Wer überträgt Türkei gegen Portugal live im TV & Stream?

Die Türkei und Portugal haben zum Auftakt ihrer EM-Gruppe jeweils einen Dreier eingefahren – nun geht es im direkten Duell sogar schon um den Gruppensieg. Hier gibt es alle Infos, wo die Partie im TV und Stream übertragen wird.

Die beiden Kapitäne im Fokus: Hakan Calhanoglu (Türkei, li.) und Cristiano Ronaldo (Portugal).

Die beiden Kapitäne im Fokus: Hakan Calhanoglu (Türkei, li.) und Cristiano Ronaldo (Portugal).

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Am heutigen Samstag, den 22. Juni 2024, steigt das Duell zwischen der Türkei und Portugal. Anstoß im Topspiel der Gruppe F ist um 18 Uhr in Dortmund.

Wer holt sich den Gruppensieg?

Beide Teams sind mit einem Erfolgserlebnis in die EM 2024 gestartet. Während Portugal allerdings nicht überzeugte und gegen Tschechien einen Lucky Punch in der Nachspielzeit zum 2:1-Sieg benötigte, gewann die Türkei ein furioses Spiel gegen EM-Neuling Georgien mit 3:1.

Damit belegen die Türken nach dem ersten Spieltag Platz 1 in Gruppe F, Portugal folgt dahinter auf Platz 2. Da sich die Verfolger Tschechien und Georgien am Nachmittag nur remis trennten (1:1), geht es nun sogar schon um den Gruppensieg: Der Sieger der Partie Türkei gegen Portugal ist nicht mehr von Platz 1 zu verdrängen.

Genug Ansporn für die Türkei um Kapitän Hakan Calhanoglu und Portugal mit Cristiano Ronaldo, Höchstleistungen abzuliefern. Den “Heimvorteil” in Dortmund werden sicherlich die Türken auf ihrer Seite haben.

Wo wird Türkei gegen Portugal übertragen?

Für die Übertragung der Partie Türkei gegen Portugal ist das ZDF verantwortlich. Um 17.05 Uhr startet die Vorberichterstattung, pünktlich zum Anstoß um 18 Uhr übernimmt Kommentator Oliver Schmidt aus Dortmund. Der öffentlich-rechtliche Sender bietet auch einen kostenlosen Livestream an.

Zudem habt ihr die Möglichkeit, das Spiel auf MagentaTV zu schauen. Der Pay-TV-Anbieter hat alle 51 Spiele der EM 2024 im Angebot, einige davon sogar exklusiv.

Der Überblick

Partie: Türkei gegen Portugal, EM 2024, 2. Spieltag, Gruppe F
Datum: Samstag, 22. Juni 2024, 18 Uhr
Ort: BVB-Stadion Dortmund
Übertragung: ZDF, MagentaTV

Arda Güler: Wenn Floskeln veralten

Seit seinem fulminanten Auftritt gegen Georgien ist Arda Güler in aller Munde. Über einen schüchternen Typen, der schon seine Mutter zum Weinen brachte – und Carlo Ancelotti in die Bredouille bringt.

Links bei der Real-Vorstellung, rechts auf Händen getragen: Arda Güler.

Links bei der Real-Vorstellung, rechts auf Händen getragen: Arda Güler.

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Eine Frage zu Arda Güler? Carlo Ancelotti zögerte nicht lang. Ernste Miene, Augenbraue hoch, dann quollen beim Italiener reflexartig die Standardfloskeln hervor. Und die klangen monatelang in etwa so: “Arda Güler ist ein Spieler mit großer Zukunft. Er muss noch viel lernen und geduldig sein. Seine Zeit wird kommen.”

Türkeis EM-Spiele

Doch wer weiß, was gewesen wäre, wenn: Wenn Arda Güler sich nicht kurz nach seinem Wechsel zu den Königlichen im August 2023 einer Meniskus-Operation hätte unterziehen müssen. Wenn er sich nicht kurz vor dem Comeback einen Muskelfaserriss zugezogen hätte. Und wenn seine Konkurrenten im offensiven Mittelfeld nach der Genesung vielleicht mal geschwächelt hätten.

