“Verliere mehr und mehr die Lust”: Vinicius Junior bricht in Tränen aus

Das Freundschaftsspiel am Dienstag zwischen Spanien und Brasilien steht ganz im Zeichen des Kampfes gegen Rassismus. Einer, der damit immer wieder zu kämpfen hat, ist Vinicius Junior. Auf der Pressekonferenz am Montag brach der Brasilianer in Tränen aus.

Brach in Tränen aus: Vinicius Junior.

Brach in Tränen aus: Vinicius Junior.

IMAGO/Alberto Gardin

Die Partie am Dienstagabend (21.30 Uhr, LIVE! bei kicker) im Santiago Bernabeu zwischen Spanien und Brasilien wird eine ganz wichtige Botschaft vermitteln. Die Partie steht nämlich unter dem Motto “Eine Haut, eine Identität” – und damit soll auf das nach wie vor omnipräsente Thema Rassismus aufmerksam gemacht werden.

Immer wieder hat der Fußball leider mit Rassismus zu tun – zuletzt etwa in Italien beim Vorfall zwischen Napoli-Verteidiger Juan Jesus und Inter-Profi Francesco Acerbi. Einer, der das Thema aus eigener Erfahrung kennt, ist der Brasilianer Vinicius Junior. “Ich will nur Fußball spielen”, sagte der 23-Jährige am Montag auf einer Pressekonferenz. “Das passiert nicht nur in Spanien, sondern auf der ganzen Welt. Ich verliere mehr und mehr die Lust am Spielen”, fügte der Dribbelkünstler an und ergänzte kämpferisch: “Aber ich werde weiter kämpfen.”

Wie nah Vinicius Junior das Thema geht, war auf der Pressekonferenz deutlich zu sehen, denn der Offensivmann brach in Tränen aus. “Ich möchte, dass wir in naher Zukunft mehr Gleichberechtigung und weniger Rassismus haben, dass Schwarze Menschen ein normales Leben führen können. Dass sie nach Hause kommen und keine Probleme haben”, sagte der Brasilianer. “Ich will mit dem Kopf beim Spiel sein – und manchmal kann ich das nicht.”

Vor etwa zehn Monaten wurde der schnelle Brasilianer bei Reals Gastspiel in Valencia von den Rängen rassistisch beleidigt, der Vorfall sorgte in Spanien und auch International für großes Aufsehen. Nur zwei Tage nach dem Spiel wurden drei Verdächtige festgenommen. Real Madrid erstattete Anzeige wegen eines Hassverbrechens, die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf.

“Ich fühle mich von meinen Mitspielern unterstützt. Ich hoffe und wünsche mir, dass der Rassismus weniger wird. Wir müssen weiterarbeiten und den eingeschlagenen Weg weitergehe”, so der 23-Jährige. “Meine Familie unterstützt mich – und auch die Fans ermutigen mich und sagen mir, ich solle weiter kämpfen.”

Analyse in Grafiken: Was Kroos der DFB-Elf geben kann

Toni Kroos ist wieder bei der Nationalelf dabei. Der kicker hat seine 106 Länderspiele unter Datengesichtspunkten analysiert. Was der Routinier liefert – und wo er anfällig ist.

Toni Kroos absolvierte bisher 106 Länderspiele - der kicker nahm diese genau unter die Lupe.

Toni Kroos absolvierte bisher 106 Länderspiele – der kicker nahm diese genau unter die Lupe.

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Bei der EM im eigenen Land ist Toni Kroos im Alter von 34 Jahren wieder Teil der deutschen Nationalmannschaft. Mehr als elf Jahre trug er das DFB-Trikot, bis er nach der EM 2021 seinen Rücktritt erklärte. Nun soll er Bundestrainer Nagelsmann helfen, Deutschland aus seiner Fußball-Krise zu befreien. Aber ist Kroos dafür der richtige Mann? Unsere Datenredaktion hat seine Nationalmannschafts-Karriere genauer untersucht.

Drei Pleiten zum Start

Seine ersten Spiele im DFB-Dress gegen Spanien, Frankreich und Italien gingen allesamt verloren. Nur gegen andere europäische Top-Teams wie Belgien, die Niederlande und England gelang dagegen im ersten Kroos-Spiel ein Sieg. Bei den kommenden Gruppengegnern der EM ist Schottland das einzige Team, gegen das Kroos schon einmal an einem Tor beteiligt war: Bei dem 3:2-Sieg über die Schotten im EM-Qualifikationsspiel im September 2015 legte er das 1:0 durch Thomas Müller auf. Gegen die anderen EM-Gruppengegner Schweiz und Ungarn blieb Kroos allerdings in insgesamt fünf Spielen torlos.

