Fritz erfuhr erst auf der Werder-PK vom Verzicht auf Ducksch

Die Heim-Europameisterschaft findet im Sommer ohne Bremens Top-Scorer Marvin Ducksch statt. Bei Werder sind sie überzeugt, dass das den 30-Jährigen nicht aus der Bahn werfen wird.

Er darf sich im Sommer das DFB-Trikot nur als Fan überstreifen: Marvin Ducksch.

Er darf sich im Sommer das DFB-Trikot nur als Fan überstreifen: Marvin Ducksch.

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Am Donnerstagmittag hat Bundestrainer Julian Nagelsmann auf einer Pressekonferenz seinen vorläufigen EM-Kader nominiert. Keiner dieser 27 berufenen Profis ist Bremens Top-Scorer Marvin Ducksch, der bei den November-Länderspielen gegen die Türkei (2:3) und in Österreich (0:2) jeweils eingewechselt wurde und so zu seinen ersten beiden Einsätzen fürs DFB-Team kam.

Weil Ducksch in der Bundesliga auch in der Folge performte (21 Scorerpunkte in 32 Bundesliga-Einsätze), dürfte sich der 30-Jährige durchaus Hoffnungen auf einen Platz im EM-Kader gemacht haben. Sein Name aber tauchte nicht im Aufgebot Nagelsmanns auf.

Clemens Fritz wurde von dieser Nachricht auf der fast parallel zur DFB-Veranstaltung stattfindenden Werder-PK überrumpelt. “Ich muss jetzt ehrlicherweise sagen, ich erfahre das jetzt gerade von dir, dass die Nominierung komplett ist”, gestand Bremens Geschäftsführer offen ein: “Ich hatte nicht die Zeit, mich damit zu beschäftigen. Heute habe ich auch noch nicht mit Marvin gesprochen.” Er wisse nicht, “ob es absehbar war”, sei aber überzeugt, dass es auch so “den einen oder anderen Härtefall geben wird”.

Werner lobt Duckschs “sensationellen Weg”

“Ich denke, es gibt einige Spieler, die wirklich sehr enttäuscht sind”, so Fritz: “Aber ich gehe nicht davon aus, dass das jetzt großen Einfluss auf Marvin hat. Er ist auch als Typ gefestigt genug, um damit umgehen zu können, bei aller Enttäuschung, die natürlich da sein wird.”

Auch Cheftrainer Ole Werner hatte Ducksch zu dem Thema noch nicht sprechen können. “Ich glaube, Marvin kann auch auf diese Saison wieder stolz sein”, erklärte der 36-Jährige: “Er hat es zum Nationalspieler geschafft. Nachdem wir hier auch noch vor zwei Jahren die Diskussion geführt haben, wie er in der Bundesliga überhaupt zurechtkommt, ist das, glaube ich, ein sensationeller Weg.”

Die 21 Torbeteiligungen sprächen für sich. Mit Blick aufs Bochum-Spiel am Samstag (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker) fügte Werner an: “Hoffen wir, dass am Wochenende nochmal was dazukommt.” Ducksch jedenfalls müsse sich in Bezug auf den geplatzten EM-Traum “wenig vorwerfen” – gerade hinsichtlich der offensiven Konkurrenz im DFB-Team.

“Wenn du jetzt wieder extrem viele neue Elemente reinbringst, stürzt das Haus ein”

Inhaltlich bot der deutsche EM-Kader am Donnerstag keine Überraschungen mehr. Aber die Art der Präsentation war ebenso vielversprechend wie die Idee, nach der Julian Nagelsmann seine Auswahl für das Heimturnier zusammengestellt hat. Der Bundestrainer setzt auf einen guten Geist – und will mit seinem frischen Team begeistern.

Julian Nagelsmann will begeisternden Fußball spielen und peilt den EM-Titel an.

Julian Nagelsmann will begeisternden Fußball spielen und peilt den EM-Titel an.

IMAGO/Matthias Koch

Bröckchenweise war in den vergangenen Tagen der deutsche Kader für die Heim-EM zu weiten Teilen bekanntgegeben worden – und damit noch bevor Bundestrainer Julian Nagelsmann am Donnerstag in Berlin das finale Gesamtaufgebot persönlich vorstellte. Die Präsentation auf ungewöhnlichem Wege – in der Tagessschau, durch Handwerker und Privatpersonen, in Podcasts und durch Musiker oder Influencer – war als Idee in der Medienabteilung des DFB gereift und wirkte anfangs ebenso unterhaltsam wie irritierend. Wo steckte der tiefere Sinn, fragten sich manche.

“Gute Truppe, könnte von mir sein”

Die Antwort lieferte am Donnerstag ein kurzer Clip, der zu Beginn der Pressekonferenz gezeigt wurde und in dem alle Personen, die in den vergangenen Tagen EM-Teilnehmer verkündet hatten, auftauchten: Die Beteiligten deckten die Vielfalt Deutschlands ab, standen für verschiedene Bevölkerungs-, Berufs- und Altersgruppen. Von der Grundschulklasse bis zu Oma Lotti aus dem Altenheim, von der Dachdeckerin zum 80er-Jahre-Popstar – es war von jedem und für jeden etwas dabei. Die passende verbale Botschaft setzte Nagelsmann schließlich selbst darunter: “Gute Truppe, könnte von mir sein”, sagte der Bundestrainer am Ende des Clips. “Ist aber euer Kader.” Ein Kader für Deutschland.

Es war ein weiterer cleverer Schachzug des DFB, der bereits im März durch eine frische Werbekampagne für die EM-Trikots positiv aufgefallen war. Dass die sportlichen Leistungen im März deutlich besser waren als zuvor, wirkte wie ein Katalysator für die Stimmung im Gastgeberland. Die inhaltlich wenig überraschende, aber verbindende Art der Kader-Nominierung dürfte dem Vorhaben, mit viel Euphorie ins Turnier zu starten, einen weiteren Schub geben. Auch wenn der Applaus nach der Vorstellung in Berlin erst nach expliziter Ermunterung Nagelsmanns und allenfalls zaghaft erfolgte – was angesichts des Plenums aus Journalisten allerdings auch wenig überraschte.

