Matarazzos Botschaften: Reibung und Durchziehen

Auf und Ab und Auf und Ab – das ist so ein bisschen das Mantra der TSG Hoffenheim der vergangenen Monate und passt ein Stück weit zu der Mentalität, die man der Mannschaft nachsagt. Nicht zuletzt deshalb zieht Pellegrino Matarazzo nun die Zügel an.

TSG-Coach Pellegrino Matarazzo greift durch.

TSG-Coach Pellegrino Matarazzo greift durch.

IMAGO/Eibner

Ein bisschen mag sich der Trainer an die Partie in Mainz erinnert gefühlt haben, die mit 1:4 verloren ging. Damals zeigte er sich extrem sauer und war das dann auch zu Beginn dieser Woche. Da nämlich ließen es seine Profis, womöglich unter dem Eindruck des emotionalen 4:3-Sieges gegen Borussia Mönchengladbach, offenbar etwas lockerer angehen. “Wir sind nicht gut gestartet in die Trainingswoche nach Gladbach”, verriet Matarazzo. “Da gab es ein wenig Reibung.”

Was auf den ersten Blick verwunderlich klingt, könnte sich vor der Auswärtspartie an diesem Freitagabend beim VfL Bochum (20.30 Uhr, LIVE! bei kicker) vielleicht als gar nicht schlecht erweisen. Denn nach der Mainz-Pleite krachte es erheblich – und die TSG, bei der neben den Langzeitverletzten Mergim Berisha und Marco John (beide Reha nach Kreuzbandriss) noch Stanley Nsoki (Hüfte), Dennis Geiger (muskuläre Beschwerden) und Bambase Conte (Infekt) fehlen, zeigte nicht die schlechteste Reaktion, wenngleich sie gegen die Elf vom Niederrhein am Ende zittern musste.

Matarazzo, so fühlt es sich an, schafft es gerade, diese fußballerisch zweifelsfrei sehr veranlagte Truppe auch so einzuschwören, dass sie nicht bei Widerständen zusammenbricht, was lange Zeit ihr großes Problem und auch in Mainz der Fall war. Genauso in Frankfurt beispielsweise vor der Länderspielpause.

“Sie sind in der Lage, eine Mannschaft extrem zu stressen”

Diesen anderen Eindruck aus dem Gladbach-Spiel zu bestätigen, darauf wird es im Ruhrpott ankommen. “Diese Mannschaft steht mit dem Rücken zur Wand, sie werden definitiv ihr intensives, unangenehmes Gesicht zeigen. Sie sind in der Lage, eine Mannschaft extrem zu stressen”, erwartet Matarazzo einen wehrhaften Gastgeber. Logische Folge aus seiner Sicht: “Das Entscheidende ist nicht die Taktik, sondern es sind die Entscheidungen, die wir auf dem Platz treffen.”

“Intensität und Härte zeigen und gleichzeitig smart sein”

In Mainz etwa spielte Hoffenheim den Nullfünfern zu häufig in die Karten, indem die TSG im Aufbau mutlos zu oft den Weg zurück über Oliver Baumann suchte, anstatt Pressinglinien zu überspielen. Was blieb? Der lange Schlag und nicht selten der verlorene Kampf um den viel zitierten zweiten Ball. “Intensität und Härte zeigen und gleichzeitig smart zu sein”, fordert der Coach.

Im Schlussspurt um das internationale Geschäft gibt es für Matarazzo laut eigener Aussage “nur noch eines: Zusammen marschieren. Es gibt keine Alternative, wir entscheiden uns für einen Weg und ziehen alle durch.” Seine Elf hat es nun in der Hand zu demonstrieren, dass sie die Botschaften des 46-Jährigen verstanden hat.

Benni Hofmann

Tauziehen um Hopps Vermächtnis

Ruhe herrscht schon lange nicht mehr bei der TSG Hoffenheim. Der zuletzt eher vor sich hinschwelende Konflikt zwischen mehreren Lagern nimmt nun wieder an Fahrt auf. Es geht dabei um nichts weniger als das Vermächtnis von Dietmar Hopp, der den Dorfklub mit seinen Millionen in die Bundesliga geführt hat.

Hinter den Kulissen wird bei der TSG Hoffenheim um das Vermächtnis von Dietmar Hopp gerungen.

Hinter den Kulissen wird bei der TSG Hoffenheim um das Vermächtnis von Dietmar Hopp gerungen.

picture alliance / Promediafoto

Quo vadis, TSG Hoffenheim? Wohin geht’s für den Emporkömmling? Sportlich womöglich nach Europa. Die Mannschaft von Trainer Pellegrino Matarazzo kämpft um den Einzug ins internationale Geschäft, am Freitagabend (20.30 Uhr, LIVE! bei kicker) ist sie beim VfL Bochum gefordert. Hinter den Kulissen wird auch gerungen, aber um die strategische und personelle Ausrichtung der Spielbetriebs-GmbH. Es geht um nichts weniger als das Vermächtnis von Dietmar Hopp.

Um die Gunst des Milliardärs, ohne dessen Geld die TSG wohl auf Kreis- oder Bezirksniveau herumdümpeln dürfte, ist das große Tauziehen entbrannt. Hopp feiert an diesem Freitag seinen 84. Geburtstag, die künftige Weichenstellung im Kraichgau wird also mit jedem Jahr dringlicher. Einen ersten Schritt machte die TSG durch die Rückübertragung der Stimmrechtsmehrheit vom Geldgeber an den eingetragenen Verein. Formal stellt Hoffenheim damit keine Ausnahme mehr von der 50+1-Regel dar. Klar ist aber auch: Hopps Worte haben nach wie vor größtes Gewicht, Entscheidungen ab gewissen Finanzvolumina oder von bestimmter Strahlkraft werden ohne ihn nicht getroffen.

