“Der Krieg geht vorbei. Dieser Abend bleibt für immer.”

An diesem Dienstag kämpft Schachtar Donezk gegen Royal Antwerp um das Weiterkommen in der Champions League. In Hamburg. Ihre Heimat, die Region im Donbass, ist rund 2500 Kilometer entfernt und bereits seit 2014 von russischen Truppen besetzt. Der kicker war beim letzten Heimspiel in der Fremde, dem sensationellen 1:0 gegen Barcelona, dabei. Eine Reportage über mehr als ein Spiel.

Vor rund 50.000 Zuschauern schlug Schachtar Donezk den FC Barcelona im Volksparkstadion in Hamburg.

Vor rund 50.000 Zuschauern schlug Schachtar Donezk den FC Barcelona im Volksparkstadion in Hamburg.

IMAGO/Claus Bergmann

Taras Stepanenko ist 34 Jahre alt, Kapitän der “Heimelf” und bereits seit 2010 bei Schachtar. Er war schon dabei, als der Klub wirklich noch zu Hause spielte. “Wir haben seit 2014 nicht mehr in Donezk gespielt, aber wir sind immer noch eine Mannschaft aus Donezk, wir vertreten unsere Region, der Geist dieser Stadt lebt in uns,”, sagt der Mittelfeldspieler. Als die Donbass-Region besetzt wurde, wanderte Schachtar zunächst nach Lwiw aus, ab 2017 nach Charkiw, später nach Kiew. Die internationalen Heimspiele wurden in der vergangenen Saison in Warschau ausgetragen, jetzt heißt die Heimat auf Zeit Hamburg.

Vor dem Anpfiff gegen Barca läuft eine Grußbotschaft von Stepanenko über die Stadion-Leinwand. Sie endet mit: “Danke, Deutschland. Danke, Hamburg.” Der ukrainische Nationalspieler ist dankbar für die Bühne, die der Fußball ihm und seinen Kollegen bietet. Und er macht deutlich, dass es natürlich um viel mehr geht in diesen Zeiten. “Manchmal vergisst man den Fußball und welcher Spieler mit welchem Fuß stark ist, denn das ist einem egal. Wir müssen stark sein, denn es ist unsere Pflicht, Fußball zu spielen und zu versuchen, gute Ergebnisse zu erzielen. Die Menschen in Europa und der Welt sollen sich auch dadurch daran erinnern, dass es die Ukraine gibt.”

HSV-Sportvorstand Boldt fiebert mit Schachtar

Jonas Boldt ist Sportvorstand des Hamburger SV. Der 41-Jährige war eine Triebfeder für das Benefizspiel, das die Hansestadt im Juni 2022 für die Ukraine ausgerichtet hat. “Dass Schachtar jetzt die internationalen Heimspiele bei uns austrägt”, sagt er, “ist ein Stück weit die Fortsetzung dieser Geschichte.” Natürlich hat “diese Geschichte” für den Zweitligisten einen finanziellen Aspekt, mehr als eine Million Euro könnte am Ende fließen. Doch aus Boldts Sicht geht es um Wichtigeres. Er erzählt vom engen Austausch mit Schachtars Sportchef Dario Srna. Der 41-Jährige ist eine kroatische Fußball-Legende, mit seinem Hamburger Amtskollegen spricht er rund um die Spiele in der Hansestadt über mehr als Fußball.

“Die Verantwortlichen”, sagt Boldt, “haben mir erzählt von einem Ligaspiel, das kürzlich fünf Stunden gedauert hat, weil die Mannschaften wegen Bombenalarms immer wieder in die Luftschutzbunker mussten. Natürlich erzählen sie uns ihre Geschichte.” Boldt ist an jenem Dienstagabend wie die HSV-Mannschaft im Stadion. Unter knapp 50 000 Menschen. “Sicherlich kommen die Hamburger zunächst einmal ins Stadion, weil es die Champions League, weil der große FC Barcelona da ist. Und doch hat unser Publikum ein feines Gespür, und da geht es aus meiner Sicht nicht nur um Sympathie für den sportlichen Underdog, sondern auch um ein Gefühl für die Ukraine.” Er selbst fühlt an diesem Abend auch etwas. Obwohl nicht der HSV spielt, “habe ich am Ende mitgefiebert, immer wieder auf die Uhr geschaut”. Wie alle anderen. Kurz vor Schluss intonieren die Hamburger beim Stand von 1:0 “Steht auf für Schachtar!” Und der ganze Volkspark erhebt sich.

