Die Eigentor-Flut seit der EM 2021: So heftig sind die Zahlen angestiegen

Frankreich profitierte am stärksten 04.07.2024

Die Eigentor-Flut seit der EM 2021: So heftig sind die Zahlen angestiegen

1:01Nachdem zwischen 1970 und 2016 nur neun Eigentore bei Europameisterschaften fielen, wurde diese Zahl bei den Ausgaben 2021 und 2024 pulverisiert. Wir blicken für euch auf die krassen Statistiken – und wen es besonders häufig traf.

Kroatien zehnmal so viel wie Deutschland: Die Geldstrafen der Gruppenphase

Die EM ist bislang ein voller Erfolg, tolle Tore, spannende Spiele und frenetische Fans prägen das Bild – und dennoch verteilte die UEFA in der Vorrunde knapp 1,3 Millionen Euro an Strafen. Nur drei Nationen mussten nicht blechen, Deutschland zählt nicht dazu.

Immer wieder flogen auch Becher gen Rasen.

Immer wieder flogen auch Becher gen Rasen.

IMAGO/MIS

Nahezu sämtliche Strafen hängen zusammen mit Fehlverhalten von Fans – mit einer Ausnahme. Deutschland wurde gleich zweimal sanktioniert, weil man nicht ausreichend für die Sicherheit des Spielfelds gesorgt hatte. Geahndet wurde dabei, dass in den portugiesischen Vorrundenspielen gegen die Türkei und Georgien Fans aufs Spielfeld gelangt waren.

Mit 23.375 Euro an Strafen befindet sich der DFB im Mittelfeld der Sünder, knapp hinter Italien (30.000 Euro) und vor der Ukraine (23.000). Kroatien führt das Feld indes klar an. Die Feurigen wurden mit 220.875 Euro bestraft, was fast das Zehnfache der deutschen Summe ist. Dreistellig sind übrigens auch Albanien (171.375 Euro) und Serbien (166.625). Es folgen die Türkei (95.125 Euro) und die Schweiz (91.750 Euro).

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Umstrittener Wolfsgruß: Fehlt Türkei-Torschütze Demiral im Viertelfinale?


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Die meisten Strafen wurden verhängt, weil entweder Gegenstände aufs Feld geworfen oder Pyrotechnik gezündet worden war, Fehlverhalten von Spielern respektive Teamoffiziellen – England und Rumänien wurden zudem mit jeweils 10.000 Euro für das Auspfeifen von gegnerischen Hymnen zur Kasse gebeten. Die Schweiz, Ungarn, Albanien, Serbien, Slowenien, Rumänien und Dänemark wurden darüber hinaus auch wegen unangebrachter Botschaften belangt.

Kroatien, Ungarn, die Schweiz, Polen, Rumänien, Albanien, Serbien und Belgien erhielten zudem in jedem Gruppenspiel eine Strafe. Insgesamt wurden 21 von 24 Teilnehmern bestraft, gänzlich straffrei blieben lediglich Frankreich, Spanien und die Slowakei.

Alle Strafen der Gruppenphase im Überblick*

Kroatien: 220.875 Euro
Albanien: 171.375 Euro
Serbien: 166.625 Euro
Türkei: 95.125 Euro
Schweiz: 91.750 Euro
Rumänien: 84.250 Euro
Ungarn: 82.250 Euro
Österreich: 59.875 Euro
Polen: 56.375 Euro
Slowenien: 51.250 Euro
Georgien: 46.000 Euro
Italien: 30.000 Euro
Deutschland: 23.375 Euro
Ukraine: 23.000 Euro
Niederlande: 20.500 Euro
Belgien: 17.000 Euro
Tschechien: 17.000 Euro
England: 12.500 Euro
Dänemark: 10.000 Euro
Schottland: 9000 Euro
Portugal: 5.250 Euro
Frankreich: 0 Euro
Slowakei: 0 Euro
Spanien: 0 Euro

*Quelle: UEFA

EM-Viertelfinale 2024: Termine, Spielorte, Übertragung

Im Viertelfinale träumen noch acht Mannschaften vom Titel bei der Europameisterschaft. Die wichtigsten Informationen vor dem Start der Runde der letzten Acht.