Nagelsmann: März-Lehrgang “der beste seit vielen Jahren”

Der 36-Jährige präsentierte sich bei der Vorstellung seines ersten Turnierkaders – der von aktuell 27 nominierten noch auf 26 Spieler reduziert werden muss – voller Tatendrang und bester Laune. Seinen Vertrag hatte er bereits vor einigen Wochen bis zur WM 2026 verlängert und damit zum Ausdruck gebracht, wie sehr er sich inzwischen mit der Arbeit als Nationaltrainer angefreundet hat. Jetzt zog auch sein Trainerteam nach – so dass nun die volle Konzentration einem erfolgreichen Turnierabschneiden gelten kann.

Julian Nagelsmann

Julian Nagelsmann bei der Kader-Bekanntgabe.
AFP via Getty Images

Bereits nach den enttäuschenden November-Länderspielen gegen die Türkei (2:3) und in Österreich (0:2) hatten sich Nagelsmann und seine Assistenten intensiv darüber ausgetauscht, wie die DFB-Elf sportlich und als Gruppe wieder in die richtigen Bahnen gelenkt werden könne. Das Ergebnis dieser Diskussionen sah man im März, als eine auf vielen Positionen veränderte deutsche Mannschaft überzeugend in Frankreich (2:0) und gegen die Niederlande (2:1) gewann. “Wir hatten schon damals viele mutige Entscheidungen getroffen, die dann angefangen haben zu greifen”, sagte Nagelsmann nun in Berlin. “Uns war damals das Feedback wichtig, auch der Menschen aus dem Staff, die anders als ich schon ewig dabei sind. Die haben gesagt: Das war der beste Lehrgang seit vielen Jahren – und das hat auch mit dem Umgang zu tun.”

Noch ist das Gebilde fragil

Die Mischung aus erfahrenen Führungsspielern wie dem zurückgekehrten Toni Kroos, Kapitän Ilkay Gündogan, Thomas Müller oder Antonio Rüdiger und formstarken, noch unverbrauchten und vor allem nicht aus der Vergangenheit vorbelasteten Gesichtern wie Maximilian Mittelstädt, Robert Andrich oder Florian Wirtz stimmte in jenen zehn Tagen – und sorgte dafür, dass Nagelsmann nur noch minimale Veränderungen vornahm. Etwa durch die Berufung von Nico Schlotterbeck, der das von Nagelsmann im März betonte Momentum auf seine Seite ziehen konnte.

“In diesen zehn Tagen ist eine Struktur gewachsen, die immer noch fragil ist. Wenn du jetzt wieder extrem viele neue Elemente reinbringst, stürzt das Haus ein”, begründete der Bundestrainer seine finale Personalauswahl, die prominente Opfer hervorbrachte. Allen voran Leon Goretzka und Mats Hummels, der zuletzt den BVB mit starken Leistungen ins Finale der Champions League verholfen hatte. Zu Wochenbeginn hatte Nagelsmann die beiden langjährigen Führungsspieler des DFB-Teams informiert. Die Gespräche bezeichnete er am Donnerstag als “emotional, aber nicht böse”.

Enttäuschung bei Hummels und Goretzka

Beide seien enttäuscht gewesen. “Aber ich muss am Ende Entscheidungen im Sinne der Mannschaft treffen”, sagte Nagelsmann, der bei der Zusammenstellung des Kaders viel Wert auf die Rollenverteilung legte – und darauf, Charaktere zu finden, die zueinander passen und es sechs Wochen am Stück miteinander aushalten. Bereits im März hatte er den Kandidaten in 20 bis 25 Minuten langen Einzelgesprächen, wie er mit ihnen plant. Anschließend hatte er ein klares Bekenntnis verlangt, diese Rolle auch anzunehmen.

mehr zum thema

Zu wenig Konkurrenzkampf fürchtet er nicht dadurch, dass seine erste Elf zu weiten Teilen steht und die Achse um Manuel Neuer, Rüdiger, Kroos, Andrich, Ilkay Gündogan, Wirtz und Jamal Musiala weitgehend steht. Eine gute Atmosphäre und sportliche Reibung würden sich nicht ausschließen. “Jeder Spieler weiß, was wir von ihm verlangen. Dazu gehört, immer Vollgas zu geben im Training. Das sorgt für Konkurrenzkampf und für Spannung”, sagte Nagelsmann und ergänzte: “Harmonie ist das Fundament für gute Leistung.”

Das Ziel ist der EM-Titel

Und die soll am Ende zum Titel führen. Dieses Ziel gab Nagelsmann in Berlin aus, ohne es zum Maß aller Dinge zu erklären. “Wenn wir schon teilnehmen, dann sollten wir auch gewinnen wollen”, sagte der Bundestrainer. Der Kader sei “sehr gut”, die Stimmung im Land sei positiv. Dann verwies er auf sein Bauchgefühl, das vor Spielen oft zutreffend wäre. “Und ich habe das Gefühl, dass wir das Turnier gewinnen können.” Für den Fall, dass am Ende nicht der Titel herausspringt, hat Nagelsmann allerdings ebenfalls einen Wunsch: “Ich will als Trainer unterhalten werden von meiner Mannschaft. Ich will, dass es begeisternd ist. Denn ich verstehe den Fußball auch als Unterhaltungsbranche”, sagte er. “Ich will versuchen, den Titel zu gewinnen. Aber wenn ich merke, wir begeistern die Menschen, sie können sich mit der Mannschaft identifizieren – dann ist es vielleicht auch möglich, die EM als gut zu bewerten, wenn es nicht der Titel ist.”

Der Start war schon einmal vielversprechend. Nicht allein wegen Oma Lotti.

Matthias Dersch

“Wenn du jetzt wieder extrem viele neue Elemente reinbringst, stürzt das Haus ein”

Inhaltlich bot der deutsche EM-Kader am Donnerstag keine Überraschungen mehr. Aber die Art der Präsentation war ebenso vielversprechend wie die Idee, nach der Julian Nagelsmann seine Auswahl für das Heimturnier zusammengestellt hat. Der Bundestrainer setzt auf einen guten Geist – und will mit seinem frischen Team begeistern.

