Spieler gesetzt, die eine sehr gute Entwicklung genommen haben. Diesen Weg möchte ich auch gehen, mich persönlich weiterentwickeln und der Mannschaft und dem Verein helfen, gemeinsam erfolgreich zu sein.”

Tore gegen Darmstadt und Fürth

Harres durchlief verschiedene Jugendabteilungen, spielte beim VfL Bochum, bei Preußen Münster und auch Dynamo Dresden. Im Profi-Bereich ging es von Dresden leihweise zum SSV Ulm 1846 Fußball, zu Viktoria Berlin und schließlich im vergangenen Sommer dann fest zum FC 08 Homburg.

Dort schlug Harres derart ein, dass er in der neuen Saison auf Einsätze gegen Leverkusen, Bayern, Stuttgart oder Dortmund hoffen kann. Im DFB-Pokal traf Harres sowohl gegen Bundesliga-Absteiger Darmstadt (3:0) sowie in der zweiten Runde gegen Zweitligist Fürth (2:1).

Per Klausel: Holstein Kiel verpflichtet Geschwill vom SV Sandhausen

Bundesliga-Aufsteiger Holstein Kiel hat seinen zweiten Sommer-Neuzugang bekanntgegeben. Max Geschwill verlässt den SV Sandhausen nach einer Saison per Ausstiegsklausel und soll die Defensive der Störche verstärken.

Max Geschwill schließt sich Bundesliga-Aufsteiger Holstein Kiel an.

Max Geschwill schließt sich Bundesliga-Aufsteiger Holstein Kiel an.

IMAGO/foto2press

Schon im März hatte Holstein Kiel mit Offensiv-Allrounder Andu Yobel Kelati von der TSG Hoffenheim II den ersten Sommer-Neuzugang für die Saison 2024/25 präsentiert. Am Montagnachmittag legten die Störche erstmals nach dem feststehenden Aufstieg nach. Auf Kelati, der aus der Regionalliga Südwest kommt, folgt Max Geschwill, der ebenfalls einen großen Karrieresprung hinlegt. Der 22-Jährige Innenverteidiger wechselt trotz eines bestehenden Vertrags bis 2026 vom SV Sandhausen aus der 3. Liga in die Bundesliga. Die Kieler haben die im Vertrag verankerte Ausstiegsklausel gezogen. Zur Ablöse machten die Vereine – ebenso wie zur Länge des neuen Vertrags – keine Angaben.

Noch 2022/23 spielte Geschwill gemeinsam mit Kelati in der Regionalliga Südwest für die Hoffenheimer Zweitvertretung. Im vergangenen Sommer schloss er sich dem damaligen Zweitliga-Absteiger aus Sandhausen an und spielte sich auf Anhieb in der ersten Elf fest. Aufgrund einer Gelbsperre und verletzungsbedingt verpasste er elf Partien, in den restlichen 27 Drittliga-Spielen stand er, ebenso wie zweimal im DFB-Pokal, jeweils in der Startelf (zwei Tore). Zuletzt laborierte Geschwill an einem Mittelfußbruch, den er sich am 33. Spieltag der abgelaufenen Saison zugezogen hatte.

SVS-Sportdirektor Imhof attestiert “überragende Saison”

“Mit Max Geschwill gewinnen wir einen flexiblen Defensivspieler”, erklärte Carsten Wehlmann, Geschäftsführer Sport bei den Störchen. Neben seiner angestammten Rolle als Innenverteidiger kann der Linksfuß auch auf die defensiven Außenbahnen ausweichen. “Wir sind davon überzeugt, dass er bei uns den nächsten Schritt gehen wird.”

