Kreis mit Glückwünschen überschüttet: “Da wurde mir klar, …”

Mit etwas Abstand hat Eishockey-Bundestrainer Harold Kreis festgestellt, welch historischer Erfolg seinem Team mit dem Gewinn der Silbermedaille gelungen ist. Dazu trugen auch unzählige Glückwünsche bei, die der 64-Jährige noch nicht gänzlich abarbeiten konnte.

Hat mit dem deutschen Eishockey-Team Historisches erreicht.

Hat mit dem deutschen Eishockey-Team Historisches erreicht.

IMAGO/Just Pictures

Für Eishockey-Bundestrainer Harold Kreis war das Ende der für Deutschland so erfolgreichen WM in Finnland auch ein Moment des Abschieds. “Diese Mannschaft wird mit großer Wahrscheinlichkeit nicht wieder so auf dem Eis stehen”, sagte Kreis auf der Sportmesse SpoBis in Düsseldorf am Mittwoch. “Ich habe mich bei allen bedankt für die gemeinsame Zeit, sie haben Historisches geleistet.”

Drei Tage nach dem Finale gegen Kanada (2:5) hat der Trainer immer noch nicht alle Glückwünsche für die erste deutsche WM-Medaille seit 70 Jahren gelesen und beantwortet. Beim Blick auf sein Handy sei ihm “eigentlich erst bewusst geworden, was wir erreicht haben”, sagte Kreis auf der Sportmesse SpoBis: “Ich bin immer noch dabei, alles abzuarbeiten. Da waren viele Leute dabei, von denen ich lange nichts gehört habe. Da wurde mir klar: Meine Güte, wir haben ja so viel erreicht.”

DEB hat die Ziele übertroffen

“Es war ein Riesenerfolg, alle Ziele sind erfüllt worden. Viertelfinale, Qualifikation für Olympia – und wir sind sogar noch übers Ziel hinausgeschossen bis ins Finale”, sagte Kreis. Nach dem Endspiel habe sein Team aber nur “ganz bescheiden in der Kabine” gefeiert: “Das Spiel war spät. Wir sind erst um 20 nach Eins ins Hotel gekommen, um viertel nach Vier fuhr der Bus zum Flughafen. Ein paar Jungs waren unterwegs in der Stadt, die sahen dann müde aus im Bus. Ich habe relativ ruhig vielleicht 20 Minuten geschlafen.”

Die Aussicht auf ein mögliches WM-Finale 2027 in Düsseldorf, wo er von 2008 bis 2010 und 2018 bis 2022 die DEG trainierte, sei verlockend, sagte der 64-Jährige. “Da wüsste ich dann auch, wo wir hingehen zum Feiern”, sagte er lachend: “Aber mein Vertrag läuft gar nicht so lang. Da muss ich noch einiges tun, damit das klappt.”

Blick richtet sich in die Zukunft

Zuvor werde nun aber das zurückliegende Turnier “aufgearbeitet”, mit Schlüssen für die erweiterte Kaderplanung. Kreis würde sich noch mehr Beteiligung der deutschen NHL-Stars wie Leon Draisaitl und Tim Stützle wünschen: “Wir hätten es gerne, aber es spielen so viele Sachen eine Rolle”, sagte er. “Ist der Spieler verletzt? Darf er gehen? Spielt er noch?”

Er habe deshalb “Verständnis für jede Absage. Und ich habe noch nie erlebt, dass jemand sagt: Nein, ich will nicht.”

Capitals stellen Carbery als Coach vor

Die Washington Capitals haben einen neuen Headcoach gefunden. Spencer Carbery tritt die Nachfolge von Peter Laviolette an.

Bei den Capitals erstmals Headcoach: Spencer Carbery.

Bei den Capitals erstmals Headcoach: Spencer Carbery.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Die Neubesetzung gaben die Washington Capitals am Dienstag bekannt. Der 41-jährige Carbery erhält in der Hauptstadt erstmals die Chance, sich als Headcoach zu beweisen. Zuletzt war der Kanadier als Assistenztrainer bei den Toronto Maple Leafs tätig, bei denen er sich speziell um die Power Plays und Power Forwards kümmerte. 