Es waren keine leichten ersten Monate bei Real, und so blieb Arda Güler nichts anderes übrig als das zu tun, was Ancelotti verlangte: geduldig sein. Als Real Madrid als Meister feststand, kam der dribbel- und vor allem abschlussstarke Kreativspieler vermehrt zu Einsatzzeiten und ließ sein Potenzial regelmäßig aufblitzen. Ende Januar 2024 feierte er sein Ligadebüt, holte in seinem zweiten Kurzeinsatz einen Elfmeter heraus, erzielte im vierten sein erstes Tor (bei gerade mal fünf Minuten Spielzeit). In seinen letzten fünf Saisonspielen traf er fünfmal, beim 4:4 in Villarreal gelang ihm der erste Doppelpack. Von Ancelottis Floskelsätzen hatte plötzlich nur noch der erste Relevanz.

Tränen bei der Mutter und ein “Frühstart”

Er ist ein besonderer Typ, dieser Arda Güler, das war schon bei seiner Vorstellung in Madrid im Juli 2023 klar geworden. Seine bei der Pressekonferenz anwesende Mutter weinte vor Stolz, als ein Einspieler ihres Sohnes gezeigt wurde. Arda grinste breit, wischte ihre Tränen weg und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Als Präsident Florentino Perez eine seiner berühmt-berüchtigten Antrittsreden schwang, missverstand der Türke eine Unterbrechung, betrat viel zu früh die Bühne und stand etwas verloren neben dem Präsidenten. Und als er dann selbst das Wort ergriff, sagte er, dass er bei Real “eine Legende” werden wolle.

Große Worte eines damals recht schüchtern wirkenden 18-Jährigen mit eher schmalen als breiten Schultern. Und eher eine Ausnahme. Nicht nur fußballerisch erinnert Arda Güler an einen Spieler, der auch türkische Wurzeln hat, auch bei Real Madrid spielte, auch kein Typ für die große Show war. Da verwundert es auch nicht weiter, dass Arda Güler über Mesut Özil sagte, die beiden seien “wie Brüder”. Für eine kurze Weile spielten die beiden Filigran-Techniker mit den begnadeten linken Füßen sogar bei Fenerbahce zusammen.

“Arda! Er ist sehr schüchtern”

Ins Rampenlicht muss Arda Güler eher gezerrt werden. Bei der Siegesfeier nach dem Champions-League-Sieg in Madrid schnappte sich Ancelotti das Mikrofon und sagte, er wollte jetzt mal einen “sehr interessanten Jungen” vorstellen. “Arda! Er ist sehr schüchtern. Na los!” Er schlug sich gar nicht so übel. “Hallo, Madridistas. Wir sind wie eine Familie, danke für alles“, sagte er lachend. Und verschwand wieder in der zweiten Reihe.

Sicherlich eine aus der Euphorie entstandene Szene. Aber würde man jemanden so präsentieren, den man bald wieder loswerden will? Real baut auf den Hochbegabten, den man nicht von ungefähr dem FC Barcelona weggeschnappt und mit einem Sechsjahresvertrag ausgestattet hat. 20 Millionen Euro überwies Real an Fenerbahce, auch keine Kleinigkeit.

Der erste EM-Auftritt wird Madrid bestärkt haben, alles richtig gemacht zu haben. Man of the Match beim 3:1 gegen Georgien, ein Tor wie ein Gemälde, 118 km/h schnell – das Ganze in seinem ersten EM-Spiel überhaupt, und das übrigens für das schwächste Team der EM 2021. Für die WM in Katar hatte sich die Türkei gar nicht erst qualifiziert.

Bleibt der “Goldjunge” auf dem Boden?

Es ist ein Hype, der seine Gefahren birgt, gerade bei einem so sensibel wirkenden Typen wie Arda Güler. Dass sie ihn in der Türkei schon “Goldjunge” nennen, dass der Guardian über ihn schreibt: “Arda Güler bringt den Donner, während die Türkei den Sturm überlebt”, dass er mit 19 Jahren und 114 Tagen der jüngste Spieler wurde, der bei seinem EM-Debüt ein Tor erzielte und damit Cristiano Ronaldo überholte, damit muss man erst einmal umgehen können.

Im Moment muss man sich jedoch keine Sorgen machen, dass ein Arda Güler die Bodenhaftung verliert. “Mir geht es nicht um persönliche Erfolge”, sagte er über den Rekord. Und: “Ich habe immer von diesem Tor geträumt. Ich wollte die Menschen hier glücklich machen.” Das Tor widmete er brav seinem Nationaltrainer Vincenzo Montella zu dessen 50. Geburtstag.

