FC Liverpool: Shankly, der falsche Drache und die Tragödie

Kaum ein Wappen ist so facettenreich wie das des FC Liverpool. Was die Tore, die Fackeln und der Vogel bedeuten – und warum eigentlich der FC Everton auf ihn Anspruch hätte anmelden können.

Das Wappen des FC Liverpool, im Hintergrund das berühmte Schild mit dem Schriftzug

Das Wappen des FC Liverpool, im Hintergrund das berühmte Schild mit dem Schriftzug “THIS IS ANFIELD”:

imago/Eibner

Darf man es nun berühren oder nicht? Selbst so mancher Gästeakteur streckt im Kabinentrakt in Anfield die Hand aus, um das dort angebrachte Liverpool-Schild mit dem Schriftzug “This is Anfield” anzufassen. Seit Jahrzehnten sehen es Spieler als ein Zeichen der Ehrerbietung an, einmal dieses Schild berühren zu dürfen, mit dem Mythos Liverpool in Berührung zu kommen.

Wobei man damit eigentlich, gerade als Liverpooler, vorsichtig sein sollte. Findet zumindest Jürgen Klopp: Voraussetzung dafür sei, dass man auch etwas zum Vitrinenschrank beigetragen habe bei den Reds, sagte er einmal sinngemäß.

Zumindest bei Thiago, der im Sommer 2020 vom FC Bayern nach Liverpool wechselte, stieß er damit auf offene Ohren: “Man muss es sich erst verdienen, das Symbol zu berühren“, sagte der Mittelfeldspieler bei seiner Vorstellung. “Darum fasse ich das Schild heute nicht an, ich habe Respekt vor dieser Tradition.”

Übrigens sollte ursprünglich gar nicht “This is Anfield” auf dem Schild stehen. Doch “Welcome to Anfield” war Trainer-Legende Bill Shankly dann doch ein wenig zu freundlich. “Du kommst hier nicht her, um eine gute Zeit und einen schönen Tag zu haben”, soll er gesagt haben. Geschenke wollten sie nicht verteilen in Liverpool, und dieser Anschein sollte auch gar nicht erst geweckt werden.

Die “Shankly Gates” und die Fackeln der Erinnerung

Über dem Schriftzug ist eine ältere Version des Liverpool-Wappens zu sehen, auf der neueren wurde auch Shankly in gewisser Weise verewigt. Und zwar in Form der sogenannten “Shankly Gates”, die über allem thronen. Seine Witwe Ness eröffnete die Tore am 26. August 1982, sie befinden sich auf der Seite der Anfield Road, direkt neben dem Denkmal der Hillsborough-Katastrophe.

Womit die Wappenkunde weitergeht. Unter den verschnörkelten Eisenverzierungen stehen die Worte “You’ll Never Walk Alone”. Es ist das Vereinsmotto und stammt aus dem gleichnamigen Lied von Gerry & the Pacemakers. Nach Hillsborough wurde das Motto auch im Wappen integriert.

Und noch ein Detail erinnert an die 97 Liverpool-Fans, die am 15. April 1989 oder im Nachgang durch die Stadionkatastrophe in Sheffield ihr Leben ließen: Links und rechts vom Wappen sind Fackeln zu sehen, sie erinnern an die Tragödie und deren Opfer. Ganz unten ist in einer Banderole das Gründungsjahr 1892 integriert.

Die Geschichte hinter dem Liver Bird

Besonders ins Auge sticht aber ein Fabelwesen, das die Mitte des Wappens ausfüllt und einen Zweig Purpurtang im Schnabel hält. Es ist aber kein Drache, wie viele denken. Der sogenannte Liver Bird ist vielmehr eine Kreuzung aus einem Adler und einem Kormoran und seit über 800 Jahren ein Symbol der Stadt. Man geht davon aus, dass er im Jahr 1207 entstand, als König John eine königliche Charta erhielt, um Liverpool als Stadt zu registrieren. Der Monarch brauchte ein einzigartiges Siegel, um Dokumente und Sterling von seinem Territorium zu unterscheiden. Die Geburt des Liver Birds.