“Siegermentalität” soll wieder her

“Es ist eine enorme Ehre und ein Privileg, zum Headcoach der Washington Capitals ernannt zu werden”, kommentierte Carbery seinen neuen Job und dankte dem Franchise für “die Gelegenheit, dieses Team zu führen” – wofür er ein klares Ziel hat: “Auf der Siegermentalität aufbauen, die hier besteht.”

Diese war den Capitals unter seinem Vorgänger Laviolette allerdings abhanden gekommen. Nicht nur war der Stanley-Cup-Sieger von 2018 erstmals seit 2014 nicht in die Play-offs vorgedrungen, die letzten Wochen der Regular Season wurde für das Franchise zu einem echten Spießrutenlauf: Nur drei der abschließenden 15 Partien konnten die Capitals siegreich gestalten.

Er hatte auf jedem Level Erfolg, auf dem er gecoacht hat.

Washington Capitals General Manager Brian MacLellan

Nun soll Carbery Besserung bringen und hat laut General Manager Brian MacLellan alle Zutaten dafür dabei: “Spencer ist einer der besten jungen Trainer dieses Spiels, der auf jedem Level Erfolg hatte, auf dem er gecoacht hat.” Stärken des Kanadiers seien seine “Führungsstärke, Kommunikation, Fähigkeit, Spieler zu entwickeln und seine Vertrautheit mit der Organisation”.

Tatsächlich ist der Neue nämlich gar nicht so neu. Vor seiner Rolle bei den Maple Leafs coachte Carbery die Hershey Bears, das Farmteam der Capitals aus der AHL – mit einigem Erfolg: In der Spielzeit 2020/21 wurde er als bester Trainer der Liga ausgezeichnet und hatte maßgeblichen Anteil daran, gleich mehrere Spieler zu entwickeln, die derzeit zum Roster der Capitals gehören. 

Wie erfolgreich die Rückkehr Carberys an alte Wirkungsstätte ausfällt, zeigt sich in sportlicher Hinsicht ab Oktober. Dann wird die kommende NHL-Spielzeit starten, in der man in Washington sicherlich wieder in die Play-offs zurückkehren will. Zuvor wartet allerdings noch der Draft auf die Capitals. Am 28. und 29. Juni wird in Nashville über die vielversprechendsten Jungprofis und College-Spieler verhandelt. 

“Powerplay26”? DEB-Team übertrifft die Vorgaben – Tripcke bremst

“Powerplay26” hieß das große Zauberwort, das vom DEB erarbeitete Konzept Richtung Zukunft hat die Nationalmannschaft übertroffen. Der DEL-Chef bremst, ein Ex-Bundestrainer ist beeindruckt und lobt.

Silberhelden von Tampere: Deutschland ist Vizeweltmeister.

Silberhelden von Tampere: Deutschland ist Vizeweltmeister.

IMAGO/Eibner

2026 sollte bei der WM und den Olympischen Winterspielen der große Angriff des DEB-Teams auf die vorderen Plätze erfolgen, das Konzept “Powerplay26” hat aber schon drei Jahre früher gegriffen. Deutschland holte bei der WM in Finnland und Lettland überraschend Silber, die erste WM-Medaille seit 70 Jahren.

“Die letzten sieben, acht, neun Jahre sind sehr gute Entscheidungen getroffen worden”, erklärte Ex-Bundestrainer Uwe Krupp den Erfolg und lobte vor allem die DEL und die DEL2: “Da wird gut gearbeitet. Der Verband und die Liga arbeiten intensiv zusammen.”

Natürlich weiß auch Krupp, “dass wir in der Breite nach wie vor nicht annähernd so gut aufgestellt sind wie die, die wir jetzt geärgert haben”. So seien selbst Nationen wie die Schweiz “tiefer aufgestellt im Nachwuchsbereich als wir. Von Kanada, den USA, Finnland oder Schweden braucht man gar nicht zu reden.”

Dennoch hat die DEB-Auswahl – abgesehen von Kanada – die großen Nationen im abgelaufenen Turnier hinter sich gelassen. Die Leistung der Silberhelden von Tampere stuft Krupp als “sensationell” ein. “Ich habe jedes Spiel mit Spannung verfolgt und war beeindruckt seit dem ersten Spiel.”

Deutschland ist ein Land, das, egal wie die Besetzung ist, ums Viertelfinale kämpft.