SVS-Sportdirektor Matthias Imhof war ebenfalls voll des Lobes für seinen scheidenden Abwehrmann. “Max hat sich in diesem Jahr durch seine überragende Saison ins Rampenlicht gespielt und es sich damit verdient, bei einem Bundesligisten zu unterschreiben.” Geschwill selbst gab sich derweil von dem “attraktiven Fußball” der Störche beeindruckt. “Nun bin ich ab Sommer Teil dieser Geschichte und werde alles daransetzen, schnellstmöglich anzukommen und mich in diese Mannschaft zu integrieren.”

Kiels heikle Stadionfrage: Ministerpräsident verspricht Hilfen

Mit ihrem Aufstieg in die Bundesliga haben die Störche Kiel in einen Ausnahmezustand versetzt. Doch die heikle Stadionfrage bereitet Sorgen. Der Ministerpräsident verspricht Hilfe.

Die Störche auf einem offenen Doppeldecker-Bus quer durch die Stadt.

Die Störche auf einem offenen Doppeldecker-Bus quer durch die Stadt.

IMAGO/Eibner

Ausführlichst hat Holstein Kiel am Pfingstmontag den Aufstieg in die Bundesliga zelebriert. Und die ganze Stadt war dabei. Zunächst ging es für die Störche auf zwei Cabrio-Bussen vom Holstein-Stadion quer durch Kiel zum Rathaus, wo sich die Mannschaft ins Goldene Buch der Stadt eintrug, ehe auf dem Rathausbalkon und am Rathausplatz mit 20.000 Kielern weitergefeiert wurde.

Der Andrang entlang der Route war derart groß, dass sich der Aufstiegskorso zeitweise kaum fortbewegen konnte. “Als wir mit den Bussen Richtung Rathaus gefahren sind, wurden es immer mehr Menschen auf den Straßen. Die Stimmung in der Stadt war unbeschreiblich”, schwärmte Aufstiegstrainer Marcel Rapp.

Den krönenden Abschluss bildeten ein Feuerwerk sowie eine Lasershow. “Als ich Bürgermeister wurde, war Holstein gerade von der 4. in die 3. Liga aufgestiegen. Und jetzt in die Bundesliga. Ihr habt Vereins- und Sportgeschichte geschrieben”, würdigte Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer die Leistung.

Stadion (noch) nicht bundesligatauglich: “Kleinere Korrekturen vonnöten”

Die Mannschaft von Holstein Kiel feiert auf dem Rathausbalkon.

Die Mannschaft von Holstein Kiel feiert auf dem Rathausbalkon.
picture alliance/dpa

Nach der Party beginnen jetzt die Vorbereitungen auf Fußball-Feste  wie gegen Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen und Bayern München. Das (noch) nicht bundesligataugliche Stadion bereitet den Überfliegern aber Sorgen. Damit auf den Rausch kein Kater folgt, verspricht Ministerpräsident Daniel Günther, der im Holstein-Trikot und mit Fanschal um den Hals mitgefeiert hat, Hilfe vom Land.

“Da muss sich jetzt schnell etwas tun”, sagte der CDU-Politiker im Interview mit dem SID: “Da sind kleinere Korrekturen vonnöten, bei denen die Stadt und das Land dem Klub kurzfristig helfen werden.”

Kapazität soll von 15.000 auf 25.000 erhöht werden

Das aktuelle Stadion bietet knapp 15.000 Zuschauern Platz, bereits seit 2017 darf Holstein seine Heimspiele nur dank einer Ausnahmegenehmigung dort austragen. Die Kapazität an Sitzplätzen (knapp über 5000) ist für Erstligaansprüche zu gering, das Flutlicht für Abendspiele in der Beletage zu schwach.

Perspektivisch wird es aber mehr brauchen. Als Land habe man 2018 fast 20 Millionen Euro für einen Umbau zur Verfügung gestellt, so Günther: “Und jetzt muss die Stadt alles in die Wege leiten. Ich habe die Hoffnung, dass das alles schnell geht. Denn dauerhaft braucht Holstein Kiel in der Bundesliga ein Stadion, das darauf ausgerichtet ist. Daran wird mit Hochdruck gearbeitet.”