Im Viertelfinale will die spanische Flügelzange bestehend aus Lamine Yamal (li.) und Nico Williams auch Deutschland vor Probleme stellen.

Im Viertelfinale will die spanische Flügelzange bestehend aus Lamine Yamal (li.) und Nico Williams auch Deutschland vor Probleme stellen.

IMAGO/Nicolo Campo

Bereits 44 der 51 Spiele bei der Europameisterschaft in Deutschland wurden ausgetragen – mittlerweile haben nur noch acht Mannschaften eine Chance, die EM 2024 zu gewinnen. Für das große Ziel, den Henri-Delaunay-Pokal in die Höhe zu stemmen, muss jedoch zuerst die Hürde Viertelfinale gemeistert werden – egal, ob nach 90 Minuten, in der Verlängerung oder erst im Elfmeterschießen.

Wann finden die EM-Viertelfinals statt?

Den Auftakt für die Viertelfinals bei der EM macht hierbei der Gastgeber. Am Freitag, den 05. Juli, treffen um 18 Uhr die beiden ungeschlagenen Nationalmannschaften aus Deutschland und Spanien aufeinander, bevor am späteren Abend (21 Uhr) das Re-Matches des Finals von der EM 2016 zwischen Portugal und Frankreich stattfindet.

Einen Tag später, am 06. Juli, kämpft dann England im frühen Slot (18 Uhr) gegen die Schweiz um das vorletzte der begehrten Tickets für die Runde der letzten Vier. Den letzten Halbfinal-Teilnehmer spielen zum Abschluss der Viertelfinals um 21 Uhr dann die Niederlande und die Türkei aus.

Wo werden die Viertelfinals der EM 2024 ausgetragen?

Insgesamt zehn Austragungsorte waren Teil der Europameisterschaft in Deutschland – in Gelsenkirchen, Leipzig, Köln und Frankfurt haben allerdings schon die Aufräumarbeiten begonnen. Ein Schicksal, das auch drei weitere Stadien nach dem Viertelfinale ereilt, jedoch nicht ohne einen krönenden Abschluss.

Die Stadt Stuttgart darf sich auf das Viertelfinale der DFB-Elf freuen, im Hamburger Volksparkstadion dürfen die Zuschauer das Duell zwischen Cristiano Ronaldo und der portugiesischen Selecao und Kylian Mbappé und Les Bleus bestaunen. In Düsseldorf treffen die Three Lions auf die Nati.

Einzig im Berliner Olympiastadion, wo die Niederlande und die Türkei spielen, findet noch ein weiteres Spiel statt – das Finale.

Wo werden die Viertelfinal-Begegnungen übertragen?

Für die Fans in Deutschland gibt es vor dem Start der Viertelfinals am Freitag eine gute Nachricht: Alle vier Partien werden live im Free-TV übertragen. Die ARD nutzte ihr Erstzugriffsrecht natürlich für den Auftritt der deutschen Nationalmannschaft gegen Spanien am Freitag (18 Uhr) in Stuttgart. Gerd Gottlob ist dabei als Kommentator im Einsatz, Thomas Hitzlsperger assistiert. Für das Aufeinandertreffen von Portugal und Frankreich drei Stunden später in Hamburg muss man aufs ZDF umschalten, wo Claudia Neumann kommentiert.

Am Samstag überträgt zunächst erneut das ZDF England gegen die Schweiz (18 Uhr) mit Kommentator Oliver Schmidt und Co-Kommentator Moritz Volz, ehe um 21 Uhr RTL seinen letzten EM-Auftritt hat: Dort wird um 21 Uhr exklusiv im Free-TV das Duell zwischen den Niederlanden und der Türkei zu sehen sein.

Alle Spiele des Viertelfinals können auch im Stream verfolgt werden, jedoch ist für das Duell der Niederlande gegen die Türkei ein kostenpflichtiges Abonnement von RTLs Streamingdienst RTL+ nötig. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk bietet diese in den jeweiligen Mediatheken kostenlos an.