Auch Ancelotti weiß natürlich, was er an dem jungen Türken hat. Wenn er mal die Floskeln weglässt, klingt das nämlich so: “Arda Güler hat eine Gabe”, sagte der Italiener einmal. “Der Ball liebt ihn.”

Christoph Laskowski

Ballon d’Or-Wette und Jungspunde: Die Türkei und der Portugal-Fluch

Der hochunterhaltsame EM-Auftakt gegen Georgien (3:1) hat Lust auf mehr gemacht. Nun steht für die Türkei der erste große Gradmesser bevor: Portugal. Auf dem Weg zum nächsten Coup soll mal wieder “Jugend forscht” gelten.

Hat sich längst in die Herzen der türkischen Fans gespielt: Real-Jungprofi Arda Güler.

Hat sich längst in die Herzen der türkischen Fans gespielt: Real-Jungprofi Arda Güler.

IMAGO/Revierfoto

Ein Traumtor von Mert Müldür (25), ein Kunststück von Arda Güler (19) und die 3:1-Entscheidung von Kerem Aktürkoglu (25). Angeleitet von Kapitän Hakan Calhanoglu, laut eigener Aussage einer der fünf besten Regisseure des derzeitigen Weltfußballs, triumphierte die Türkei zum Start dieses EM-Turnier verdient mit 3:1 gegen Georgien und setzte direkt ein Ausrufezeichen in Richtung erfolgreichem Turnierverlauf.

“Wir sind jetzt in Hochstimmung”, hatte Nationaltrainer Vincenzo Montella dazu direkt gegenüber TRT Spor gesagt und war dabei auch auf den Faktor eingegangen, dass diese in Deutschland ausgetragene Europameisterschaft auch vom Gefühl her eine Heim-EM für die Türken sein kann. Es leben schließlich viele Türken in diesem Land, die zuletzt im Dortmunder Stadion eindrucksvoll Stimmung gemacht und in vielen deutschen Städten hernach ausgelassen gefeiert hatten – und nun auch am Samstag (18 Uhr, LIVE! bei kicker) beim Duell mit Portugal Stimmung entfachen wollen. Gespielt wird dabei übrigens erneut in Dortmund.

Montellas Einschätzung zur Stimmung – auch aus der Türkei: “Die Unterstützung der Fans macht uns stärker, bitte macht weiter so.”

Das Hoffen auf den ersten Pflichtspielsieg über Portugal

Nun also Portugal, das nach dem sehr spät erreichten 2:1-Erfolg gegen Tschechien wohl wieder mit zwei alten Recken in der Startelf daherkommen wird. Zum einen wäre da Pepe, der mit 41 Jahren und 113 Tagen gegen die Tschechen zum Oldie der EM-Historie avanciert war. Nun kommen noch einmal vier Tage drauf. Cristiano Ronaldo heißt der andere, er wird im kommenden Februar 40. Zusammen kommen die beiden Säulen der Portugiesen also auf über 80 Jahre.

Wie die Türken das auffangen wollen? Mit ihrem Leitsatz: “Jugend forscht.” Allen voran die Hoffnungsträger Kenan Yildiz und Güler, beide 19 Jahre jung, sollen es gegen die Portugiesen richten. Und vor allem dafür sorgen, dass die stolze Fußballnation überhaupt erst zum zweiten Mal gegen Portugal siegreich vom Platz geht. Bislang hat es seit 1965 sieben Duelle gegeben – mit einem türkischen Erfolg 2012 bei einem Test (3:1) bei sonst sechs Pleiten.

“Wir haben Portugal in unserer Geschichte von offiziellen Spielen noch nie geschlagen. Ich hoffe, das wird das erste Mal sein”, sagte Güler vor dem Spiel gegen den Mitfavoriten um Superstar CR7 und den beinharten Innenverteidiger Pepe.

Yildiz bald der beste Spieler der Welt?