Gernot Tripcke

Das war auch Gernot Tripcke. “Das Selbstvertrauen ist gewachsen, man spielt mit breiter Brust gegen die Topnationen”, so der DEL-Geschäftsführer. “Selbst wenn die besten Einzelspieler fehlen, macht das Team das im Kollektiv wett und wird dadurch noch stärker und unberechenbarer.” Und mit dem neuen Bundestrainer Harold Kreis gelang dem DEB ein Glücksgriff. “Harry hat mit dem gesamten Trainerstab einen Riesenjob gemacht”, schwärmt Tripcke. Kreis sei “ein totaler Sympathieträger. Als Bundestrainer musst du auch ein Botschafter sein – und da gibt es keinen besseren als ihn”.

Doch Tripcke warnt auch und bremst. “Das muss man realistisch sehen: Deutschland ist ein Land, das, egal wie die Besetzung ist, ums Viertelfinale kämpft”, sagte der DEL-Boss und verwies auf den enttäuschenden zehnten Platz in Peking im vergangenen Jahr.

Olympia 2022 als Warnung

“Wir haben es bei Olympia 2022 gesehen, als die Erwartungen in der Öffentlichkeit riesig waren”, merkt Tripcke an: “Es kann genauso sein, dass wir auch mal Fünfter in der Gruppe werden und ein Viertelfinale verpassen. Wir wissen alle, dass es gerade bei der Weltmeisterschaft eine Art Lotterie ist, welche Spieler gerade aus der NHL zur Verfügung stehen.” Moritz Seider beispielsweise konnte auflaufen, andere NHL-Stars wie Leon Draisaitl, Tim Stützle oder auch Philipp Grubauer fehlten. Dennoch war es am Ende Silber. Und der Plan “Powerplay26” drei Jahre früher schon mit Leben gefüllt.

Ingolstadt holt Nijenhuis – Krupp verlängert in Wolfsburg, Klein in Straubing

Vizemeister ERC Ingolstadt hat für die kommende Saison Stürmer Jan Nijenhuis verpflichtet. Olympia-Held Björn Krupp bleibt den Grizzlys Wolfsburg erhalten, und auch Adrian Klein verlängert seinen Vertrag.

Steht im kommenden Jahr bei Straubing auf dem Eis: Jan Nijenhuis. 

Steht im kommenden Jahr bei Straubing auf dem Eis: Jan Nijenhuis. 

IMAGO/Eibner

Ingolstadt hat sich mit Blick auf die kommende Saison in der Offensive verstärkt: Nijenhuis kommt von den Eisbären Berlin und unterschrieb einen Vertrag bis 2025. Der gebürtige Münchner stammt aus dem Nachwuchs der Adler Mannheim und hat bisher 151 Spiele in der DEL absolviert.

“Jan ist technisch und läuferisch sehr gut ausgebildet. Daher kann man ihn variabel einsetzen, womit er für uns in verschiedenen Rollen wertvoll sein kann”, sagte Ingolstadts Sportdirektor Tim Regan über Nijenhuis, der nach Stationen bei den Grizzlys Wolfsburg und in Berlin noch auf seinen Durchbruch in der DEL wartet.

Nijenhuis will sich endlich in der DEL etablieren

“Ich will mich natürlich in der DEL etablieren und dafür habe ich in Ingolstadt eine sehr gute Perspektive gesehen”, sagte Nijenhuis, der einst bei Nachwuchs-Weltmeisterschaften mit dem heutigen NHL-Spieler Tim Stützle gemeinsam auf dem Eis gestanden hatte. In der vergangenen Saison hatte er für die Eisbären und deren Kooperationspartner Lausitzer Füchse in der DEL2 gespielt.

Wolfsburg verlängert mit Krupp

Derweil gab es bei den Grizzlys Wolfsburg eine Vertragsverlängerung zu vermelden: Olympia-Held Krupp bleibt auch in den kommenden beiden Spielzeiten bei den Niedersachen. Der Silbermedaillengewinner von Pyeongchang 2018 verlängerte sein Arbeitspapier laut Vereinsmitteilung von Dienstag vorzeitig um zwei Jahre bis 2026. Der 32-Jährige spielt mit kurzer Unterbrechung seit 2014 für den Play-off-Halbfinalisten der abgelaufenen Saison.

“Wolfsburg ist über die Jahre mein Zuhause geworden. Wir können mit dieser Mannschaft und der gesamten Organisation in den nächsten Jahren sehr erfolgreiches Eishockey spielen”, sagte Krupp. “Es freut mich, dass ich ein Teil davon sein kann.”