Zudem ist MagentaTV, das als einziger Anbieter alle 51 EM-Spiele im Programm hat, auch im Viertelfinale bei jedem Spiel am Ball, aber bei keinem mehr exklusiv. Das letzte der fünf Exklusiv-Spiele der kostenpflichtigen Plattform war am Dienstag der 2:1-Sieg der Türkei gegen Österreich im Achtelfinale, bei dem es wegen des großen Ansturms zu Problemen gekommen war.

Wer würde die weiteren Spiele übertragen?

Im Halbfinale hat dann das ZDF Erstzugriffsrecht und würde bei einem Weiterkommen gegen Spanien am Dienstag (21 Uhr) Deutschlands Duell mit Frankreich oder Portugal zeigen. Tags darauf zeigt die ARD das zweite Halbfinale – und am 14. Juli schließlich auch das Finale.

Die Viertelfinals und die TV-Sender im Überblick:

5. Juli 2024, 18 Uhr, Stuttgart: Spanien – Deutschland in der ARD und bei MagentaTV
5. Juli 2024, 21 Uhr, Hamburg: Portugal – Frankreich im ZDF und bei MagentaTV
6. Juli 2024, 18 Uhr, Düsseldorf: England – Schweiz im ZDF und bei MagentaTV
6. Juli 2024, 21 Uhr, Berlin: Niederlande – Türkei bei RTL und bei MagentaTV

EM-Viertelfinale im TV: Kein Exklusivspiel mehr für MagentaTV

Kurz nach dem Abschluss der Achtelfinalspiele haben die TV-Rechteinhaber bereits das EM-Viertelfinale verteilt. RTL ist zum letzten Mal dabei, MagentaTV nicht mehr exklusiv.

Per Mertesacker (li.) und Christoph Kramer sind auch im EM-Viertelfinale wieder fürs ZDF am Mikrofon - diesmal aber nicht beim Deutschland-Spiel.

Per Mertesacker (li.) und Christoph Kramer sind auch im EM-Viertelfinale wieder fürs ZDF am Mikrofon – diesmal aber nicht beim Deutschland-Spiel.

IMAGO/Laci Perenyi

Nur noch acht Mannschaften haben eine Chance, die EM 2024 zu gewinnen. Und für die Fans in Deutschland gibt es vor dem Start der Viertelfinals am Freitag eine gute Nachricht: Alle vier Partien werden live im Free-TV übertragen.

Die ARD nutzte ihr Erstzugriffsrecht natürlich für den Auftritt der deutschen Nationalmannschaft gegen Spanien am Freitag (18 Uhr) in Stuttgart. Gerd Gottlob ist dabei als Kommentator im Einsatz, Thomas Hitzlsperger assistiert. Für das Aufeinandertreffen von Portugal und Frankreich drei Stunden später in Hamburg muss man aufs ZDF umschalten, wo Claudia Neumann kommentiert.

Am Samstag überträgt zunächst erneut das ZDF England gegen die Schweiz (18 Uhr) mit Kommentator Oliver Schmidt und Co-Kommentator Moritz Volz, ehe um 21 Uhr RTL seinen letzten EM-Auftritt hat: Dort wird um 21 Uhr exklusiv im Free-TV das Duell zwischen den Niederlanden und der Türkei zu sehen sein.

MagentaTV, das als einziger Anbieter alle 51 EM-Spiele im Programm hat, ist zwar auch im Viertelfinale bei jedem Spiel am Ball, aber bei keinem mehr exklusiv. Das letzte der fünf Exklusiv-Spiele der kostenpflichtigen Plattform war am Dienstag der 2:1-Sieg der Türkei gegen Österreich im Achtelfinale, bei dem es wegen des großen Ansturms zu Problemen gekommen war.

Im Halbfinale hat dann das ZDF Erstzugriffsrecht und würde bei einem Weiterkommen gegen Spanien am Dienstag (21 Uhr) Deutschlands Duell mit Frankreich oder Portugal zeigen. Tags darauf zeigt die ARD das zweite Halbfinale – und am 14. Juli schließlich auch das Finale.