Dass Güler beim 3:1 gegen Georgien dem großen Star Cristiano Ronaldo bereits den EM-Rekord des jüngsten Torschützen bei einem Debüt abgeluchst hat, gehört auch zu den Geschichten des Spiels in Dortmund, bei dem der Sieger vorzeitig ins Achtelfinale einziehen würde. Dass Juventus-Torwart Wojciech Szczesny mit einem Freund gewettet hat, dass der in Regensburg geborene Yildiz (ehemals Jahn Regensburg und Bayern München) in den nächsten fünf Jahren den Ballon d’Or für den besten Spieler des Jahres gewinnt, ebenso. Yildiz hatte gegen Georgien übrigens ebenfalls ins Tor getroffen, der Treffer war wegen Abseits aber nicht anerkannt worden.

Bei all der berechtigten Euphorie gab es derweil eine Sache, die Nervosität in türkische Medien und der Anhängerschaft breit machte, denn Güler hatte am Donnerstag nicht am Training der Mannschaft teilgenommen. Doch die Entwarnung folgte auf dem Fuße: Der Real-Jungprofi sollte sich noch ein bisschen erholen für das Duell mit Portugal, für das Duell auch mit dem robusten Gegenspieler Pepe.

Für Montella gilt derweil, dass ein Schritt nach dem anderen gegangen wird: “Unser erstes Ziel war es, dieses Spiel zu gewinnen. Nun ist unser Traum, das nächste Spiel zu gewinnen und die K.-o.-Runde zu erreichen.”

Fernschüsse, Dreierkette und eine Regel: Sechs Erkenntnisse des ersten EM-Spieltags

Der erste EM-Spieltag ist abgeschlossen, ein potenzieller Star des Turniers zeichnet sich aber noch nicht ab. Und es gibt noch weitere spannende Erkenntnisse.

Schnappschüsse des ersten EM-Spieltags. Die meisten vermitteln Freude.

Schnappschüsse des ersten EM-Spieltags. Die meisten vermitteln Freude.

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Lust auf Tore

12 Spiele, 34 Tore. Das ist für einen ersten EM-Spieltag nicht nur Rekord, sondern auch logisch. Einerseits natürlich, weil es erst seit 2016 24 Teilnehmer gibt (am ersten Spieltag 2021 fielen 28 Tore), andererseits, weil die Mannschaften es darauf anlegen.

Nahezu alle Nationen präsentierten sich zum Einstieg mutig und relativ offensiv, und das trotz der Tatsache, dass 16 von 24 Teilnehmern das Achtelfinale erreichen werden. Es hätte auch früh schon taktiert werden können. Stattdessen haben selbst die Mannschaften, die eher mauern und auf Konter lauern, aktive Druck- und Drangphasen eingestreut. Fast alle Spiele waren bisher richtig ansehnlich.

Kein Tabu mehr

Ansehnlich waren auch schon einige Tore, besonders die aus der Distanz. Arda Güler für die Türkei, Michel Aebischer für die Schweiz, Nicolae Stanciu für Rumänien oder Lukas Provod für Tschechien.

Was zuletzt noch fast schon verpönt war, weil der Expected-Goals-Wert zu niedrig ist oder eine mühsam herausgespielte Offensivstruktur danach hinfällig wird, wurde am ersten EM-Spieltag fast schon zum Trend: Fernschüsse. Gegen disziplinierte tiefstehende Abwehrreihen augenscheinlich ein probates Mittel. Und kein Tabu mehr.

Die Top-Favoriten befinden sich bereits im K.-o.-Modus

Fast alle Mannschaften und Spiele haben bisher Spaß gemacht, dadurch teilweise sogar positiv überrascht, ausgerechnet die zwei Top-Favoriten wollten zur allgemeinen Unterhaltung zum Einstieg aber noch nicht so richtig beitragen.

Erst die Engländer gegen Serbien, dann die Franzosen gegen Österreich vermochten zum Auftakt weder richtig zu überzeugen noch die Fans zu begeistern. Beide fuhren aber wertvolle 1:0-Siege ein. Die Mannschaften von Gareth Southgate und Didier Deschamps, was ob der Herangehensweisen in den vergangenen Jahren aber auch nicht überrascht, befinden sich wohl bereits in der Gruppenphase im K.-o.-Runden-Modus. Die Ergebnisse gaben ihnen oft Recht.

Die Dreierkette regiert

Aufgezeichnet ist meistens eine Viererkette, realtaktisch wird allerdings in einer Dreierkette aufgebaut. Oft mit zwei versetzten Spielern davor. Was in den vergangenen Jahren schon im Vereinsfußball großflächig zurückgekehrt ist – bestes Beispiel ist Manchester City -, zeichnet sich nun auch bei der EM unter einigen Nationalmannschaften als Trend ab.

