Die Lilien und Heidenheim: Zwei Aufsteiger, ein Klassenunterschied

Vergangene Saison schafften Heidenheim und Darmstadt mit je 67 Zählern den Bundesliga-Aufstieg. Im Oberhaus kann von Augenhöhe freilich keine Rede mehr sein. Vorm direkten Duell am Sonntagabend sprechen diverse Statistiken eine überaus deutliche Sprache.

Eren Dinkci ist mit Heidenheim gegen Tim Skarke und Darmstadt obenauf.

Eren Dinkci ist mit Heidenheim gegen Tim Skarke und Darmstadt obenauf.

IMAGO/Sportfoto Rudel

Zwei Aufsteiger, zwei Welten. Während der 1. FC Heidenheim an diesem Sonntag auch rechnerisch den Klassenerhalt perfekt machen kann, droht Darmstadt die unwiderrufliche Rückkehr in die 2. Liga. Sollte sich das ausgerechnet im direkten Aufeinandertreffen am Sonntagabend entscheiden, könnte die Symbolik treffender kaum sein. Schließlich markiert das Abschneiden der beiden nominellen Underdogs in der Beletage über die gesamte Saison betrachtet tatsächlich einen Klassenunterschied.

Saison 2023/24

Direkt augenfällig wird das beim Blick auf die letztlich alles entscheidende Statistik: Mit 34 Zählern nach 30 Spieltagen hat der FCH exakt doppelt so viele geholt wie die Lilien. Bei der Ursachenforschung landen in Darmstadt Beobachter wie Beteiligte schnell bei mangelnder Bundesliga-Erfahrung. Nicht zu Unrecht angesichts von lediglich 840 Erstliga-Partien, die der 98-Kader auf sich vereint. Allerdings: Heidenheims Aufgebot kommt als einziger Konkurrent auf noch weniger Bundesliga-Einsätze, nämlich 569 – alle weiteren Konkurrenten auf mindestens 1583.

Laufleistung und Luftzweikämpfe – Lieberknechts Team fällt deutlich ab

Deutlich aussagekräftiger über den Leistungsunterschied zwischen den beiden Aufsteigern dürften also andere Zahlen sein. Bei der Gesamtlaufleistung etwa ergibt sich eine immense Diskrepanz: Mit durchschnittlich 120,5 Kilometern ist das Team von Frank Schmidt Liga-Zweiter hinter Union Berlin (121). Mit 115,5 Kilometern rangieren die Profis von Torsten Lieberknecht unterdessen auf dem vorletzten Platz, knapp unterboten lediglich vom FC Bayern.

Podcast

“Fortuna für Alle”: Zur Nachahmung empfohlen?

Außerdem: BVB-Reporter Patrick Kleinmann rechnet vor, warum Rang fünf höchstwahrscheinlich zur Champions-League-Qualifikation reicht, Kevin de Bruyne sorgt für eine Premiere und beim NFL-Draft gibt’s eine dicke Überraschung.

15:53 Minuten

alle Folgen

Letzteres belegt zwar, dass Laufleistung längst nicht immer der Maßstab für Qualität sein muss – doch die Lilien waren eben auch weit davon entfernt, fehlende individuelle Klasse durch athletische Fähigkeiten zu kompensieren. Eher trifft sogar das Gegenteil zu. Mit einer Erfolgsquote in Luftzweikämpfen von lediglich 47,4 Prozent liegt Darmstadt ligaweit auf Rang 16. Heidenheim (52,9 Prozent) ist in dieser Kategorie ebenfalls Champions League reif (Platz 3).

Seit der Pleite im Hinspiel ist Darmstadt ununterbrochen Schlusslicht

Das i-Tüpfelchen: Seit der 2:3-Niederlage beim FCH im Hinspiel steht Darmstadt ununterbrochen auf dem letzten Tabellenplatz. Das Rückspiel sehen die Gastgeber nun explizit als “Revanche”, wie Rechtsverteidiger Matthias Bader formuliert – und ganz generell als ein echtes Prestigeduell. Den Mitaufsteiger zu schlagen, der den Lilien 2023 am letzten Zweitliga-Spieltag die Meisterschaft entriss und für seine Bundesliga-Premierensaison jetzt von ganz Fußball-Deutschland gefeiert wird, wäre für Darmstadt ganz gewiss eine besondere Genugtuung.

Wobei eine Statistik die Lilien sogar als Favorit ausweist: Insgesamt 19-mal trafen die Fußballlehrer Lieberknecht und Schmidt, einst gemeinsam für DFB-Juniorennationalmannschaften am Ball, bislang als Trainer aufeinander. Mit neun Siegen (bei vier Remis und sechs Niederlagen) hat Lilien-Coach Lieberknecht nach wie vor deutlich die Nase vorn.

