Nagelsmanns klares Bekenntnis

Die Verlängerung von Julian Nagelsmann beim DFB bis 2026 war im Vorfeld der März-Länderspiele zumindest mit diesem Tempo noch nicht absehbar. Sie ist vor allem vom Bundestrainer selbst ein ganz wichtiges Signal so kurz vor der Heim-EM. Ein Kommentar von kicker-Reporter Sebastian Wolff.

Schuf Planungssicherheit: Julian Nagelsmann.

Schuf Planungssicherheit: Julian Nagelsmann.

Die Bemühungen der DFB-Oberen rund um den jüngsten Lehrgang waren intensiv und auch nach außen hin offensiv, nachdem Nagelsmann bei der Nominierungs-Pressekonferenz erstmals angedeutet hatte, dass er gern seine Zukunft geklärt hätte. Interpretiert wurden seine Aussagen in erster Linie dahingehend, dass ihn eine Rückkehr in den Vereinsfußball reize, zumal er auch rund um die beiden Spiele in Frankreich (2:0) und gegen die Niederlande (2:1) immer wieder angedeutet hatte, dass er in der täglichen Arbeit mit einer Mannschaft als Fußballlehrer anders wirken könne als beim Verband.

Die kommenden DFB-Länderspiele

Klar ist: Die Möglichkeit zur Rückkehr in einen Klub hat für den 36-Jährigen bestanden. Und ebenso klar ist: Eine Unterschrift bei einem neuen Arbeitgeber noch vor Turnierbeginn hätte nicht gleich einen totalen Stimmungskiller bedeutet, zumindest aber die Fläche für ein Störfeuer geboten.

Nagelsmanns jetzt erfolgtes Ja-Wort ist somit nicht nur eine Unterschrift unter ein Schriftstück, es ist vor allem auch ein klares Bekenntnis, dass er sich mit Haut und Haar der Heim-EM und der Aufgabe beim DFB verschreibt. Und es belegt außerdem, wie wichtig ihm das Gefühl von absolutem Vertrauen ist. Bei seinem Traum- und Ex-Klub FC Bayern war er ein heißer Kandidat, hatte aber nicht die volle Rückendeckung aller Entscheidungsträger gespürt.

Die Gemengelage beim DFB ist anders: Von Sportdirektor Rudi Völler über Präsident Bernd Neuendorf bis hin zu Geschäftsführer Andreas Rettig haben alle intensiv um Nagelsmann gekämpft und sicher mit ihrer internen wie öffentlichen Charmeoffensive den Ausschlag für dessen Entscheidung gegeben.

Das Bekenntnis zu diesem Zeitpunkt ist nicht nur ein klares Signal von Nagelsmann selbst, der Vertragsabschluss ist auch ein wichtiges Zeichen des DFB: Nach der Verlängerung mit Sportdirektor Völler ist die zweite entscheidende Personalie geklärt, Zukunftsdebatten rund um das Turnier sind damit ausgeschlossen. Dass diese im Falle eines kläglichen Scheiterns im Nachgang dennoch geführt würden und auch dieses Szenario zumindest in den Hinterköpfen aller Protagonisten verankert ist, macht die nun geschaffene Klarheit umso wertvoller.

DFB verlängert vorzeitig mit Nagelsmann – die richtige Entscheidung?

Rund zwei Monate vor Beginn der Heim-Europameisterschaft hat der DFB die Zusammenarbeit mit Bundestrainer Julian Nagelsmann vorzeitig ausgedehnt. Ist die Verlängerung bis zur WM 2026 die richtige Entscheidung?

Gehen gemeinsam in die Zukunft: DFB-Direktor Rudi Völler und Bundestrainer Julian Nagelsmann.

Gehen gemeinsam in die Zukunft: DFB-Direktor Rudi Völler und Bundestrainer Julian Nagelsmann.