Die Viertelfinals und die TV-Sender im Überblick:

5. Juli 2024, 18 Uhr, Stuttgart: Spanien – Deutschland in der ARD und bei MagentaTV
6. Juli 2024, 21 Uhr, Hamburg: Portugal – Frankreich im ZDF und bei MagentaTV
7. Juli 2024, 18 Uhr, Düsseldorf: England – Schweiz im ZDF und bei MagentaTV
7. Juli 2024, 21 Uhr, Berlin: Niederlande – Türkei bei RTL und bei MagentaTV

Matchwinner Demiral zeigt umstrittenen Wolfsgruß

Doppelpacker Merih Demiral jubelte beim 2:1-Sieg der Türkei im EM-Achtelfinale gegen Österreich mit einer umstrittenen Geste – und erklärte sich nach dem Schlusspfiff.

Sorgte gegen Österreich nicht nur mit seinen beiden Toren für Schlagzeilen: Merih Demiral.

Sorgte gegen Österreich nicht nur mit seinen beiden Toren für Schlagzeilen: Merih Demiral.

picture alliance / Sipa USA

Merih Demiral avancierte mit zwei Treffern zum “Man of the Match” beim 2:1-Sieg seiner Türken über Österreich im EM-Achtelfinale. Allerdings fiel der Verteidiger nicht nur durch seinen Doppelpack auf, sondern ebenso mit einer fragwürdigen nationalistischen Geste. Beim Torjubel zeigte er mit beiden Händen den Wolfsgruß, dem Handzeichen der “Grauen Wölfe”. Auf X teilte er später ein Bild davon.

Als “Graue Wölfe” werden die Anhänger der nationalistischen und rechtsextremistischen “Ülkücü-Bewegung” bezeichnet, die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird. In der Türkei ist die ultranationalistische MHP ihre politische Vertretung und Bündnispartnerin der islamisch-konservativen AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan. In Deutschland wird die “Ülkücü-Bewegung” vom Verfassungsschutz beobachtet, verboten sind die “Grauen Wölfe” und der Wolfsgruß allerdings nicht.

Dem Bundesverfassungsschutz zufolge werde die Geste unter anderem genutzt, um politische Gegner öffentlich zu provozieren. Darauf angesprochen, was er denn damit ausdrücken wollte, antwortete Demiral nach dem Abpfiff: “Natürlich bin ich sehr glücklich, dass ich zwei Tore geschossen habe. Wie ich gefeiert habe, hat etwas mit meiner türkischen Identität zu tun. Ich habe Leute im Stadion gesehen, die auch diese Geste gemacht haben.”

“Es wird hoffentlich noch mehr Gelegenheiten geben, die Geste zu zeigen”

Auf Nachfrage betonte er allerdings auch nochmals, dass “keine versteckte Botschaft” dahinter stecke. “Wir sind alle Türken, ich bin sehr stolz darauf, Türke zu sein und das ist der Sinn dieser Geste”, sagte der 26-Jährige. “Ich wollte einfach nur demonstrieren, wie sehr ich mich freue und wie stolz ich bin. Es wird hoffentlich noch mehr Gelegenheiten geben, die Geste zu zeigen.”

Der Wolfsgruß ist in Deutschland zwar kein strafbares Symbol, jedoch wurden in der Vergangenheit bereits mehrfach politische Forderungen nach einem Verbot laut. In Österreich ist das Zeigen des türkischen Wolfsgrußes in der Öffentlichkeit verboten. Ob der Gruß aus Sicht der UEFA gegen die Regularien des Verbandes verstößt, wird sich noch zeigen.

Jannis Klimburg

Montella: “Ich habe das Herz der Türken gesehen”

Der größte Erfolg der türkischen Nationalmannschaft bei einem großen Turnier liegt nun schon 22 Jahre zurück. Bei der Weltmeisterschaft 2002 wurden sie Dritter. Sechs Jahre danach ein weiterer Höhepunkt: Bei der Europameisterschaft 2008 erreichten die Türken das Halbfinale. Das nächste Highlight könnte jetzt folgen.

Coach Vincenzo Montella war mächtig stolz auf seine Mannschaft.

Coach Vincenzo Montella war mächtig stolz auf seine Mannschaft.