England baut in einer 3-2-Struktur auf, die Niederlande ebenso, bei Deutschland kippt meistens Toni Kroos neben die Innenverteidiger ab, damit die Außenverteidiger hochschieben können. Portugal etwa hat in letzter Linie von vornherein drei Mann aufgestellt. So flächendeckend gab es das bei einem Turnier womöglich seit der WM 1990 nicht mehr, deren Ausgang für Deutschland ja ein gutes Omen ist.

Romelu Lukaku

Romelu Lukaku hätte der einzige Doppelpacker des 1. Spieltags werden können. Doch seine beiden Tore gegen die Slowakei wurden einkassiert.
IMAGO/Buzzi

Aufs Team kommt es an

34 Tore an einem Spieltag, aber einen Doppelpacker gab es noch nicht. Die EM 2024 ist bisher eine des Kollektivs, Einzelspieler – also auch ein potenzieller Star des Turniers – konnten sich noch nicht abheben. Wie Andrea Pirlo 2012 als Gestalter bei Italien, Antoine Griezmann 2016 als Goalgetter bei Frankreich, Raheem Sterling 2021 als wichtiger Ankurbler für die Engländer. Es gibt noch genug andere Beispiele.

Selbst bei Deutschlands furiosem Auftaktsieg gegen Schottland ergab sich keine Toni-Kroos- oder Jamal-Musiala-Show, vorne trugen eigentlich alle zum 5:1 bei. Auch bei der intensiven Arbeit gegen den Ball, da zogen selbst Florian Wirtz und Musiala mit, wurde kollektiv geglänzt. Italiens offensive Nachlässigkeit trotz großer Dominanz gegen Albanien war ebenso ein Problem des Teams wie das niederländische Herausspielen von Chancen, Spaniens Kontrolle, das Dauerfeuer von Türken und Georgiern, aber auch Portugals Ideenlosigkeit, Englands verlorener Faden.

Hoffnungsträger Khvicha Kvaratskhelia war bei Georgiens EM-Debüt tatsächlich nur einer von vielen, Jude Bellingham konnte sich nach starkem Beginn auch nicht gegen das starke Nachlassen seiner Mannschaft auflehnen. Kylian Mbappé oder Cristiano Ronaldo kamen ohne flüssiges Mannschaftsspiel nur in Ansätzen zur Geltung. Bisher zeigt die EM: Aufs Team kommt es an.

Danke für diese Regel

Kaum gibt die UEFA vor, dass nur noch die Kapitäne auf den Schiedsrichter einreden dürfen, wurde ein ewiges Problem des Fußballs wie im Handumdrehen drastisch reduziert. Entscheidungen werden viel schneller hingenommen, was natürlich auch dem Spielfluss dienlich ist. Wie auch der Konzentration der Spieler aufs Wesentliche. Und beim Zuschauen macht’s Freude. Zumal auch der VAR bisher ziemlich reibungs- und fehlerlos eingesetzt wird. Gerne mehr davon. Auch von den Fernschüssen.

Niklas Baumgart

Montella wagt zu träumen – Sagnol “stolz” aufs Team

Die Traumtore von Arda Güler und Mert Müldür gegen EM-Neuling Georgien euphorisieren die türkischen Fans. Auch Vincenzo Montella geriet in Verzückung, der Trainer offenbarte noch am Abend des 3:1-Triumphs in Dortmund seine Turnier-Träume.

Ihre Teams zeigten ein packendes Spiel in Dort,und: Vincenzo Montella und Willy Sagnol.

Ihre Teams zeigten ein packendes Spiel in Dort,und: Vincenzo Montella und Willy Sagnol.

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Traumtore, mehrere Aluminiumtreffer, packende Strafraumszenen, hochspannende Schlussphase, das Ganze garniert mit Tempo und Intensität – das erste EM-Spiel in der Geschichte Georgiens gegen die ambitionierten Türken war ein Highlight des ersten Gruppenspieltags. Und bereits in der Frühphase des Turniers dürfte klar sein, dass die ersten beiden Treffer der Türken zu den schönsten des laufenden Wettbewerbs zählen werden.