Eine solche Entscheidung von Strahlkraft war es, nach der Trennung von Frank Briel Alexander Rosen zum Sportgeschäftsführer zu machen vor nicht einmal einem Jahr. Das Aus für Briel verwunderte, weil der für die Finanzen zuständige Ex-Geschäftsführer als äußerst loyal galt. Zudem arbeitete er auch gut zusammen mit Rosen, vor der Beförderung noch Direktor Profifußball. Insofern wäre der Schluss, des einen Aus ermöglichte erst die Aufwertung des anderen, ein trügerischer. Womöglich taten sich schon damals die ersten Gräben in der GmbH-Führung auf, die heute immer ersichtlicher werden.

Tischtuch zwischen der sportlichen Leitung und der Rest-Geschäftsführung zerschnitten

Mittlerweile steht auch Rosen zur Debatte, trotz Vertrags bis 2025. Da half auch ein halbgares Dementi aus der Medienabteilung nichts. Vor allem wenn kurze Zeit danach Pirmin Schwegler in der Mixed Zone öffentlich von “Widerständen” spricht, die “teilweise auch von innen” kommen. Der aktuelle Direktor Profifußball ist nach einer langen Karriere als Aktiver ein Medienprofi. So eine Person wählt ihre Worte bedacht. Ohne dabei konkret zu werden sprach Schwegler das aus, was rund um Sinsheim ohnehin jeder weiß. Zwischen der sportlichen Leitung um Rosen, den Technischen Direktor Bastian Huber und dem ihnen loyalen Schwegler und der Rest-Geschäftsführung aus Denni Strich (u.a. Marketing) und Prof. Dr. Jan Mayer (u.a. Unternehmensentwicklung) ist das Tischtuch längst zerschnitten. Nun geht es darum, wer in Hopps Gunst am höchsten steht, um seine jeweiligen Pfründe zu sichern.

Die sportliche Negativserie zwischen Ende Oktober und Februar setzte Rosen unter Druck. Schon damals wurde gemunkelt, dass der 45-Jährige die Saison nicht überleben werde. Eine gewisse Wende trat ein mit den Siegen bei Borussia Dortmund (3:2) Ende Februar und gegen Werder Bremen (2:1) Anfang März. Auch wenn die Matarazzo-Elf seither keine Konstanz an den Tag legen kann, deutet einiges darauf hin, dass sie die Kurve kriegt. Um es im Gesamtkontext einzuordnen: Mit Maximilian Beier, dessen Explosion so nicht absehbar war, Umut Tohumcu und zuletzt Tim Drexler haben Rosen und Matarazzo, dessen Schicksal eng mit dem des Sportchefs verbunden ist, drei Eigengewächse in der Bundesliga etabliert. Ein wichtiger Bewertungsfaktor im Kraichgau.

In Sachen Personaletat rangiert die TSG auf Platz neun – also genau dort, wo sie aktuell in der Tabelle steht. Während sie in den vergangenen drei Spielzeiten zweimal als Elfter (2020/21) und Zwölfter (2022/23) das Minimalziel verfehlte, hat sie derzeit noch realistische Chancen auf Rang sieben oder acht und hätte damit, wie man im Sport gerne sagt, überperformt.

Ob man das von der Vermarktung und der Positionierung des Gesamtunternehmens TSG Hoffenheim in der Region auch behaupten kann? Die Stadionauslastung stagniert bei 80 Prozent, aktuell der schlechteste Wert in der Beletage, was allerdings auch mit den sportlichen Darbietungen verknüpft werden kann. Gerade beherrschen auch Wendungen um den nach der SAP zweitwichtigsten Sponsor des Klubs die Debatten, die Schwarz-Gruppe. Mit dem Multikonzern, der über Pre-Zero als Stadionnamensgeber und mit weiteren Marken (Saskia-Wasser, STACK-IT, XM Cyber) mit den Hoffenheimern verbandelt ist, scheint es nicht allzu gut zu laufen. Derzeit ist nach kicker-Informationen fraglich, ob die Gruppe all ihre laufenden Sponsorings verlängert. Die strategische Partnerschaft endet beispielsweise 2025. Mindestens sieben Millionen Euro pro Saison stehen im Feuer.

Das Thema fällt in das Ressort von Strich, der im Oktober 2022 den ihm aus seiner DFB-Zeit bekannten Carl Monteiro zum Leiter Sponsoring, Vertrieb, Hospitality & Events und Strategie machte. Strich selbst kam ein halbes Jahr nach seinem Aus beim Verband als Direktor zur TSG und wurde wenige Monate später, im Juli 2020, zum Geschäftsführer bestellt. Strich gilt als enger Freund von Mediendirektor Christian Frommert, den die Bild einst sogar als “heimlichen Boss der Hoffenheimer Geschäftsstelle” beschrieb, weil er über beste Drähte zu Hopp verfügen soll.

Hopp und Wittmann nicht nur Freunde, sondern auch geschäftlich verbandelt

Über einen direkten Zugang zu Hopp verfügt auch Roger Wittmann. Den Spielerberater bezeichnete der bald 84-Jährige selbst als Freund, beide sind zudem geschäftlich verbandelt. Hopp übernahm mit seiner Gesellschaft Hobra nicht nur den Fußballklub Barra Futebol Clube in Brasilien, der von Personen und Firmen aus dem Umfeld von Wittmanns Agentur Rogon aus der Taufe gehoben wurde. Nein, er investierte auch in Wittmanns Cuju-App, mit der der 64-Jährige Talentförderung und Scouting zu revolutionieren versucht .