Julian Nagelsmann will begeisternden Fußball spielen und peilt den EM-Titel an.

Julian Nagelsmann will begeisternden Fußball spielen und peilt den EM-Titel an.

IMAGO/Matthias Koch

Bröckchenweise war in den vergangenen Tagen der deutsche Kader für die Heim-EM zu weiten Teilen bekanntgegeben worden – und damit noch bevor Bundestrainer Julian Nagelsmann am Donnerstag in Berlin das finale Gesamtaufgebot persönlich vorstellte. Die Präsentation auf ungewöhnlichem Wege – in der Tagessschau, durch Handwerker und Privatpersonen, in Podcasts und durch Musiker oder Influencer – war als Idee in der Medienabteilung des DFB gereift und wirkte anfangs ebenso unterhaltsam wie irritierend. Wo steckte der tiefere Sinn, fragten sich manche.

“Gute Truppe, könnte von mir sein”

Die Antwort lieferte am Donnerstag ein kurzer Clip, der zu Beginn der Pressekonferenz gezeigt wurde und in dem alle Personen, die in den vergangenen Tagen EM-Teilnehmer verkündet hatten, auftauchten: Die Beteiligten deckten die Vielfalt Deutschlands ab, standen für verschiedene Bevölkerungs-, Berufs- und Altersgruppen. Von der Grundschulklasse bis zu Oma Lotti aus dem Altenheim, von der Dachdeckerin zum 80er-Jahre-Popstar – es war von jedem und für jeden etwas dabei. Die passende verbale Botschaft setzte Nagelsmann schließlich selbst darunter: “Gute Truppe, könnte von mir sein”, sagte der Bundestrainer am Ende des Clips. “Ist aber euer Kader.” Ein Kader für Deutschland.

Es war ein weiterer cleverer Schachzug des DFB, der bereits im März durch eine frische Werbekampagne für die EM-Trikots positiv aufgefallen war. Dass die sportlichen Leistungen im März deutlich besser waren als zuvor, wirkte wie ein Katalysator für die Stimmung im Gastgeberland. Die inhaltlich wenig überraschende, aber verbindende Art der Kader-Nominierung dürfte dem Vorhaben, mit viel Euphorie ins Turnier zu starten, einen weiteren Schub geben. Auch wenn der Applaus nach der Vorstellung in Berlin erst nach expliziter Ermunterung Nagelsmanns und allenfalls zaghaft erfolgte – was angesichts des Plenums aus Journalisten allerdings auch wenig überraschte.

Nagelsmann: März-Lehrgang “der beste seit vielen Jahren”

Der 36-Jährige präsentierte sich bei der Vorstellung seines ersten Turnierkaders – der von aktuell 27 nominierten noch auf 26 Spieler reduziert werden muss – voller Tatendrang und bester Laune. Seinen Vertrag hatte er bereits vor einigen Wochen bis zur WM 2026 verlängert und damit zum Ausdruck gebracht, wie sehr er sich inzwischen mit der Arbeit als Nationaltrainer angefreundet hat. Jetzt zog auch sein Trainerteam nach – so dass nun die volle Konzentration einem erfolgreichen Turnierabschneiden gelten kann.

Julian Nagelsmann

Julian Nagelsmann bei der Kader-Bekanntgabe.
AFP via Getty Images

Bereits nach den enttäuschenden November-Länderspielen gegen die Türkei (2:3) und in Österreich (0:2) hatten sich Nagelsmann und seine Assistenten intensiv darüber ausgetauscht, wie die DFB-Elf sportlich und als Gruppe wieder in die richtigen Bahnen gelenkt werden könne. Das Ergebnis dieser Diskussionen sah man im März, als eine auf vielen Positionen veränderte deutsche Mannschaft überzeugend in Frankreich (2:0) und gegen die Niederlande (2:1) gewann. “Wir hatten schon damals viele mutige Entscheidungen getroffen, die dann angefangen haben zu greifen”, sagte Nagelsmann nun in Berlin. “Uns war damals das Feedback wichtig, auch der Menschen aus dem Staff, die anders als ich schon ewig dabei sind. Die haben gesagt: Das war der beste Lehrgang seit vielen Jahren – und das hat auch mit dem Umgang zu tun.”

Noch ist das Gebilde fragil

Die Mischung aus erfahrenen Führungsspielern wie dem zurückgekehrten Toni Kroos, Kapitän Ilkay Gündogan, Thomas Müller oder Antonio Rüdiger und formstarken, noch unverbrauchten und vor allem nicht aus der Vergangenheit vorbelasteten Gesichtern wie Maximilian Mittelstädt, Robert Andrich oder Florian Wirtz stimmte in jenen zehn Tagen – und sorgte dafür, dass Nagelsmann nur noch minimale Veränderungen vornahm. Etwa durch die Berufung von Nico Schlotterbeck, der das von Nagelsmann im März betonte Momentum auf seine Seite ziehen konnte.

“In diesen zehn Tagen ist eine Struktur gewachsen, die immer noch fragil ist. Wenn du jetzt wieder extrem viele neue Elemente reinbringst, stürzt das Haus ein”, begründete der Bundestrainer seine finale Personalauswahl, die prominente Opfer hervorbrachte. Allen voran Leon Goretzka und Mats Hummels, der zuletzt den BVB mit starken Leistungen ins Finale der Champions League verholfen hatte. Zu Wochenbeginn hatte Nagelsmann die beiden langjährigen Führungsspieler des DFB-Teams informiert. Die Gespräche bezeichnete er am Donnerstag als “emotional, aber nicht böse”.

