Matchwinner Demiral zeigt umstrittenen Wolfsgruß

Doppelpacker Merih Demiral jubelte beim 2:1-Sieg der Türkei im EM-Achtelfinale gegen Österreich mit einer umstrittenen Geste – und erklärte sich nach dem Schlusspfiff.

Sorgte gegen Österreich nicht nur mit seinen beiden Toren für Schlagzeilen: Merih Demiral.

Sorgte gegen Österreich nicht nur mit seinen beiden Toren für Schlagzeilen: Merih Demiral.

picture alliance / Sipa USA

Merih Demiral avancierte mit zwei Treffern zum “Man of the Match” beim 2:1-Sieg seiner Türken über Österreich im EM-Achtelfinale. Allerdings fiel der Verteidiger nicht nur durch seinen Doppelpack auf, sondern ebenso mit einer fragwürdigen nationalistischen Geste. Beim Torjubel zeigte er mit beiden Händen den Wolfsgruß, dem Handzeichen der “Grauen Wölfe”. Auf X teilte er später ein Bild davon.

Als “Graue Wölfe” werden die Anhänger der nationalistischen und rechtsextremistischen “Ülkücü-Bewegung” bezeichnet, die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird. In der Türkei ist die ultranationalistische MHP ihre politische Vertretung und Bündnispartnerin der islamisch-konservativen AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan. In Deutschland wird die “Ülkücü-Bewegung” vom Verfassungsschutz beobachtet, verboten sind die “Grauen Wölfe” und der Wolfsgruß allerdings nicht.

Dem Bundesverfassungsschutz zufolge werde die Geste unter anderem genutzt, um politische Gegner öffentlich zu provozieren. Darauf angesprochen, was er denn damit ausdrücken wollte, antwortete Demiral nach dem Abpfiff: “Natürlich bin ich sehr glücklich, dass ich zwei Tore geschossen habe. Wie ich gefeiert habe, hat etwas mit meiner türkischen Identität zu tun. Ich habe Leute im Stadion gesehen, die auch diese Geste gemacht haben.”

“Es wird hoffentlich noch mehr Gelegenheiten geben, die Geste zu zeigen”

Auf Nachfrage betonte er allerdings auch nochmals, dass “keine versteckte Botschaft” dahinter stecke. “Wir sind alle Türken, ich bin sehr stolz darauf, Türke zu sein und das ist der Sinn dieser Geste”, sagte der 26-Jährige. “Ich wollte einfach nur demonstrieren, wie sehr ich mich freue und wie stolz ich bin. Es wird hoffentlich noch mehr Gelegenheiten geben, die Geste zu zeigen.”

Der Wolfsgruß ist in Deutschland zwar kein strafbares Symbol, jedoch wurden in der Vergangenheit bereits mehrfach politische Forderungen nach einem Verbot laut. In Österreich ist das Zeigen des türkischen Wolfsgrußes in der Öffentlichkeit verboten. Ob der Gruß aus Sicht der UEFA gegen die Regularien des Verbandes verstößt, wird sich noch zeigen.

Jannis Klimburg

Überragender Demiral: “Wir haben 90 Minuten lang gelitten”

Trotz deutlich weniger Spielanteilen erkämpfte sich die Türkei am Dienstagabend einen 2:1-Erfolg gegen Österreich und sicherte sich so den ersten Viertelfinaleinzug bei einer EM seit 2008. Nicht zuletzt dank eines Spielers.

Seine zwei Tore brachten die Türkei in EM-Viertelfinale: Merih Demiral.

Seine zwei Tore brachten die Türkei in EM-Viertelfinale: Merih Demiral.

IMAGO/Contrast

Das schnellste Tor überhaupt in einem Spiel der K.-o.-Runde, nach 47 Länderspielen zuvor mit zwei Toren erstmals gleich zwei Tore in einem Spiel – und dazu jede Menge gute Verteidigungsaktionen und geblockte Schüsse: Merih Demiral war zweifellos das Gesicht des türkischen Erfolges gegen die anrennenden Österreicher.

Schon nach 57 Sekunden hatte er nach einem durch den Strafraum flippernden Ball geistesgegenwärtig zum 1:0 abgestaubt. Anschließend verhinderte er unmittelbar vor der eigenen Torlinie nur wenig später gegen Christoph Baumgartner mit Glück und Geschick – inklusive Kontakt mit dem Leipziger – den schnellen Ausgleich.

Demiral: “Die letzten 15 Minuten waren unglaublich”

Auch im weiteren Verlauf der Partie war Demiral im eigenen Strafraum geradezu omnipräsent, gewann Kopfballduelle, klärte in brenzligen Situationen und war damit Turm in der Schlacht für sein Team. Und da war ja noch das 2:0, das der 26-Jährige ehemalige Spieler von Atalanta Bergamo (2021 bis 2023) und Juventus Turin (2019 bis 2021) erneut nach einem Eckball per Kopf erzielte.

“Ich bin natürlich super happy für die Fans und die Mannschaft. Wir haben 90 Minuten lang gelitten – und noch mehr in der Nachspielzeit”, spielte der Abwehrspieler auf die gut vierminütige Dreingabe an, in der Österreich beinahe noch den Ausgleich erzielt hätte. “Die letzten 15 Minuten waren unglaublich, wir haben noch super Bälle gerettet. Wir haben wahnsinnig hart gearbeitet”, fügte der Innenverteidiger von Al-Ahli (Saudi-Arabien) an.

Glückliche Fügungen und ein prominenter Vorreiter

Kurios: Demiral gehörte weder in den letzten beiden Vorbereitungsspielen vor der EM noch in den ersten beiden Partien bei der EURO 2024 gegen Georgien (3:1) und Portugal (0:3) zur Stammelf, in der jeweils Samet Akaydin und Abdülkerim Bardakci in der Innenverteidigung startete. Mit Ozan Kabak, der sich unmittelbar vor dem Turnier in Deutschland einen Kreuzbandriss zugezogen hatte, stand in der Hierarchie zunächst noch ein weiterer Akteur vor ihm.

Erstmals seit dem 1:6 gegen Österreich im Freundschaftsspiel Ende März rückte Demiral gegen Tschechien (2:1) im entscheidenden dritten Gruppenspiel doch in die Startelf, weil Bardakci mit einer Gelb-Sperre fehlte. Und nicht zuletzt weil sich Akaydin gegen Tschechien ebenfalls die zweite Gelbe Karte einhandelte, verblieb Demiral dort auch gegen Österreich – und wurde anschließend zum ersten Abwehrspieler seit Lilian Thuram bei der WM 1998 (beim 2:1 Frankreichs im Halbfinale gegen Kroatien), der in einem K.-o.-Runden-Spiel bei einem großen Turnier gleich zwei Tore erzielte.

Die Türkei-Ekstase im Video: Doppelpacker Demiral schockt Österreich

Highlights by MagentaTV 03.07.2024

Die Türkei-Ekstase im Video: Doppelpacker Demiral schockt Österreich

6:13Die Türkei steht für viele überraschend im Viertelfinale der EM 2024. Das favorisierte Österreich wird gleich doppelt von Merih Demiral geschockt und kann trotz Michael Gregoritschs Anschlusstreffer das Ausscheiden nicht verhindern. Nun steht für die Türkei das EM-Viertelfinale in Berlin am Samstag (21 Uhr) gegen die Niederlande an.