Thiemo Müller, Ullrich Schindler

Butschers Weckruf für zwei “Kanten”

80 Minuten lang zündete Bochum ein wahres Offensiv-Feuerwerk beim 3:2 gegen Hoffenheim. Zum wichtigen Sieg im Abstiegskampf trug auch ein Sturm-Duo eine Menge bei.

Zwei

Zwei “Kanten” im Mittelpunkt: Philipp Hofmann (li.) und Moritz Broschinski (2. v. li.).

IMAGO/Sven Simon

Schon in den ersten Minuten machte der VfL an der Castroper Straße deutlich, wer Herr im Hause ist. Schon in der Anfangsphase hätten die Gastgeber deutlich führen müssen, so druckvoll begann die Mannschaft von Heiko Butscher.

Bundesliga, 31. Spieltag

Vor allem Philipp Hofmann trug viel zum Angriffs-Spektakel bei, der Mittelstürmer, der nach monatelanger Durststrecke wieder zu alter Form gefunden hat. Ziemlich durchtrainiert kommt der Ex-Karlsruher mittlerweile daher, viel beweglicher und unternehmungslustig. Hofmann hatte Pech, als er nach einer schnellen Drehung mit links sofort abzog, Oliver Baumann den Ball aber noch an die Latte lenken konnte.

Ein Tor also erzielte Hofmann gegen Hoffenheim nicht, war aber sehr intensiv ins Spiel eingebunden, behauptete sich immer wieder im Luft-Zweikampf, legte Bälle ab, schuftete und ackerte wie in besten Zeiten.

Broschinski glänzt mit flexiblem Spiel

Wieder mal setzte Butscher auf zwei “Kanten” ganz vorne: Hofmann, 1, 95 Meter groß, Moritz Broschinski, 1,90 Meter. Beide nicht unbedingt als Stoßstümer im Einsatz, weil man die Rolle von Moritz Broschinski etwas anders interpretieren muss. Der frühere Dortmunder spielte grundsätzlich nicht in vorderster Reihe, rückte auch mal raus auf den rechten Flügel, attackierte aber ebenso wie Hofmann das Hoffenheimer Aufbauspiel, machte die Meter und war in seiner Rolle ebenfalls äußerst wichtig für den Erfolg der Gastgeber.

Überdies war Broschinski an zwei Treffern des VfL beteiligt. Zunächst fand er in der Nachspielzeit der ersten Hälfte mit seiner Flanke den aufgerückten Felix Passlack, der zum 2:0 traf. In der zweiten Halbzeit schoss Broschinski dann aus spitzem Winkel, Baumann parierte, aber Kevin Stöger staubte ab zum 3:0.

Butscher erntet nur die Früchte

“Das war Fußball mit allem, was den VfL ausmacht”, jubelte Butscher hinterher. “Wir wollten mit Lockerheit rangehen, aber natürlich auch mit genügend Schärfe und Wucht. Insgesamt war es ein verdammt gutes Heimspiel”, lobte der Ex-Profi nach seinem ersten Dreier.

Butschers Weckruf also für zwei Stürmer, mit dieser Marschroute fuhr der Bochumer Coach glänzend. Broschinski und Hofmann gemeinsam in vorderer Reihe, das ist allerdings noch eine Idee aus Zeiten von Thomas Letsch, der zum Beispiel beim 1:2 in Köln auf diese Formation setzte, letztlich aber mit den Gegentoren in den letzten Minuten eine Bruchlandung in der Domstadt erlebte und anschließend gehen musste.

Unter Letsch aber fand zum Beispiel Hofmann in die Spur, und auch Broschinski hatte der Ex-Trainer immer wieder gefördert. Butscher erntet nun die Früchte dieser Arbeit, auch er setzt auf die beiden athletischen Angreifer und wird dies womöglich auch am kommenden Sonntag  (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker) an der Alten Försterei tun.

Denkpause für Danilo Soares

Dann wird Kapitän Anthony Losilla wegen der zehnten Gelben Karte fehlen, aber der gegen Hoffenheim gelb-gesperrte Patrick Osterhage wird wieder ins Mittelfeld rücken.

Beim Kellerduell am kommenden Sonntag wird Danilo Soares vermutlich keine Rolle spielen, denn der Brasilianer ist seit Wochen und Monaten beim VfL völlig außen vor. Gegen Hoffenheim zählte er nicht mal zum Kader, weil er sich, wie Sportdirektor Marc Lettau erklärte, nicht wie gewünscht und erforderlich in den Dienst der Mannschaft und der gemeinsamen Sache gestellt hatte.

Lettau und Butscher verordneten dem Spieler also eine Denkpause; am Montag soll darüber entschieden werden, wie es mit Soares in Bochum weitergeht. Sein Vertrag läuft ohnehin aus, am Ende der Saison werden sich die Wege trennen.