Tiefpunkt 2018 – Weiße Westen 2013 und 2017

Die Bilanz von Kroos in der Nationalmannschaft ist überwiegend positiv. Besonders bitter verlief jedoch das Jahr 2018 mit der DFB-Elf. Neben der verpatzten WM mit Niederlagen gegen Mexiko und Südkorea unterlag Kroos dazu in Testspielen und der Nations League gegen Brasilien, Frankreich und der Niederlande. Dazu kamen drei Unentschieden. Unbesiegt blieb Kroos dagegen in den Jahren 2013 und 2017. Gegen namhafte Gegner wie England, Italien und Frankreich setzte es keine einzige Niederlage.

Kroos – schlechterer Schnitt in den Pflichtspielen

Insgesamt ist der Punkteschnitt von Kroos-Spielen (2,08) besser als die von Spielen ohne ihn (1,83). Umgekehrt ist es allerdings bei der Punkteausbeute aus Pflichtspielen. Da war die deutsche Elf besser, wenn Kroos nicht gespielt hat. Mit Kroos lag sie im Schnitt bei 2,16 pro Spiel, ohne ihn bei 2,41. Dazu kommt, dass mit Kroos die deutsche Mannschaft alle 40,8 Minuten ein Tor erzielt, ohne ihn alle 37,1 Minuten. Insgesamt fielen mit ihm auf dem Feld 204 Tore, aber 222 ohne hin.

DFB anfälliger mit Kroos als Doppelsechser

65 seiner 106 Länderspiele bestritt Kroos für Deutschland in der Startelf auf der Doppelsechs. Besonders häufig war dabei Sami Khedira sein Positionspartner. Als Achter lief Kroos 18-Mal auf. Die offensivere Position konnte er in vier Tore und acht Assists ummünzen. Bemerkenswert: Wenn Kroos auf der Doppelsechs spielte, verlor er umgerechnet jedes fünfte Spiel mit der Nationalmannschaft. Spielte er allerdings alleine als Sechser oder auf einer anderen Position, unterlag er nur jedes achtes Spiel.

Kroos bedient am liebsten Müller und Hummels

Mit Thomas Müller, seinem ehemaligen Teamkameraden beim FC Bayern, harmonierte Kroos in der Nationalelf am besten. Fünf Tore sind in Zusammenarbeit entstanden, darunter drei nach einer Vorlage von Kroos für Müller. Nur Mesut Özil hat bisher mehr Müller-Tore für die Nationalmannschaft vorbereitet. Auch das Duo Kroos/Hummels konnte schon vier Scorerpunkte sammeln. Jedes Tor legte Kroos auf, Hummels traf immer per Kopf.

Nur mit Kroos funktionieren die DFB-Standards zuverlässig

An 14 der letzten 51 DFB-Tore nach einer Ecke oder einem Freistoß war Toni Kroos beteiligt. In den Jahren 2022 und 2023 traf Deutschland insgesamt nur dreimal nach eigenen Ecken oder Freistößen. Einmal verwandelte Kroos im DFB-Trikot einen Freistoß direkt: beim 2:1-Sieg über Schweden am 2. Spieltag der WM 2018. Damals traf Kroos in der Nachspielzeit zum Siegtreffer. Übrigens: Wann immer Kroos an einem Tor nach einer Ecke oder einem Freistoß beteiligt war, hat die deutsche Mannschaft das Spiel noch nie verloren.

Schwarzer Fleck Weserstadion – München lässt hoffen

Fast in jedem deutschen Stadion, in dem Kroos mit der Nationalmannschaft auftrat, gelang ihm auch mindestens ein Sieg. Die einzige Ausnahme ist das Weserstadion: Das einzige Spiel, das Kroos dort mit der DFB-Elf absolvierte, war ein Testspiel gegen Frankreich im Februar 2012. Am Ende stand dort eine 1:2-Niederlage fest.