Wittmanns Agentur verschaffte der TSG Millionendeals wie Roberto Firmino, Joelinton oder Georginio Rutter, aber auch immer wieder Profis wie In-Hyeok Park, Christoph Martschinko, Felipe Pires, Guilherme Biteco, Lucas Ribeiro, oder Bruno Nazario, die nie den Durchbruch schafften und ständig verliehen werden mussten. In den Sommertransferperioden 2022 und 2023 kamen via Rogon mit Stanley Nsoki (geschätzt rund 12 Mio. Euro Ablöse) und Attila Szalai (12,3 Mio. Euro Ablöse) zwei extrem teure Innenverteidiger für die halblinke Position in der Dreierkette, die beide floppten.

Zudem nahm die TSG für einen weiteren Wittmann-Klienten, Mergim Berisha, im Sommer 2023 geschätzt einen zweistelligen Millionenbetrag in die Hand. Dass sich der 25-Jährige im Herbst einen Kreuzbandriss zuzog, ist bitter. Erstaunlich war die Investition dennoch, denn gerade im Sturm schien der Kader gut und breit aufgestellt, wie die aktuelle Anzahl von 53 erzielten Toren nahelegt. Die sportliche Leitung muss sich zumindest fragen lassen, inwiefern sie sich ein Stück weit auf dieses Zusammenspiel eingelassen hat – oder sich einlassen muss.

Vor allem eine Personalie ließ in diesem Zusammenhang aufhorchen: Die Freistellung von Akademieleiter Jens Rasiejewski im Dezember 2023. Als Grund für die Trennung von dem 49-Jährigen gab der Klub den Evergreen der “unterschiedlichen Auffassungen” an. Zumindest ob der sportlichen Darbietung der wichtigsten Nachwuchsteams ein auf den ersten Blick erstaunlicher Schritt: Der U 19 ist der Meistertitel in der Süd-Südwest-Staffel nur noch theoretisch zu nehmen und die U 23 hat noch alle Chancen auf den Drittliga-Aufstieg unter dem Trainer Vincent Wagner, den Rasiejewski geholt hatte.

Rasiejewski soll schonungslose Ehrlichkeit gegenüber Rogon-Klienten auf die Füße gefallen sein

Dem ehemaligen Nachwuchschef soll schonungslose Ehrlichkeit gegenüber Rogon-Klienten im Nachwuchsbereich auf die Füße gefallen sein. Vor allem junge Franzosen hatte Wittmanns Firma in den letzten Jahren zur TSG gebracht. Ein Blick in die U 23 offenbart: Weder Aleksei Carnier (20) noch Mathieu Kambala (20) oder Adam Mulele (19) sind nah am Status der Stammkraft, bei Simon Kalambayi (19) stimmt zumindest die Quote halbwegs (6 Scorerpunkte in 17 Spielen). Hubert Mbuyi-Muamba ob seines bitteren Schicksals, einer Erkrankung an Leukämie, hier zu bewerten, wäre nicht statthaft. Überrascht hat das Rasiejewski-Aus nach einem monatelangen Eiertanz darum, wer nun die Kündigung aussprechen solle, jedenfalls niemanden mehr. Dass er anders als branchenüblich in der offiziellen Mitteilung über die Trennung nicht zu Wort kam, lässt tief blicken. Derzeit verhandeln beide Seiten außergerichtlich über eine gütliche Einigung.

In dieser Gemengelage erwecken die jüngsten Entwicklungen den Eindruck, dass sich die Lager Wittmann und Strich/Mayer zusammengetan haben könnten. Dass mit dem durchaus umworbenen Sportchef von Sturm Graz, Andreas Schicker, bereits ein potenzieller Rosen-Nachfolger im Gespräch ist, der einst mit Rogon-Österreich-Vertreter Daniel Kastner in Ried zusammenspielte, unterstreicht diesen Eindruck. Entscheidend wird nun die Frage sein, welches Lager die besseren Argumente gegenüber Hopp bereithält – oder über den besseren Zugang verfügt.

Wo sortieren sich die e.V.-Vertreter Baumgärtner und Engelhardt ein?

Und wo sich die e.V.-Vertreter Kristian Baumgärtner und Simone Engelhardt einsortieren. Schließlich halten diese nach der Rückgabe des 50+1-Ausnahmestatus formal die Stimmrechtsmehrheit. SAP-Aufsichtsrat Gerhard Oswald, einflussreiches Beiratsmitglied der Spielbetriebs-GmbH, und Hopps Sohn Daniel jedenfalls sollen das Wirken Rogons mindestens kritisch betrachten.

Benni Hofmann

Wie Matarazzo die Emotionen weckte

Dem 1:4 in Mainz folgte mit dem 4:3 gegen Borussia Mönchengladbach die richtige Reaktion bei der TSG Hoffenheim. Diese hatte offenbar auch mit Änderungen im Training zu tun.

Pellegrino Matarazzo sah gegen Gladbach eine andere TSG als zuletzt in Mainz.

Pellegrino Matarazzo sah gegen Gladbach eine andere TSG als zuletzt in Mainz.

IMAGO/HMB-Media

Grischa Prömel, der mit einem sehenswerten Fernschuss das zwischenzeitliche 2:1 erzielt hatte, wusste zu berichten: “Diese Woche war intensiver, es hat ein paarmal gekracht.” Offenkundig ließ Pellegrino Matarazzo seinen Ankündigungen von Mainz Taten folgen. Mächtig angefressen wirkte der Trainer nach dem desolaten Auftritt bei den Rheinhessen. Entsprechend zog Matarazzo die Zügel an, ließ gerade auch ruppigere Duelle in den Einheiten mal laufen – frei nach dem Motto: Aufstehen, weitermachen.

Ein Stilmittel, das gegen die Borussia Wirkung zeigte. Vor einigen Wochen wäre diese Elf, der man viel fußballerische Qualität, aber wenig Resilienz nachsagt, nach einem derartigen Spielverlauf wohl in sich zusammengefallen. Am Samstag schüttelte sie sich kurz und ließ dem späten Ausgleich den umjubelten Siegtreffer folgen. Emotionen am Wochenende durch Emotionen unter der Woche? Ob diese Gleichung auf Dauer aufgeht, wird sich schon am Freitagabend zeigen.