Durch den Umbau soll die Stadionkapazität auf 25.000 Zuschauer erhöht werden, veranschlagt werden dafür Kosten von insgesamt rund 75 Millionen Euro. Mit dem Baubeginn wird für Herbst 2025 gerechnet.

Die Sommer-Neuzugänge der Zweitligisten im Überblick

Die Saison 2023/24 biegt auf die Zielgerade ein, die Vereine planen längst für den kommenden Sommer und die neue Saison. Diese Neuzugänge stehen bisher fest …

Bald beim 1. FC Nürnberg: Caspar Jander.

Bald beim 1. FC Nürnberg: Caspar Jander.

IMAGO/Nico Herbertz

FC Schalke 04

Anton-Leander Donkor (Abwehr, Eintracht Braunschweig)

Fortuna Düsseldorf

Tim Rossmann (Angriff, Karlsruher SC), Danny Schmidt (Angriff, 1. FSV Mainz 05)

SC Paderborn

Tjark Scheller (Abwehr, FC St. Pauli II), Felix Götze (Mittelfeld, Rot-Weiss Essen)

Karlsruher SC

Benedikt Bauer (Abwehr, SpVgg Unterhaching), Noah Rupp (Mittelfeld, FC Luzern)

Holstein Kiel

Andu Yobel Kelati (Mittelfeld, TSG Hoffenheim II)

1. FC Magdeburg

Pierre Nadjombe (Abwehr, 1. FC Köln II)

SpVgg Greuther Fürth

Nahuel Noll (Tor, TSG Hoffenheim, Leihe), Matti Wagner (Abwehr, 1. FC Köln), Reno Münz (Abwehr, Bayer 04 Leverkusen), Noel Futkeu (Angriff, Eintracht Frankfurt II)

1. FC Nürnberg

Caspar Jander (Mittelfeld, MSV Duisburg)

Eintracht Braunschweig

Max Marie (Mittelfeld, FC St. Pauli II)

SV Elversberg

Filimon Gerezgiher (Mittelfeld, SGV Freiberg), Frederik Schmahl (Mittelfeld, TSG Hoffenheim II)

SV Wehen Wiesbaden

Ivan Franjic (Mittelfeld, Würzburger Kickers)

“Mit Spielern, die keiner kennt”: Rapps Resümee zum Triumph

Ein abschließendes 2:1 in Hannover – nach dem aus seiner Sicht “glücklichen Sieg” bei den Niedersachsen nutzte Marcel Rapp die Gelegenheit, noch einmal einige Dinge, die zum umjubelten Bundesliga-Aufstieg seines Teams führten, Revue passieren zu lassen. Der Holstein-Trainer sprach über …

“In sechs Wochen wird sich der Fußball nicht verändern”: Marcel Rapp.

IMAGO/Eibner

… den vermeintlichen Wermutstropfen, nicht als Tabellenerster aufzusteigen: “Wir hätten die Meisterschaft auch gerne errungen und haben unseren Teil dazu beigetragen mit dem Sieg in Hannover. Es war schon unser Ziel, nicht nur vor diesem Spiel, sondern schon ein paar Wochen länger. Es hat am Ende doch nicht gereicht, Glückwunsch an St. Pauli. Trotzdem bin ich total stolz auf die Mannschaft. Es war eine seriöse Leistung.”

… den abschließenden Sieg ohne Bestbesetzung: “Wenn ich die Zeit ein Jahr zurückdrehe, schaue, wer bei uns die letzten zehn Minuten auf dem Platz gestanden hat und damals gesagt hätte: ‘Mit der Mannschaft gewinnt ihr gegen Hannover’, dann hätten uns alle für verrückt erklärt. Somit ist das eine sensationelle Leistung von jedem einzelnen. Da kann jeder stolz sein, diese Schritte gegangen zu sein. Das ist der Weg von Holstein Kiel.”