Enttäuschung bei Hummels und Goretzka

Beide seien enttäuscht gewesen. “Aber ich muss am Ende Entscheidungen im Sinne der Mannschaft treffen”, sagte Nagelsmann, der bei der Zusammenstellung des Kaders viel Wert auf die Rollenverteilung legte – und darauf, Charaktere zu finden, die zueinander passen und es sechs Wochen am Stück miteinander aushalten. Bereits im März hatte er den Kandidaten in 20 bis 25 Minuten langen Einzelgesprächen, wie er mit ihnen plant. Anschließend hatte er ein klares Bekenntnis verlangt, diese Rolle auch anzunehmen.

mehr zum thema

Zu wenig Konkurrenzkampf fürchtet er nicht dadurch, dass seine erste Elf zu weiten Teilen steht und die Achse um Manuel Neuer, Rüdiger, Kroos, Andrich, Ilkay Gündogan, Wirtz und Jamal Musiala weitgehend steht. Eine gute Atmosphäre und sportliche Reibung würden sich nicht ausschließen. “Jeder Spieler weiß, was wir von ihm verlangen. Dazu gehört, immer Vollgas zu geben im Training. Das sorgt für Konkurrenzkampf und für Spannung”, sagte Nagelsmann und ergänzte: “Harmonie ist das Fundament für gute Leistung.”

Das Ziel ist der EM-Titel

Und die soll am Ende zum Titel führen. Dieses Ziel gab Nagelsmann in Berlin aus, ohne es zum Maß aller Dinge zu erklären. “Wenn wir schon teilnehmen, dann sollten wir auch gewinnen wollen”, sagte der Bundestrainer. Der Kader sei “sehr gut”, die Stimmung im Land sei positiv. Dann verwies er auf sein Bauchgefühl, das vor Spielen oft zutreffend wäre. “Und ich habe das Gefühl, dass wir das Turnier gewinnen können.” Für den Fall, dass am Ende nicht der Titel herausspringt, hat Nagelsmann allerdings ebenfalls einen Wunsch: “Ich will als Trainer unterhalten werden von meiner Mannschaft. Ich will, dass es begeisternd ist. Denn ich verstehe den Fußball auch als Unterhaltungsbranche”, sagte er. “Ich will versuchen, den Titel zu gewinnen. Aber wenn ich merke, wir begeistern die Menschen, sie können sich mit der Mannschaft identifizieren – dann ist es vielleicht auch möglich, die EM als gut zu bewerten, wenn es nicht der Titel ist.”

Der Start war schon einmal vielversprechend. Nicht allein wegen Oma Lotti.

Matthias Dersch

“Mein Urlaub war schon geplant” – “Da hast du auch mich als Kasper”

Bayern, Stuttgart und Leverkusen dominieren den deutschen EM-Kader, aber auch zwei Hoffenheimer sind dabei. Stimmen von Nominierten und Verantwortlichen.

Fahren mit wenig Nationalelf-Erfahrung, aber großer Vorfreude zur EM: Maximilian Beier (li.) und Deniz Undav.

Fahren mit wenig Nationalelf-Erfahrung, aber großer Vorfreude zur EM: Maximilian Beier (li.) und Deniz Undav.

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Oliver Baumann (TSG Hoffenheim): “Ich freue mich riesig, dabei zu sein. Es ist ein Traum, bei der EM im eigenen Land vertreten zu sein. Ich habe lange dafür gearbeitet, um im Kreis der Nationalmannschaft dabei zu sein. Deshalb ist diese Nominierung definitiv ein Highlight.”

Maximilian Beier (TSG Hoffenheim): “Ich bin sehr stolz und sehr glücklich, dass ich nominiert worden bin. Es ist definitiv das Größte, das mir in meiner bisherigen Karriere passiert ist.”

Alexander Nübel (VfB Stuttgart): “Es war für mich sehr überraschend. Ich habe am Dienstagabend Bescheid bekommen. Mein Urlaub war zwar schon geplant, aber ich verzichte jetzt natürlich gerne darauf. Es bedeutet mir extrem viel, für Deutschland dabei zu sein. Ich freue mich darauf, alle kennenzulernen und die Stimmung vom VfB dort mit hinzunehmen – einfach eine geile Zeit zu haben und einen mega Sommer zu erleben.”

Deniz Undav (VfB Stuttgart): “Für mich ist es ein überragendes Gefühl und ein Traum, jetzt Nationalspieler zu sein. Es gibt nichts Größeres, als bei der EM im eigenen Land dabei zu sein. Ich versuche, alles zu genießen. Ich bin sehr stolz, was ich bisher erreicht habe, und versuche, weiterzumachen und mich nicht zu verändern. Ich gebe weiterhin Gas, bringe positive Stimmung ins Team und versuche zu treffen, wenn ich bei der EM auf dem Platz stehen darf. (…) Dadurch, dass ich da bin, ist die Stimmung genau wie hier in Stuttgart. Da hast du nicht nur Thomas Müller, sondern hast du auch mich da als Kasper.”

“Für mich persönlich wäre es natürlich ein Traum, in Berlin das Finale zu spielen”

Maximilian Mittelstädt (VfB Stuttgart): “Es ist immer noch surreal. Vor einem Jahr hätte keiner damit gerechnet, dass es so ein Jahr wird. Ich habe trotzdem immer an mich geglaubt und bin extrem stolz und glücklich darüber, diesen Weg gegangen zu sein. Ich habe hier beim VfB vom ersten Tag an das Vertrauen bekommen. Für mich persönlich wäre es natürlich ein Traum, in Berlin das Finale zu spielen. Aber auch das Spiel in Stuttgart ist natürlich etwas Besonderes und ich freue mich sehr.”

Chris Führich (VfB Stuttgart): “Die Nominierung war eine große Freude, ich habe sofort meine Familie angerufen. Eine EM in der Heimat zu spielen – schöner kann es nicht sein!”

Waldemar Anton (VfB Stuttgart): “Ich habe die Herausforderer-Rolle – habe aber auch den Ehrgeiz, dass ich immer alles im Training gebe und schaue, ob ich auch spielen kann. Dennoch: Ich kann mich unterordnen und es wird wichtig sein, den Teamspirit hochzuhalten.”

“Ich muss zugeben, dass es ein herber Schlag für mich war”

Fabian Wohlgemuth (Sportdirektor des VfB Stuttgart): “Dass fünf VfB-Spieler für den vorläufigen Kader der deutschen Nationalmannschaft für die EM im eigenen Land nominiert wurden, ist eine tolle Auszeichnung für jeden einzelnen Spieler und gleichzeitig für den VfB. Wir freuen uns sehr, mit so einer Anzahl an Spielern bei der Heim-EM vertreten zu sein und drücken unseren Jungs sowie natürlich dem gesamten DFB-Team die Daumen für einen erfolgreichen Verlauf der EM.”