Die zwei Kunstschüsse von Außenverteidiger Mert Müldür und Jungstar Arda Güler im Auftaktmatch der Gruppe F versetzten das frenetische Publikum in Dortmund in Verzückung. Der 3:1-Sieg im Spektakel-Spiel gegen den EM-Debütanten macht der Türkei Hoffnung, erstmals seit 2008 wieder die Gruppenphase zu überstehen. Damals schaffte es das Team bis ins Halbfinale – Endstation DFB-Elf.

Trainer Vincenzo Montella verwies am Dienstag darauf, dass es der Türkei zuvor “noch nie gelungen war, das erste EM-Spiel zu gewinnen”, das 3:1 bezeichnete er als “ersten Schritt”. Der Coach, der am Tag des Sieges gegen Georgien seinen 50. Geburtstag gefeiert hat, betrachtet so manches Ereignis aus der jüngeren Vergangenheit als gutes Omen: “Es gab jetzt einige erste Male”, sagte Montella und zählte auf: “Wir haben zum ersten Mal in Kroatien gewonnen” (1:0 im Oktober in der EM-Qualifikation) und “zum ersten Mal seit 72 Jahren in Deutschland” (3:2 im November), darüber hinaus “haben wir zum ersten Mal die EM-Qualifikation als Gruppenerster geschafft”. Ziel sei nun, die EM-Gruppenphase “zu überstehen, dann wird es die nächsten Träume geben.”

Um erneut so weit zu kommen wie 2008, dürfen sich die Türken nicht allzu häufig derart unter Druck setzen lassen wie von Georgien in den Minuten nach der jeweiligen Führung, die der Türkei zweimal keine Sicherheit gab, sondern dem Außenseiter Auftrieb verlieh.

Nach Müldürs sagenhaftem Volleyschuss in den Winkel zum 1:0 (25.) und dem wegen Abseits aberkannten Doppelschlag von Kenan Yildiz (27.) zeigte die bis dahin zu zurückhaltende Elf von Willy Sagnol plötzlich Zähne – Georges Mikautadze hätte seinen Treffer zum 1:1 (32.), Georgiens erstem EM-Tor seiner Geschichte, nur drei Minuten später bei einer Großchance aus zentraler Position fast noch veredelt.

Arda Güler zeigte sich derweil “extrem glücklich” darüber, gleich bei seinem Turnier-Debüt sein erstes EM-Tor für die türkische Nationalmannschaft geschossen zu haben. Und was für eines! Ein 118-km/h-Kracher aus der Distanz mit links in die lange Ecke – der Treffer des Jungstars von Real Madrid war einer aus dem Lehrbuch für Kunstschüsse.

Türkei übersteht Georgiens Sturm- und Drangphase

Die Schlussminuten entpuppten sich als Sahnehäubchen dieses Kräftemessens. Die Türkei überstand Georgiens Sturm- und Drangphase dank des Pfostens und der geistesgegenwärtigen Kopfballabwehr von Innenverteidiger Samet Akaydin. Torwart Giorgi Marmadashvili, der kurz zuvor gegen Mehmet Zeki Celik noch mit einem tollen Reflex das 1:3 verhindert hatte, stiftete mit seiner Präsenz im türkischen Strafraum bei einer späten Ecke Unruhe. Dass Joker Kerem Aktürkoglu den folgenden Konter in der siebten Minute der Nachspielzeit mühelos im verwaisten Tor unterbrachte, setzte dieser temporeichen Begegnung mit mehreren Aluminiumtreffern die Krone auf.

EM-Neuling Georgien macht den Trainer “stolz”

“Wir können stolz auf unsere Leistung sein”, befand Sagnol, einst Champions-League-Sieger als Spieler mit dem FC Bayern (2001), nach der intensiven Begegnung “in diesem fantastischen Dortmunder Stadion”, das fest in der Hand der türkischen Fans war, die einen ohrenbetäubenden Dauer-Lärm fabrizierten. Beeindrucken ließ sich Georgien von den Rahmenbedingungen nicht, der Turnier-Neuling brachte seine Gegner an den Rand eines Punktverlustes. Für den Außenseiter war es ein Spiel, das Hoffnung auf einen baldigen ersten EM-Sieg macht.