Dann nämlich gastiert die TSG beim VfL Bochum (20.30 Uhr, LIVE! bei kicker.de). Wieder ein Kontrahent aus dem Abstiegskampf, der sich vor allem über die Arbeit gegen den Ball definiert. “In Bochum wird man sehen, ob wir aus Mainz gelernt haben”, denkt Prömel. “Wir haben in der Vergangenheit eher Probleme gehabt mit Mannschaften wie Mainz, Bochum, Augsburg.” Dass gegen den FCA, der bekanntlich mittlerweile ein Wettbewerber um die internationalen Ränge ist, kürzlich noch ein weitgehend souveränes 3:1 gelang, mag der ein oder andere in Hoffenheim überbewertet haben. Denn an jenem Tag waren die bayerischen Schwaben 30 Minuten lang nicht wettbewerbsfähig, hatten das Gift, das sie normalerweise in die Zweikämpfe legen, augenscheinlich im Teamhotel vergessen.

Was dazu führte, dass Andrej Kramaric und Co. den FCA einschnürten und geradezu dominierten, wie sie es auch zwei Wochen später mit einer enorm tief stehenden Borussia taten. Auch der Kroate, gegen die Elf vom Niederrhein der gewohnt kreative Kopf der TSG-Offensive, erwartet wie Prömel einen echten Abnutzungskampf im Ruhrpott: “In Bochum wird es wie in Mainz. Wir haben fast alles da probiert, aber dort noch nie gefeiert.” Sowohl für Kramaric als auch für Prömel lautet das Ziel: “Wir wollen international spielen.” Legt die TSG die Emotionen wie zuletzt auch in Bochum auf den Platz, steigert sie die Wahrscheinlichkeit auf die dafür nötigen Zähler deutlich.

Benni Hofmann

Schweglers spannende Worte nach dem 4:3

Nach außen herrscht eitel Sonnenschein bei der TSG Hoffenheim nach dem mitreißenden 4:3-Sieg über Borussia Mönchengladbach, dass es intern rumort, gilt als offenes Geheimnis. Das offenbarte sich auch nach dem so wichtigen Dreier am Samstag.

Hoffenheims Direktor Profifußball Pirmin Schwegler wählt spannende Worte.

Hoffenheims Direktor Profifußball Pirmin Schwegler wählt spannende Worte.

IMAGO/foto2press

Denn unter dem Eindruck des wilden wie emotionalen 4:3 nach 3:1-Führung und zwischenzeitlichem Ausgleich der Gäste sagte Pirmin Schwegler folgende, denkwürdige Sätze: “Trotz vieler Widerstände innerhalb eines Spiels, aber auch Widerständen, die immer wiederkommen, teilweise auch von innen, ist das ein großes Zeichen nach innen aber auch nach außen. Darauf kann die Mannschaft total stolz sein.” Widerstände von innen? Näher substantiiert hatte der Direktor Profifußball diesen Begriff nicht.

Dass das Verhältnis zwischen der sportlichen Leitung um Sport-Geschäftsführer Alexander Rosen, der Ex-TSG-Profi Schwegler zurück nach Hoffenheim holte, und dem Technischen Direktor Bastian Huber auf der einen sowie den Geschäftsführern Jan Mayer (u.a. Innovation) und Denni Strich (Marketing und Kommunikation), der ob eines anderen Sachverhalts unter Druck steht, auf der anderen Seite nicht das Beste ist, gilt als offenes Geheimnis. Rosens Zukunft ist offen, da hilft auch das halbgare Dementi eines kicker-Artikels nichts. Der Verbleib des 45-Jährigen hänge nicht vom Abschneiden in dieser Bundesliga-Saison und dem Erreichen des Europapokals ab, hatte ein Klub-Sprecher gegenüber der Nachrichtenagentur dpa erklärt. Es gebe demnach weder ein Ultimatum noch einen direkten Zusammenhang der Endplatzierung mit der weiteren Zusammenarbeit mit dem bis Sommer 2025 vertraglich gebundenen Rosen. Was in dieser Deutlichkeit nie geschrieben wurde, sondern lediglich, dass Rosens Zukunft auch davon abhängen wird, ob den Kraichgauern im Saisonendspurt die Qualifikation für das internationale Geschäft gelingt.

In der Pressekonferenz von einem Reporter auf Schweglers Aussage angesprochen, erklärte Pellegrino Matarazzo: “Wenn er das gesagt hat, hat er das gesagt. Ich bin Trainer und verantwortlich für die Mannschaft und dass wir am Wochenende performen. Wenn es irgendwelche Unstimmigkeiten im Verein gibt, dann ist es meine Aufgabe, das abzuschirmen, zu filtern, damit es nicht an die Mannschaft kommt.” Der Trainer legte wert auf die Feststellung, dass dies allgemein gesprochen sei. Allerdings führte Matarazzo auch aus: “Umso ruhiger ein Verein ist, desto größer ist die Chance auf mittelfristigen Erfolg.”

Benni Hofmann

Nochmal 250-Kramaric-Spiele? “Andrej entscheidet”

Das 250. Bundesligaspiel von Andrej Kramaric wäre beinahe in die Hose gegangen – doch am Ende konterte Anton Stach den Last-Minute-Ausgleich der Mönchengladbacher mit dem 4:3-Siegtreffer, sodass der Kroate sein Jubiläum genießen konnte. Den Fans machte er später Hoffnung auf einen Verbleib bis zur sportlichen Rente.