… die Entwicklung eines aufstiegsreifen Teams seit seiner Amtsübernahme im Oktober 2021: “Ich weiß nicht, ob man drei Jahre braucht für diese Entwicklung. Es kamen immer mal neue Spieler dazu, jetzt hatten wir wieder einen größeren Umbruch. Grundsätzlich gefällt es mir, wie wir Fußball spielen. Es greift ein Rädchen ins andere, die Jungs haben Bock darauf und sehen, dass es erfolgreich ist.”

… den Unterschied zu 2022/23, als die KSV in der Endabrechnung Platz acht erreichte: “Letzte Saison waren wir auch nicht so schlecht, aber einfach nicht effizient in den Boxen. Das haben wir ganz nüchtern-sachlich analysiert. Dieses Jahr sind wir viel besser in den Boxen, das hat man auch in Hannover wieder gesehen, mit Qualität, die wir im letzten Jahr vielleicht nicht hatten, auch aufgrund von Verletzungen. Allein defensiv schädeln die alles raus, was da reinfliegt. Von daher sieht man, wenn man diese Saison analysiert, dass es peu à peu vorangeht.”

Podcast

Union-Dusel, Kölner Abstieg und Europapokalanwärter


14:21 Minuten

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… den Vergleich mit Vorjahres-Aufsteiger Heidenheim, wo es 2023 ebenfalls in Ruhe kontinuierlich nach oben ging: “Ich glaube, ein Trainer braucht einfach ein bisschen Zeit. Ob es drei Jahre sein müssen, weiß ich nicht. Aber in sechs Wochen wird sich der Fußball nicht verändern. Das sieht man bei manch anderen Vereinen. Da sehen die Trainer sechs, sieben, acht Spiele, dann sind sie schon wieder weg und man denkt als Kollege: Was soll er machen? Soll er zaubern? Von daher glaube ich schon, dass Holstein zum Vorbild dient. Trotzdem muss man immer die Begleitumstände sehen. Presselandschaft, Aufsichtsrat, was in Kiel einfach super ist, damit sich etwas entwickelt. Das ist ein großes Faustpfand für uns, das nutzen wir auch aus.”

… den großen Rückhalt auf den Rängen und den Zuspruch der Menschen bei den Feierlichkeiten: “Wenn man sieht, wie viele Zuschauer da waren, was wir für einen Support haben, das ist herausragend. Da wollen wir weitermachen und sind einfach überglücklich.”

… die Lust auf die Bundesliga: “Absolut. Wir haben hier etwas entstehen lassen, womit wir noch nicht zu Ende sind. Wir haben Lust auf die Liga, haben uns dafür qualifiziert. Wir werden den Weg mit Spielern, die keiner kennt und wo man erst einmal nachgucken muss, wie man die Namen schreibt, weitergehen. Und wir werden versuchen, gegen die anderen in Konkurrenz zu treten. Wir brauchen uns nicht zu verstecken. Wir sind verdient aufgestiegen. Jetzt gehen wir in die Pause – und dann greifen wir an.”

aufgezeichnet von Michael Richter

Podcast

KMD #211


01:49:49 Stunden

alle Folgen

Kiels “Paradebeispiel” : Gladbach verpflichtet KSV-Kapitän Sander

Borussia Mönchengladbach hat am Montag einen Sommer-Neuzugang präsentiert, der längst ein offenes Geheimnis war: Philipp Sander kommt von Bundesliga-Aufsteiger Holstein Kiel und unterschreibt langfristig.

Daumen hoch für einen Sommerwechsel: Philipp Sander geht von Kiel nach Gladbach.

Daumen hoch für einen Sommerwechsel: Philipp Sander geht von Kiel nach Gladbach.