Auf den Turm gekommen: Der

Auf den Turm gekommen: Der “Everton Lock up” ziert das Wappen des Stadtrivalen.
Visionhaus

Er ist aber nicht nur auf dem Wappen der Reds zu sehen. Insgesamt existieren über 100 Liver Birds in der Stadt an der Mersey, zum Beispiel auf den historischen Laternenständern im Stadtzentrum. Die prunkvollsten Darstellungen befinden sich auf den beiden Türmen des Royal Liver Buildings am Pier Head.

Der FC Everton war eher dran

Auch wenn inzwischen jeder den Liver Bird mit dem FC Liverpool verbindet – eigentlich war ausgerechnet der Stadtrivale schneller. Der FC Everton verwendete den Liver Bird auf seinen Meisterschaftsmedaillen von 1891, also ein Jahr vor der Gründung des FC Liverpool.

In den späten 1930er Jahren entwarf dann Theo Kelly ein offizielles Klubwappen. Er entschied sich gegen den Liver Bird und für ein Wahrzeichen, das enger mit dem Stadtteil Everton verbunden war. Der “Everton Lock up” oder auch “Prince Rupert’s Tower” ist seither fester Bestandteil des Vereinswappens.

Christoph Laskowski

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kicker Historie

Was hinter den Wappen steckt

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Liverpools Wappen: Shankly, der falsche Drache und die Tragödie

Kaum ein Wappen ist so facettenreich wie das des FC Liverpool. Was die Tore, die Fackeln und der Vogel bedeuten – und warum eigentlich der FC Everton auf ihn Anspruch hätte anmelden können.

Das Wappen des FC Liverpool, im Hintergrund das berühmte Schild mit dem Schriftzug

Das Wappen des FC Liverpool, im Hintergrund das berühmte Schild mit dem Schriftzug “THIS IS ANFIELD”:

imago/Eibner

Darf man es nun berühren oder nicht? Selbst so mancher Gästeakteur streckt im Kabinentrakt in Anfield die Hand aus, um das dort angebrachte Liverpool-Schild mit dem Schriftzug “This is Anfield” anzufassen. Seit Jahrzehnten sehen es Spieler als ein Zeichen der Ehrerbietung an, mit dem Mythos Liverpool in Berührung zu kommen.

Wobei man damit eigentlich, gerade als Liverpooler, vorsichtig sein sollte. Findet zumindest Jürgen Klopp: Voraussetzung dafür sei, dass man auch etwas zum Vitrinenschrank beigetragen habe bei den Reds, sagte er einmal sinngemäß.

Bei Thiago, der im Sommer 2020 vom FC Bayern nach Liverpool wechselte, stieß er damit auf offene Ohren: “Man muss es sich erst verdienen, das Symbol zu berühren“, sagte der Mittelfeldspieler bei seiner Vorstellung. “Darum fasse ich das Schild heute nicht an, ich habe Respekt vor dieser Tradition.”

Übrigens sollte ursprünglich gar nicht “This is Anfield” auf dem Schild stehen. Doch “Welcome to Anfield” war Trainer-Legende Bill Shankly dann doch ein wenig zu freundlich. “Du kommst hier nicht her, um eine gute Zeit und einen schönen Tag zu haben”, soll er gesagt haben. Geschenke wollen sie nicht verteilen in Liverpool, und dieser Anschein soll auch gar nicht erst geweckt werden.

Die “Shankly Gates” und die Fackeln der Erinnerung

Über dem Schriftzug ist eine ältere Version des Liverpool-Wappens zu sehen, auf der neueren wurde auch Shankly in gewisser Weise verewigt. Und zwar in Form der sogenannten “Shankly Gates”, die über allem thronen. Seine Witwe Ness eröffnete die Tore am 26. August 1982, sie befinden sich auf der Seite der Anfield Road, direkt neben dem Denkmal der Hillsborough-Katastrophe.

Womit die Wappenkunde weitergeht. Unter den verschnörkelten Eisenverzierungen stehen die Worte “You’ll Never Walk Alone”. Es ist das Vereinsmotto und stammt aus dem gleichnamigen Lied von Gerry & the Pacemakers. Nach Hillsborough wurde das Motto auch im Wappen integriert.