“Ich kann noch 250 Spiele mehr machen”: Andrej Kramaric.

picture alliance / foto2press

“Eine super Show für die Fans im Stadion”, hatte Kramaric nach eigenem Bekunden gesehen und dem war angesichts sieben Toren, darunter sehenswerte Weitschusstreffer von Ozan Kabak und Grischa Prömel, schwerlich zu widersprechen. Genausowenig wie der Gesamtanalyse des wahrscheinlich besten Individualisten der TSG Hoffenheim: “Ich glaube, wir haben den Sieg verdient, wir waren über 90 Minuten die bessere Mannschaft, außer in den zehn Minuten vom 3:1 zum 3:3.” In der Tat hatte es die Elf von Trainer Pellegrino Matarazzo lange verstanden, mit hohem Anlaufen die Borussen zu dominieren und deren spielstarkes Zentrum um Julian Weigl aus der Partie zu nehmen. Allerdings hatte die TSG nach dem 3:1 eben auch mal wieder den Fokus verloren, was beinahe zur Riesenenttäuschung geführt hätte. Dass es nicht so kam, lag am dilettantischen Verteidigen der Gäste, der Übersicht von Ihlas Bebou und dem kühlen Kopf von Siegtorschütze Stach.

Das Gefühl ist: Ich kann noch 250 Spiele mehr machen.

Andrej Kramaric

Im Rennen um die Conference League ein wichtiger Sieg, die Europa League hat Kramaric ohnehin schon abgeschrieben: “Sechs Punkte sind zu weit weg. Wir wollen vor Augsburg oder Freiburg sein, Siebter oder Achter. Ich hoffe darauf, nächstes Jahr europäisch zu spielen.” Es wäre laut aktuellem Vertrag das vorerst letzte Jahr des 32-Jährigen im Kraichgau, der in seinem Jubiläumsspiel selbst einen Assist beisteuerte und unterstrich: “Das Gefühl ist: Ich kann noch 250 Spiele mehr machen.”

Dass er die besondere Verbundenheit mit seinem Klub unterstrich, ist dem Offensivallrounder durchaus abzunehmen, angesichts seiner Fähigkeiten wird es ihm in den vergangenen Jahren nicht gemangelt haben an reizvollen Offerten. Zudem hob Kramaric neben Anhängern und Mitarbeitern auch den amtierenden Sportgeschäftsführer, dessen Zukunft ungewiss ist, hervor: “Ohne Alex Rosen wäre das nicht möglich, wegen ihm fühle ich mich hier wie zu Hause. Nach 250 Spielen muss ich auch den Fans Danke sagen, ohne Unterstützung geht es nicht, im Leben und im Fußball.”

Kramaric kann “selbst entscheiden, wie lange er bleiben möchte”

Dass es keiner Charmeoffensive gegenüber dem Management bedarf für ein neues Arbeitspapier beim Bundesliga-Achten, weiß Kramaric selbst. Das versicherte auch der von Rosen in die sportliche Leitung geholte Pirmin Schwegler mit einem Lächeln: “Er darf gerne nochmal 250 Spiele machen, wenn er wirklich so lange spielen will.” Nun, der Direktor Profifußball hätte es doch ein Stück weit mit in der Hand mit einem neuen Kontrakt?

“Ich glaube, Andrej entscheidet, wann er die Geschichte hier beenden will”, antwortete der 37-Jährige, der selbst noch zwischen Januar 2016 und Sommer 2017 mit Kramaric im TSG-Kader stand, und ergänzte: “Aber davon sind wir noch ein Stück weit entfernt. Da muss von uns kein Zeichen kommen. Andrej weiß, dass er hier, glaube ich, sogar selbst entscheiden kann, wie lange er bleiben möchte.” Das klingt dann fast schon nach Rentenvertrag für die “Legende” (O-Ton Schwegler).

Benni Hofmann

Prömel: “Trotzdem ist es kein cooles Gefühl”

Man könnte meinen, dass in Hoffenheim nach dem 4:3-Spektakel gegen Gladbach eitel Sonnenschein herrscht. Doch das war nicht der Fall, zu sehr drückte ein Problem auf die Stimmung.

Er traf, siegte und übte Kritik: Grischa Prömel.

Er traf, siegte und übte Kritik: Grischa Prömel.

IMAGO/Jan Huebner

Platz sieben könnte in diesem Jahr reich, um in der kommenden Saison international zu spielen – und Platz sieben scheint für die TSG Hoffenheim auch erreichbar, immerhin ist man punktgleich mit dem FC Augsburg, der aber die bessere Tordifferenz hat. Und da liegt der Hund begraben, denn die Kraichgauer haben ein gewichtiges Defensivproblem.

Gegen Gladbach gewann man zwar ein wildes Spiel mit 4:3, doch am Ende waren es eben wieder drei Gegentore, die man schlucken musste. “Für den neutralen Zuschauer oder für die Fans ist das 4:3 wie aus dem Drehbuch”, gab Grischa Prömel nach Abpfiff am Sky-Mikrofon zu und betonte zugleich: “Aber man kann nicht in jedem Spiel vier Tore schießen, um drei Punkte mitzunehmen.”

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In der Tat ist die Abwehr ein Problem in Hoffenheim, das schon 60 Gegentore kassiert hat – nur Schlusslicht Darmstadt ist schlechter (72); Bochum und Gladbach haben ebenfalls 60. “Das ist die Baustelle, die uns unfassbar nervt, wo wir von Woche zu Woche probieren, besser zu werden, aber irgendwie kriegen wir es zurzeit nicht hin”, gab Prömel zu und merkte mit Blick auf den Auftritt gegen die Borussia an, dass man “ein unfassbar gutes Spiel” gemacht habe: “Wir spielen sehr dominant, investieren unglaublich viel, aber kriegen die Gegentore einfach zu leicht. Es ist einfach traurig, dass wir das so aus der Hand gegeben haben.”