“War zu spüren, dass es für Schachtar um mehr als Fußball geht”

Tim Steinhoff ist mit seiner Schwester Jule im Stadion. Sie begeistert sich schon lange für Barca, er ist für die “Heimelf”. Beide sind HSV-Fans, und der Reiz der Champions League ist das Hauptargument, die zum Teil horrend teuren Karten zu erwerben. “Schon als sich abzeichnete, dass Schachtar seine Champions-League-Heimspiele in Hamburg ausrichten würde, war eine riesige Vorfreude da”, sagt er. Während der 90 Minuten wird aus Vorfreude Verbundenheit. “Es war zu spüren, dass es für Schachtar um mehr als Fußball geht”, findet Steinhoff, “die Art und Weise, wie sie sich am Ende in jeden Ball geworfen haben, hat Gänsehaut erzeugt.”

Die anfangs noch zaghaften “Schachtar, Schachtar”-Rufe donnern am Ende voller Leidenschaft durch den Volkspark, der ukrainische Meister gewinnt an diesem Abend mehr als nur die drei Punkte in der Königsklasse. Er gewinnt auch die Herzen seiner Gastgeber. Marino Pusic ist erst seit wenigen Wochen der Trainer von Donezk und erklärt: “Wir reisen wahnsinnig weit, um unser Ziel zu erreichen, sind insgesamt drei Tage lang unterwegs. Wir können es eigentlich nicht ein Heimspiel nennen.” Dann macht er eine Pause und sagt: “Aber an diesem Abend hat es sich wie ein Heimspiel angefühlt.”

“In diesem Moment können wir uns fühlen wie Gewinner”

Irina Koziupa ist Reporterin für das ukrainische Sportportal tribuna.com. Sie hat Schachtar auch schon durch die vergangene Champions- League-Saison in Warschau begleitet und findet: “Die Situationen sind nicht miteinander vergleichbar. In Polen waren unglaublich viele ukrainische Flüchtlinge, in Warschaus Straßen hatte ich den Eindruck, es würden mehr Leute ukrainisch als polnisch sprechen. Außerdem ist der Krieg jetzt schon im zweiten Jahr. Manchmal denke ich, die Menschen sind ein wenig müde geworden von unseren Problemen.” Die Atmosphäre bei ihrer zweiten Dienstreise an die Elbe saugt sie dennoch auf: “Es war, als hätte es sich für alle so angefühlt, sie würden ein Märchen miterleben. Schachtar schlägt Barcelona, in einem Heimspiel weit weg von zu Hause.”

Für sie selbst ist dieses “Märchen” ein Moment, “in dem ich den Krieg vergessen kann. Für 90 Minuten. Er ist immer in mir, jeder Tag dreht sich um Blut, um Tote und darum, wer unserem Land mit Waffen hilft – aber in diesem Moment können wir uns fühlen wie Gewinner.” Dann stockt ihre Stimme erstmals. Koziupa erzählt von ihrer ersten Tour nach Hamburg im September. Vor der Partie gegen den FC Porto (1:3) hatte sie Torwart Dmytro Riznyk interviewt. Er hatte ihr in dem Gespräch erzählt, dass wenige Tage zuvor sein Bruder im Krieg gefallen sei. Plötzlich war Fußball wieder eine Nebensache. “Wir saßen im Interview und ihm flossen Tränen über das Gesicht”, sagt Koziupa, und jetzt weint auch die Reporterin. “Auch mein Bruder ist im Krieg.” Sie ringt nach Fassung und nach dem Bogen zurück zum Sport. Torhüter Riznyk macht an jenem denkwürdigen Abend gegen den Riesen des Weltfußballs ein starkes Spiel, wirkt geradezu unverwundbar, und die Reporterin sagt: “Ich denke, unser Interview vor dem ersten Spiel war nicht gut für ihn, weil alle ihn im Spiel gegen Porto mit anderen Augen betrachtet haben, Mitleid hatten. Gegen Barcelona war er brillant, seine Ausstrahlung war die einer großen Persönlichkeit in einer schlimmen Zeit.”