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Es hatte sich über Wochen abgezeichnet, ehe es Philipp Sander nach dem erreichten Aufstieg mit Holstein Kiel sogar selbst vor TV-Kameras bestätigte. Am Pfingstmontag wurde es offiziell: Der Kapitän verlässt den hohen Norden nach der Zweitliga-Vizemeisterschaft und wechselt im Sommer zu Borussia Mönchengladbach.

Dort hat der 26-jährige Mittelfeld-Antreiber einen Vertrag bis zum 30. Juni 2028 unterzeichnet. “Borussia ist in Deutschland und europaweit ein ganz besonderer Verein”, wird Sander vom VfL zitiert: “Als ich vom Interesse von Gladbach an mir gehört habe, war ich daher sofort Feuer und Flamme.”

Sander war im Sommer 2015 in die U 19 von Holstein Kiel gewechselt, nach einer Saison in der U 23 unterschrieb er seinen ersten Profi-Vertrag und debütierte im Dezember 2018 in der 2. Bundesliga bei einem Heimsieg gegen den Hamburger SV. Insgesamt bestritt der Holstein-Kapitän 187 Pflichtspiele für die KSV – 87 davon für die Profis.

Drittbester Zweitliga-Profi nach kicker-Noten

In der gerade abgelaufenen Saison war Sander eine der großen Stützen im Team von Trainer Marcel Rapp. Bei 25 Zweitliga-Einsätzen kam der Rechtsfuß auf drei Tore und sechs Vorlagen bei einem kicker-Notenschnitt von 2,82 – der drittbeste Schnitt der gesamten Liga nach Schalke-Keeper Marius Müller (2,78) und Düsseldorfs Shinta Appelkamp (2,80).

“Philipp Sander ist ein Paradebeispiel dafür, für welchen Weg Holstein Kiel seit vielen Jahren steht”, wird Kiels Geschäftsführer Sport Carsten Wehlmann zitiert: “Er hat sich aus unserem Nachwuchsleistungszentrum bis zum Kapitän der Profis entwickelt und verabschiedet sich nun mit diesem historischen Aufstieg in die Bundesliga.”

Sander geht wenig verwunderlich auch mit einem weinenden Auge. “Ich bin hier nicht nur als Spieler, sondern auch als Persönlichkeit außerhalb des Platzes gereift. Es macht mich extrem glücklich und stolz, dass ich mich als Kapitän mit so einem erfolgreichen und historischen Ende wie dem Aufstieg aus Kiel verabschieden darf”, so der gebürtige Rostocker.

Langsam groß: Holstein Kiels Weg in die Bundesliga

Der Aufstieg in die Bundesliga ist perfekt. Holstein Kiels Weg wurde kontinuierlich und über viele Jahre bestritten.

Der 4:0-Sieg in Nürnberg war ein wichtiger Schritt und wurde entsprechend zelebriert.

Der 4:0-Sieg in Nürnberg war ein wichtiger Schritt und wurde entsprechend zelebriert.

IMAGO/Lobeca

Am Anfang stand ein Abstieg. Das Fundament des Trainingszentrums im Kieler Stadtteil Projensdorf war in der Saison 2009/10 längst errichtet, die wegweisende strukturelle Entscheidung, mit Wolfgang Schwenke einen Kaufmännischen und mit Andreas Bornemann einen Sportlichen Geschäftsführer zu installieren, ebenso getroffen. Diese für das stetige Wachstum Holsteins bedeutsame Spielzeit endete dennoch mit dem Sturz aus der 3. Liga zurück in die Regionalliga Nord. Und obwohl der Aufenthalt in der Viertklassigkeit drei Jahre andauerte, war etwas entstanden, das langsam groß werden konnte.