Und noch ein Detail erinnert an die 97 Liverpool-Fans, die am 15. April 1989 oder im Nachgang durch die Stadionkatastrophe in Sheffield ihr Leben ließen: Links und rechts vom Wappen sind Fackeln zu sehen, sie erinnern an die Tragödie und deren Opfer. Ganz unten ist in einer Banderole das Gründungsjahr 1892 integriert.

Die Geschichte hinter dem Liver Bird

Besonders ins Auge sticht aber ein Fabelwesen, das die Mitte des Wappens ausfüllt und einen Zweig Purpurtang im Schnabel hält. Es ist aber kein Drache, wie viele denken. Der sogenannte Liver Bird ist vielmehr eine Kreuzung aus einem Adler und einem Kormoran und seit über 800 Jahren ein Symbol der Stadt. Man geht davon aus, dass er im Jahr 1207 entstand, als König John eine königliche Charta erhielt, um Liverpool als Stadt zu registrieren. Der Monarch brauchte ein einzigartiges Siegel, um Dokumente und Sterling von seinem Territorium zu unterscheiden. Der Liver Bird war geboren.

Auf den Turm gekommen: Der

Auf den Turm gekommen: Der “Everton Lock up” ziert das Wappen des Stadtrivalen.
Visionhaus

Er ist aber nicht nur auf dem Wappen der Reds zu sehen. Insgesamt existieren über 100 Liver Birds in der Stadt an der Mersey, zum Beispiel auf den historischen Laternenständern im Stadtzentrum. Die prunkvollsten Darstellungen befinden sich auf den beiden Türmen des Royal Liver Buildings am Pier Head.

Der FC Everton war eher dran

Auch wenn inzwischen jeder den Liver Bird mit dem FC Liverpool verbindet – eigentlich war der Stadtrivale schneller. Der FC Everton verwendete den Liver Bird auf seinen Meisterschaftsmedaillen von 1891, also ein Jahr vor der Gründung des FC Liverpool. Auch auf späteren Ehrenmedaillen der “Toffees” war er zu sehen.

In den späten 1930er Jahren entwarf dann Theo Kelly ein offizielles Klubwappen. Er entschied sich gegen den Liver Bird und für ein Wahrzeichen, das enger mit dem Stadtteil Everton verbunden war. Der “Everton Lock up” oder auch “Prince Rupert’s Tower” ist seither fester Bestandteil des Vereinswappens.

Christoph Laskowski

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Torres-Tor & Eriksson-Umarmung bei Liverpools Legendenspiel

Ajax-Legenden geben 2:0-Führung aus der Hand 24.03.2024

Torres-Tor & Eriksson-Umarmung bei Liverpools Legendenspiel

1:59Beim Duell der Legenden-Teams gewann Liverpool gegen Ajax Amsterdam mit 4:2. Die Reds boten Stars wie Steven Gerrard, Fernando Torres und den Ex-Leverkusener Sami Hyypiä auf, bei Ajax führte unter anderem der Ex-Hamburger Rafael van der Vaart Regie.

Erikssons Wunsch geht in Erfüllung: Ein Anfield-Comeback mit großen Emotionen

Der FC Liverpool hat dem todkranken Trainer Sven-Göran Eriksson einen Herzenswunsch erfüllt: Der Schwede stand beim 4:2-Comebacksieg einer Liverpooler Legenden-Auswahl gegen eine von Ajax Amsterdam an der Seitenlinie. Es wurde ein Nachmittag der großen Emotionen.

Stolzer Blick, glückliches Lächeln: Sven-Göran Eriksson (Mitte) neben Liverpool-Ikone Steven Gerrard.

Stolzer Blick, glückliches Lächeln: Sven-Göran Eriksson (Mitte) neben Liverpool-Ikone Steven Gerrard.

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Die herzliche und innige Umarmung mit Jürgen Klopp war nur einer von vielen Höhepunkten für Sven-Göran Eriksson an diesem Samstagnachmittag. Im Januar hatte der mittlerweile 76-Jährige seine unheilbare Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs öffentlich gemacht. Infolgedessen hatte Klopp den großen Fan der Reds zum Legendenspiel eingeladen – an diesem Samstag saß Eriksson sogar auf der Bank des LFC.