Prömels Forderung

“Das zieht sich durch die Saison”, weiß der 29-Jährige und forderte, dass “man besser, abgeklärter und fokussierter” auftreten müsse. Der Mittelfeldmann kritisierte dabei auch einen ganz bestimmten Punkt. “Auch wenn wir gerade am Drücker sind und offensiv viel investieren, kann nicht jeder das Gefühl haben, dass er das entscheidende Tor macht. Es müssen auch ein paar defensiv denkende Spieler auf dem Platz sein, die an die Konterabsicherung denken und vielleicht auch mal ein cleveres Foul ziehen.”

Gerade in hektischen Phasen sei es wichtig, dass “wir Ruhe reinkriegen. Wir dürften uns nicht anstecken lassen, müssen auch mal in Ballbesitzphasen kommen und das Spiel kontrollieren.” Genau das sei in der Schlussphase gegen Gladbach aber nicht der Fall gewesen, vielmehr habe man Glück gehabt, dass man das 4:3 gemacht hat. Der Sieg sei “wahrscheinlich schon verdient, aber trotzdem ist es kein cooles Gefühl”, gab Prömel zu, freute sich zugleich aber auch über den Sieg: “Wir haben drei Punkte und sind erstmal happy.”

Matarazzo spricht von “keiner angenehmen Woche”

Den Blick nach vorne zu richten fiel Pellegrino Matarazzo in dieser Woche schwer. Der Stachel vom 1:4 in Mainz saß beim Trainer der TSG Hoffenheim nach wie vor tief.

Pellegrino Matarazzo muss gegen Gladbach weiterhin auf Dennis Geiger verzichten.

Pellegrino Matarazzo muss gegen Gladbach weiterhin auf Dennis Geiger verzichten.

IMAGO/foto2press

“Das Spiel tut nach wie vor weh. Den Schmerz in die Trainingswoche mit reinzubringen ist richtig und wichtig. Wir haben in ihre Stärken gespielt. Wenn wir nach vorne hätten spielen können, haben wir zum Torwart gespielt und sie eingeladen, höher zu pressen”, kritisierte der 46-Jährige auch noch fünf Tage nach der Pleite und zwei Tage vor dem Duell mit Borussia Mönchengladbach an diesem Samstag (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker.de) den Auftritt bei den Rheinhessen, der den Kraichgauern nach dem so wichtigen 3:1 gegen den FC Augsburg eine Woche zuvor gefühlt sämtliche Euphorie wieder raubte. “Wie wir gegen Mainz performt haben, das geht nicht in der Bundesliga”, legt Matarazzo nach und berichtet von “keiner angenehmen Woche für alle. Vielleicht war das genau richtig”, hofft der Coach, der zugleich aber unterstreicht: “Die Mannschaft ist immer wieder aufgestanden nach Rückschlägen.” Das gilt für die Vorsaison, wo Matarazzo mitten im Abstiegskampf mit fünf Niederlagen in Serie einen denkbar schlechten Einstand feierte. Und das gilt auch für die aktuelle Spielzeit, in der ein längeres Tief im Winter die TSG beschäftigte.

Wie wir gegen Mainz performt haben, das geht nicht in der Bundesliga.

Pellegrino Matarazzo

Gebrochen haben es die Hoffenheimer mit dem überraschenden 3:2 bei Borussia Dortmund, dem ein 2:1 gegen Werder Bremen folgte. Dann der erneute Knick: ein ganz schwacher Auftritt in Frankfurt (1:3) und Chancenlosigkeit gegen einen an diesem Tag aber auch formidablen VfB Stuttgart (0:3). Auf und Ab, so lautet das Programm in Hoffenheim derzeit. “Diese Inkonstanz gehört zur Mannschaft”, weiß Matarazzo, “aber sie gehört zu fast allen Mannschaften der Liga, außer vielleicht zwei, drei Teams.” Für seine Elf gehe es darum, zu lernen, mit allen Situationen eines Spiels umzugehen. “Wir lassen uns zu oft aus der Balance bringen”, hat der Italo-Amerikaner erkannt.

Ruhe zu behalten und dennoch den Fokus nicht zu verlieren, bei solchen Dingen sind die Führungskräfte gefragt, weniger die Jungen – doch ausgerechnet die wie Maxi Beier, Umut Tohumcu oder Tim Drexler wirkten zuletzt in komplizierten Phasen stabiler als die vermeintlichen Leitfiguren. Matarazzo hat offenbar eine gewisse Eigenart im Kader ausgemacht, anders lassen sich seine folgenden Worte kaum erklären: “Den Gruppencharakter zu verändern, braucht Zeit. Während einer Saison ist der Prozess sehr langsam. Den größten Hebel hat man in den Pausen, wenn man auch Transfers tätigen kann.”

Geiger muss auch gegen Gladbach passen

Den Hebel angesetzt haben aber wird Matarazzo auch in der Trainingswoche, um mehr Feuer als gegen Mainz in die Truppe zu bringen. Dass ausgerechnet der giftige Dennis Geiger (Adduktorenprobleme) gegen die Elf vom Niederrhein fehlen wird, ist vor dem Hintergrund fehlender Emotionalität zuletzt ärgerlich für die TSG. Neben dem Mittelfeldmann fallen noch die Langzeitverletzten Mergim Berisha und Marco John sowie fällt Stanley Nsoki (Hüftprobleme) aus.

Benni Hofmann

Rosens Zukunft hängt vom Saisonfinale ab – Schicker im Fokus der TSG

Wie sieht die Führung der Zukunft aus bei der TSG Hoffenheim? Das wird auch davon abhängen, ob den Kraichgauern im Saisonendspurt die Qualifikation für das internationale Geschäft gelingt.

Sportgeschäftsführer: Alexander Rosen (TSG Hoffenheim) und Andreas Schicker (Sturm Graz).