Die schlimme Zeit ist noch nicht zu Ende. Aber sie wird zu Ende gehen, davon ist Journalistin Koziupa überzeugt. Und auch davon, dass dann immer noch über diese besondere Nacht in Hamburg geredet wird, über den Heim-Triumph gegen den großen FC Barcelona in der Ferne. “Noch in 20 und 50 Jahren werden Heldengeschichten über den 7. November 2023 erzählt werden”, ist sie sicher. Ihre Augen sind da immer noch feucht von den Tränen. Aber sie strahlen jetzt auch Stolz und Hoffnung aus. “Eines Tages ist der Krieg vorbei”, sagt Koziupa. “Aber dieser Abend bleibt für immer.”

Sebastian Wolff

Hamburg feiert Schachtar Donezk

Bereits am Samstagabend war eine Delegation von Schachtar Donezk in Hamburg beim Heimspiel des heimischen HSV gegen Magdeburg (2:0) und äußerte sich danach tief beeindruckt von der Atmosphäre. Am Dienstag nun brachte der ukrainische Meister den Volkspark selbst zum Beben – beim sensationellen 1:0 gegen den FC Barcelona verspürte Schachtar Unterstützung wie eine Heimelf.

Schachtar Donezks Spieler bejubelten den 1:0-Sieg über den FC Barcelona in Hamburg frenetisch.

Schachtar Donezks Spieler bejubelten den 1:0-Sieg über den FC Barcelona in Hamburg frenetisch.

picture alliance/dpa

Als die Standing Ovations nicht aufhören wollten, wagten sich die ersten in orange gekleideten Profis zunächst ganz zaghaft in Richtung der Fans, die üblicherweise den Farben schwarz, weiß und blau zujubeln, dann wurden ihre Schritte zielstrebiger und endeten in einer frenetisch bejubelten Ehrenrunde. Wegen des russischen Angriffskrieges haben die Ukrainer für die Champions League ihre Heimat an der Elbe. Und die Reise durch Europa könnte über den Winter hinausgehen. Womöglich sogar in der Königsklasse.

Viele der 49.147 Zuschauer waren natürlich auch wegen des großen FC Barcelona mit Ilkay Gündogan, Marc-André ter Stegen und Robert Lewandowski gekommen, die Sympathien aber waren schon vor dem Anpfiff klar verteilt: “Schachtar, Schachtar” hallte es zunächst noch etwas verhalten durch die Arena, spätestens nach der Führung durch Danylo Sikan kurz vor der Pause aber herrschte echte Heimspielunterstützung.

Erster Sieg über Barça nach 15 Jahren

Champions League, Gruppe H

In der Champions-League-Saison 2008/09 hat Schachtar letztmalig gegen Barça gewonnen, danach als Dritter die Gruppenphase beendet und gegen Werder Bremen den UEFA-Cup gewonnen.

Schachtar-Coach Marino Pusic muss schmunzeln, als er am Dienstag in Hamburg darauf angesprochen wird und sagt: “Wäre das schön!” Der 52-jährige in Mostar geborene Fußballlehrer ist erst seit zwei Wochen in der Ukraine und hat seiner Mannschaft für den großen Abend einen klaren Plan an die Hand gegeben, der im großen Triumph mündete. “Ich bin sehr, sehr stolz, weil wir nicht nur leidenschaftlich und kompakt verteidigt haben, sondern weil wir auch mit dem Ball etwas kreiert haben.”

“Ich bin sehr, sehr stolz, weil wir nicht nur leidenschaftlich und kompakt verteidigt haben.