Doch auch das Berliner Olympiastadion dürfte nicht zu den Lieblings-Spielorten von Kroos zählen. In vier Spielen gelang nur ein Sieg. Die Testspiele gegen Brasilien und England verlor Kroos in der Landeshauptstadt jeweils knapp. Gegen Schweden stand es in Berlin im Oktober 2012 nach einem denkwürdigen WM-Qualifikationsspiel 4:4. In den Stadien in München, Frankfurt und Stuttgart, wo die deutsche Elf ihre EM-Gruppenspiele austragen wird, hat Kroos insgesamt 9 von 15 Nationalspielen gewonnen.

Timo Schmidt/Christoph Huber

Formt Real gerade den nächsten Kroos?

Casemiro und Luka Modric hat Real Madrid bereits ersetzt, oder ist zumindest dabei. Aber wie sieht es bei Toni Kroos aus? Die Königlichen schauen sich augenscheinlich intern um.

Lehrer und Schüler: Toni Kroos mit Federico Valverde.

Lehrer und Schüler: Toni Kroos mit Federico Valverde.

Getty Images, imago images

Die Rückkehr des Toni Kroos in die deutsche Nationalmannschaft – mit dem eindeutigen Ziel, das Erlebnis Heim-EM noch mitzunehmen – bedeutet vielerlei. Unter anderem die Möglichkeit, dass der 34-Jährige seine große Karriere, was ja schon vor zwölf Monaten im Raum stand, mit einem solchen Highlight als Schlusspunkt beenden könnte. Gesichert ist das noch nicht, logisch erscheint es dennoch.

Für Real Madrid würde das bedeuten, dass es seinen jahrelangen Taktgeber schon in drei Monaten ersetzen muss. Viel einfacher gesagt als getan. Was ihr mit Kroos, Luka Modric und dem bereits abgewanderten Casemiro einst herausragendes Mittelfeld betrifft, haben die Königlichen zwar längst ganze Umbruch-Arbeit geleistet. Durch Eduardo Camavinga (21), Aurelien Tchouameni (24), Federico Valverde (25) und Jude Bellingham (20) könnten sie dort besser kaum aufgestellt sein.

Doch während die Aspekte Ballgewinnung, Körperlichkeit, Dynamik und Torgefahr durch das junge Quartett wunderbar abgedeckt sind, geht Madrids nächster Generation in der Zentrale die gewaltige Spielintelligenz und das Organisationstalent von Kroos noch ab. Zumindest in bisheriger Ausprägung. Aber ein Bestandteil des Quartetts durchläuft seit einigen Wochen eine Art Umschulung.

In vergangenen Jahren kam der pfeilschnelle und enorm schussgewaltige Valverde häufig als verkappter Rechtsaußen oder zumindest als offensivster der Mittelfeldspieler daher. Der Uruguayer durfte und sollte stets vertikal denken, an allen Gegenspielern vorbei, gerne viel Zug zum Tor. Diese Fähigkeiten hat Valverde zwar nicht eingebüßt, im Sinne der Mannschaft aber ein wenig gedrosselt. Weil er derzeit anders eingesetzt wird.

Die Torausbeute schwindet

Der Rechtsfuß, der in der vergangenen Saison insgesamt zwölf Tore geschossen hat (sieben Vorlagen), steht in dieser Spielzeit erst bei einem Treffer (dafür schon acht Vorlagen). Was daran liegt, dass er mehr im zentralen Mittelfeld eingesetzt wird, wo er deutlich mehr organisiert, Bälle verteilt, Angriffe durch sein Passspiel einleitet als bisher. Körperlichkeit und Dynamik – gerade gegen den Ball – bleiben zwar, was er seinem großen Idol Kroos sogar voraushat. Aktuell scheint sich Valverde aber auch ein paar von dessen Stärken ausgeprägter anzueignen, scheint er bereits ein bisschen in dessen Fußstapfen zu treten.

Während auch Kroos mal pausieren muss, es für Luka Modric kaum noch Einsatzzeiten gibt, selbst Brahim Diaz hauptsächlich Joker ist und Toptalent Arda Güler nur gelegentlich wenige Minuten bekommt, ist Valverde aus Reals Start- und Stammelf nicht wegzudenken. Keiner im königlichen Kader hat so viele Einsatzminuten wie er. Und keiner sonst in diesem Kader hat wohl die Veranlagung, zumindest einigermaßen in die Rolle von Vereinslegende Kroos hineinzuwachsen.

Vergangene Saison machte Valverde wenn, dann durch seine fulminanten Schüsse und eine bemerkenswerte Torausbeute von sich reden. Am Samstagnachmittag waren es beim 4:2-Sieg in Pamplona seine drei direkten Torvorlagen. Das hat sein Idol in bald zehn Jahren Real nie vollbracht.