Oliver Bitter

Erste Entwarnung, aber Xabi Alonso bangt noch um Tah

In der Pause des Stuttgart-Spiels war für Jonathan Tah Schluss. Leverkusens Innenverteidiger musste angeschlagen passen. Trotz einer ersten Entwarnung wollte Trainer Xabi Alonso vor dem Halbfinal-Hinspiel in der Europa League in Rom das letzte Fragezeichen hinter dem Abwehrchef nicht streichen.

Abwehrchef der Leverkusener: Jonathan Tah.

Abwehrchef der Leverkusener: Jonathan Tah.

IMAGO/Chai v.d. Laage

Als Jonathan Tah zur Halbzeit der Partie zwischen Bayer 04 Leverkusen und dem VfB Stuttgart (2:2) in der Kabine blieb, vermuteten viele Beobachter einfach eine Schonungsmaßnahme für den Leverkusener Abwehrchef. Schließlich ist der deutsche Nationalverteidiger ein Dauerbrenner beim Werksklub. Den 28-Jährigen vor dem Halbfinal-Hinspiel in der Europa League bei der AS Rom nicht 90 Minuten spielen zu lassen, wäre also naheliegend gewesen.

Doch kurz nach Wiederanpfiff kommunizierte der Klub, Tah habe einen Schlag abbekommen. Was natürlich die Frage aufwarf: Wie schlimm hat es den Innenverteidiger erwischt? Und kann er am Donnerstag (21 Uhr, LIVE! bei kicker) im Olimpico zu Rom auflaufen?

Alonso: “Wir wollten kein Risiko eingehen”

Nach dem Spiel gab es in den Katakomben schnell eine erste Entwarnung. Tah habe Rückenprobleme, aber der Einsatz des Abwehrspielers in Rom sei nicht gefährdet, lautete das erste Bulletin. Doch später in der Pressekonferenz wollte Trainer Xabi Alonso das Fragezeichen hinter Tahs Einsatzbereitschaft noch nicht komplett streichen.

“Der erste Test war nicht so schlecht. Wir bleiben optimistisch”, erklärte der spanische Baske, “er hat einen Schlag abbekommen. Wir wollten kein Risiko eingehen und haben uns entschieden zu wechseln, aber wir hoffen, dass er am Donnerstag in Rom dabei ist.”

Tah sticht aus der Leverkusener Mannschaft heraus

Was aufgrund Tahs Bedeutung für die Mannschaft von großer Bedeutung wäre. So gilt der Hüne neben Topstar Florian Wirtz, Mittelfeld-Boss Granit Xhaka und die eierlegende Wollmilchsau, Linksverteidiger Alejandro Grimaldo, als einer von vier Profis, an deren Fehlen abzulesen ist, dass Bayer definitiv nicht in Bestbesetzung aufläuft.

Tah, der auch gegen den VfB wieder extrem aufmerksam und konsequent verteidigte sowie eine gute Spieleröffnung zeigte, ist sowohl aufgrund seiner individuellen Klasse als auch aufgrund seiner kommunikativen Stärke als Organisator in der Abwehrkette schwer zu ersetzen. Kein Wunder also, das sein Trainer dringend auf seinen Einsatz in Rom hofft.

Stephan von Nocks

Frankfurt nach dem FCB-Spiel: Unsichtbarer “Spirit”, erstaunliche Harmonie

Die Aussichten von Eintracht Frankfurt haben sich durch das 1:2 beim FC Bayern nicht verschlechtert. Dass die Konkurrenz im Rennen um Platz 6 patzte, sollte aber nicht zum Schönfärben des eigenen Auftritts verleiten.

Sah einen ordentlichen Auftritt seines Teams: Dino Toppmöller.

Sah einen ordentlichen Auftritt seines Teams: Dino Toppmöller.

picture alliance/dpa

Stillstand ist Rückschritt? Aus Sicht der Beteiligten bei Eintracht Frankfurt gilt das an diesem Wochenende nicht. Im Kampf um Platz 6 hat sich trotz des 1:2 beim FC Bayern “die Situation faktisch verbessert”, wie Trainer Dino Toppmöller festhält. Da nach Hoffenheim in Bochum (2:3) am Samstag überraschend auch der FC Augsburg gegen Bremen (0:3) und Freiburg gegen Wolfsburg (1:2) unterlagen, blieb mit Blick auf Frankfurts Verfolger “der Abstand der gleiche, aber es ist ein Spiel weniger geworden”, so Toppmöller. “Darüber freuen wir uns natürlich.”

