Nenad Bjelica ist in Fußballdeutschland mehr oder weniger noch die große Unbekannte. Mit seiner direkten Art und strengen Linie will er Kellerkind Union Berlin wieder auf Vordermann bringen.

Gilt als klarer Charakter: Union-Coach Nenad Bjelica.
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“Ich spreche lieber auf dem Platz“, erklärte Nenad Bjelica bei seiner Vorstellung als neuer Trainer des 1. FC Union Berlin. Seine Blicke vom Podium aus wanderten zumeist Richtung Boden, ein Lächeln war nicht zu erkennen. Der Kroate, der das schwere Erbe von Urs Fischer antritt, machte von der Körpersprache her an seinem ersten Tag einen eher schüchternen Eindruck.
Dafür wirkte er mit seinen Aussagen umso selbstbewusster. “Ich bin voll überzeugt, dass wir bald nichts mehr mit dem Abstieg zu tun haben”, betonte der 52-Jährige. Und noch mehr: “Ich kann genauso erfolgreich sein wie mein Vorgänger.” Und das wolle er mit einem dominierenden Fußball erreichen. “Meine Mannschaften spielen sehr intensiv mit viel Pressing und viel Intensität”, unterstrich Bjelica, der viel Wert auf Disziplin und Ordnung legt.
Bjelica fährt eine strenge Linie und eckt auch mal an
Der zweifache Familienvater gilt in Fachkreisen als ein Trainer, der eine strenge Linie fährt und mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg hält. So hat er beispielsweise während seiner Zeit bei Austria Wien unmittelbar nach einer Derbyniederlage gegen Rapid die eigenen Spieler vor den Medien scharf kritisiert und es sich somit mit dem einen oder anderen Schützling verscherzt. Zudem eckte er wegen seiner ehrlichen und direkten Art mit Verantwortlichen aus der Führungsebene an. Nach starker Anfangsphase blieben mit fortlaufender Zeit die gewünschten Ergebnisse aus, weshalb er schlussendlich nur sieben Monate im Amt war.
Eine kürzere Verweildauer durchlebte er bei seiner letzten Station Trabzonspor. Mit einer defensiven Herangehensweise – oftmals im 4-2-3-1 und ohne hohes Anlaufen – blieb der Erfolg weitestgehend aus. Die Herzen der Fans flogen ihm nicht zu, weil sie ihn in der Türkei als eher mürrischen und streitbaren Charakter angesehen haben. In der laufenden Saison holte er aus acht Partien nur vier Siege. Eine zu schwache Ausbeute für solch einen ambitionierten Verein, weshalb er nach nur einem halben Jahr Amtszeit im Oktober entlassen wurde.
Mit seiner leicht destruktiven Spielweise ließ er in Österreich jedoch aufhorchen. Mit Austria Wien erreichte er die Champions-League-Gruppenphase. Und mit dem FC Kärnten und Wolfsberger AC stieg er jeweils in die 1. Liga auf. Der Sprung in das Oberhaus gelang ihm in Italien mit Spezia Calcio allerdings nicht. Die Fans liebten ihn aufgrund seiner direkten Art, der Vorstand dagegen stand ihm skeptisch gegenüber. Bjelica wurde nach nur 15 Monaten beurlaubt.
Dani Olmo entwickelte sich unter Bjelica prächtig weiter
Seine größten Erfolge feierte der ehemalige Mittelfeldstratege des 1. FC Kaiserlautern in seiner Heimat bei Dinamo Zagreb. Mit dem kroatischen Rekordmeister holte er zwei Mal die Meisterschaft und einmal den Pokal. Außerdem legte er großen Wert auf die Nachwuchsarbeit und junge Talente. Dani Olmo entwickelte sich unter Bjelica prächtig weiter und auch Josko Gvardiol kam zu seinen ersten Profieinsätzen. Nun aber möchte er sich beim 1. FC Union einen Namen machen – und in Deutschland noch bekannter werden. “Leistung auf dem Platz ist der größte Respekt, den ein Spieler dem Verein oder Trainer geben kann. Wer die bringt, wird in mir den besten Freund haben. Wer nicht, wird Probleme haben”, so das Credo von Bjelica.
Heißt: Der Kroate wird weiter seine strenge Linie fahren und auf dem Platz knallhart durchgreifen. “Er ist ein ganz klarer Charakter, auf den man sich verlassen kann. Aber auch deutlich in seinen Ansagen. Ihr Medien werdet viel Spaß an ihm haben”, beschreibt ihn Thomas Riedl, der zusammen mit ihm bei Kaiserslautern gekickt hat.
Für sein Trainerdasein habe ihn vor allem seine Zeit als Spieler in Spanien (Albacete Balompie, Betis Sevilla, UD Las Palmas) geprägt, verrät der 47-Jährige: “Das Positionsspiel ist ihm extrem wichtig. Und der Ball steht bei seinen Einheiten immer im Vordergrund, er will einfach Fußball spielen lassen.” Mit diesem Vorhaben steht er bei den Eisernen nun vor einer echten Mammutaufgabe.