Joshua Kimmich (FC Bayern): “Es ist eine absolute Ehre und ein Höhepunkt meiner Karriere, bei der Europameisterschaft in Deutschland dabei zu sein! Brenne darauf und bin bereit!”

Benjamin Henrichs (RB Leipzig): “Ich verspüre eine riesige Vorfreude auf die EM und ich bin überglücklich, dabei zu sein. Am Ende zahlt sich harte Arbeit aus. Ich habe leider die WM 2022 verpasst und ich muss zugeben, dass es ein herber Schlag für mich war. Nun habe ich mich mehr oder weniger zurückgekämpft. Ich war bei jeder Maßnahme von Julian Nagelsmann dabei und habe dann vor kurzem von ihm die Nachricht bekommen, dass ich ein Teil des Teams bei der Heim-EM bin. Danach gab’s direkt die Anrufe bei meiner Familie und meinen Jungs. Wir haben alle zusammen getanzt und uns gefreut. Es war einfach ein sehr schönes Gefühl.”

Welche Kader-Änderungen Nagelsmann jetzt noch vornehmen kann

Das EM-Aufgebot der deutschen Nationalmannschaft steht fest. Oder? Tatsächlich sind bis Turnier-Start noch viele Änderungen möglich – zum Teil sogar noch danach.

Einen Feldspieler wird er noch streichen: Bundestrainer Julian Nagelsmann am Donnerstag in Berlin.

Einen Feldspieler wird er noch streichen: Bundestrainer Julian Nagelsmann am Donnerstag in Berlin.

picture alliance/dpa

27 Spieler hat Julian Nagelsmann am Donnerstag in seinen EM-Kader berufen. Doch dieser trägt nicht umsonst das Etikett “vorläufig”. Wenn der Bundestrainer möchte, könnte er auch keinen dieser 27 mit zum Heim-Turnier nehmen. Entscheidend sind für die UEFA nicht die Namen, die der DFB veröffentlicht hat, sondern die, die er ihr meldet.

Die Frist dafür läuft erst in rund drei Wochen ab. “Spätestens sieben volle Tage vor dem Eröffnungsspiel” müssen die EM-Teilnehmerländer ihre Spielerliste für die Endrunde online ausfüllen, schreibt die UEFA in ihren Regularien vor. “Ein unterzeichneter Ausdruck dieser Liste ist bis zur selben Frist an die UEFA-Administration zu senden.”

Nagelsmann nimmt nur eine Personalfrage mit ins Trainingslager

Heißt: Bis zum 7. Juni um Mitternacht – am selben Abend bestreitet die DFB-Auswahl in Mönchengladbach gegen Griechenland das finale Testspiel vor dem Turnierstart – kann Nagelsmann noch beliebig viele Änderungen an seinem Aufgebot vornehmen. Geplant ist das selbstredend nicht, vielmehr startet der Bundestrainer mit nur einer offenen Personalfrage am 26. Mai ins Trainingslager im Weimarer Land: Welcher Feldspieler wird noch gestrichen?

Einer wird die EM definitiv verpassen. Laut UEFA-Vorgaben muss jeder Kader bei der EM zwischen 23 und 26 Spieler umfassen, wovon mindestens drei Torhüter sein müssen. Und weil Nagelsmann am Donnerstag klarstellte, alle vier nominierten Keeper – Manuel Neuer, Marc-André ter Stegen, Oliver Baumann und Neuling Alexander Nübel – mitzunehmen und die maximale Kadergröße auszureizen, muss einer der 23 Feldspieler weichen. “Die Wackelkandidaten wissen Bescheid”, verriet Nagelsmann, ohne Namen zu nennen. Anders als bei der letzten EM 2021 dürfen die Trainer alle Spieler ihres finalen Aufgebots auch in ihren Spieltagskader berufen.

Verletzte Torhüter können auch nach dem EM-Start noch ersetzt werden

Und wenn sich jemand verletzt? Sollte das nach dem 7. Juni einem Feldspieler passieren, erlaubt die UEFA eine Nachnominierung bis vor dem ersten EM-Auftritt der jeweiligen Mannschaft, für den DFB also bis zum 14. Juni und dem Eröffnungsspiel gegen Schottland in München. Torhüter dürfen auch während der Endrunde vor ihrem jeweils nächsten Spiel ersetzt werden. In jedem Fall gilt, dass “der betreffende Mannschaftsarzt und ein Arzt der Medizinischen Kommission der UEFA die Schwere der Verletzung bzw. Krankheit und die Unfähigkeit zur Teilnahme an der Endrunde bestätigen”.

Nagelsmanns Kader: Konsequent und vorhersehbar

Noch nie zog sich eine DFB-Nominierung für ein großes Turnier so lange hin, selten war die Bekanntgabe des Kaders so originell und abwechslungsreich verpackt. Aber selten war ein Aufgebot auch so vorhersehbar wie diesmal. Ein Kommentar von kicker-Reporter Oliver Hartmann.

Sein EM-Kader ist fast identisch mit dem der März-Länderspiele: Julian Nagelsmann.

Sein EM-Kader ist fast identisch mit dem der März-Länderspiele: Julian Nagelsmann.

picture alliance

Als Julian Nagelsmann am Donnerstag in Berlin in den Räumen seines Hauptsponsors Volkswagen das Podium betrat, hatte er nicht viel Neues mehr zu berichten. 18 Spieler waren bereits von Sonntag bis Mittwoch vom Verband häppchenweise und in unterschiedlichsten Formaten publik gemacht worden. Und die übrigen neun Kandidaten für den vorläufigen Kader, ob Toni Kroos oder Thomas Müller, waren gleichfalls keine Aha-Besetzungen.