IMAGO/Kirchner-Media

Als Julian Nagelsmann im September 2023 die Nationalmannschaft übernahm, war seine Amtszeit beim DFB zunächst bis zum Ende der Heim-Europameisterschaft 2024 befristet. Unter seiner Leitung fand die DFB-Elf nach enttäuschenden Jahren jedoch in die Spur, weshalb DFB-Präsident Bernd Neuendorf bereits im März bestätigte, gerne langfristig mit dem 36-Jährigen arbeiten zu wollen.

Rückkehr zum FC Bayern vom Tisch

Nagelsmann war zuletzt aber auch bei seinem Ex-Klub Bayern München im Gespräch, wo er im Anschluss an die EM seinen scheidenden Nachfolger Thomas Tuchel beerben sollte. Diese Option ist nun durch Nagelsmanns Verlängerung bis zur WM 2026 vom Tisch.

Wir wollen nun wissen: Ist die Entscheidung des DFB, unabhängig vom Ausgang des Heim-Turniers, das am 14. Juni (21 Uhr, LIVE! bei kicker) mit dem Auftaktspiel gegen Schottland beginnt, mit Nagelsmann zu verlängern, die richtige?

Vielen Dank für die Teilnahme!

Bundestrainer Nagelsmann verlängert beim DFB bis 2026

Julian Nagelsmann wird nicht als Trainer zum FC Bayern zurückkehren. Der 36-Jährige verlängert vielmehr seinen Vertrag als Nationaltrainer beim DFB bis 2026.

Bleibt dem DFB erhalten: Julian Nagelsmann.

Bleibt dem DFB erhalten: Julian Nagelsmann.

IMAGO/Revierfoto

“Das ist eine Entscheidung des Herzens. Es ist eine große Ehre, die Nationalmannschaft trainieren und mit den besten Spielern des Landes arbeiten zu dürfen. Mit erfolgreichen, leidenschaftlichen Auftritten haben wir dabei die Chance, ein ganzes Land mitzureißen”, wurde Nagelsmann in einer offiziellen Meldung zitiert.

Nagelsmann hatte das Amt im September 2023 von Hansi Flick übernommen. Der neue Vertrag des 36-Jährigen läuft bis zum Abschluss der nächsten WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko. Damit ist eine Rückkehr zum FC Bayern München vorerst vom Tisch, der Rekordmeister ist nach wie vor auf der Suche nach einem Nachfolger für Thomas Tuchel, der am Saisonende beim FCB aufhört.

Weitere Informationen folgen in Kürze …

“Nach Kohli krähte kein Hahn, einfach vergessen”

Nicht alle Helden von Bern blieben solche. 100 Jahre alt wäre Werner Kohlmeyer am Freitag geworden. Kurator Hagen Leopold erzählt.

Bei der Kranzniederlegung auf dem Kaiserslauterer Hauptfriedhof an diesem Freitag wird Hagen Leopold zugegen sein. Der Kurator hat in seiner Ausstellung zu Ottmar Walter, die im Stadtmuseum wegen des großen Erfolges bis zum 18. Mai verlängert wird, auch Werner Kohlmeyer thematisiert.

Warum haben Sie dem Kaiserslauterer 54er Weltmeister Werner Kohlmeyer nur eine Vitrine gewidmet und nicht wie bei Fritz oder Ottmar Walter eine eigene Ausstellung, Herr Leopold?

Das ist schlichtweg nicht möglich, weil es kein entsprechendes Ausstellungsmaterial gibt. Außer Pressebildern ist fast nichts mehr vorhanden, von seinen WM-Devotionalien ist nur die Medaille übrig, der Rest wurde in alle Winde zerstreut. Die Familie hat praktisch gar nichts mehr von ihm.

Kohlmeyer sei ein geborener Verteidiger gewesen mit einem Schuss wie ein Pferd. Was zeichnete diesen “Mordskerl”, wie ihn WM-Final-Kommentator Herbert Zimmermann nannte, fußballerisch noch aus?