IMAGO/Offside Sports Photography

Nach dem schmeichelhaften 2:1-Sieg über die Österreicher ist die Mannschaft von Trainer Vincenzo Montella jetzt nur noch einen Schritt davon entfernt, den Meilenstein von 2008 zu wiederholen. “Ich bin sehr stolz auf den Teamgeist der Mannschaft. Das war fantastisch für mich als Trainer zu sehen. Ich habe das Herz der Türken gesehen”, schwärmte der Italiener.

Das Viertelfinale erreichten sie nicht unbedingt durch spielerische Klasse und eine dominante Vorstellung, sondern viel mehr durch Grundtugenden wie Kampfgeist und Leidenschaft. Während die Türkei in der Gruppenphase gegen Georgien (3:1) und Tschechien (2:1) noch den Ton angab und sich mehr Chancen als der Gegner erarbeiten konnte, musste sie diesmal deutlich mehr leiden. Weil Österreich vor allem in Halbzeit zwei nach der Umstellung auf ein 4-2-2-2 den Druck erhöhte und die Türken eigentlich nur noch hinterherliefen, wanderte der Akku in der Schlussphase rapide gen Null.

Die Türkei verteidigte mit allen elf Spielern, stellte sich ausschließlich hinten rein, kam nur noch selten zu Kontermöglichkeiten und hatte im Endeffekt das Glück und Torhüter Mert Günok auf ihrer Seite, der vor allem mit seiner Parade gegen Christoph Baumgartners Kopfball (90.+5) das 2:1 über die Zeit rettete. “Es gab viele fantastische Paraden. Ich freue mich sehr für ihn und das gesamte Land”, sagte Montella.

Wie bereits bei den bisherigen vier EM-Partien dürften die türkischen Fans die Begegnung am Samstag in Berlin (21 Uhr) gegen die Niederlande einmal mehr zu einem Heimspiel verwandeln. “Wir haben sehr viele Fans. Diese Liebe ist wirklich unglaublich. Ich freue mich sehr, dass wir den türkischen Fans so viel Freude bereiten können”, sagte Montella.

Jannis Klimburg

Überragender Demiral: “Wir haben 90 Minuten lang gelitten”

Trotz deutlich weniger Spielanteilen erkämpfte sich die Türkei am Dienstagabend einen 2:1-Erfolg gegen Österreich und sicherte sich so den ersten Viertelfinaleinzug bei einer EM seit 2008. Nicht zuletzt dank eines Spielers.

Seine zwei Tore brachten die Türkei in EM-Viertelfinale: Merih Demiral.

Seine zwei Tore brachten die Türkei in EM-Viertelfinale: Merih Demiral.

IMAGO/Contrast

Das schnellste Tor überhaupt in einem Spiel der K.-o.-Runde, nach 47 Länderspielen zuvor mit zwei Toren erstmals gleich zwei Tore in einem Spiel – und dazu jede Menge gute Verteidigungsaktionen und geblockte Schüsse: Merih Demiral war zweifellos das Gesicht des türkischen Erfolges gegen die anrennenden Österreicher.

Schon nach 57 Sekunden hatte er nach einem durch den Strafraum flippernden Ball geistesgegenwärtig zum 1:0 abgestaubt. Anschließend verhinderte er unmittelbar vor der eigenen Torlinie nur wenig später gegen Christoph Baumgartner mit Glück und Geschick – inklusive Kontakt mit dem Leipziger – den schnellen Ausgleich.

Demiral: “Die letzten 15 Minuten waren unglaublich”

Auch im weiteren Verlauf der Partie war Demiral im eigenen Strafraum geradezu omnipräsent, gewann Kopfballduelle, klärte in brenzligen Situationen und war damit Turm in der Schlacht für sein Team. Und da war ja noch das 2:0, das der 26-Jährige ehemalige Spieler von Atalanta Bergamo (2021 bis 2023) und Juventus Turin (2019 bis 2021) erneut nach einem Eckball per Kopf erzielte.

“Ich bin natürlich super happy für die Fans und die Mannschaft. Wir haben 90 Minuten lang gelitten – und noch mehr in der Nachspielzeit”, spielte der Abwehrspieler auf die gut vierminütige Dreingabe an, in der Österreich beinahe noch den Ausgleich erzielt hätte. “Die letzten 15 Minuten waren unglaublich, wir haben noch super Bälle gerettet. Wir haben wahnsinnig hart gearbeitet”, fügte der Innenverteidiger von Al-Ahli (Saudi-Arabien) an.