Marino Pusic

Hauptsächlich Initiator der kreativen Momente war Georgiy Sudakov, der am Ende von der UEFA zum Man of the Match gekürt wurde und selbst die Hundertschaft spanischer Journalisten verzückt hat.

Laut Pusic wären mehr Tore möglich gewesen

Pusic konstatiert trotz des obligatorischen Plus an Ballbesitz für Barça nicht zu Unrecht: “Wir hätten mehr als das eine Tor erzielen können, wir haben uns den Sieg verdient.” Und die Zuneigung des Hamburger Publikums. “Für uns bedeutet die Champions League nicht nur Spiele, sondern auch Reisen, immer”, sagt der Coach, “aber es ist gut, dass wir die Ukraine in diesen Zeiten repräsentieren können. Und dieser Abend hat sich wie ein Heimspiel angefühlt.”  

Sebastian Wolff

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Überraschung in Hamburg: Donezk besiegt Barça verdient

Schachtar Donezk hat sein zweites Heimspiel im Hamburger Volksparkstadion gewonnen – und das sehr überraschend: Gegen den spanischen Meister FC Barcelona setzten sich die stark aufspielenden Ukrainer knapp, aber keineswegs unverdient durch. Sikan erzielte das Tor des Abends.

Schachtar Donezks Sikan jubelt

Schachtar Donezks Sikan jubelt

AFP via Getty Images

Bei Barça nahm Trainer Xavi nach dem knappen 1:0 bei Real Sociedad am Wochenende im üblichen 4-3-3 satte fünf personelle Änderungen vor: Christensen, Marcos Alonso, Oriol Romeu, Ferran Torres und Raphinha begannen für Balde, Koundé, Inigo Martinez, Fermin und Joao Felix, die alle auf der Bank Platz nahmen.

Im Vergleich zum 1:2 im Hinspiel zwei Wochen zuvor wechselte Schachtar-Coach Marino Pusic dreimal: Rakytskyy, Gocholeishvili und Newerton starteten für Azarovi (Bank), Konoplia und Bondarenko (beide nicht im Kader).

Donezk war vor 49.147 Zuschauern von Anfang an mutig unterwegs, der erste Abschluss der Partie gehörte aber Barcelonas Gündogan (10.). Xavis Team war zunächst wie erwartet tonangebend, jedoch fehlte es dem Spiel lange an gefährlichen Aktionen. Ter Stegen musste einmal wegen Joao Cancelos Stellungsfehler gegen Matviienko parieren, tat dies aber mit Bravour (15.).

CL, GRUPPE H

Schachtar machte seine Sache über die gesamte erste Hälfte immer besser, zeitweise wurde Barça sogar in die eigene Hälfte gedrängt. Vom Xavi-Team kam nach vorne derweil ganz wenig, nicht ein Schuss aufs Tor. Stattdessen wurde der spanische Meister kurz vor der Pause geschockt: Sikan erzielte per Kopf das nicht unverdiente 1:0 für Donezk (40.).

Gocholeishvili scheitert an ter Stegen

Trotz des schwachen ersten Durchgangs blieben alle elf Spieler des FC Barcelona auf dem Feld, nach Seitenwechsel waren die Blaugrana auch aktiver. Die beste Chance hatte aber zunächst wieder Schachtar, Gocholeishvili, der das 1:0 vorbereitet hatte, scheiterte aus spitzem Winkel an ter Stegen (48.).

Xavi wechselt viermal am Stück – ohne Erfolg

Obwohl Barça den Druck erhöhte, hatte nach einer Stunde weiterhin Schachtar die besseren Chancen, Sikan zwang ter Stegen zu einer Fußabwehr (57.). Xavi war dies genug – wenig später wechselte er viermal am Stück: Pedri, Joao Felix, Lamine Yamal und Balde waren neu im Spiel. Lamine Yamal kreiierte auch gleich eine Chance, Gavis Kopfball stellte Riznyk am Tor am Ende nicht vor Probleme (61.).