Als Linksverteidiger hatte er neben einem schnellen Antritt die Gabe, wie ein Torwart zu denken. Sein Stellungsspiel war herausragend, und weil er sehr gut antizipiert hat, kam es bei der WM zu diesen Rettungstaten. Keine Ahnung, wie oft er für den FCK in ähnlicher Weise für den geschlagenen Torwart geblockt hat.

Bundestrainer Sepp Herberger soll ihn geschätzt haben, weil er “nicht für die Kulisse spielte, sondern sich in den Dienst der Mannschaft stellte”.

Kohli war keiner, der für die Galerie spielte, er war sich nicht zu schade, den Ball unters Tribünendach zu dreschen. Aber obwohl er auf den ersten Metern präsent war und dem Gegner kaum Raum ließ, war er kein unfairer Verteidiger, ganz anders als sein Klubkollege Werner Liebrich.

In den Archiven wird er als Pfälzer Fünfkampfmeister geführt, der die 100 Meter um die elf Sekunden lief.

Von der Statur her war er ein kräftiger, bulliger Typ. Und obwohl Kohlmeyer zu viel Leibesfülle hatte für einen Sportler dieser Art, war er ein Multitalent über den Fußball hinaus. Während er in der FCK-Jugend spielte, glänzte er auch als Leichtathlet.

Kohli war für jeden Spaß zu haben. Karten spielen, Musik machen, singen: Er war immer ganz vorne dabei, wenn es um die Kameradschaft ging.

Hagen Leopold

Ein Job als Buchhalter, eine Lehrerin als Ehefrau und drei Kinder: Wie war Kohlmeyer abseits des Platzes?

Hilfsbereit, zuverlässig und gutmütig, so wird er charakterisiert. Und er war immer der gesellige Typ, einer, der gerne Musik gemacht hat. Es gibt Bilder, da spielt er Violine während der WM. Ich dachte erst, das wären gestellte Fotos mit ihm an der Violine und Helmut Rahn mit dem Schifferklavier. Aber dann erfuhr ich, dass er als Jugendlicher in einem Gau-Orchester gespielt hat.

Von seinem Mitspieler Werner Liebrich ist dieses Zitat überliefert: “Kohli war immer zu Streichen aufgelegt, dann aber auch sehr eigenbrötlerisch. Wenn wir alle ein blaues Sakko trugen, kam er mit Sicherheit im grünen. Im Spiel aber war auf ihn absolut Verlass, er war ein exzellenter Kamerad.”

Das kann man genau so stehen lassen. Kohli war für jeden Spaß zu haben. Karten spielen, Musik machen, singen: Er war immer ganz vorne dabei, wenn es um die Kameradschaft ging. Und vielleicht hat ihm genau das später das Genick gebrochen.

Sie thematisieren in Ihrer aktuellen Ausstellung “100 Jahre unser Ottes” Werner Kohlmeyer als Gegenpol zu Ottmar Walter. Warum?

Die beiden haben von der Jugend an im selben Jahrgang gespielt und dieselben Erfolge erzielt. Ihre Karrieren verliefen komplett im Gleichschritt, inklusive Spielsucht und Alkoholprobleme – mit einem signifikanten Unterschied: Ottmar Walter hat diese Lebenskrise gemeistert, weil er die Chancen, die ihm geboten wurden, ergriffen hat. Auch Kohlmeyer hat es nicht an Hilfestellungen gefehlt. Aber er hat in die ausgestreckten Hände durch seinen unkontrollierten Alkoholkonsum stets selbst hineingebissen. Durch die Spielsucht, die Schulden und den Alkohol ging die Ehe in die Brüche. Gegen einen Deckel Bierschulden im Wirtshaus hat er seine WM-Medaille versetzt. Er ist so tief abgerutscht, dass er wie ein Clochard auf der Straße gelebt hat.

Wie sahen diese Hilfestellungen aus?