Sportgeschäftsführer: Alexander Rosen (TSG Hoffenheim) und Andreas Schicker (Sturm Graz).

imago images (2)

Am vergangenen Wochenende jedenfalls hat die Elf von Trainer Pellegrino Matarazzo ihre Chancen verschlechtert mit einem desaströsen 1:4 bei Mainz 05. Nur sechs Tage nach dem so wichtigen 3:1-Erfolg gegen den direkten Konkurrenten FC Augsburg war die TSG nicht wiederzuerkennen und fiel im Rennen um die europäischen Ränge auf Tabellenplatz neun zurück – wobei sowohl der FCA als auch der SC Freiburg (je drei Punkte mehr) und Eintracht Frankfurt als Sechster (sechs Punkte mehr) längst nicht uneinholbar vorne liegen. Vor dem Duell mit Borussia Mönchengladbach an diesem Samstag (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker) steht Hoffenheim dennoch ein Stück weit unter Zugzwang nach der Niederlage in Mainz.

Zwar sprach Sportgeschäftsführer Alexander Rosen jüngst davon, dass man keinesfalls Druck habe, sondern es nach der vom Abstiegskampf geprägten Vorsaison eher als positive Herausforderung empfinde, um Europa mitzuspielen: “Das Schöne ist, wenn man darum spielen darf, nicht wenn man muss. Das ist ein Unterschied, wir sind kein etablierter Top-Sechs-Klub, der da reinkommen muss.”

Nichtsdestotrotz hängt nach kicker-Informationen auch Rosens Zukunft trotz bis 2025 laufenden Vertrags von dem finalen Ausgang dieser Spielzeit ab, vor der nach dem Verkauf von Leistungsträger Christoph Baumgartner (RB Leipzig) kräftig investiert wurde in Mergim Berisha (FCA), Attila Szalai (Fenerbahce) und Anton Stach (Mainz 05). In der Gesamtbewertung wird es dabei eine Rolle spielen, ob den Kraichgauern die Qualifikation fürs internationale Geschäft gelingt.

Interesse an Schicker

Dazu passt, dass nun erstmals ein konkreter Name als potenzieller Nachfolger auftaucht im Umfeld des Klubs, nämlich der von Andreas Schicker. Der 37-Jährige soll nach kicker-Informationen das Interesse der Hoffenheimer auf sich gezogen haben für den Fall einer Trennung von Rosen. Die TSG wäre nicht der erste Bundesligist, der auf Schickers gute Arbeit als Sportgeschäftsführer bei Sturm Graz aufmerksam geworden ist. Sowohl Werder Bremen (als Nachfolger für Frank Baumann) als auch Darmstadt 98 (als Nachfolger für Carsten Wehlmann) hatten den Österreicher im Auge, es kam allerdings jeweils anders. Schicker arbeitet seit 2018 in der Steiermark, zunächst als Chefscout, seit 2020 als Sportgeschäftsführer. Aktuell liegt Sturm in der Meistergruppe auf Rang 2 und steht im österreichischen Pokalfinale gegen Rapid Wien. Sein Vertrag in Graz ist bis 2026 datiert.

Benni Hofmann

TSG: Sieben Millionen stehen im Feuer

Nur noch gut ein Jahr lang läuft die strategische Partnerschaft zwischen der TSG Hoffenheim und der Schwarz-Gruppe, zu der unter anderem die Discounter-Giganten Lidl und Kaufland gehören. Dem Vernehmen nach soll die Fortführung des Engagements des Milliarden-Unternehmens auf der Kippe stehen.

Auf der Kippe? Die Hoffenheimer PreZero-Arena könnte ihren Namensgeber verlieren.

Auf der Kippe? Die Hoffenheimer PreZero-Arena könnte ihren Namensgeber verlieren.

IMAGO/Michael Weber

Für die Kraichgauer wäre das ein herber Schlag ins Kontor, schließlich stellt die Heilbronner Firmengruppe mit Pre-Zero seit 2019 nicht nur den Namensgeber der Sinsheimer Arena, sondern taucht mittlerweile mit mehreren Töchtern im Werbeumfeld der TSG auf. So etwa mit der Getränkemarke Saskia, dem hauseigenen Cloud-Dienstleister Stack-IT – und dem Cybersicherheits-Anbieter XM Cyber, den die Schwarz-Gruppe im November 2021 übernommen hatte. Und genau in diesem Bereich soll einer der Hintergründe liegen, weswegen es zuletzt Ärger gegeben haben soll.

TSG im Interessenskonflikt zweier Cybersicherheits-Dienstleister

Seit Anfang 2023 bezieht die TSG Leistungen der Stack-IT und von XM Cyber. “Dafür wurden entsprechende Verträge, die auch Werbeleistungen inkludieren, geschlossen”, teilt der Bundesliga-Neunte mit. Parallel unterhalten die Hoffenheimer seit Februar 2024 eine Partnerschaft mit einem weiteren Cybersicherheits-Dienstleister. Dazu gab es im Klubmagazin “Spielfeld”, in dem auch die Stack-IT und XM Cyber mit Anzeigen werben, ein ganzseitiges Interview mit einem für das Thema IT-Sicherheit zuständigen Direktor der TSG, das als Advertorial gekennzeichnet war.

Anzeigen hier, eine im Gewand eines redaktionellen Beitrags daherkommende Annonce mit Lobesworten für den anderen Dienstleister da – das soll dem Vernehmen nach nicht besonders gut angekommen sein bei der Schwarz-Gruppe. In der Folge, so berichten es mehrere Mitarbeiter respektive dem Bundesligisten nahestehende Personen, sollen bei Heimspielen die Logen und Business-Seat-Kontingente der Heilbronner zuletzt kaum bis gar nicht genutzt worden sein. Gekündigt allerdings wurden sie nicht, erklärt die TSG auf Nachfrage.