Mit dem ersten Schuss aufs Tor im Rücken wurden die Katalanen immer besser und spielten sich in der Schachtar-Hälfte fest. Die Ecken gerieten jedoch harmlos und Donezks Spieler warfen sich in jeden Ball. Bis zum Ende der siebenminütigen Nachspielzeit wurde Keeper Riznyk nicht einmal geprüft. Ter Stegen und Co. hatten sogar Glück, dass es beim 1:0 blieb: Newertons Tor zählte wegen einer knappen Abseitsstellung nicht (87.).

Barça verpasst es somit, sich vorzeitig fürs Achtelfinale zu qualifizieren. Die Katalanen waren erschreckend schwach und schafften es kein einziges Mal, Schachtar-Keeper Riznyk in Gefahr zu bringen. Dank Donezks zweitem Sieg in Gruppe H ist diese wieder deutlich spannender geworden.

Für Barça steht am kommenden Wochenende im Ligabetrieb das Heimspiel gegen Deportivo Alaves (16.15 Uhr) an. Donezk trifft in der obersten ukrainischen Liga ebenfalls am Sonntag (18 Uhr) auf SC Dnipro-1.

Was die CL-Ausbeute nach drei Spielen für Bayern, RB, BVB und Union bedeutet

Die Hälfte der Champions-League-Gruppenphase ist geschafft. Doch was sagt die Statistik über die Chancen auf ein Weiterkommen von Bayern, Leipzig, Dortmund und Union?

Wie wahrscheinlich ist es wirklich? Das deutsche Quartett hofft aufs Weiterkommen in der Königsklasse.

Wie wahrscheinlich ist es wirklich? Das deutsche Quartett hofft aufs Weiterkommen in der Königsklasse.

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Zwölf Pflichtspielniederlagen hat Union Berlin mittlerweile am Stück kassiert, in der Champions League waren es dabei derer drei – wenn auch alle nur mit einem Tor Unterschied. Seit die UEFA den aktuellen Modus der Königsklasse zur Saison 2003/04 eingeführt hat, schaffte es nur ein einziges von insgesamt 54 Teams (Zwei-Prozent-Chance) mit null Punkten nach drei Spieltagen noch ins Achtelfinale: Atalanta Bergamo in der Saison 2019/20. 

In einer Gruppe mit Manchester City (9 Punkte), Dinamo Zagreb und Schachtar Donezk (je 4) schien die Lage aussichtslos, ehe Atalanta doch zum großen Comeback ausholte und mit einem 3:0 in der Ukraine schließlich das Achtelfinal-Ticket buchte. Was Union helfen könnte: Robin Gosens gehörte damals noch Bergamos Kader an und besorgte beim entscheidenden Auswärtssieg sogar den Endstand.

Im aktuellen Modus standen auch vier andere deutsche Mannschaften punktlos nach drei Partien da: Der Hamburger SV (2006/07) und der VfB Stuttgart (2007/08) schieden jeweils aus, Leverkusen preschte 2019/20 ins Europa-League-Viertelfinale vor, RB Leipzig in 2021/22 sogar ins EL-Halbfinale.

Union droht derweil mit einer weiteren Niederlage in Neapel am Mittwoch (18.45 Uhr, LIVE! bei kicker) sogar ein neuer Negativrekord – einzig Schalke 04 war in der Saison 2001/02 in seinen ersten drei Champions-League-Partien überhaupt ebenfalls mit drei Pleiten gestartet, ehe die Königsblauen mit 4:0 auf Mallorca gewannen.

Liverpool und Tottenham als leuchtende Beispiele

Hoffnung macht Union sicherlich auch, wie zwei Teams im Speziellen auf ihre Ausgangslage mit einem Punkt nach drei Spieltagen reagierten: Die Neun-Prozent-Chance (acht kamen weiter, 82 schieden aus) nutzten der FC Liverpool und Tottenham Hotspur. Die Premier-League-Klubs schöpften daraus sogar offensichtlich Kraft. Die Reds zogen in der Saison 2007/08 nach den frühen Nackenschlägen noch ins CL-Halbfinale ein, die Spurs in der Spielzeit 2018/19 sogar ins Endspiel.