Bei Ottmar Walter hat zum Beispiel Herberger nach dessen Selbstmordversuch entscheidend eingegriffen. Herberger hat immer wieder versucht, Kohlmeyer unter die Arme zu greifen, ihm Türen geöffnet und Arbeit vermittelt. Verschiedene Jobangebote nahm er auch wahr, aber das ging nur eine gewisse Zeit gut. Herberger hat ihm sogar einen Kredit besorgt und diesen privat vorfinanziert, im Zuge meiner Recherchen im Herberger-Nachlass habe ich den Schriftverkehr gesehen.

Das soll dem DFB nicht gefallen haben.

Es gibt ein Schreiben von DFB-Präsident Hermann Gößmann, der darin mahnend den Zeigefinger hebt: “Herr Herberger, verheben Sie sich nicht, Sie wissen, dass Sie allein im Risiko sind.” Der Bundestrainer hat dennoch 10.000 Mark überwiesen. Und auch in die Hilfeschreie von Kohlmeyers Frau Carola – in Form von handschriftlichen Briefen – hatte ich Einblick. Die gehen einem durch Mark und Bein, sie hat ihr Innerstes nach außen gekehrt. Die Familie hat enorm unter der Situation gelitten und sich später komplett von ihm abgewendet.

Der 2013 verstorbene Spiegel-Reporter Jürgen Leinemann schrieb in der Herberger-Biografie: “Die Weltmeisterschaft war wie eine Versuchung in ihr Leben eingebrochen und in der Tat hatten es die meisten schwer, damit fertigzuwerden.”

Ich würde schon sagen, dass einige Schwierigkeiten hatten, das im Nachgang zu verarbeiten. Das fing schon mit der Spaltung innerhalb des Teams an: hier die erste Elf, da das zweite Glied. Bei vielen Veranstaltungen, etwa bei Fernsehformaten wie “Der blaue Bock”, wurden immer nur die Stammspieler eingeladen. Oder nehmen wir die WM-Plakette. Es wurden lediglich elf Exemplare überreicht. Und nur weil Herberger sich für die anderen eingesetzt und die restlichen bei derselben Goldschmiede in Auftrag gegeben hat, erhielten alle eine. Wenn ich mir allein die Lebenskrisen bei Ottmar Walter, Helmut Rahn oder Kohlmeyer betrachte, ist das eine bedauerliche Quote. Wie bilanzierte Fritz Walter so treffend: Der Lebenskampf ist schwieriger als der Fußballkampf.

Eine der Kohlmeyer-Töchter sagte einmal: “Unser Vater und auch die anderen Weltmeister waren nicht darauf vorbereitet, wie man mit Ruhm und all der Aufmerksamkeit umzugehen hat.”

Das ist nachvollziehbar, viele waren null dafür präpariert, was auf sie einprasselt. Ottmar Walter hat einmal bei einem Empfang bemängelt, dass “du es weder genießen noch verarbeiten konntest. Plötzlich standest du dem Bundespräsidenten gegenüber.”

FCK

Ein Denkmal vor dem Fritz-Walter-Stadion mit den FCK-Legenden Werner Liebrich, Fritz Walter, Werner Kohlmeyer, Horst Eckel und Ottmar Walter.
IMAGO/alimdi

Von Kohlmeyer selbst stammt dieses Zitat, nachdem er sich wieder gefangen hatte: “Vielleicht war es der größte Fehler, dass ich Fußball gespielt habe.”

Die Familie verloren, auf der Straße gelebt – er war ganz, ganz unten. Und es schien, als habe sich niemand um ihn gekümmert. Bei dieser Tragik liegt ein solches Resümee nahe. Er hat es allein dem Journalisten Werner Höllein von der Allgemeinen Zeitung in Mainz zu verdanken, dass er nach diversen Hilfsarbeiterjobs ab 1972 Boden unter die Füße bekam dank einer Anstellung als Nachtportier.

1974, mit nicht einmal 50 Jahren, starb Kohlmeyer als Erster der Berner Elf.