Straubing bindet einen Junioren-Nationalspieler

Die Straubing Tigers haben den 19-jährigen Klein länger an den Verein gebunden. Der Junioren-Nationalspieler geht nach der Vertragsverlängerung in seine vierte Spielzeit für die Niederbayern. In der vergangenen Saison absolvierte der Verteidiger 33 Partien für Straubing. “Wir freuen uns, dass er seinen Weg bei uns fortsetzen möchte und wir Adrian weiter fördern können”, äußerte Straubings Sportchef Jason Dunham am Dienstag zur Weiterverpflichtung von Klein.

tmo, dpa, sid

6:0 in der Fremde: Vegas mit Statement-Sieg in die NHL-Finals

Die Vegas Golden Knights sind den Florida Panthers nach einer Machtdemonstration ins Finale um den Stanley Cup gefolgt: Das Team aus der Spielerstadt setzte sich im sechsten Spiel der Halbfinalserie der Play-offs bei den Dallas Stars mit 6:0 (3:0, 1:0, 2:0) durch und entschied die Serie mit 4:2 für sich.

Zum zweiten Mal in den Stanley-Cup-Finals: Vegas fegte über die Dallas Stars hinweg.

Zum zweiten Mal in den Stanley-Cup-Finals: Vegas fegte über die Dallas Stars hinweg.

imago images

Die Golden Knights erspielten sich durch William Carrier (4.), William Karlsson (11.) und Keegan Kolesar (14.) bereits im ersten Drittel eine komfortable Führung, Jonathan Marchessault (31.), erneut Karlsson (43.) und Michael Amadio (53.) bauten diese aus.

Die Stars, die sich nach drei Pleiten zum Serienauftakt noch aufopferungsvoll zurückgekämpft hatten, enttäuschten vor eigenem Publikum. Vegas-Goalie Adin Hill hielt derweil alle 23 Schüsse der Gastgeber und feierte seinen nächsten Shutout.

Für Vegas ist es nach der Gründung vor sieben Jahren der zweite Einzug ins Stanley-Cup-Finale seit 2018. Damals verloren die Golden Knights aber klar gegen die Washington Capitals (1:4). Im diesjährigen Viertelfinale hatte Vegas die Edmonton Oilers um Leon Draisaitl ausgeschaltet.

Die Best-of-seven-Serie um den Stanley Cup zwischen Vegas und den Panthers beginnt am Samstag, die Golden Knights genießen zunächst Heimrecht. Auch die Panthers, die sich im Halbfinale 4:0 gegen die Carolina Hurricanes durchgesetzt hatten, warten noch auf ihren ersten Titel.

Eisbären Berlin verpflichten Vize-Weltmeister Tiffels

Vizeweltmeister Frederik Tiffels wechselt zu den Eisbären Berlin. Der Stürmer kommt vom deutschen Meister EHC Red Bull München in die Hauptstadt, wie die Eisbären am Montag mitteilten.

Wechselt von München nach Berlin: Frederik Tiffels.

Wechselt von München nach Berlin: Frederik Tiffels.

Getty Images

Der 28-jährige Tiffels hatte die deutsche Nationalmannschaft am Wochenende mit seinem Tor in der Overtime gegen die USA sensationell ins Finale der Weltmeisterschaft in Finnland und Lettland geschossen, wo das Team Kanada unterlag. Der Vizeweltmeister habe einen langfristigen Vertrag unterschrieben, hieß es.

In den vergangenen fünf Spielzeiten gelangen Tiffels in insgesamt 250 DEL-Partien 50 Treffer und 130 weitere Torbeteiligungen.

“Frederik Tiffels ist eine absolute Verstärkung für unsere Offensive. Er gehört zu den besten Angreifern der DEL und hat seine Klasse auch bei der Weltmeisterschaft unter Beweis gestellt”, sagte Eisbären-Sportdirektor Stéphane Richer der Mitteilung zufolge.

Draisaitl begeistert von Silber: “Für die Geschichtsbücher”

Leon Draisaitl verstärkte das DEB-Team bei der WM nicht, fieberte aber aus der Ferne in Kanada mit. “Definitiv ein Turnier für die Geschichtsbücher”, sagt er nach dem Finale.

Beeindruckt von den Leistungen des DEB-Teams: Leon Draisaitl.