Glückliche Fügungen und ein prominenter Vorreiter

Kurios: Demiral gehörte weder in den letzten beiden Vorbereitungsspielen vor der EM noch in den ersten beiden Partien bei der EURO 2024 gegen Georgien (3:1) und Portugal (0:3) zur Stammelf, in der jeweils Samet Akaydin und Abdülkerim Bardakci in der Innenverteidigung startete. Mit Ozan Kabak, der sich unmittelbar vor dem Turnier in Deutschland einen Kreuzbandriss zugezogen hatte, stand in der Hierarchie zunächst noch ein weiterer Akteur vor ihm.

Erstmals seit dem 1:6 gegen Österreich im Freundschaftsspiel Ende März rückte Demiral gegen Tschechien (2:1) im entscheidenden dritten Gruppenspiel doch in die Startelf, weil Bardakci mit einer Gelb-Sperre fehlte. Und nicht zuletzt weil sich Akaydin gegen Tschechien ebenfalls die zweite Gelbe Karte einhandelte, verblieb Demiral dort auch gegen Österreich – und wurde anschließend zum ersten Abwehrspieler seit Lilian Thuram bei der WM 1998 (beim 2:1 Frankreichs im Halbfinale gegen Kroatien), der in einem K.-o.-Runden-Spiel bei einem großen Turnier gleich zwei Tore erzielte.

Baumgartner: “Ich mache nicht so viel falsch”

Tränen statt Jubel: Österreichs Christoph Baumgartner hatte tief in der Nachspielzeit den Ausgleich auf dem Kopf, fand jedoch in Türkei-Keeper Mert Günok seinen Meister. Vorzuwerfen hatte sich der Leipzig-Legionär trotz der vergebenen Chance nicht allzu viel.

Christoph Baumgartner konnte es nicht fassen.

Christoph Baumgartner konnte es nicht fassen.

IMAGO/LaPresse

Aus Leipzig berichtet Nikolaus Fink

Beinahe hätte Christoph Baumgartner Fußball-Österreich doch noch erlöst. Der 24-Jährige machte bei seinem Kopfball in der fünften Minute der Nachspielzeit eigentlich alles richtig, doch Türkei-Torhüter Mert Günok reagierte mit einer sensationellen Parade und besiegelte somit Österreichs EM-Aus. Ein Umstand, der Baumgartner nach Schlusspfiff einige Tränen kostete.

EM-Achtelfinale

In der Mixed Zone zeigte sich Baumgartner trotz der großen Enttäuschung bereits wieder gefasst. “Ich glaube, ich mache nicht so viel falsch”, meinte der Leipzig-Legionär über die Szene des Spiels – und sprach Günok ein Lob für dessen sensationelle Rettungstat aus. “Das ist eine unglaubliche Parade von ihm, man kann ihm nur gratulieren.”

Wie außergewöhnlich die Parade des türkischen Schlussmanns tatsächlich war, zeigt auch ein Blick auf eine ganz besondere Zahl: 0,94. Es ist dies der Expected-Goal-Wert von Baumgartners Chance. Zum Vergleich: Elfmeter weisen einen xG-Wert von lediglich 0,77 auf.

Gregoritsch: “Eigentlich ein sicheres Tor”

“Ich glaube, das ist eine der besten Paraden, die ich jemals live auf dem Platz gesehen habe”, meinte daher Michael Gregoritsch, der seine Hände bereits zum Jubeln in die Höhe gerissen hatte. “Ich glaube, dass der Ball extrem schwer zu halten war. Unglaublich. Es war für mich eigentlich ein sicheres Tor.”

Ein Tor, das Österreich in die Verlängerung gebracht hätte. “Wir haben sicher nicht unser bestes Spiel gemacht, aber wir hätten die Partie genauso gewinnen oder zumindest in die Verlängerung kommen können”, erklärte Baumgartner. “Das Spielglück war heute absolut nicht auf unserer Seite.”