Holstein sucht seinen Platz neben dem THW

33. Spieltag

Bornemann, heute Sportchef beim Konkurrenten FC St. Pauli, erinnert sich noch an blaue T-Shirts, die als Teil einer Marketingkampagne in Kiel verteilt wurden. “Im Puls der Stadt” stand darauf. Holstein rang um Relevanz. “Handball und der THW”, sagt der 52-Jährige, “waren ganz klar dominant in Kiel.” Fin Bartels, der als gebürtiger Kieler seine Profikarriere bei den Störchen begonnen und im vergangenen Sommer auch beendete, blickt noch weiter zurück. “Um Bundesliga-Fußball zu sehen, bin ich früher nach Hamburg in den Volkspark gefahren. Das war als Kind in Kiel halt so. Hier gab es den THW.”

Bartels hatte seine Heimatstadt 2007 verlassen, kehrte 2020 nach den Stationen Rostock, St. Pauli und Bremen zurück und konstatiert: “Als ich weggegangen bin, standen die Grundmauern in Projensdorf schon, und es gab auch schon einen Trainingsplatz, aber wir haben uns noch im Stadion umgezogen und sind die paar Kilometer mit Kleinbussen zum Training gefahren. Eigentlich ist Holstein jetzt fast ein anderer Verein.” Und inzwischen reif für die Bundesliga.

2012/13

Der erste Schritt 2012/13: Für den Aufstieg in die 3. Liga gibt es von den Fans für Trainer Thorsten Gutzeit eine Sektdusche.
imago sportfotodienst

Der letzte Schritt ist geschafft. Unzählige, auch mühsame, sind vorausgegangen. Mit Schwenke ist ein Mann der Geburtsstunde des “neuen Holsteins” immer noch im Amt. Pikanterweise ist er ein Kind des THW, war dort ein Handball- Star, machte seine ersten Schritte als Geschäftsführer. Der 56-Jährige sagt: “Wir sind über die Jahre stetig in allen Bereichen gewachsen, haben viele Themen professionalisiert und weiterentwickelt.” Die wirtschaftlichen Voraussetzungen dafür haben die Kieler Einzelhandelsriesen Gerd Lütje und Dr. Hermann Langness als Doppelspitze im Aufsichtsrat geschaffen. “Ohne sie”, weiß Schwenke, “wäre diese Entwicklung nicht möglich gewesen.”

Viele gute Entscheidungen

Lütje und Langness waren neben Schwenke und Präsident Steffen Schneekloth die Konstanten in einem Verein, der sich eigentlich permanent im Umbruch befand und nicht selten mit Personalwechseln den nächsten Schritt einleitete. Bornemann war als Boss im Sport der Impulsgeber, den großen Wurf in der Handball-Hochburg nicht mit namhaften und bestens dotierten Ex-Profis zu vollziehen, sondern entwicklungsfähige Spieler auszuwählen, die auch Transferwerte schufen. Der 2016 verpflichtete Ralf Becker hatte den Mut, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen, führte die KSV nicht nur im ersten Jahr zum Zweitliga-Aufstieg und im zweiten in die Relegation zur Bundesliga, er schob auch Entwicklungen an, auf die vor allem der im Sommer scheidende Uwe Stöver aufbaute. “In den vergangenen Jahren”, sagt dieser, “wurden hier in den verschiedenen Gremien viele gute Entscheidungen getroffen.”

Was banal klingt, führt Stöver aus. “Es gab vor und während meiner Zeit bei den handelnden Personen immer den Abwägungsprozess zwischen sportlichen und infrastrukturellen Entscheidungen.” Das bedeutete 2018 noch, dass Boss Becker und Erfolgstrainer Markus Anfang ebenso gegen entsprechende Ablösezahlungen ziehen gelassen wurden wie 2019 unter anderem Kapitän David Kinsombi.

Auch durch Transfererlöse ist Holstein gewachsen. Und zumindest so groß geworden, dass im Sommer 2020 nicht mehr wirtschaftliche Überlegungen dominierten, als Top-Star Jae-Sung Lee und Torjäger Janni Serra ins letzte Vertragsjahr gingen, obwohl für beide Angebote vorlagen, die Millioneneinnahmen beschert hätten. “Bei diesen beiden Entscheidungen”, erinnert sich Stöver, “ging es ganz klar um unsere eigenen sportlichen Ambitionen.”