Georgiens nächster Gegner am Samstag in Hamburg heißt Tschechien (15 Uhr, LIVE! bei kicker). Die Türkei bekommt es drei Stunden später erneut in Dortmund mit Cristiano Ronaldo und Co. zu tun. “Wir haben Portugal noch nie in einem Pflichtspiel besiegt”, sagte Montella am Dienstag. Vielleicht gibt es nun erneut ein erstes Mal.

Toni Lieto

Arda Güler klaut CR7-Rekord – und hat keine Worte für die Fans

“Wir mussten gewinnen – und wir haben gewonnen”: Auch dank eines Rekord-Teenagers feiert die Türkei den perfekten EM-Auftakt und Trainer Vincenzo Montella den perfekten Geburtstag.

Bärenstarke Leistung: Arda Güler (oben) feiert gegen Georgien.

Bärenstarke Leistung: Arda Güler (oben) feiert gegen Georgien.

IMAGO/AFLOSPORT

Als eine junge, spielfreudige türkische Mannschaft die DFB-Auswahl im November bei Julian Nagelsmanns Heimpremiere mit 3:2 bezwang, ließ sich schon erahnen, dass diese auch ein paar Monate später bei der EM in Deutschland Spaß verbreiten würde. Dass sie es am Dienstag beim 3:1 gegen Underdog Georgien tatsächlich tat, war dennoch keine Selbstverständlichkeit.

Schließlich hatten die Türken in den fünf Spielen zwischen Berlin-Coup und EM-Auftakt nicht gewonnen, und der Druck, gegen den Weltranglisten-75. Georgien bloß nicht zu stolpern, war riesig. “Wir mussten gewinnen – und wir haben gewonnen”, erklärte Kapitän Hakan Calhanoglu hinterher erleichtert. Mit Traumtoren legte seine Mannschaft, unterstützt von rund 50.000 türkischen Fans im 62.000 Zuschauer fassenden Dortmunder Stadion, einen Turnier-Auftakt hin, wie ihn die Türkei noch nicht erlebt hatte.

Im sechsten Anlauf startete der WM-Dritte von 2002 erstmals bei einer EM mit einem Sieg. Die Chance, zum ersten Mal seit 2008 die Gruppenphase zu überstehen, ist nun groß. “Beim letzten Turnier haben wir nicht mal einen Punkt geholt”, erinnerte Trainer Vincenzo Montella. “Unser erstes Ziel war, dieses Spiel zu gewinnen. Jetzt träumen wir vom nächsten Sieg – und von der K.-o.-Phase.”

Es reicht nicht zu sagen, die Unterstützung war großartig. Sie war mehr als das.

Arda Güler

Im vielleicht mitreißendsten Spiel der bisherigen EM – die Türkei hatte 22 Torschüsse, Georgien 14 – stach Arda Güler heraus. Der 19-jährige Flügelstürmer von Real Madrid versenkte den Ball nicht nur zum zwischenzeitlichen 2:1 im Winkel, sondern kreierte gleich fünf Chancen für seine Elf, was so jung seit EM-Daten-Aufzeichnung von Opta (1980) nur die damals 18-jährigen Wayne Rooney (England, 2004 gegen Kroatien) und Pedri (Spanien, 2021 gegen die Schweiz) geschafft hatten. Und er löste Cristiano Ronaldo als jüngsten Spieler ab, der bei seinem EM-Debüt traf.

“Mir geht es nicht um persönliche Erfolge”, betonte Arda Güler, nachdem ihn die UEFA auch noch zum Spieler des Spiels gekürt hatte. Vielmehr dachte er an die Fans, für die ihm die Worte ausgingen (“Es reicht nicht zu sagen, die Unterstützung war großartig. Sie war mehr als das.”), und an seinen Trainer: “Wir wollten ihm dieses Geschenk machen.” Montella, seit Samstag 50 Jahre alt, bedankte sich artig: “Es war ein perfekter Geburtstag und wirklich das schönste Geschenk, das man mir machen konnte.”

“Arda Güler bringt den Donner, während die Türkei den Sturm überlebt”

Während die Tschechen in der Partie gegen Portugal “Opfer ihrer Fehler” wurden, hat die Türkei ihren EM-Helden schon gefunden: Arda Güler. Die Internationalen Pressestimmen zu den Spielen vom Dienstag

Arda Güler feiert sein Traumtor.

Arda Güler feiert sein Traumtor.

IMAGO/NurPhoto

Türkei – Georgien 3:1 (1:1)

Türkei:

TRT: “Arda Güler ist in die Geschichte eingegangen.”