Die anderen Teams, die mit nur einem Zähler noch weiterkamen, waren Gent (2015/16), Galatasaray (2012/13), Panathinaikos (2008/09), Porto (2004/05), Arsenal (2003/04) – und Bremen (2005/06). Werder scheiterte im Achtelfinale denkbar knapp an Juventus Turin.

VfB scheitert erst an Barcelona

Nicht ganz verdoppelt wird die Wahrscheinlichkeit auf ein Weiterkommen mit zwei Punkten nach drei Spieltagen – fünf von 31 Teams schafften es noch in die K.-o.-Runde. Zu diesen 16 Prozent gehört neben Lille (2021/22), der Roma (2015/16), Manchester City (2014/15) und Celta Vigo (2003/04) auch der VfB Stuttgart (2009/10). Die Schwaben ließen sich vom schwachen Start in der Gruppe mit Sevilla (9), Unirea Urziceni (4) und den Glasgow Rangers (1) nicht beirren – Schluss war im Achtelfinale gegen den späteren Halbfinalisten aus Barcelona.

Etwas höher wird die Wahrscheinlichkeit mit drei Punkten nach drei Spieltagen, diese Ausbeute reichte 22 Prozent der Teams für einen Einzug in die K.-o.-Runde. Zu den 22 von 98 Mannschaften gehört auch Bayer 04 Leverkusen. In der Saison 2016/17 stand die Werkself in einer ausgeglichenen Gruppe hinter Monaco (5) und Tottenham (4) sowie vor ZSKA Moskau (2). Im Achtelfinale war dann das Hinspiel gegen Atletico Madrid der Knackpunkt.

Fast 50:50 beim BVB – Gute Aussichten für Lens und Atletico

Bei einer Ausgangslage mit vier Punkten nach drei Spieltagen werden die Fans von Borussia Dortmund hellhörig. Der BVB liegt in seiner schweren Gruppe F aktuell zwei Zähler hinter PSG, ist punktgleich mit Newcastle und hat zwei mehr als Schlusslicht Milan. 102 Mannschaften standen seit der Saison 2003/04 mit vier Zählern in der Mitte der Gruppenphase da – 49 von ihnen erreichten auch die K.-o.-Runde (48 Prozent).

Deutlich erhöht wird die Chance bereits mit fünf Punkten nach drei Spieltagen, von den 31 Teams mit einem Sieg und zwei Remis kamen immerhin 22 weiter – entspricht einer Quote von 71 Prozent. Im aktuellen Teilnehmerfeld haben RC Lens und Atletico Madrid eine solche Ausbeute vorzuweisen.

RB hat das Achtelfinale vor Augen – Quartett scheitert trotz sieben Punkten

Mit sechs Punkten nach drei Spieltagen, die neben RB Leipzig aktuell auch Arsenal, Neapel, Feyenoord, PSG und Porto aufweisen, steigen die Chancen weiter. Nur 17 von 98 Mannschaften (83 Prozent) verpassten bei einem solchen Start in die Gruppenphase noch die Runde der letzten 16. Schon in dieser Woche könnten die Leipziger in Belgrad ihr Achtelfinal-Ticket buchen.

Sogar bei 94 Prozent Erfolgschance liegt ein Weiterkommen mit sieben Punkten nach drei Spieltagen. Auf Real Sociedad und Inter Mailand trifft das aktuell in Gruppe D zu. Und das Duo will verhindern, die Zahl der Teams zu erweitern, die dennoch scheiterten: Porto (2015/16), die Rangers (2007/08), Marseille (2007/08) und ZSKA Moskau (2006/07) überstanden die Gruppenphase nicht – 65 andere Mannschaften in dieser Ausgangslage schon.

Vierte perfekte Gruppenphase der Bayern?

Einfach wird die Rechnung für die Anhänger des FC Bayern. Mannschaften mit neun Punkten nach drei Spieltagen kamen in 66 von 66 Fällen weiter. Schon dreimal ist es dem deutschen Rekordmeister gelungen, eine perfekte Gruppenphase in der Champions League hinzulegen, also alle sechs Spiele zu gewinnen. Das wird auch dieses Mal das Ziel der Mannschaft von Thomas Tuchel sein.