Beeindruckt von den Leistungen des DEB-Teams: Leon Draisaitl.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Auch NHL-Topstar Leon Draisaitl ist von der historischen Silbermedaille der deutschen Nationalmannschaft begeistert. “Unfassbar. Definitiv ein Turnier für die Geschichtsbücher. Ich freue mich riesig für die Jungs”, sagte der 27 Jahre alte Stürmer der Edmonton Oilers auf dpa-Anfrage nach dem ersten deutschen WM-Finale im Eishockey seit 1930. “Es war eine ganz tolle Woche für das deutsche Eishockey: Silber-Medaille, Olympia-Qualifikation und WM-Vergabe. Mehr geht eigentlich nicht”, sagte Draisaitl.

Beim 2:5 im Endspiel am Sonntagabend im finnischen Tampere gegen seine Wahlheimat Kanada habe er vor dem Fernseher mit der deutschen Mannschaft mitgefiebert. Das Finale war bis ins Schlussdrittel offen gewesen. “Sehr schade, dass es in dem spannenden, engen Finale nicht ganz gereicht hat”, sagte Draisaitl, der als einer der aktuell besten Eishockeyspieler der Welt gilt: “Aber was für ein großartiger Erfolg ist die Silbermedaille. Es hat richtig Spaß gemacht zuzugucken. In den K.-o.-Spielen haben die Jungs gegen richtig gut besetzte Mannschaften herausragende Leistungen gezeigt.”

Zahlreiche Leistungsträger fehlten

Ohne Draisaitl sowie ohne NHL-Torhüter Philipp Grubauer (Seattle) und NHL-Angreifer Tim Stützle (Ottawa) sowie etliche weitere Routiniers und Leistungsträger feierte das deutsche Eishockey die erste WM-Medaille seit 70 Jahren. Unter Bundestrainer Harold Kreis begeisterte die Mannschaft mit Wille und Leidenschaft, aber auch mit spielerischer Klasse. Mit dem Erreichen des Endspiels übererfüllte die Nationalmannschaft beim WM-Debüt von Kreis die Vorgabe des Verbands und schaffte zudem die direkte Qualifikation für Olympia 2026. Als weitere frohe Kunde bekam Deutschland den Zuschlag für die Austragung der WM 2027.

“Ich bin mir sicher, dass die Nationalmannschaft in den letzten Tagen für viele neue Eishockeyfans gesorgt hat”, sagte Draisaitl. Noch während der Vorrunde und vor der Viertelfinal-Qualifikation hatte im Raum gestanden, dass Draisaitl und Grubauer nach dem Ausscheiden in den NHL-Playoffs zur Weltmeisterschaft nachreisen. Wegen des engen Zeitplans hatten die Spieler und der Deutsche Eishockey-Bund aber darauf verzichtet.

DEB-Team löst Olympia-Ticket und springt in der Weltrangliste weit nach oben

Die historische WM-Medaille hat der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft einen Sprung in der Weltrangliste und das Ticket für die kommenden Winterspiele beschert.

Im Hintergrund der Pokal: Das deutsche Team holt in Tampere Silber.

Im Hintergrund der Pokal: Das deutsche Team holt in Tampere Silber.

IMAGO/ZUMA Wire

Durch den Gewinn der Silbermedaille bei der WM in Finnland und Lettland ist die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft in der Weltrangliste vom neunten auf den fünften Rang gesprungen. Das Team von Bundestrainer Harold Kreis überholte mit dem Finaleinzug nicht nur die Schweiz und die Slowakei, sondern auch die Topnationen Schweden und Tschechien.

Eigentlich wäre die DEB-Auswahl um den besten WM-Stürmer J.J. Peterka und All-Star Moritz Seider nach dem 2:5 im Endspiel gegen Kanada mit 3835 Punkten sogar Vierter und damit noch besser platziert als nach Olympia-Silber 2018. Doch der Weltverband IIHF führt die suspendierte russische Nationalmannschaft weiter auf dem dritten Rang, den sie vor dem Angriffskrieg gegen die Ukraine und dem folgenden Ausschluss einnahm.

In Mailand/Cortina dabei – Nächste WM in Tschechien

Fakt ist: Das deutsche Team hat sich damit auf jeden Fall direkt für die Olympischen Spiele 2026 in Mailand/Cortina qualifiziert – egal, ob Russland an der Qualifikation teilnehmen darf oder nicht. Eine entsprechende Entscheidung hat die IIHF für März 2024 angekündigt, weil kurz darauf die Qualifikationsturniere für die Winterspiele beginnen.