Der dritte Anlauf

Der Ertrag: Holstein stürmte im DFB-Pokal bis ins Halbfinale, warf auf dem Weg dorthin selbst den FC Bayern raus und scheiterte erst in der Relegation gegen Köln (1:0, 1:5) dramatisch am Bundesliga-Aufstieg. Der wäre auch über den direkten Weg möglich gewesen, zwei Spiele vor Saisonende lag Kiel vier Punkte vor Verfolger Fürth, brauchte nur noch einen Sieg, musste letztlich aber auch dem Kräfteverschleiß durch zwei Corona-Quarantänen Tribut zollen.

In diesem Frühjahr nahm Holstein den dritten Anlauf Richtung Bundesliga. Angesichts des Kaderumbruchs im vergangenen Sommer und der Konkurrenz mit Hochkarätern wie dem Hamburger SV, Schalke 04, Hertha BSC, Hannover 96 oder Fortuna Düsseldorf mutete das überraschend an. Der Klub indes scheint bereit. Und ist viel weiter, als er es bei einem Durchmarsch 2018 oder einem Aufstieg 2021 gewesen wäre.

Kiels Trainingsgelände in Projensdorf.

Holstein Kiels Standort in Projensdorf.
imago images/Holsteinoffice

Das Trainingsgelände gilt als Symbol für das Wachstum von Holstein

Auf der Kommandobrücke steht seit einigen Wochen Carsten Wehlmann. Der Nachfolger von Stöver ist vorzeitig als Geschäftsführer Sport eingestiegen und nicht nur der neue Verantwortliche, sondern auch ein alter Zeitzeuge. In der Saison 2009/10, als der langsame Aufstieg mit einem Abstieg begann, war der heute 51-Jährige der erste fest angestellte Chefscout der Vereinsgeschichte, ehe er 2018 als Sportlicher Leiter nach Darmstadt wechselte. Er findet: “Das Trainingsgelände in Projensdorf ist ein Symbol für das Wachstum von Holstein. Es ist Stück für Stück größer geworden, parallel zum sportlichen Aufstieg haben die Verantwortlichen immer sehr genau darauf geachtet, dass der Verein auch infrastrukturell mitwächst.” Das Ergebnis: Kiel ist langsam groß. Nun auch im Fußball.

Dieser Artikel erschien erstmals in der Montagsausgabe des kicker am 8. April.

Sebastian Wolff

Bierdusche für Rapp: Kieler Mannschaft stürmt die Pressekonferenz

Erster Bundesligist Schleswig-Holsteins feiert Aufstieg 12.05.2024

Bierdusche für Rapp: Kieler Mannschaft stürmt die Pressekonferenz

2:06Marcel Rapp hatte sich um kurz nach 23 Uhr zu einer improvisierten Pressekonferenz begeben, bereits nach zwei Minuten aber wurde diese von der obligatorischen Bierdusche durch seine Spieler unterbrochen. Seine wichtigste Botschaft: “Das Gefühl ist überwältigend.”

Harte Arbeit und große Kieler Gefühle – Holtby “stolz und dankbar”

Die letzten Meter zum Aufstieg waren mühsam und beschwerlich. Als Holstein Kiel aber durch das glückliche 1:1 gegen Düsseldorf am Ziel war und damit erster Bundesligist von Schleswig-Holstein ist, brachen an der Förde alle Dämme.

Lewis Holtby hat schon einiges erlebt in seiner Laufbahn - aber der Aufstieg mit Kiel nahm auch ihn mit.

Lewis Holtby hat schon einiges erlebt in seiner Laufbahn – aber der Aufstieg mit Kiel nahm auch ihn mit.