CNN Türk Sport: “Die Nationalmannschaft hat einen großartigen Start in die Euro 2024 hingelegt.”

TRT Spor: “Er wird nicht der Spieler des Spiels sein, sondern der Spieler der Euro 2024: Arda Güler.”

Spanien:

Marca: “Arda Güler ist der türkische Segen. Die Erwartungen waren groß, wie sich Güler bei dieser EM präsentieren würde. Nach den fehlenden Spielminuten und dem fehlenden Selbstvertrauen bei Real hatte das junge türkische Juwel jetzt eine gute Gelegenheit, der Welt zu zeigen, dass er einer der Stars der Zukunft ist. Und er hat uns nicht enttäuscht.”

Mundo deportivo: “Meine Güte, was für ein Traumtor von Arda Güler. Das Fußball-Talent von Real Madrid hätte kein besseres EM-Debüt hinlegen können.”

England:

The Guardian: “Arda Güler bringt den Donner, während die Türkei den Sturm überlebt.”

BBC: “Güler übertrifft Ronaldos Marke mit einer umwerfenden Leistung.”

Georgien:

Worldsport.ge: “Ohne Glück bis zum Schluss gekämpft. Georgiens Nationalmannschaft hat gegen die türkische Nationalelf verloren, aber es gab überhaupt keine Verlierer im Spiel, da die Mannschaft von Willy Sagnol dem europäischen Fußball gezeigt hat, dass sie es verdient hat, Teil dieses Feiertags Europameisterschaft zu sein.”

Portugal – Tschechien 2:1 (0:0)

Spanien:

As: “Der Vorhang der Nacht schloss sich in Leipzig, der Regen ließ nach, und dann erschien der Jüngste der Klasse. Der Sohn von (Sergio) Conceicao, der Sohn, der immer verfolgt wird von seinem Nachnamen. Er kam, um das Tor zu erzielen, das Portugal vor einem harten, undankbaren Debüt bewahrte.”

Marca: “Portugal hat es in der Nachspielzeit gelöst.”

Mundo deportivo: “Portugal gilt als einer der Kandidaten auf den Titel der EM 2024. Für viele verfügt (Trainer) Roberto Martinez aus Lleida über die beste Generation, die der portugiesische Fußball hervorgebracht hat, sogar besser als die, die 2016 den kontinentalen Titel gewann. Aber heute entsprach die “Selecao das Quinas” nicht den Erwartungen und wurde viele Minuten lang von der Solidität einer Tschechischen Republik gebremst, die am Ende Opfer ihrer Fehler wurde.”

Frankreich:

L’Equipe: “Portugal hat sich herausgewunden. Großer Schreck für Portugal, das lange fruchtlos spielt und den Sieg gegen Tschechien erst in den letzten Minuten sichert.”

England:

The Guardian: “Francisco Conceicao kommt von der portugiesischen Bank und bricht die Herzen der Tschechischen Republik.”

The Sun: “Super-Einwechselspieler Francisco Conceicao verschont in der Nachspielzeit das Erröten von Cristiano Ronaldo und Co.”

Italien:

La Gazzetta dello Sport: “Alle warten auf CR7, Conceicao rettet Portugal.”

Denkbar knapp: Yildiz trifft, feiert – und dann kommt der VAR

Highlights by MagentaTV 18.06.2024

Denkbar knapp: Yildiz trifft, feiert – und dann kommt der VAR

0:44Es wäre der ganz schnelle türkische Doppelschlag gewesen. Arda Güler wird auf dem rechten Flügel geschickt und flankt flach in die Mitte, wo Kökcü einläuft. Der trifft den Ball zwar nicht richtig, leitet so aber zu Kenan Yildiz weiter, der aus kurzer Distanz einschiebt.

Denkbar knapp: Yildiz trifft, feiert – und dann kommt der VAR

Highlights by MagentaTV 18.06.2024

Denkbar knapp: Yildiz trifft, feiert – und dann kommt der VAR

0:44Es wäre der ganz schnelle türkische Doppelschlag gewesen. Arda Güler wird auf dem rechten Flügel geschickt und flankt flach in die Mitte, wo Kökcü einläuft. Der trifft den Ball zwar nicht richtig, leitet so aber zu Kenan Yildiz weiter, der aus kurzer Distanz einschiebt.