Nagelsmann hatte sein Pulver an Überraschungen bereits mit seinen Richtungsentscheidungen im März verschossen. Mit der Rückholaktion von Weltmeister Toni Kroos, der Ausbootung der Routiniers Mats Hummels und Leon Goretzka sowie der Berufung von einem halben Dutzend Neulingen. Nach den siegreichen Tests gegen Frankreich (2:0) und die Niederlande (2:1), mit denen die Nationalmannschaft endlich Vorfreude auf die anstehende Heim-EM entfachte, ist es nur folgerichtig, dass der Bundestrainer das nach den November-Pleiten gegen die Türkei (2:3) und Österreich (0:2) eingeschlagene Wendemanöver fortsetzt.

Nagelsmanns Argument gegen Goretzka und Hummels ist nicht von der Hand zu weisen

Für Goretzka und noch mehr für den zuletzt in beeindruckender Form verteidigenden Hummels mag sich diese Ausmusterung bitter und – wenn man allein das Leistungskriterium zur Hand nimmt – auch ungerecht anfühlen. Aber Nagelsmanns Argument, dass diese beiden – in ihrem Selbstverständnis – Platzhirsche sich mit der zugedachten Rolle als Herausforderer und Ergänzungsspieler schwertun könnten, ist nicht von der Hand zu weisen. Erst recht in einem von 23 auf 26 Profis aufgeblähten Kader wird es in den EM-Wochen viele Spieler geben, die kaum oder gar nicht zum Einsatz kommen und mit jedem Turniertag mehr realisieren, dass sie keine Hauptdarsteller mehr werden. Mit einer solchen Rolle tun sich Turnier-Neulinge wie Aleksandar Pavlovic oder Waldemar Anton natürlich leichter.

Bis auf den Heidenheimer Jan-Niklas Beste schafften es alle von Nagelsmann im März berufenen Neulinge ins EM-Aufgebot. Diese Zuführung an jungen, hungrigen und unbelasteten Kräften hatte die über die Jahre zunehmend gefrustete und verunsicherte Nationalmannschaft bitter nötig. Nie zuvor in den vergangenen Jahren sei der Spirit im Team so gut und energiegeladen gewesen wie in den gemeinsamen März-Tagen, sagten danach viele Spieler. Das ist die Basis, die den EM-Gastgeber durchs Turnier tragen kann.

Auf Nagelsmanns Achse lässt sich einiges aufbauen

Nagelsmann hat am Donnerstag den Titel als Ziel ausgegeben und seine Überzeugung ausgedrückt, dass er dieses Vorhaben auch für realisierbar hält. Das klingt kühn angesichts der Tatsache, dass die Nationalmannschaft nach einem ewig anmutenden Schlingerkurs erst im März sportlich in die Spur gefunden hat und nur noch wenig Zeit bleibt, um die noch fragilen Strukturen zu festigen. Aber es gibt trotzdem gute Gründe, aus deutscher Sicht zuversichtlich auf diese anstehende EM zu blicken – neben dem aufgebauten Spirit vor allem die Form der Spieler, auf die es ankommt.

Mit Manuel Neuer im Tor, Antonio Rüdiger und Jonathan Tah in der Innenverteidigung, Toni Kroos als Dreh- und Angelpunkt im Mittelfeld sowie den spielfreudigen Ilkay Gündogan, Florian Wirtz, Jamal Musiala und Kai Havertz in der Offensive verfügt die DFB-Auswahl über eine ganz starke Achse, auf der sich in der augenblicklichen Verfassung einiges aufbauen lässt. Nagelsmann muss hoffen, dass diese Leistungsträger die letzten Saisonspiele unbeschadet überstehen, und darauf setzen, dass sie ihr Momentum mit ins Nationalteam tragen. Wenn es dann im Eröffnungsspiel gegen Schottland gelingt, die im März geschürte Vorfreude bei den Fans in eine EM-Begeisterung auszuweiten, dann ist dieser Mannschaft unter diesem Trainer alles zuzutrauen.

Nagelsmanns Trainerteam um Wagner verlängert bis 2026

Das Assistententeam hat es Julian Nagelsmann nachgemacht und seine Verträge beim DFB bis 2026 verlängert. Das gab der Verband am Rande der Kadernominierung für die EM bekannt.

Bleiben dem

Bleiben dem “Chef” erhalten: Sandro Wagner und Benjamin Glück (re.).

IMAGO/ActionPictures

Damit werden die beiden Co-Trainer Sandro Wagner und Benjamin Glück sowie Torwarttrainer Andreas Kronenberg und auch Standardcoach Mads Buttgereit dem DFB bis einschließlich der WM 2026 erhalten bleiben. Nagelsmann betonte, dass er seine eigene Entscheidung zum Verbleib davon abhängig gemacht habe, es sei es damals eine “Grundvoraussetzung” für ihn gewesen. “Alle waren genauso wie ich Feuer und Flamme, den Weg weiterzugehen. Als Cheftrainer ist man nur ein Teil eines Teams, auch für die Mannschaft ist es ein gutes Signal.”

Der ehemalige Nationalspieler Wagner arbeitet seit Sommer 2023 für den DFB, zunächst als Co-Trainer von Hannes Wolf bei der U-20-Nationalmannschaft. Als Assistent der A-Mannschaft saß er erstmals gemeinsam mit Wolf beim Testspiel gegen Frankreich (2:1) auf der Bank, als Rudi Völler  nach der Trennung von Hansi Flick als Interimstrainer einsprang.

Seit September 2023 verstärkt Glück das Assistententeam, der 38-Jährige hatte Nagelsmann schon auf den Trainerstationen in Hoffenheim, Leipzig und beim FC Bayern München begleitet. Der langjährige Freiburg-Torwarttrainer Kronenberg ist ebenso wie Buttgereit seit Sommer 2021 beim DFB-Team tätig.

“Fußball ist nicht nur auf dem Platz ein Mannschaftssport, sondern auch an der Seitenlinie”, ließ sich DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig in einer Pressemitteilung zitieren. “Auch hier sind wir mit Julian Nagelsmann und seinem Trainerteam für die beiden kommenden Jahre bis zur Weltmeisterschaft bestens aufgestellt. Es ist gut, dass für alle Beteiligten vor Beginn der Europameisterschaft Klarheit herrscht und wir uns voll auf das Heimturnier konzentrieren können.”