Der erste Gänsehaut-Moment in Anfield war Erikssons Einlauf ins Stadion, als sich 60.000 Zuschauer erhoben und Standing Ovations gaben – gefolgt von einem hochemotionalen “You’ll never walk alone”. Die Rührung war Eriksson in vielen Momenten ins Gesicht geschrieben.

Sein vermutlich letzter Einsatz auf der Trainerbank verlief allerdings zunächst nicht nach Plan: Nach nur zwei Minuten gerieten die Reds in Rückstand, weil Martin Skrtel pennte und Derk Boerrigter aus kurzer Distanz eiskalt verwandelte. Zwei Minuten vor der Pause erhöhte Kizito “Kiki” Musampa gar auf 2:0 (43.).

Torschütze Gregory Vignal herzt Sven-Göran Eriksson

Tolle Geste: Torschütze Gregory Vignal herzt Sven-Göran Eriksson.
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Es musste also ein Anfield-Comeback her – und es gab ein Anfield-Comeback: Gregory Vignal machte keine zehn Minuten nach Wiederanpfiff den Anfang und suchte sofort den Weg zu Eriksson, um diesen zu umarmen (54.). Djibril Cissé glich eine Viertelstunde vor Schluss aus (75.).

Eriksson sollte aber noch mehr Grund zur Freude haben, denn Nabil El Zhar erzielte in der 81. Minute Liverpools erste, umjubelte Führung. Vier Minuten später markierte Fernando Torres den 4:2-Schlusspunkt.

Gerrard: “Konnte es kaum erwarten, noch einmal für ihn zu spielen”

“Es fühlt sich immer noch wie ein ganz besonderer Ort an”, gestand die spanische Stürmer-Ikone hinterher offen ein: “Und es ist ein besonderer Tag für Sven.” Reds-Kapitän Steven Gerrard hatte noch vor Anpfiff angekündigt, jede Minute genießen zu wollen.

Hinterher erklärte er: “Zur Halbzeit lagen wir mit 0:2 zurück, aber wir hatten das Gefühl, dass es nicht dem Spielverlauf entsprach. Die Jungs waren in der zweiten Halbzeit großartig. Dass Sven heute hier ist, ist etwas ganz Besonderes. Sobald ich wusste, dass er heute der Trainer sein würde, konnte ich es kaum erwarten, noch einmal für ihn zu spielen.”

In seiner großen Karriere als Trainer hatte Eriksson mitunter Benfica, AS Rom und Lazio Rom sowie Manchester City trainiert. Dazu kamen die Nationalteams von England, Mexiko, den Philippinen und der Elfenbeinküste. Nach seiner Krebsdiagnose hatte Eriksson Anfang des Jahres entschieden, sein Amt als Sportdirektor beim schwedischen Klub IF Karlstadt niederzulegen.

Die Startaufstellungen auf einen Blick:

Liverpool: Dudek – Kvarme, Skrtel, Agger, Aurelio – Maxi, Sissoko, Spearing, Babel – Gerrard, Torres

Ajax: Gentenaa – van Rhijn, Lindenbergh, de Zeeuw, Emanuelson – Litmanen, Enoh, van der Vaart, Tahamata – de Jong, Boerrigter

Klopp stellt sein Büro: Termin für Erikssons Liverpool-Wunsch steht

Der langjährige Trainer Sven-Göran Eriksson blickt inzwischen dem Tod ins Auge. Einen Herzenswunsch bekommt er vom FC Liverpool aber noch erfüllt – an diesem Wochenende.

Haben ein Herz für den FC Liverpool: Jürgen Klopp, Dirk Kuyt, Fernando Torres, Sven-Göran Eriksson (v. li.).

Haben ein Herz für den FC Liverpool: Jürgen Klopp, Dirk Kuyt, Fernando Torres, Sven-Göran Eriksson (v. li.).