Und er ist in aller Stille beerdigt worden. 25 Jahre später wurde das Grab eingeebnet, weil die Familie aus verständlichen Gründen kein Geld mehr in die Hand genommen hat, um das Grab zu verlängern. Erst 2017 ist ein Gedenkstein auf dem Hauptfriedhof in Kaiserslautern aufgestellt worden.

Sie nennen Kohlmeyer den vergessenen Weltmeister und haben einen Anteil daran, dass man seinem Namen in Kaiserslautern wieder begegnet. 2007 wurde ein Stadiontor nach ihm benannt, zehn Jahre später folgte der Gedenkstein, in Morlautern eine Straße.

Im Jahr 2003, bei meiner Gedenkveranstaltung zum ersten Todestag von Fritz Walter, habe ich es eine Schande genannt, dass es in Kaiserslautern keinen einzigen Nachweis für die Existenz von Kohlmeyer gibt. Kein Hahn hat damals mehr nach ihm gekräht, er war einfach vergessen.

Dieses Interview erschien erstmals in der kicker-Donnerstagsausgabe am 18. April

Interview: Uwe Röser

Stützle sagt für die WM ab – Peterka kommt

Ein NHL-Star sagt ab, ein anderer kommt. Die deutsche Nationalmannschaft kann bei der WM in Tschechien auf J.J. Peterka bauen.

Will in Tschechien für Deutschland auf Torejagd gehen: J.J. Peterka.

Will in Tschechien für Deutschland auf Torejagd gehen: J.J. Peterka.

IMAGO/USA TODAY Network

Vize-Weltmeister Deutschland muss bei der Eishockey-WM in Tschechien auf NHL-Profi Tim Stützle verzichten, dafür ist John-Jason Peterka wieder mit dabei. Stützle sagte am Donnerstag seine Teilnahme an dem Turnier in Prag und Ostrava (10. bis 26. Mai) ab. Er habe schon länger Probleme mit der Schulter, sagte Stützle bei der Saisonabschluss-Pressekonferenz der Ottawa Senators. Er wolle die Verletzung im Sommer auskurieren. Mit 18 Toren und starken 52 Assists hat der Center starke Zahlen abgeliefert.

Peterka kündigte dageben bei den Buffalo Sabres an, dass er für die WM zur Verfügung steht. Dem gebürtigen Münchner, beim Silber-Coup im vergangenen Jahr bester Stürmer, ist in seiner dritten NHL-Saison mit 50 Scorer-Punkten (28 Tore, 22 Assists) der Durchbruch gelungen.

Stützle fehlte schon in Finnland und Lettland

Stützle hatte bereits bei der WM in Finnland und Lettland wegen einer Handverletzung gefehlt. 2022 hatte er sich eine Knieverletzung zugezogen und durfte auf Anweisung seines NHL-Arbeitgebers nicht mehr eingesetzt werden.

Deutschland eröffnet die WM aus seiner Sicht in der Gruppe B am 10. Mai mit einem Duell mit der Slowakei.

“Es wird ganz anders”: Popp, das DFB-Team und der spezielle Sommer

Auf die Nationalmannschaft und Kapitänin Alexandra Popp wartet ein gewöhnungsbedürftiges Sommerprogramm. Eine normale Olympia-Vorbereitung ist nicht möglich. Die DFB-Spielerinnen müssen den Spagat schaffen.

Steht vor interessanten Wochen: DFB-Kapitänin Alexandra Popp.

Steht vor interessanten Wochen: DFB-Kapitänin Alexandra Popp.