Vom Pech verfolgt: Courtois mit Meniskusverletzung kurz vor möglichem Real-Comeback

Eigentlich war angedacht gewesen, dass Thibaut Courtois im April nach langer Pause sein Comeback bei Real Madrid gibt. Doch daraus wird nichts. Der belgische Top-Keeper, der auch die EM im Sommer schon größtenteils abgehakt hat, muss erneut kürzertreten.

Sein Knie ist erneut betroffen - nun droht Thibaut Courtois das komplette Saison-Aus für 2023/24.

Sein Knie ist erneut betroffen – nun droht Thibaut Courtois das komplette Saison-Aus für 2023/24.

IMAGO/NurPhoto

Am 10. August 2023 hatte Real Madrid verkündet, dass sich Thibaut Courtois das vordere Kreuzband im linken Knie gerissen hatte. Nach einer notwendigen Operation war der belgische Nationaltorwart in die übliche Tortur gegangen – Muskelaufbau, Stabilisation, Rehamaßnahmen über Rehamaßnahmen.

In der Zwischenzeit hatte Real-Ersatzmann Andriy Lunin (25) den Job im Real-Tor übernommen, seine Sache insgesamt gut gemacht und sich sicherlich selbst darauf vorbereitet, alsbald wieder abgelöst zu werden. Denn wie Madrids Cheftrainer Carlo Ancelotti unlängst klargemacht hatte, stand Courtois’ Comeback unmittelbar bevor.

“Es gibt eine Mini-Pause, wenn das Finale der Copa del Rey steigt (6. April; Anm. d. Red.)”, so Ancelotti am 1. März über sein verletztes Duo Courtois und Abwehrmann Eder Militao. “In dieser Phase werden sie anfangen, wieder mit der Mannschaft zu arbeiten. Nach dem 14. April, nach dem Spiel auf Mallorca, könnten sie, glaube ich, wieder spielen.” Dann – am Wochenende um den 21. April – steht in La Liga der Clasico an.

Untersuchungen “noch nicht abgeschlossen”

Doch während der 26-jährige und ebenfalls am Kreuzband lädierte Eder Militao wirklich mit seiner baldigen Real-Rückkehr rechnen kann, hat sich der erst kürzlich wieder ins Mannschaftstraining zurückgekehrte Courtois nun direkt wieder gen Lazarett verabschiedet.

Wie die Königlichen an diesem Dienstag mitgeteilt haben, hat sich Courtois nämlich einen Riss im Innenmeniskus des rechten Knies zugezogen. Nun droht dem seit 2018 bei Real Madrid spielenden Routinier eine weitere langfristige Ausfallzeit, die endgültig in ein komplettes Saisonaus sowie bezüglich Belgien zu einem Verpassen der Europameisterschaft in Deutschland (14. Juni bis 14. Juli) führen kann. Auch wenn der Schlussmann schon im Dezember 2023 auch wegen Differenzen mit dem dortigen Nationaltrainer Domenico Tedesco mit einer EM-Teilnahme ohnehin nicht groß gerechnet hat: “Wenn ich Glück habe, kann ich im Mai wieder spielen. Aber dann bist du nicht zu 100 Prozent bereit für ein großes Turnier.”

Die Madrilenen nennen zwar keine genaue Ausfallzeit – auch weil die Untersuchungen der Verletzung “noch nicht abgeschlossen” seien -, dennoch ist es für Courtois die zweite schwere Verletzung innerhalb eines Jahres. Spanische Medien gehen von mehreren Wochen Pause aus.

Lesen Sie auch: Courtois zum Zwist mit Belgiens Nationaltrainer Tedesco – “Wo ist nach einem Vertrauensbruch ein Mittelweg?”

Bellingham ärgert Sperre: “Sie versuchen, ein Exempel zu statuieren”

Real Madrid muss in La Liga auf Top-Torjäger Jude Bellingham verzichten. Dieser bezeichnete seine Zwei-Spiele-Sperre als “lächerlich” – und hofft auf eine Reduzierung.

Er konnte sein Pech kaum fassen: Jude Bellingham beim Auswärtsspiel in Valencia.

Er konnte sein Pech kaum fassen: Jude Bellingham beim Auswärtsspiel in Valencia.