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Wenn große Vereine zu Legendenspielen bitten, laufen dort mitunter Namen auf, an die sich die Fans von FC Bayern München, Manchester United oder Real Madrid kaum noch erinnern – Spieler, die früher zwar keine große Rolle gespielt haben, aber dem Verein treu und einigermaßen fit geblieben sind. Wenn sich Liverpools Legenden am Wochenende mit denen von Ajax Amsterdam messen, werden die Reds sogar von einem Trainer betreut, der nie an der Anfield Road gewirkt hat.

Sven-Göran Eriksson, der einst große Erfolge bei Lazio Rom feierte und zwischen 2001 und 2006 die englische Nationalmannschaft trainierte, geht wohl in das letzte Jahr seines Lebens, wie er im Januar mitteilte. Der 76 Jahre alte Schwede ist schwer an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt. Im Angesicht seines Todes ist der Sympathieträger noch einen Wunsch losgeworden, der tatsächlich in Erfüllung gehen wird.

Ein Büro steht Eriksson zur Verfügung

Eriksson, der in England außerdem Manchester City und Leicester City trainiert hatte, outete sich vor einigen Wochen als lebenslanger großer Fan des FC Liverpool und bedauerte es, die Reds nie trainiert zu haben. “Dazu wird es definitiv nicht mehr kommen”, haderte er. Das rief Jürgen Klopp, der den LFC im Sommer verlassen wird, auf den Plan.

Zunächst bot der Deutsche dem Schweden an, mal ein Training zu leiten, sich für einen Tag außerdem in aller Ruhe sein Büro zu nehmen. Nur das mit dem an der Seitenlinie stehen, das sei schwer möglich, so die Liverpooler Trainer-Legende. Durch das Legendenspiel am Samstag in Anfield, wo es natürlich in erster Linie um Spaß geht, hat sich dieses Problem aber auch gelöst. Eriksson wird seinen großen Wunsch erfüllt bekommen.

Jerzy Dudek, Sami Hyypiä, Dirk Kuyt oder Fernando Torres gehören der Auswahl an, die auch Eriksson am Wochenende anleiten wird – und auch die Kulisse ist würdig. Weit über 50.000 Tickets für einen wirklich besonderen Nachmittag sind bereits verkauft. Die Einnahmen kommen übrigens lokalen Sozialeinrichtungen zugute.

“Ich glaube, dass es wunderbar und aufregend sein wird”, sagte Eriksson dem offiziellen schwedischen Liverpool-Fanklub. “Ich fühle mich unglaublich geehrt und kann es kaum erwarten, die Mannschaft zu ‘You’ll never walk alone’ aufs Feld zu führen.”

Schmadtke-Nachfolge fix: Hughes neuer Liverpool-Sportdirektor

Mit dem neuen Sportdirektor Richard Hughes hat der FC Liverpool eine zweite wichtige Personalie fixiert. Nun kann die spannendste angegangen werden.

Enger Vertrauter von Liverpools neuem Fußball-CEO Michael Edwards: Richard Hughes.

Enger Vertrauter von Liverpools neuem Fußball-CEO Michael Edwards: Richard Hughes.

IMAGO/Pro Sports Images

Als Jürgen Klopp seinen Abschied vom FC Liverpool für den kommenden Sommer ankündigte, war auch für Jörg Schmadtke klar, dass er den Klub verlassen wird. Acht Monate lang hatte er als Sportdirektor an Klopps Seite gearbeitet und – das zeigen der League-Cup-Sieg und weitere Titelchancen in Premier und Europa League – allen sommerlichen Unkenrufen zum Trotz auf dem Transfermarkt keine schlechten Entscheidungen getroffen.

Seit diesem Mittwoch ist klar, wer auf Schmadtke, der zum Ende der Winter-Wechselperiode aufhörte, zur neuen Saison folgen wird: Der 44-jährige Richard Hughes, zuletzt Technischer Direktor beim Erstligisten AFC Bournemouth, übernimmt zum 1. Juni als Sportdirektor. Damit hat Michael Edwards, der vor rund einer Woche als Fußball-CEO zu den Reds zurückgekehrt war, eine erste Wunschpersonalie erfolgreich geklärt.