Wobei wohlgemerkt “viel wichtiger” sei, “dass wir uns unserem Spiel viele positive Dinge mitnehmen können”. Konkret mit Blick aufs bevorstehende Heimduell mit dem Deutschen Meister: “Mit diesem Spirit wollen wir auch gegen Leverkusen reingehen, um einen großen Schritt zu machen für unser großes Ziel.”

In der zweiten Halbzeit waren wir vielleicht zu passiv, nicht zielstrebig genug.

Dino Toppmöller

Der Haken daran: Der von Toppmöller beschworene “Spirit” blieb zumindest für Außenstehende beim Auftritt in der Allianz-Arena weitgehend unsichtbar. “In der zweiten Halbzeit waren wir vielleicht ein bisschen zu passiv, nicht zielstrebig genug”, räumt sogar Sportvorstand Markus Krösche ein. Provokant formuliert machte die Eintracht da eher den Eindruck, als wolle sie lieber eine achtbare Niederlage verwalten, als mit aller Macht etwas mitzunehmen beim Favoriten, der in Gedanken jedoch teilweise schon beim anstehenden Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid am Dienstag war. Letzteres ließ Bayern-Trainer Thomas Tuchel jedenfalls unverblümt durchblicken.

Pachos fahrlässiger Querpass, Kochs dilettantisches Foul im Strafraum

Für dessen Kollegen Toppmöller fühlte es sich indes ganz anders an: “Die Bayern waren total scharf, total ballsicher. Ich glaube, dass unsere Jungs es schon versucht haben. Aber Bayern hat uns wenig angeboten. Man muss akzeptieren, dass der Gegner einen Tick zu gut für uns war. Wenn die Bayern an ihr Leistungslimit kommen, wird es für viele sehr, sehr schwer.”

Allein: Wer die beiden Gegentreffer betrachtet, kann auch zu dem Schluss kommen, dass Toppmöllers Profis den Gegner zum Toreschießen eingeladen haben. Vorm 0:1 durch Willian Pachos fahrlässigen Querpass, der Mario Götze auf dem falschen Fuß erwischte. Vorm 1:2 durch ein haarsträubendes Foul von Robin Koch, der Gegenspieler Thomas Müller in Erwartung einer Flanke mit dem Arm im Gesicht traf. Mag sein, dass es sich dabei nicht um Absicht gehandelt hat – dann aber in jedem Fall um dilettantisches Zweikampfverhalten des Nationalverteidigers.

Der Anlass für Krösches Schiri-Kritik ist mehr als fragwürdig

Statt auf den Fauxpas des EM-Kandidaten versuchte Krösche wiederum den Fokus auf eine angebliche Benachteiligung der Eintracht durch die Schiedsrichter zu lenken: “In der ganzen Saison werden alle 50:50-Entscheidungen gegen uns getroffen. Das geht halt nicht. Vielleicht war das ein Elfmeter – aber dann müssen wir auch gleichberechtigt werden.” Mehr als fragwürdig ist dabei mindestens der Anlass für Krösches Kritik. War doch der Strafstoß am Samstag eben keine 50:50-Entscheidung, sondern glasklar. Ebenso wie letztlich das Bemühen Krösches und Toppmöllers, den Auftritt ihres Teams unter bestimmten Aspekten schönzufärben.

Podcast

“Fortuna für Alle”: Zur Nachahmung empfohlen?

Außerdem: BVB-Reporter Patrick Kleinmann rechnet vor, warum Rang fünf höchstwahrscheinlich zur Champions-League-Qualifikation reicht, Kevin de Bruyne sorgt für eine Premiere und beim NFL-Draft gibt’s eine dicke Überraschung.

15:53 Minuten

alle Folgen

Harmonie statt Reibung lautet das erstaunliche Motto für den Endspurt – also zumindest in der öffentlichen Aufarbeitung. Wobei Krösche zwar von einem “ordentlichen Auswärtsspiel” spricht, aber immerhin diesen Unterschied zu Toppmöller markiert: “Die anderen Ergebnisse sind nicht relevant. Wir müssen nach uns schauen. Deshalb ist es extrem ärgerlich, dass wir keinen Punkt mitgenommen haben.” Zumindest dieses Gefühl sollten bei der Eintracht intern alle teilen.

Thiemo Müller

DAZN attackiert Liga-Bosse: “Verleumdung”

Der Streit zwischen Deutscher Fußball-Liga und DAZN eskaliert weiter. Nun hat der Streamingdienst die beiden DFL-Geschäftsführer Merkel und Lenz mit einem Brief an die Klubs heftig attackiert.

Die Auseinandersetzung zwischen DAZN und DFL geht in die nächste Runde.

Die Auseinandersetzung zwischen DAZN und DFL geht in die nächste Runde.