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Mit 16 Treffern aus 22 Ligaspielen führt Jude Bellingham das vereinsinterne Torjäger-Ranking bei Real Madrid deutlich an. Kein anderer Profi der Königlichen kommt auf eine zweistellige Anzahl an Toren – auch wenn die Brasilianer Vinicius Junior (9) und Rodrygo sowie der Spanier Joselu (je 8) daran kratzen.

Weil Bellingham auch ansonsten eine gewichtige Rolle in Reals Spiel einnimmt, was er nicht zuletzt mit seinem Assist gegen RB Leipzig im Achtelfinal-Rückspiel der Königsklasse (1:1) unterstrich, tut die vom spanischen Ligaverband ausgesprochene Zwei-Spiele-Sperre vom Mittwochmittag weh. Freilich ist es angesichts der Duelle mit Celta Vigo (17.) und CA Osasuna (10.) wohl verkraftbar. Doch am liebsten hätte Trainer Carlo Ancelotti den Engländer in beiden Spielen auf dem Platz.

Im Interview bei Movistar+ nahm Bellingham Referee Jesus Gil Manzano durchaus in Schutz (“Uns muss klar sein, dass er ein Mensch ist”), erklärte aber auch unmissverständlich in Richtung der Sportrichter: “Ich finde, sie hätten mehr gesunden Menschenverstand walten lassen sollen.”

In seinem Verhalten sah Bellingham vordergründig keinen Fehler. “Ich rannte auf eine Weise zu ihm, die ähnlich der meiner Mitspieler war.” Und der Ärger war nach dem nicht gegebenen 3:2-Siegtreffer in der Nachspielzeit allzu menschlich. Der unermüdliche Antreiber hatte aber nicht wegen seiner Aggression, sondern einer vermeintlichen Schiedsrichterbeleidigung die Rote Karte gesehen.

“Ich hab ihm einen Vorwand gegeben, mich hinauszustellen”

Doch hatte Bellingham den spanischen Referee wirklich beschimpft? Real argumentiert, dass Bellingham lediglich “it’s a fucking goal” gerufen haben soll. Der 27-malige englische Nationalspieler (zwei Tore) hat seinen eigenen Ansatz, was seine Sperre betrifft: “Weil ich neu in La Liga bin, habe ich das Gefühl, als würden sie versuchen wollen, ein Exempel zu statuieren. Damit bin ich fein, weil letzten Endes muss ich die Verantwortung für meine Handlungen tragen, und ich hab ihm einen Vorwand gegeben, mich hinauszustellen.”

Real wird allerdings gegen das Strafmaß vorgehen, was Bellingham befürwortet -“weil ich finde, dass zwei Spiele dafür etwas lächerlich sind”. Wenn die Berufung keinen Erfolg haben sollte, will Bellingham das Team “von der Tribüne aus bestmöglich unterstützen”.

Die Vergangenheit zeigt aber, dass die Chancen auf eine Reduzierung nicht so schlecht stehen. In dieser Saison hatte Real mit einer Berufung bereits Erfolg: Nach dem völlig unnötigen Platzverweis für Kapitän Nacho beim Spitzenspiel gegen Girona (3:0) erwirkten die Königlichen eine Reduzierung von drei auf zwei Spiele Sperre.

Haftstrafe droht: Ancelotti äußert sich zu den Steuervorwürfen

Die zuständige Staatsanwaltschaft in Madrid wirft Carlo Ancelotti Steuerbetrug vor. Nach dem Rückspiel gegen Leipzig äußerte sich der Real-Trainer erstmals zu diesem Thema.

Bald auch auf der Anklagebank? Real-Trainer Carlo Ancelotti.

Bald auch auf der Anklagebank? Real-Trainer Carlo Ancelotti.

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Muss Carlo Ancelotti ins Gefängnis? Eine Madrider Staatsanwaltschaft fordert genau das für den Real-Trainer, der sich nach dem schmeichelhaften Weiterkommen im Achtelfinale in der Champions League gegen RB Leipzig erstmals zu den am Mittwochmorgen aufgekommenen brisanten Vorwürfen äußerte.

Diese halten dem 64 Jahre alten Italiener konkret Steuerbetrug vor, wobei es allerdings nicht um sein Vereins-Gehalt ging, sondern um Einnahmen aus eigenen Bildrechten und ähnliche Einkünfte. Betroffen ist übrigens nicht der zweite Zeitraum, in dem Ancelotti die Königlichen – seit 2021 – trainiert, sondern sein Aufenthalt während seiner ersten Amtszeit in der spanischen Hauptstadt zwischen 2013 und 2015.