Fußball-CEO Edwards: “Ich kenne ihn schon mein halbes Leben lang”

“Ich freue mich sehr, dass Richard zugestimmt hat, diese wichtige Position zu übernehmen”, sagt Edwards, der bis Sommer 2022 selbst sechs Jahre Liverpool-Sportdirektor war. “Ich kenne ihn schon mein halbes Leben lang, sowohl beruflich als auch privat, und er ist jemand, der die besten Werte des FC Liverpool verkörpert. Ich vertraue ihm vollkommen.”

Hughes, ein ehemaliger schottischer Nationalspieler, war einst gemeinsam mit Edwards beim FC Portsmouth angestellt. “Er hat ein hervorragendes Urteilsvermögen und eine Erfolgsbilanz, wenn es darum geht, klugen Entscheidungen zu treffen”, so Edwards. Die aktuell spannendste können beide nun gemeinsam konkret angehen: Wer wird Nachfolger von Trainer Klopp?

“Da im Sommer ein sehr erfolgreiches Kapitel für Liverpool zu Ende geht, ist es das Ziel von allen hier, ein neues zu beginnen – und ich bin zuversichtlich, dass wir mit Richard die richtige Person haben, um dieses Ziel zu erreichen”, erklärt Edwards. “Es ist allen klar, dass Jürgen ein Erbe hinterlassen wird, auf dem wir aufbauen können.”

Schiedsrichter-Boss Webb widerspricht Klopp

Schiedsrichter-Chef Howard Webb und ein Regel-Gremium halten es für korrekt, dass Liverpool im Topspiel gegen Manchester City keinen Elfmeter bekam. In einem Punkt behielt Jürgen Klopp allerdings Recht.

Jürgen Klopp beschwert sich nach dem 1:1 gegen ManCity bei Schiedsrichter Michael Oliver über den nicht gegebenen Elfmeter in der Nachspielzeit.

Jürgen Klopp beschwert sich nach dem 1:1 gegen ManCity bei Schiedsrichter Michael Oliver über den nicht gegebenen Elfmeter in der Nachspielzeit.

IMAGO/Propaganda Photo

An der Tabellenspitze der Premier League ist es neun Spieltage vor dem Saisonende so eng, dass schon kleine Details alles durcheinanderbringen können. Hätte zum Beispiel der FC Liverpool am vorvergangenen Sonntag im Topspiel gegen Manchester City (1:1) tief in der Nachspielzeit noch einen Foulelfmeter zugesprochen bekommen und verwandelt, stünde jetzt Jürgen Klopps Mannschaft und nicht der FC Arsenal auf dem ersten Platz, während ManCitys Rückstand drei statt einen Punkt betragen würde.

Doch Schiedsrichter Michael Oliver hatte ohne VAR-Einspruch entschieden, dass Jeremy Dokus Einsteigen gegen Alexis Mac Allister – Ersterer hatte Letzteren mit einem hohen Bein zu Fall gebracht – nicht strafstoßwürdig sei, und damit den Unmut der Liverpooler auf sich gezogen. “Das war zu 100 Prozent ein Elfmeter”, schimpfte Klopp und sprach davon, dass ein solches “Foul” überall auf dem Spielfeld geahndet und “wahrscheinlich” auch mit Gelb bestraft werden würde.

“Sie werden eine Erklärung finden”, grollte Klopp – Webb liefert sie nun

Gut eine Woche nach der Partie erntete der scheidende Trainer der Reds jedoch nun Widerspruch von höchster Stelle. “Der Ball ist zu niedrig, um ihn zu köpfen. Doku hebt sein Bein, um den Ball zu spielen und berührt ihn auch. Und ja, wir wissen, dass es ebenso Kontakt mit Mac Allister gab. Mac Allister geht in ihn rein und spielt auch nicht wirklich den Ball. Deswegen verstehe ich, warum es geteilte Meinungen gibt”, erklärte Schiedsrichter-Boss Howard Webb am Montagabend. Weil keine “klare und offensichtliche” Situation vorgelegen habe, sei es korrekt, dass der VAR sich rausgehalten habe. Umgekehrt hätte dieser auch keine Einwände gehabt, hätte Oliver auf den Punkt gezeigt, so Webb. Ein Kann-Elfmeter also, nicht mehr.