Verkündung mit Vorgeschichte: Wie Kroos sein EM-Ticket erhielt

Wenn Julian Nagelsmann ab 13 Uhr die letzten Geheimnisse seines EM-Kaders lüftet, wird auch der Name Toni Kroos fallen. Die Verkündung übernimmt ein alter Bekannter.

Ein Weltmeister bei der Heim-EM: Toni Kroos steht wie erwartet im Kader von Julian Nagelsmann.

Ein Weltmeister bei der Heim-EM: Toni Kroos steht wie erwartet im Kader von Julian Nagelsmann.

picture alliance/dpa

Toni Kroos gehörte zu den neun Spielern im vorläufigen EM-Kader der deutschen Nationalmannschaft, deren Nominierung der DFB nicht in den vergangenen Tagen nach und nach über die kuriosesten Wege bekanntgegeben hatte. Sein Name wurde erst auf Julian Nagelsmanns Pressekonferenz am Donnerstagmittag in Berlin preisgegeben – auf charmantem Wege.

ZDF-Reporter Nils Kaben verkündete die Berufung des Mittelfeldstrategen von Real Madrid in einem kurzen Video: “Toni Kroos hat jetzt hoffentlich ganz oft 90 Minuten Zeit, dafür zu sorgen, dass ihm hinterher vernünftige Fragen gestellt werden. Herzlichen Glückwunsch zur Nominierung.”

Beide haben eine denkwürdige Vorgeschichte: Unmittelbar nach dem Champions-League-Finale 2022, das Real in Paris gegen den FC Liverpool gewann (1:0), hatte Kroos seinen Unmut über Kabens Fragen geäußert (“Du hattest 90 Minuten Zeit, dir vernünftige Fragen zu überlegen”, “Ganz schlimm, ganz schlimm, wirklich”) und das TV-Interview schließlich abgebrochen. Auch in den Tagen danach hatte er sich zunächst unversöhnlich gezeigt.

Inzwischen, versichert Kabens Arbeitgeber ZDF, sei das Verhältnis der beiden aber “vollkommen professionell”. Als Deutschland Ende März die Niederlande mit 2:1 bezwungen hatte, hatte Kaben Kroos ohne Zwischenfälle interviewt.

Weil er auch in diesem Jahr im Champions-League-Finale steht, in dem Real am 1. Juni auf Borussia Dortmund trifft, wird der 34-Jährige das DFB-Trainingslager im Weimarer Land und auch das vorletzte Testspiel am 3. Juni in Nürnberg gegen die Ukraine verpassen. Bei der EM ist für Kroos eine Schlüsselrolle im Mittelfeld vorgesehen.

EM-Kader fix: Nagelsmann beruft Beier – und verzichtet auf Hummels

Nach den vereinzelten Nominierungen der letzten Tage ist Deutschlands vorläufiger EM-Kader nun vollständig. Zu den 27 Berufenen gehört auch Maximilian Beier, einige prominente Namen fehlen dagegen.

Maximilian Beier (li.) gehört zu Julian Nagelsmann EM-Kader, Mats Hummels (re.) nicht.

Maximilian Beier (li.) gehört zu Julian Nagelsmann EM-Kader, Mats Hummels (re.) nicht.

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Knapp einen Monat vor dem Start der Heim-EM steht der Kader der deutschen Nationalmannschaft fest. Nachdem der DFB große Teile des Aufgebots bereits in den vergangenen Tagen tröpfchenweise verkündet hatte, gab Bundestrainer Julian Nagelsmann am Donnerstagmittag in Berlin die letzten noch fehlenden Namen preis.

Weil erwartungsgemäß auch Thomas Müller und Jamal Musiala ein EM-Ticket erhielten, stellt der FC Bayern mit sechs Spielern das größte Kontingent – vor dem VfB Stuttgart mit fünf: Neben Maximilian Mittelstädt, Chris Führich und Deniz Undav sind auch Waldemar Anton und Alexander Nübel dabei. Die Leihgabe vom FC Bayern ist neben der Nummer 1 Manuel Neuer, dem ersten Vertreter Marc-André ter Stegen und Oliver Baumann einer von vier Torhütern im vorläufigen Kader, nachdem Bernd Leno (Fulham) wegen Schulterproblemen abgesagt hatte.

Neben Baumann und Nübel, der im Gegensatz zum Hoffenheimer noch nie berufen wurde, sind Aleksandar Pavlovic und Maximilian Beier die einzigen Nagelsmann-Schützlinge bei der EM, die bislang ohne Länderspiel sind. Die beiden Youngster vom FC Bayern respektive der TSG Hoffenheim waren bei den März-Länderspielen gegen Frankreich (2:0) und die Niederlande (2:1) schon eingeladen, aber ohne Einsatz geblieben: Pavlovic musste krankheitsbedingt passen, Beier blieb zweimal auf der Bank. Die neun Kadermitglieder, die der DFB nicht vorab kommuniziert hatte, sind damit Baumann, Nübel, ter Stegen, Müller, Musiala, Beier, Anton, Benjamin Henrichs und Toni Kroos.

Dagegen verzichtet Nagelsmann unter anderem auf den formstarken Mats Hummels, ebenso auf dessen Dortmunder Teamkollegen Julian Brandt, Emre Can und Karim Adeyemi. Außerdem fehlen Meister Jonas Hofmann (Leverkusen) und Heidenheims Top-Scorer Jan-Niklas Beste, der im März erstmals berufen worden war, aber verletzungsbedingt hatte abreisen müssen.

Vom 26. bis 31. Mai steigt für die EM-Fahrer das Trainingslager in Blankenhain (Thüringen), ehe sie ihr EM-Quartier in Herzogenaurach beziehen. Die letzten Testspiele finden am 3. Juni in Nürnberg gegen die Ukraine und am 7. Juni in Mönchengladbach gegen Griechenland statt – und bis zu jenem 7. Juni um Mitternacht muss Nagelsmann der UEFA auch seinen finalen Kader melden. Dieser muss zwischen 23 und 26 Spieler umfassen. Das Turnier beginnt eine Woche später mit dem Eröffnungsspiel zwischen Deutschland und Schottland in München.