IMAGO/Lobeca

Schon wenige Sekunden vor dem Abpfiff hatten die ersten Anhänger den Innenraum geentert. Als es dann tatsächlich vorbei war, wurde der Rasen von den Massen gestürmt und das Dach der Trainerbank zur Partyzone. Als erstes hatten Tom Rothe und Kapitän Philipp Sander die Stahlkonstruktion erklommen, die in den Minuten danach unter den hüpfenden KSV-Profis mindestens einer ebenso harten Belastungsprobe unterzogen wurde wie zuvor die Holstein-Abwehr.

Sander sagte sichtbar bewegt: “Der Anblick vom Dach aus auf die Menschenmenge war überwältigend. Ich weiß nicht, ob ich so etwas in meiner Karriere nochmal erleben werde.” Lewis Holtby hat schon vieles erlebt in seiner bewegten Laufbahn, am späten Samstagabend aber rang der weit gereiste Routinier zunächst ebenfalls nach Worten und fand dann die passenden für Holsteins Geschichte: “Ich bin stolz und dankbar, Teil dieses historischen Erfolgs für dieses Bundesland zu sein.”

Demut und Dankbarkeit sind Grundelemente des Kieler Höhenflugs. Und harte Arbeit. Die war auch gegen beeindruckende Düsseldorfer gefragt. Dazu war Holstein mit dem Glück im Bunde, dass Schiedsrichter Sven Jablonski das Handspiel von Patrick Erras nach vier Minuten nicht mit dem fälligen Elfmeter und der Roten Karte ahndete. “Es war ein schweres Stück Arbeit”, gestand Sander und sah die Partie als sinnbildlich für die gesamte Spielzeit an, die mit einem gewaltigen Umbruch begann und mit dem Aufstieg endet.

Rosenbooms Einsatz “beispielhaft”

“Wir wussten im Sommer nicht ganz, wo wir von der individuellen Klasse her stehen”, sagte Sander, “aber wir waren vom ersten Tag an bereit, hart zu arbeiten, hatten einen unfassbaren Zusammenhalt, haben immer alles reingeworfen”.

Der Zusammenhalt half auch, Widerstände zu überwinden. Etwa zu Beginn der Rückrunde, als Holstein eine komplette Achse, bestehend aus Sander, Benedikt Pichler und Fiete Arp weggebrochen war. Oder auch am Samstag, als sich kurzfristig Eckpfeiler Timo Becker verletzt abgemeldet hatte und durch Youngster Lasse Rosenboom ersetzt wurde. “Das”, fand auch Aufstiegstrainer Marcel Rapp, “ist beispielhaft, wie Lasse reinkommt und ein Riesenspiel macht”.

Improvisierte PK nach zwei Minuten unterbrochen

Der Badener hatte sich um kurz nach 23 Uhr tatsächlich zu einer improvisierten Pressekonferenz begeben, bereits nach zwei Minuten aber wurde diese von der obligatorischen Bierdusche durch seine Spieler unterbrochen. Seine wichtigste Botschaft: “Das Gefühl ist überwältigend.”

Auch er blickte im Moment des großen Triumphes auf den vergangenen Sommer und die gewaltigen personellen Umbaumaßnahmen zurück. “Wir hatten direkt ein gutes Gefühl, als wir diesen Kader zusammengestellt hatten. Aber natürlich haben wir zu diesem Zeitpunkt nicht erwarten können, dass wir am 33. Spieltag aufsteigen.”

Seit Samstag besteht darüber Gewissheit, und Zweifel daran, dass der Aufstieg verdient ist, ließ auch Daniel Thioune nicht aufkommen, obwohl der Fortuna-Trainer drauf und dran war, die Kieler Feier mit seiner Mannschaft zu verhindern oder mindestens aufzuschieben: “Wenn man die gesamte Saison von Holstein betrachtet, dann ist dieser Aufstieg absolut verdient.”

Sebastian Wolff