Arnautovic deutet Karriereende im ÖFB-Team an

Trotz eines aufopfernden Einsatzes muss sich das österreichische Nationalteam im EM-Achtelfinale der Türkei mit 1:2 geschlagen geben und verpasst erstmals den Einzug ins Viertelfinale. Dementsprechend tief sitzt der Stachel bei den ÖFB-Profis, Kapitän Marko Arnautovic denkt sogar über das Ende seiner Teamkarriere nach.

Die Enttäuschung über das EM-Aus war Marko Arnautovic ins Gesicht geschrieben.

Die Enttäuschung über das EM-Aus war Marko Arnautovic ins Gesicht geschrieben.

GEPA pictures

13 Torschüsse reichten dem österreichischen Nationalteam am Ende nicht, um den erstmaligen Einzug in das Viertelfinale einer Europameisterschaft zu schaffen. Durch die 1:2-Niederlage im Achtelfinale gegen die Türkei scheiterte die ÖFB-Auswahl wie bereits vor drei Jahren erneut in der ersten Runde der K.o.-Phase und muss sich trotz des Gruppensieges vom Turnier aus Deutschland verabschieden. Daran konnte auch Marko Arnautovic nichts ändern, der kurz nach Wiederanpfiff die große Chance auf den Ausgleich verpasste und dementsprechend geknickt nach dem bitteren Aus war.

EM – Achtelfinale

“Wahnsinn, dass wir so rausgehen aus diesem Spiel. Ich kann es nicht beschreiben, aber so ist Fußball”, rang der Inter-Mailand-Stürmer sichtlich nach Worten im Interview bei ServusTV. Obwohl man mit 13:5 Torschüssen letztlich ein deutliches Plus aufweisen konnte, musste man sich nach zwei Standard-Gegentoren dennoch knapp der türkischen Auswahl geschlagen. Der einzige Treffer durch Michael Gregoritsch war schlussendlich zu wenig, um doch noch für die Wende zu sorgen. “Gratulation an die türkische Mannschaft, sie haben 95 Minuten auf dem Platz ihr Leben gegeben, aber für uns ist es jetzt aus. Ich weiß gar nicht, welche Worte ich finden soll. Es ist sehr schade, dass wir rausgefallen sind.”

Rekordteamspieler und auf Platz zwei der Torschützenliste

Die Enttäuschung über das erneute Scheitern in einem EM-Achtelfinale brachte den 35-Jährigen auch zum Grübeln über seine eigene Zukunft im ÖFB-Team. Angesprochen, wie es nun weitergehe, ließ Arnautovic mit einem möglichen Team-Karriereende aufhorchen: “Ich bin sehr stolz, die Mannschaft als Kapitän auf das Feld geführt zu haben. Aber ich muss jetzt zu meiner Familie und über vieles nachdenken. Es kann sein, dass es das letzte Spiel für mich war. Ich muss das erstmal verkraften und dann wird man sehen. Wenn man sehen würde, wie es in mir drinnen aussieht, würde man mich auch verstehen. Das Gefühl gerade ist Wahnsinn.”

Ein Rücktritt des routinierten Angreifers wäre für die österreichische Mannschaft ein schwerer Schlag. Mit 115 Länderspielen ist der 35-Jährige nicht nur ÖFB-Rekordteamspieler, sondern mit 37 erzielten Treffern auch auf Platz zwei der ewigen Torschützenliste. Nur Toni Polster erzielte mit 44 Treffern noch mehr als der gebürtige Wiener, der nach dem heftigen Nackenschlag über alles Weitere erst nachdenken muss: “Ich bin Ralf Rangnick sehr dankbar für alles und welchen Einfluss er auf mich gehabt hat, aber ich muss jetzt alles mit meiner Familie reflektieren und alles rechargen. Es war eine sehr lange Saison mit Up and Downs. Für mich persönlich war es eine glückliche Saison, aber das heute hat alles nochmal geschlagen. Ich hoffe, dass ich diese Tage zu mir kommen kann und dann werde ich eine Entscheidung treffen.”

Ob diese für oder gegen das ÖFB-Team ausfallen wird, ist so früh nach einem der bittersten Abende seiner Karriere noch nicht zu sagen.