IMAGO/Steinsiek.ch

Ein wenig hat es was von einem Tennismatch. Die DFL und DAZN spielen sich schärfste Bälle hin und her. Nachdem der Ligaverband am Freitagabend seine 36 Klubs darüber informierte, dass im Juni 80 Millionen Euro weniger an sie ausgekehrt werden müssten, weil Partner verspätet gezahlt hätten, schießt nun DAZN zurück. In einem Schrieb an die Klubs, der dem kicker vorliegt, heißt es: “In dem durch die DFL-Geschäftsführung kurz zuvor an Sie versandten Schreiben entsteht der Eindruck, dass DAZN bewusst massive Zahlungsausfälle an die 36 Clubs der Bundesliga und 2. Bundesliga verursacht habe. Wir stellen hierzu fest: Dies ist falsch und wir müssen diesen Verleumdungen vehement widersprechen. Auch wenn bereits rechtliche Schritte eingeleitet wurden, um dem Ganzen ein Ende zu setzen, und eine Abmahnung an die DFL-Geschäftsführung verschickt wurde, ist es für uns besonders wichtig, sich an Sie, die Clubs, zu wenden und die Situation umfassend zu erklären.”

Nach unserem Kenntnisstand hat die DFL auch für andere Partner Zahlungen aufgeschoben.

Zitat aus der DAZN-Stellungnahme

Richtig sei laut DAZN, dass man bereits im Februar “an die DFL-Geschäftsführung herangetreten ist, die Zahlungsbedingungen speziell für die März- und April-Raten anzupassen und in den Dezember zu terminieren. Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, ist dies ein normaler Vorgang im Working Capital Management zwischen Geschäftspartnern, gerade bei global agierenden Unternehmen wie DAZN, mit Umsätzen in Milliardenhöhe. Nach unserem Kenntnisstand hat die DFL auch für andere Partner Zahlungen aufgeschoben.” DAZN zahlt nach eigenen Angaben hierfür 9 Prozent Zinsen oberhalb des Basissatzes. “Es ist auch anzumerken, dass die DFL im Rahmen dieser Vereinbarung unsere Kreditwürdigkeit nicht in Frage gestellt oder zusätzliche Sicherheiten verlangt hat – es handelte sich lediglich um eine Cashflow-Anpassung.”

Das Unternehmen mit Sitz in London wirft der DFL-Geschäftsführung aus Dr. Steffen Merkel und Dr. Marc Lenz vor, anlässlich des von ihr zugestimmten Aufschubs nun zulasten der Klubs Politik zu machen, um das Vorgehen bei der Vergabe des Rechtepakets B in der aktuell unterbrochenen Ausschreibung der nationalen Medienrechte zu rechtfertigen. Dieses hatte offenbar Sky erhalten, während DAZN zunächst keine Bankgarantie vorlegen konnte, lediglich eine Patronatserklärung sowie eine Garantiezusagen von Access Industries, dem milliardenschweren Fonds von DAZN-Gründer Len Blavatnik. “Wir bedauern noch mehr, dass dies als Vorwand benutzt wird, um das Gebot von DAZN für das Rechtepaket B abzulehnen, das unseres Wissens über den Rechtezyklus gesehen wohl um mindestens 320 Millionen Euro höher liegt als das zweithöchste Gebot und eine unverzichtbare Wachstumschance für die Ligen und die Clubs darstellt vor allem angesichts der geforderten und bereitgestellten zusätzlichen Sicherheit”, schreibt DAZN-CEO Shay Segev.

Wohl nicht der letzte Brief in diesem Streit

Konkret genannt als zahlungsverschiebenden Partner hatten Merkel und Lenz DAZN allerdings nicht, insofern ist die Frage, inwiefern Unterlassungen hier greifen. Und dass eine Zwischenfinanzierung für verschobene Zahlungen nötig ist, weil die Klubs liquide Mittel benötigen, Geld kosten, ist auch klar. Banken springen dafür ja nicht aus Liebe zum Fußball ein. Inwiefern sich die Liga mit einem Nein zur Bitte um eine andere Terminierung der Zahlungsraten durch DAZN  ins eigene Bein geschossen hätte, lässt sich aus der Außensicht schwerlich beurteilen. Klären soll den Fall nun das dafür zuständige Schiedsgericht, das zum 30. April von DAZN angerufen wird, zur Not in der Folge ordentliche Gerichte. Klar ist nur eins: Der letzte Brief in diesem Streit dürfte auch das nicht gewesen sein.

Benni Hofmann

Thioune über Fortunas Comeback: “Völlig cool von meiner Truppe”

Fortuna Düsseldorf nahm beim 1:1 bei Schalke 04 einen Punkt mit – und der war auch verdient, resümierte Coach Daniel Thioune.

Ein Punkt ist es geworden auf Schalke für Düsseldorf und Daniel Thioune.