Bei der WM im nächsten Jahr in Tschechien spielt die DEB-Auswahl in der Vorrundengruppe A in Ostrava. Gegner sind neben Rekordweltmeister Kanada nach der vorläufigen Gruppeneinteilung, die die IIHF veröffentlichte, Schweden, Slowakei, Lettland, Frankreich, Kasachstan und Aufsteiger Polen.

Peterka bester Stürmer der WM

John-Jason Peterka hat bei seiner zweiten Eishockey-WM nicht nur die Silbermedaille mit dem DEB-Team gewonnen, sondern auch sonst ordentlich abgeräumt. MVP wurde ein Torhüter.

Zwölf Scorerpunkte bei der WM: J.J. Peterka.

Zwölf Scorerpunkte bei der WM: J.J. Peterka.

IMAGO/Just Pictures

Der 21-Jährige von den Buffalo Sabres verbuchte als bester Scorer der deutschen Nationalmannschaft sechs Tore und sechs Vorlagen und landete damit in der Liste der besten Punktesammler des Turniers hinter dem US-Amerikaner Rocco Grimaldi (7+7) und dem Tschechen Dominik Kubalik (8+4, Teamkollege von Moritz Seider bei den Detroit Red Wings) auf dem dritten Platz.

Mit Seider im All-Star-Team

Zur Belohnung wurde der Münchner als bester Stürmer der WM ausgezeichnet. Außerdem wählten ihn die Journalisten in das All-Star-Team – ebenso wie Verteidiger Seider. “Uns fehlt noch ein bisschen die Abgebrühtheit, die Erfahrung, so ein Spiel zu Ende zu bringen”, sagte Peterka nach dem 2:5 im Finale gegen Rekordweltmeister Kanada, “wir wussten alle, wie nah wir dran sind, Gold zu holen.” Silber war die erste deutsche WM-Medaille seit 70 Jahren.

Wertvollster Spieler des Turniers wurde Torhüter Arturs Silovs (22) vom Überraschungsdritten und Co-Gastgeber Lettland. Zum fünften Mal wurde damit ein Goalie WM-MVP, 2010 gelang dies dem Deutschen Dennis Endras.

MacKenzie Weegar von Weltmeister Kanada, Grimaldi und Kubalik komplettieren das All-Star-Team gemeinsam mit dem deutschen Duo Peterka/Seider sowie Silovs.

Zwischen Stolz und Enttäuschung: Der Schmerz beim DEB-Team “sitzt tief”

Die Enttäuschung nach der 2:5-Niederlage im Finale der Eishockey-WM saß tief beim Team des DEB. Dennoch machte sich auch schnell der Stolz über ein “Wahnsinnsturnier” breit.

Nach dem verlorenen WM-Finale gegen Kanada herrschten im DEB-Team gemischte Gefühle vor.

Nach dem verlorenen WM-Finale gegen Kanada herrschten im DEB-Team gemischte Gefühle vor.

IMAGO/Bildbyran

John-Jason Peterka weinte nach dem verpassten WM-Gold bittere Tränen der Enttäuschung, der abgezockte Rekord-Weltmeister jubelte befreit. Kanadas NHL-Stars wirkten schlagbar, doch Deutschlands Eishockey-Cracks verloren am Sonntag in Tampere das erste WM-Finale seit 1930 gegen Kanada erst am Ende deutlich mit 2:5 (1:1, 1:1, 0:3). Als Vize-Weltmeister schaffte die Auswahl von Bundestrainer Harold Kreis aber einen weiteren Eishockey-Meilenstein und spielte sich nach Olympia-Silber 2018 und dem WM-Halbfinale 2021 einmal mehr in die Herzen der Fans.

“Im ersten Moment überwiegt natürlich die Enttäuschung. Wir hatten eine große Gelegenheit hier” sagte Kapitän Moritz Müller bei “Sport1”, nachdem der frühere DEB-Präsident Franz Reindl den deutschen Spielern bei der Siegerehrung die Silbermedaille umgehängt hatte. Angesichts des immensen Erfolgs stellte der Kölner Verteidiger aber klar: “Ich denke, wir haben Unglaubliches erreicht.”