Der EM-Kader der deutschen Nationalmannschaft:

Tor: Oliver Baumann (TSG Hoffenheim), Manuel Neuer (FC Bayern), Alexander Nübel (VfB Stuttgart), Marc-André ter Stegen (FC Barcelona)

Abwehr: Waldemar Anton (VfB Stuttgart), Benjamin Henrichs (RB Leipzig), Joshua Kimmich (FC Bayern), Robin Koch (Eintracht Frankfurt), Maximilian Mittelstädt (VfB Stuttgart), David Raum (RB Leipzig), Antonio Rüdiger (Real Madrid), Nico Schlotterbeck (Borussia Dortmund), Jonathan Tah (Bayer 04 Leverkusen)

Mittelfeld: Robert Andrich (Bayer 04 Leverkusen), Chris Führich (VfB Stuttgart), Pascal Groß (Brighton & Hove Albion), Ilkay Gündogan (FC Barcelona), Toni Kroos (Real Madrid), Jamal Musiala (FC Bayern), Aleksandar Pavlovic (FC Bayern), Leroy Sané (FC Bayern), Florian Wirtz (Bayer 04 Leverkusen)

Angriff: Maximilian Beier (TSG Hoffenheim), Niclas Füllkrug (Borussia Dortmund), Kai Havertz (FC Arsenal), Thomas Müller (FC Bayern), Deniz Undav (VfB Stuttgart)

“Gibt uns sehr viel Stabilität”: Teamkollegen schwärmen von Sturm

Die Pleiten gegen die USA und Schweden hatte Nico Sturm aufgrund einer Blessur verpasst. Am Mittwoch kehrte er zurück und war gegen Lettland gleich ein Faktor. Dementsprechend erhielt er viel Lob von seinen Mitspielern.

Gewann beide WM-Spiele, in denen er auf dem Eis stand: Nico Sturm.

Gewann beide WM-Spiele, in denen er auf dem Eis stand: Nico Sturm.

IMAGO/Andreas Beil

Leistungsträger, Anführer und Bessermacher: Nico Sturm ist bei der Eishockey-Weltmeisterschaft Deutschlands Unterschiedsspieler. Seine Mitspieler schwärmen vom NHL-Profi, auch Bundestrainer Harold Kreis ist schwer angetan. Sturm hebt die Nationalmannschaft wie bei der 8:1-Gala gegen Lettland auf ein neues Niveau. “Er ist ein absoluter Profi. In der Kabine und auf dem Eis ist er eine Führungsperson, absolut”, beschrieb Kreis seinen neben Kapitän Moritz Müller wichtigsten Spieler.

Du weißt genau, wenn die Situation kritisch ist und Nico steht auf dem Eis, wird er die richtige Entscheidung treffen.

JJ Peterka

Sturm ist einer dieser Eishockeyspieler, die jeder Trainer gerne in seiner Mannschaft hat. Er ist ein sogenannter Zwei-Wege-Stürmer, der sowohl defensiv als auch offensiv seine Stärken hat. Er ist ein Akteur, der in den entscheidenden Phasen einer Partie auf dem Eis steht. “Du weißt genau, wenn die Situation kritisch ist und Nico steht auf dem Eis, wird er die richtige Entscheidung treffen”, sagte NHL-Kollege JJ Peterka von den Buffalo Sabres.

Sturm nimmt die Rolle des Anführers an

Mit Verantwortung kann der Profi von den San Jose Sharks bestens leben und umgehen. “Die strebe ich an”, sagte er. Sturm weiß um seinen Status. Die Rolle schiebt er nicht weg – im Gegenteil. “Ich hoffe schon, dass ich den Jungs Selbstvertrauen mitgeben kann, wenn ich auf dem Eis bin. Sie sollen denken: Der ist draußen, der macht das”, sagte Sturm. “Das ist auch mein Job in San Jose. Ich denke, ich mache den auch sehr gut.”

“Er gibt uns sehr, sehr viel Stabilität”, merkte Peterka an. “Das haben wir im Hinterkopf und das gibt Vertrauen in der Truppe.” Dies rechtfertigt Sturm auf dem Eis. Beim 8:1 am Mittwoch gegen den WM-Dritten Lettland war er an den ersten beiden Treffern beteiligt. Das achte Tor machte der Nordamerika-Profi dann selbst. “Es hat sehr viel Spaß gemacht”, sagte der Nationalspieler.

Sturm ist in der Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Vor knapp zwölf Monaten spielte er eine wichtige Rolle beim Silber-Coup bei der WM im finnischen Tampere. Aktuell führt er das deutsche Team erneut in Richtung Viertelfinale, auch wenn der Turnierstart etwas holprig war.

Minimalziel Viertelfinale nur noch Formsache

Zwei WM-Spiele verpasste Sturm wegen einer Verletzung, zweimal musste die Nationalmannschaft gegen die NHL-Stars der USA (1:6) und Schweden (1:6) Lehrgeld zahlen. Eine Aussprache nach den beiden Pleiten mit dem Trainer, aber vor allem innerhalb der Mannschaft zeigte schnell Wirkung und war ein Faktor. Die Sturm-Rückkehr gegen Lettland ein weiterer.

“Er spielt ja nicht umsonst in der NHL, der besten Liga der Welt”, sagte Berlins Verteidiger Kai Wissmann über den Team-Leader und nannte eine weitere Sturm-Stärke. “Er gewinnt sehr viele Bullys für uns”, betonte der Berlins Meister-Kapitän. “Das ermöglicht uns, mit dem Puck zu starten und nicht erst 20 Sekunden hinter dem Gegner herzurennen. Er ist ein sehr wichtiger Spieler, ganz klar.”

In den restlichen drei Vorrundenspielen soll Sturm wieder den Takt angeben. Am Freitag (16.20 Uhr/Pro Sieben und MagentaSport) geht es gegen Kasachstan. Dann folgen einen Tag später Polen und zum Abschluss der Gruppenphase am Dienstag Frankreich. Mit zwei Siegen und zwei Niederlagen steht die DEB-Auswahl derzeit bestens da. Das Kreis-Team dürfte sich gegen die Außenseiter sogar noch eine Niederlage leisten. Das Minimalziel Viertelfinale scheint nur noch Formsache zu sein. “Wir sind auf Kurs”, sagte Sturm.