Ein Punkt ist es geworden auf Schalke für Düsseldorf und Daniel Thioune.

IMAGO/RHR-Foto

“Es war ein leistungsgerechtes Unentschieden”, startete Daniel Thioune die Pressekonferenz nach der Partie, in der er insgesamt etwas mehr Qualität in den Abschlüssen seiner Schützlinge gesehen hatte. Aber auch, dass es Fortuna “sehr große Probleme bereitet hat, Keke Topp und Simon Terodde zu verteidigen, die langen und tiefen Bälle”. Seinen beiden Innenverteidigern – vor allem Tim Oberdorf – gebühre ein großes Kompliment, “denn das war nicht leicht, trotzdem hat er vieles weggenommen”. Insgesamt hätte sein Team im ersten Durchgang “Probleme mit dem mannorientierten Verteidigen gehabt” und “mit Ball zu wenig Fantasie und Tempo entwickelt”.

Coach lobt die Reaktion nach dem Rückstand

Als Dosenöffner für die Partie bezeichnete der F95-Trainer dann Kenan Karamans Führungstor (55.) und lobte sogleich die Reaktion, seine Mannschaft habe danach “investieren müssen”, was ja auch gelungen ist: “Dann wiederzukommen in diesem Stadion, auch hier großes Kompliment für meine Mannschaft, bei der Heimstärke.” Das sei ein großer Schritt in der Entwicklung.

Thioune bringt “Gamechanger” Tanaka

Mit der Einwechslung von Ao Tanako (63.) bewies Thioune ein glückliches Händchen. Ein “Gamechanger” könne der Japaner sein, urteilte der Coach. Der erste Unterschied sei dann direkt gewesen, dass man das mannorientierte Pressing öfter aufgebrochen, zudem “viel Bewegung drin gehabt” und verdientermaßen das 1:1 gemacht habe.

Ich kann auch den Unmut des Kollegen verstehen, wäre bei mir nicht anders.

Daniel Thioune zum zurückgenommenen Strafstoß

Hinsichtlich des zurückgenommenen Strafstoßes offenbarte Thioune seine “exklusive Meinung”: “Hinten raus hätten wir definitiv nicht verdient gehabt, hier als Verlierer vom Platz zu gehen.” Die Bewertung der Elfmetersituation bezeichnete er als “nicht einfach, ich kann auch den Unmut des Kollegen verstehen, das wäre bei mir nicht anders”. Aber: “Nicht jeder Kontakt ist auch gleich ein Foul, es war angemessen, nicht auf den Punkt zu zeigen.”

Die Fortuna, die durch den HSV-Sieg in Braunschweig noch vier Zähler Vorsprung auf den Konkurrenten hat, eröffnet parallel zum Duell zwischen dem HSV und St. Pauli den 32. Spieltag am Freitagabend (18.30 Uhr) mit dem Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg. Thioune: “Wir fahren mit einem ordentlichen Gefühl nach Hause. Das hier auszuhalten vor 60.000 mit 0:1, völlig cool von meiner Truppe. Der Weg geht weiter.”

Bayer auf ManUniteds Spuren: Aus “Fergie-Time” wird “Xabi-Time”

Sie haben es wieder getan: Auch gegen Stuttgart traf Bayer in der Nachspielzeit, rettete mit dem späten 2:2 die Serie von nun 46 Spielen ohne Niederlage. So wandelt der Deutscher Meister auf den Spuren von Manchester United.

Können bzw. konnten Crunchtime: Xabi Alonso und Alex Ferguson.

Können bzw. konnten Crunchtime: Xabi Alonso und Alex Ferguson.

imago images (2)

Patrik Schick hatte sie bereits abgehakt. “Nach dem 0:2 dachte ich: Das war es mit der Serie”, gab der Mittelstürmer nach dem 2:2 von Bayer 04 gegen den VfB Stuttgart zu, “es ist verrückt!”

Denn wie schon in der Vorwoche beim 1:1 in Dortmund traf Leverkusen auf den letzten Drücker. Damals in der siebten, jetzt schon in der sechsten Minute der Nachspielzeit. Bayer ist auch der Last-Minute-Meister der Liga und wandelt damit auf den Spuren von Manchester United.

Am 26. Mai 1999 hatte das Camp Nou in Barcelona eines der denkwürdigsten Finale der Champions League erlebt, als ManUnited dem FC Bayern München beim 2:1-Sieg durch zwei Treffer in der Nachspielzeit den schon sicher geglaubten Henkelpott entrissen hatte. Es war der Moment, in dem der Begriff der “Fergie-Time” (wegen Trainer Alex Ferguson) manifestiert wurde. ManUnited und späte Tore – das gehörte nicht nur wegen dieses Abends einfach zusammen.