Kreis: “Haben was gewonnen und nicht was verloren”

Wille, Leidenschaft und Tore von NHL-Stürmer Peterka und Daniel Fischbuch reichten am Ende nicht zum ersten WM-Titel. Das Team von Kreis war im Finale lange spielerisch besser, reist am frühen Pfingstmontag aber mit Silber als erster WM-Medaille seit 70 Jahren heim, weil Kanada am Ende kompromissloser war. “Natürlich bin ich sehr, sehr stolz auf die Mannschaft. Wir haben was gewonnen und nicht was verloren”, sagte ein berührter Kreis. Via Instagram schickte auch sein Vorgänger Toni Söderholm sofort seine Glückwünsche zum Vize-WM-Titel.

“Die Kanadier haben unsere kleinen Fehler eiskalt ausgenutzt. Aber das sollte nicht unsere Leistung schmälern. Wir haben ein Wahnsinnsturnier gespielt”, meinte Torhüter Mathias Niederberger, räumte aber auch ein: “Der Schmerz sitzt tief. Es war einfach mehr drin.”

Einen kleinen Trost erhielten zumindest zwei deutsche Spieler dann aber doch noch. Wie der Weltverband nur kurz nach dem Endspiel verkündete, schafften es mit Peterka und Moritz Seider gleich zwei DEB-Spieler in das All-Star-Team der Weltmeisterschaft. Zudem wurde Peterka, der mit sechs Toren und sechs Vorlagen der erfolgreichste deutsche Scorer im Turnier war, zum besten Stürmer der WM gekürt.

Zielvorgaben des DEB weit übertroffen

Mit WM-Silber krönte Bundestrainer Kreis seine Premiere als Chefcoach. Der 64 Jahre alte gebürtige Kanadier war schon 2010 beim damaligen Halbfinaleinzug Deutschlands als Co-Trainer von Uwe Krupp dabei gewesen. Obwohl ihm 15 Leistungsträger verletzt und unter anderem auch die Top-NHL-Spieler Leon Draisaitl, Tim Stützle und Philipp Grubauer abgesagt hatten, formte der Trainer-Routinier eine verschworene Einheit, die kämpferisch, aber auch spielerisch überzeugte.

“Jeder spielt sehr, sehr gerne für den Harry. Er ist einfach ein toller Mensch mit einer tollen Ausstrahlung und einem tollen Charakter”, lobte Frederik Tiffels vom deutschen Meister EHC Red Bull München, der Deutschland am Samstag beim famosen 4:3 nach Verlängerung gegen die USA mit seinem Tor in der Overtime ins Finale geschossen hatte.

Seit 2018 ist jeder dieses ganz große Niveau von den Deutschen gewohnt.

Weltverbandspräsident Luc Tardif

Schon damit waren die Zielvorgaben des DEB – Viertelfinaleinzug und direkte Olympia-Qualifikation für Mailand 2026 – übererfüllt. Und auch wenn es nichts wurde, mit dem ersten WM-Titel, im Kreis der Top-Nationen scheint sich Deutschland dennoch festgespielt zu haben. “Wir haben tolles Eishockey gespielt über das ganze Turnier. Wir haben gezeigt, dass wir gegen die Großen nicht nur mitkämpfen, sondern auch mitspielen können”, sagte Kapitän Moritz Müller bei “MagentaSport”. Das ehrgeizige Ziel von Ex-DEB-Präsident Franz Reindl, bis 2026 regelmäßig um Medaillen bei großen Turnieren mitspielen zu können, erfüllte sich früher als gedacht und erhofft. “Seit 2018 ist jeder dieses ganz große Niveau von den Deutschen gewohnt”, sagte Weltverbandspräsident Luc Tardif am Finalwochenende in Tampere.

Wie immer nach einem unerwarteten Erfolg wie jetzt stellt sich nun die Frage, wie nachhaltig das deutsche Eishockey den Schwung nutzen kann. Der Zuschlag für die Heim-WM 2027 am vergangenen Freitag könnte dabei helfen, wenn der DEB schnell Konzepte für die Jugend und ein Bewusstsein in der Gesellschaft schafft. “Ich glaube, dass wir immer etwas entfachen können”, sagte Kapitän Müller, der bereits 2018 Olympia-Silber gewonnen hatte, zu den Erfolgen des Nationalteams.