Schwarz-Gruppe äußert sich nicht

Die Schwarz-Gruppe gibt sich schmallippig. XM Cyber möchte nicht über die Partnerschaft mit Hoffenheim sprechen. Die Konzern-Mutter beantwortete Mitte März konkrete Fragen – ob sie ihre Business-Seat-Kontingente gegen Union Berlin (17. Februar) und Werder Bremen (3. März) größtenteils nicht ausgeschöpft habe und ob es stimme, dass sie wegen der Sache mit dem Konkurrenzdienstleister von XM Cyber darüber nachdenke, die Partnerschaften ihrer Töchter mit der TSG zum jeweils nächstmöglichen Zeitpunkt auslaufen zu lassen – lediglich mit dem Allgemeinplatz: “Wir äußern uns grundsätzlich nicht zu den Aktivitäten unserer Partner in Bezug auf Dritte. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir darüber hinaus weiterhin keine Angaben zu Vertragsinhalten und zur künftigen Vertragsgestaltung machen.”

Bei der TSG heißt es zu der Frage, ob denn bereits ein Austausch über eine Verlängerung der 2025 endenden Partnerschaft mit Stadionnamensgeber Pre-Zero stattgefunden habe: “Wir sind mit unseren Partnern nahezu täglich in einem engen und konstruktiven Austausch. Über Details von Vertragsgesprächen können wir uns nicht äußern.” Hinter der Kulissen versucht man, die Situation zu klären, was in das Ressort des für Sponsoring zuständigen Geschäftsführers Denni Strich fällt. Nach kicker-Informationen soll dabei auch TSG-Beiratsmitglied Gerhard Oswald um Vermittlung gebeten worden sein, nicht zuletzt, weil der SAP-Aufsichtsrat mit einem führenden Schwarz-Mitarbeiter in einer KI-Initiative sitzt. Zuletzt soll immerhin ein wenig Entspannung eingekehrt sein.

Es geht um eine erhebliche Summe für die TSG

Was das für die Zukunft des Milliardenkonzerns als TSG-Partner bedeutet? Unklar, genauso wie die Tatsache, dass sich die Schwarz-Gruppe seit Juli 2023 mit exakt den Töchtern, die auch in Hoffenheim im Portfolio sind, beim Branchenprimus FC Bayern engagiert. Insider beziffern das Sponsoring der Heilbronner auf etwa sieben Millionen Euro pro Saison. Eine für einen mittelgroßen Bundesligisten erhebliche Summe, die da im Feuer steht.

Benni Hofmann

Stach sieht “eine Menge Qualität” – die Frage ist nur wo?

Einen unrühmlichen Vereinsrekord aus der Saison 2013/14 hat die TSG Hoffenheim mit dem 1:4 in Mainz eingestellt, seit nunmehr 24 Spielen wartet sie auf eine Partie ohne Gegentor. Schwer zu glauben angesichts der Tatsache, dass sie zuletzt besonders in Defensivkräfte investierte – aber wahr.

“Wir lassen einfach zu viel zu.” Anton Stach kassierte mit der TSG schon 57 Gegentreffer.

IMAGO/TSG 1899 Hoffenheim

Sowohl im Sommer 2022 (Ozan Kabak, Stanley Nsoki) als auch 2023 (Attila Szalai) wurden jeweils zweistellige Millionenbeträge in Innenverteidiger gesteckt, dazu kam im Januar 2023 eine günstige “Notnachbesserung” mit John Anthony Brooks sowie im Januar 2024 die Leihe von Linksverteidiger David Jurasek.

Alles große Namen, entsprechend müsste es schon so sein, wie es Anton Stach skizziert: “Wir haben eine Menge Qualität in der Abwehr.” Zu sehen aber ist davon nichts. Bis auf Brooks und mit Abstrichen Kabak floppten die defensiven Nachbesserungen. Der zuletzt von Trainer Pellegrino Matarazzo immer wieder gelobte Jurasek mag nach vorne großes Potenzial haben, nach hinten aber agiert der Tscheche ohne Biss, leichtfertig und taktisch ähnlich unbedarft wie phasenweise Nsoki.

Wir lassen einfach zu viel zu.

Anton Stach

Das Resultat ist bedenklich: Mit nunmehr 57 Gegentreffern stellt die TSG die drittschlechteste Abwehrreihe der Bundesliga – nicht auszudenken, würde Oliver Baumann nicht eine konstant starke Runde spielen, der Schlussmann verhinderte oftmals Schlimmeres in dieser Saison.

Natürlich liegt es nicht allein an der Dreier- respektive Fünferreihe, wenn eine Mannschaft ein Gegentor ums andere fängt, sondern am Gesamtverhalten des Teams. Doch was sagt es aus, wenn etwa Stach wie nach der Pleite in Mainz fordert: “Wir müssen daran arbeiten, uns immer reinzuhauen, damit es immer schwer wird, gegen uns zu Torchancen zu kommen. Wir lassen einfach zu viel zu.” Das impliziert im Endeffekt, dass sich diese Hoffenheimer Truppe eben nicht immer voll reinhaut – auch wenn der 25-Jährige das sicherlich nicht so gemeint haben wird.

Unabhängig vom Trainer: Abwehrprobleme bleiben im Kraichgau

Aber ein bisschen was könnte dran sein an der These. Defensivpersonal ausgetauscht, Trainer ausgetauscht von Alfred Schreuder über Sebastian Hoeneß und Andre Breitenreiter nun zu Matarazzo – nur die Probleme scheinen zu verbleiben im Kraichgau. Wo sich das Anspruchsdenken womöglich noch in der Nagelsmann-Ära befindet, der Personalaufwand aber fairerweise wohl die Realität abbildet, die im Niemandsland der Tabelle liegt mit dem aktuellen neunten Rang.

Die gute Nachricht aus Hoffenheimer Sicht: Im Schneckenrennen um die Plätze sechs und sieben (und womöglich den ebenfalls für Europa reichenden Rang acht) macht ein 1:4 nicht wirklich viel aus. Und auch eine Serie von 24 Partien mit mindestens einem Gegentreffer offenbar nicht.

Benni Hofmann