Champions-League-Finale 1999

So wie jetzt Bayer und die Last-Minute-Treffer. In Anlehnung an dieses Phänomen gebrauchte am Samstagabend Bayer-Angreifer Amine Adli, der mit seinem Treffer zum 1:2 in der 61. Minute die Aufholjagd eingeleitet hatte, den Begriff der “Xabi-Time”.

“Nach so vielen Toren können wir jetzt anfangen, von einer Xabi-Time zu sprechen”, sagte der 23-Jährige nachher, ohne dabei auch selbstkritisch anzumerken: “Wir haben in diesem Jahr so viele Tore in der Nachspielzeit geschossen. Doch wir sollten schon vorher treffen. Das wäre besser für uns. Aber wir können auch die Xabi-Time nutzen. Die Nachspielzeit hat uns schon viel geholfen.”

Robert Andrichs Treffer zum verdienten Ausgleich war wettbewerbsübergreifend bereits das 16. Tor, das Leverkusen in dieser Saison in der 90. Minute oder später erzielte. Ab der 86. Minute war es gar der 21. Treffer. Eine unglaubliche Bilanz.

“Es ist nicht einfach zu erklären, was wir wieder gemacht haben nach letzter Woche – wieder in der letzten Minute”, sagte Xabi Alonso über dieses Phänomen, um kurz darauf zu kapitulieren: “Es gibt keine Erklärung, warum das so oft passiert. Aber es ist gut für uns.” In der Tat. Allein 2024 sicherte sich Bayer 04 in der Nachspielzeit acht Punkte.

Stephan von Nocks

“Kotzt mich extrem an”: Kobel zwischen Frust und Vorfreude

Platz 4 in der Bundesliga ist für Gregor Kobel und Borussia Dortmund wohl nicht mehr erreichbar, der Blick des Keepers geht auch schon auf Paris St. Germain.

Enttäuschung pur nach dem Auftritt in Leipzig: Gregor Kobel (re., mit Julian Brandt).

Enttäuschung pur nach dem Auftritt in Leipzig: Gregor Kobel (re., mit Julian Brandt).

picture alliance / Dennis Ewert/RHR-FOTO

Drei Gegentore hatte Borussia Dortmund in den ersten acht Auswärtsspielen 2024 kassiert, am Samstag in Leipzig folgten gleich vier im achten Spiel. Nicht nur deshalb war der Auftritt beim direkten Konkurrenten für Gregor Kobel “ein Schritt in die falsche Richtung”. Der Keeper war nach dem Spiel merklich enttäuscht. “Vier Gegentore und diese Niederlage tun sehr weh. Das war heute nichts”, befand Kobel: “Es muss in so einem Spiel mehr von uns kommen. Leipzig ist viel zu einfach zu Chancen gekommen.”

31. Spieltag

Dass der wohl verlorene Kampf um Platz 4 zumindest für die Champions-League-Qualifikation aller Voraussicht nach keine Brisanz mehr hatte, kann auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der BVB durch die Niederlage aktuell nicht mehr zu den Top-4-Klubs Deutschlands gehört, auch wenn Leverkusen, München, Stuttgart und Leipzig in dieser Saison eine außergewöhnlich hohe Punkteausbeute vorzuweisen haben. “Man muss klar sagen, dass wir in dieser Saison nicht zu den besten vier Mannschaften der Bundesliga gehören”, sagte Kobel und wurde deutlich: “Es kotzt mich extrem an, so abgeschlagen auf dem fünften Platz zu stehen.”

Das Ziel für die verbliebenen drei Spiele sei es, “die Bundesliga anständig und sauber zu Ende spielen”. Nach unten ist der Vorsprung uneinholbar, nach oben angesichts von fünf Punkten Rückstand und dem deutlich schlechteren Torverhältnis im Grunde auch. Der Blick geht also voll auf die Champions League und das anstehende Halbfinale gegen Paris St. Germain mit dem Hinspiel am Mittwoch (21 Uhr, LIVE! bei kicker).

“Wir haben schon gezeigt, dass wir schnell wieder zurückkommen können”, hofft Kobel auf das in dieser Saison so deutlich bessere Gesicht bei internationalen Spielen. Gerade weil RB Schwächen ausnutzte, auf die auch PSG lauern wird. “Wir haben extreme Konter geschluckt, aus denen sie mehr hätten machen können”, analysierte Kobel auch mit Blick auf die Franzosen: “Die Ballverluste werden sehr hart bestraft werden. Wir haben einiges anzuschauen und uns darauf vorzubereiten.”

Vorfreude auf PSG überwiegt

Die Stimmung vor dem Spiel gegen Paris habe “das schon sehr gedämpft”, dennoch überwiegt die Vorfreude: “Da wartet ein Riesen-Spiel auf uns.” Sein Tipp: “Den Frust am Samstag rauslassen, darüber quatschen, was nicht gut gelaufen ist, und dann mit Vollgas in die Champions League gehen”

Patrick Kleinmann

HSV – St. Pauli: Wie geht das Hamburger Derby aus?