IMAGO/Beautiful Sports

Es wird ein langer und spezieller Sommer für die Nationalspielerinnen, das ist schon mal sicher. Denn wenn der allerletzte Bundesliga-Spieltag im Mai vorbei ist, dann stehen knapp zwei Wochen später erst einmal zwei EM-Qualifikationsspiele an. Sind die absolviert, folgt eine mehrwöchige Pause, ehe die nächsten Zulassungsduelle für die EM 2025 zu bestreiten sind. Und erst nachdem diese Qualifikationsphase mit der Partie gegen Österreich am 16. Juli abgeschlossen ist, kann sich die Nationalelf voll und ganz auf ihr Olympia-Abenteuer einlassen. Das wiederum beginnt schon am 25. Juli mit dem Gruppenspiel gegen Australien.

Für die DFB-Auswahl ist es ein gewöhnungsbedürftiges Programm. “Es wird eine ganz andere Vorbereitung als sonst”, sagte Kapitänin Alexandra Popp am Rande einer Talkrunde vor dem DFB-Pokal-Finale zwischen dem FC Bayern und ihrem VfL Wolfsburg. “Sonst”, erklärte Popp, “haben wir explizite Vorbereitungslehrgänge und möglichst gezielte Testspiele gegen Mannschaften, die ein Stück weit ähnlich spielen wie die Turniergegner. Das haben wir jetzt gar nicht.”

Popp und Co. müssen den Spagat schaffen

Es ist schlicht und ergreifend nicht möglich, weil noch die EM-Qualifikation ansteht und es, wie Popp betonte, in jedem Spiel vor dem Olympia-Turnier “ums Ganze” gehe. Vielleicht, sagte die Angreiferin, werde diese Konstellation sogar zum Vorteil, “weil du die ganze Zeit voll und ganz da sein musst”. Zu einer größeren Herausforderung könne schon eher die Phase werden, “in der wir zwischen den Lehrgängen eine Pause haben”. Schließlich müssen die Nationalspielerinnen in dieser Zeit den perfekten Spagat schaffen.

zum DFB-Pokal

So gehe es einerseits darum, “so gut zu regenerieren, dass wir mit einer sehr, sehr guten Frische ins Turnier starten können”. Andererseits aber müsse die körperliche Fitness auf einem guten Level gehalten werden. Zumal bei Olympia in Frankreich hohe Temperaturen zu erwarten sind, die Partien in kurzen zeitlichen Abständen anstehen und nur ein 18er-Aufgebot erlaubt ist. “Ich weiß”, sagte Popp, “dass sowohl der DFB als auch die Vereine in einem guten Austausch sind und wir mit Sicherheit die einen oder anderen Trainingspläne mitbekommen, um fit ins Turnier zu kommen.”

Popp lässt ihre DFB-Zukunft weiterhin offen

Ob es für sie das letzte Turnier mit der Nationalelf wird? Popp ließ ihre DFB-Zukunft erneut offen. Ihre Entscheidung hänge “natürlich” von ihrer Motivation und ihrer körperlichen Fitness ab, “das ist das A und O”. Kürzlich und damit schon vor Olympia trat bereits VfL-Kollegin Svenja Huth (33) zurück. Ein Schritt, den Popp als “extrem schade und auch traurig” bezeichnete. Abzuwarten bleibt, wie sich die 33-jährige Stürmerin selbst entscheidet. Klar ist: Sie denkt schon längst an den Generationswechsel.

Da neben ihr noch andere DFB-Kräfte in einem schon fortgeschrittenen Fußballerinnen-Alter sind – Marina Hegering (34), Kathrin Hendrich (32) oder Sara Doorsoun (32) beispielsweise -, “müssen wir natürlich schauen, wie wir die jüngeren Spielerinnen mit in die Verantwortung nehmen”, sagte Popp, die zuletzt mit einer Knieverletzung ausgefallen und von Bayerns Giulia Gwinn (24) bei den vergangenen zwei EM-Qualifikationsspielen als Kapitänin ersetzt worden war.