Auch das Key Match Incidents Panel, das wöchentlich umstrittene Schiedsrichter-Entscheidungen in der Premier League analysiert, kam zu dem Schluss, dass Oliver mit seiner Entscheidung richtig lag. Allerdings stimmte das Gremium, das aus früheren Spielern und Trainern, einem Premier-League- und einem Schiedsrichter-Vertreter besteht, nur knapp mit 3:2 dafür.

Und so behielt Klopp in einer Sache Recht. “Sie werden eine Erklärung finden”, hatte er in Richtung Regelhüter gegrollt. “Vielleicht können sie sich hinter der Phrase ‘klar und offensichtlich’ verstecken.”

Nach abgebrochenem TV-Interview: Klopp erntet Kopfschütteln

Nach dem FA-Cup-Aus ließ Jürgen Klopp einen TV-Reporter derart auflaufen, dass dieser danach selbst ein Interview gab. Nicht nur die Fans stellten das Verhalten des Liverpool-Trainers infrage.

Legte sich nach Liverpools FA-Cup-Aus mit einem TV-Reporter an: Jürgen Klopp.

Legte sich nach Liverpools FA-Cup-Aus mit einem TV-Reporter an: Jürgen Klopp.

IMAGO/Sportimage

Mildernde Umstände gab es natürlich reichlich. Der FC Liverpool hatte gerade ein FA-Cup-Viertelfinale beim Erzrivalen verloren, das er schon gewonnen zu haben glaubte, und damit die Chance aufs Quadruple in Jürgen Klopps finalem Amtsjahr vergeben. Der Trainer selbst hatte danach den üblichen Interview-Marathon zu bestreiten, in dem er immer wieder ähnliche Fragen zu beantworten hatte. Und doch musste man sich fragen, was genau in Klopp vorging, als er nach dem 3:4 n.V. bei Manchester United am Sonntag einen dänischen TV-Reporter dermaßen abservierte, dass die Szene auch am Tag danach ein Internet-Hit war.

Niels Christian Frederiksen von Viaplay hatte Klopp gefragt, warum es Liverpool in der Verlängerung so schwer gefallen sei, die sonst so typische Intensität aufrechtzuerhalten – was dieser mit Verweis auf die Mehrzahl von Pflichtspielen gegenüber ManUnited als “etwas dumme Frage” bezeichnete, von der er “wirklich enttäuscht” sei. “Aber Sie dachten offenbar, sie wäre gut.”

“Was stimmt mit Ihnen nicht?”, schimpfte Klopp

Als Frederiksen nachhakte (“Also zu viele Spiele?”), war es um Klopp geschehen: “Ach, Sie denken nicht? Come on, Sie sind offenbar in keiner guten Verfassung, ich habe keinen Nerv für Sie”, entgegnete er und brach das Interview ab. “Was stimmt mit Ihnen nicht?”, schickte er dem verdutzten Reporter noch hinterher.

Frederiksen, inzwischen längst eine kleine Berühmtheit, versicherte am Tag danach im Interview mit Tipsbladet zwar, “überhaupt kein Problem” mit Klopps Reaktion zu haben, auch wenn dieser ihn später im Gang noch weiter “angeschrieben und angebrüllt” habe. Bei Fans und Medien kam Klopp dagegen nicht so gut weg. Der seriöse Guardian warf ihm unter anderem vor, die “Integrität eines Reporters infrage gestellt” zu haben, die BBC-Journalistin Robyn Cowen, dass er nicht zum ersten Mal “unhöflich” gegenüber Medienvertretern geworden und dafür weder Frust noch Müdigkeit eine Entschuldigung sei.

Eigentlich hinterlässt Klopp medial einen auffallend gelösten Eindruck, seit er seinen Abschied aus Liverpool angekündigt hat. Der Sonntag zeigte aber, dass er das Schlechter-Verlierer-Image, das ihn – wahrlich nicht als einzigen Trainer – seit Jahren begleitet, so schnell nicht losbekommt.