Ausgerechnet beim HSV kann der FC St. Pauli den Aufstieg perfekt machen. Wie geht das Hamburger Stadt-Derby aus?

Szene aus dem Hinrunden-Duell: Jonas Meffert gegen Jackson Irvine.

Szene aus dem Hinrunden-Duell: Jonas Meffert gegen Jackson Irvine.

IMAGO/MIS

Der FC St. Pauli steht kurz vor dem Aufstieg in die Bundesliga. Schon im Stadt-Derby beim HSV am kommenden Freitag (18.30 Uhr, LIVE! bei kicker) können die Kiezkicker die Rückkehr ins Oberhaus perfekt machen.

Aber auch der HSV selbst wahrte seine Minimalchance. Die Mannschaft von Steffen Baumgart hat drei Spieltage vor Saisonende vier Punkte Rückstand auf die Fortuna, die den Relegationsplatz belegt.

Schon jetzt steht fest, dass St. Pauli erstmals eine Saison im Profifußball als Nummer 1 der Hansestadt abschließen wird. Doch wie geht das Hamburger Derby aus? Jetzt abstimmen:

Vielen Dank für Deine Teilnahme!

Boldt kämpft um seine HSV-Zukunft

Die Woche nach dem 0:1 gegen Kiel war herausfordernd in Hamburg – für die Mannschaft und für den Boss. In Braunschweig demonstrierten zunächst die Spieler und im Anschluss an den 4:0-Sieg auch Jonas Boldt Kampfeslust.

Hat den HSV auch über die Saison hinaus fest im Blick: Jonas Boldt.

Hat den HSV auch über die Saison hinaus fest im Blick: Jonas Boldt.

IMAGO/Lobeca

Der Erfolg bei den Niederachsen war jederzeit ungefährdet und hätte bei konsequenter Chancenverwertung noch weitaus deutlicher ausfallen können. Es war ein Zeichen der Mannschaft, was in dieser Spielzeit möglich gewesen wäre – oder gar noch ist? Der eigene Sieg und das Remis der Düsseldorfer auf Schalke lässt bei nun vier Punkten Rückstand weiterhin die theoretische Chance auf Platz 3.

31. Spieltag

Sportvorstand Boldt gibt sich betont kämpferisch: “Viele haben darauf gewartet, dass das Thema nach Braunschweig endgültig erledigt ist. Mit der Art und Weise, wie wir gespielt haben, haben wenige gerechnet. Aber weil wir jetzt einmal gewonnen haben, ruhen wir uns nicht aus. Wir arbeiten daran, dass wir ganz am Ende der Saison noch einmal gucken, wie es ausgegangen ist.”

Gucken, wie es ausgeht – das betrifft auch seine eigene Person. Und auch in Bezug auf seine ganz persönliche Zukunft ist der 42-Jährige im Kampfmodus. Seit der vergangenen Woche führt der Aufsichtsrat erste Sondierungsgespräche über mögliche Nachfolgekandidaten. Der Daumen ist zwar noch nicht endgültig gesenkt, die Gedanken der Kontrolleure aber gehen in alle Richtungen.

Auf die Frage am NDR-Mikrofon, ob er denke, dass er für die Zukunft des HSV noch der Richtige sei, sagte Boldt am Samstag in den Katakomben des Eintracht-Stadions: “Ich weiß, dass ich in der Zukunft noch der Richtige bin.” Seine Begründung: “Ich bin seit fünf Jahren hier. Was wir hier gemeistert haben, ist nicht für jeden ersichtlich.” Es ist eine offene Kritik an seinen Kritikern, und tatsächlich hat es der frühere Leverkusener mit seinem Führungsstil und seiner Personalauswahl geschafft, dass es lange ruhig geblieben ist in Hamburg. Er sagt: “Es ist beim HSV sehr speziell. Auch wenn Vorstand Sport davor steht, geht es in meiner Rolle nicht um Sport alleine, sondern um viel, viel mehr.”

Gedankenspiele eine logische Folge

Es geht aber eben auch um Sport. Und weil der HSV auch im fünften Anlauf unter Boldt nicht ins Ziel zu kommen droht, sind Gedankenspiele in alle Richtungen unter den Aufsichtsräten eine logische Folge. Ein Jahr vor Vertragsende aufzugeben, ist für Boldt indes keine Option. “Es gibt noch einiges zu tun, und ich werde weiter vorangehen. Das ist meine persönliche Überzeugung. Und daran gibt es für mich auch nichts zu zweifeln.”

Sebastian Wolff