Popp lobt DFB-Aushilfskapitänin Gwinn

“Sie hat es mit Bravour gemeistert”, lobte Popp, die die Rechtsverteidigerin als Kandidatin für diesen Posten ebenfalls auf dem Zettel hatte. Und irgendwann von ihr beerbt werden könnte? Das ist zunächst Zukunftsmusik. Erst einmal gilt es für Popp, die laut eigener Auskunft an diesem Sonntag im Ligaspiel beim MSV Duisburg ihr Comeback feiern könnte, den DFB-Pokal zu gewinnen, an der EM-Qualifikation mitzuwirken und bei den Olympischen Spielen in Frankreich zu reüssieren. Es wird ein langer und spezieller Sommer, das ist schon mal sicher.

Leon Elspaß

Bayern-Halbfinale hat Folgen für Nagelsmann

Zahlreiche deutsche Nationalspieler stehen im Champions-League-Halbfinale. Das beeinflusst auch die EM-Vorbereitung von Bundestrainer Julian Nagelsmann.

Wird im EM-Trainingslager nicht seinen ganzen Kader zur Verfügung haben: Bundestrainer Julian Nagelsmann.

Wird im EM-Trainingslager nicht seinen ganzen Kader zur Verfügung haben: Bundestrainer Julian Nagelsmann.

IMAGO/Revierfoto

Toni Kroos kennt die Situation als 108-maliger deutscher Nationalspieler und fünfmaliger Champions-League-Sieger schon gut: Vor EM- und WM-Turnieren wird die Vorbereitung für die Auswahlspieler, die im wichtigsten Europapokal-Wettbewerb bis zum Schluss dabei sind, regelmäßig kurz. In diesem Jahr werden vor der Heim-EM gleich mehrere DFB-Schützlinge betroffen sein.

Weil der FC Bayern im Champions-League-Halbfinale auf Real Madrid trifft, steht schon jetzt fest, dass mindestens zwei deutsche Nationalspieler das Trainingslager der DFB-Auswahl im Weimarer Land verpassen werden. Dieses ist vom 26. bis zum 31. Mai angesetzt – das Endspiel in der Königsklasse steigt aber erst am 1. Juni (21 Uhr, LIVE! bei kicker) in Wembley.

Die Bayern, die sich im Viertelfinale gegen den FC Arsenal durchsetzten (2:2/1:0), treffen unter anderem mit Manuel Neuer, Joshua Kimmich, Jamal Musiala, Thomas Müller, Aleksandar Pavlovic, Leroy Sané und Leon Goretzka im Halbfinale auf Real um Kroos und Antonio Rüdiger. Eine Fraktion wird am 1. Juni also um den Henkelpott spielen.

Gegner könnte dann der BVB sein, von dem Bundestrainer Julian Nagelsmann zuletzt nur Angreifer Niclas Füllkrug einlud. Bei Dortmunds Halbfinalgegner Paris Saint-Germain ist kein deutscher Nationalspieler aktiv. “Natürlich ist es gut, wenn alle da wären”, hatte Nagelsmann im März gesagt, bei ihm überwiege aber “die Freude, wenn Spieler ins Champions-League-Finale kommen”.

Wenn die DFB-Auswahl ihr EM-Quartier bezieht, werden Kadermitglieder fehlen

Das Europa-League-Endspiel, das Bayer 04 Leverkusen um Florian Wirtz, Robert Andrich und Jonathan Tah noch im Visier hat, findet bereits am 22. Mai in Dublin statt und damit vor Beginn des DFB-Trainingslagers. Allerdings sind die Leverkusener vier Tage später noch im DFB-Pokal-Finale gegen den 1. FC Kaiserslautern gefordert.

Nach Abschluss des Trainingslagers bezieht Nagelsmann mit seiner Mannschaft am 31. Mai das EM-Quartier in Herzogenaurach – auch da werden Mitglieder des EM-Kaders also zunächst noch fehlen. Die letzten Testspiele vor der EM sind am 3. Juni gegen die Ukraine in Nürnberg und am 7. Juni gegen Griechenland in Mönchengladbach vorgesehen. Exakt eine Woche später beginnt die EM in München mit dem Eröffnungsspiel zwischen Deutschland und Schottland.