Es geht wohl um eine konkrete Frage

Der genaue Status dieses Aufenthalts ist derweil der Kern von Ancelottis Haltung, sich nichts zu Schulden kommen gelassen zu haben. “Ich bin überzeugt davon, dass ich unschuldig bin”, beteuerte der viermalige Champions-League-Sieger am Mittwochabend in der Mixed Zone – und begründete das auch. Der Italiener, der nach eigener Aussage bereits eine Strafgebühr an die Staatsanwaltschaft gezahlt hat, erklärte, dass er zu betroffener Zeit gar nicht in Madrid wohnhaft gewesen war. Die Klärung dieser Frage gilt als zentral.

Jene zuständige Staatsanwaltschaft, die das laut Ancelotti mindestens bisher anders gesehen hat, fordert öffentlich vier Jahre und neun Monate Haft für den Cheftrainer von Real Madrid, der seinen im Sommer auslaufenden Vertrag bereits vorzeitig bis 2026 verlängert hat. Ancelottis Arbeitgeber hat sich indes noch nicht zu den Vorwürfen und den drohenden Konsequenzen geäußert.

In Spanien sind in den vergangenen Jahren schon einige große Fußball-Persönlichkeiten, etwa auch Cristiano Ronaldo und Lionel Messi, ins Visier der Steuerjustiz geraten. Ins Gefängnis musste keiner von ihnen.

Real Madrid enttäuscht: Die Gewohnheit der Macht

Der Erfolg, in diesem Fall der Viertelfinal-Einzug, gab Real Madrid auch gegen RB Leipzig Recht. Die Art und Weise war allerdings das bisherige Extrem einer fragwürdigen Entwicklung.

Verwalten bis zum Erbrechen: Real Madrid würgte sich ins Viertelfinale.

Verwalten bis zum Erbrechen: Real Madrid würgte sich ins Viertelfinale.

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“Never change a winning team”, das war einmal. Ständig die gleichen elf Spieler aufzubieten, lässt der vollgepackte Terminkalender des gegenwärtigen Profifußballs nicht mehr zu. Nicht von seinem siegenden Team, sehr wohl aber von seiner in der Champions League erfolgsbringenden Taktik scheint Real Madrids Trainer Carlo Ancelotti hingegen partout nicht ablassen zu wollen.

Unter der Leitung des Italieners legten die Königlichen in der K.-o.-Runde der CL-Spielzeit 2021/22 einen denkwürdigen Lauf hin, schalteten nacheinander Paris St. Germain, den damaligen Titelverteidiger FC Chelsea, Manchester City und im Finale den FC Liverpool aus, obwohl sie eigentlich immer vermeintlich weniger vom Spiel gehabt hatten.

Real absorbierte gegen diese Top-Teams, die auf Ballbesitz und sämtliche Formen des Pressings mehr Wert legten als der spanische Rekordmeister, den großen Druck, schaute sich alles in Ruhe an und schlug nadelstichartig, meist durch sein Konterspiel, eiskalt zu. Nicht selten war dieses Auftreten ziemlich passiv, aber meistens noch durchdacht und kontrolliert.

Real spielte so, als wollte es gar nicht gewinnen

Weil diese sehr ergebnisorientierte Herangehensweise unter Ancelotti, die sie auch in der vergangenen Saison zumindest bis ins Halbfinale brachte, für die außergewöhnlichen Fußballer der Königlichen in der Regel aufgeht, scheinen sie sich immer mehr darin zu verlieren. Vielleicht noch nie so sehr wie im zähen Achtelfinal-Rückspiel gegen RB Leipzig am Mittwochabend.

Der Spielbericht

Man tritt den Sachsen wohl nicht zu nahe, wenn man sie nicht in den Sphären verortet, in denen sich Reals K.-o.-Runden-Gegner in der Spielzeit 2021/22 bewegten, doch der Rekordsieger des Turniers ging sein Heimspiel gegen die Mannschaft von Marco Rose vergleichbar an. Wenn nicht noch extremer. Fast, als hätte es für Madrid nie auch nur zur Diskussion gestanden, dass man die zweiten 90 Minuten überhaupt gewinnen will. Ein Unentschieden reicht ja.

Am ehesten begriff noch Deutschlands Nationalmannschafts-Rückkehrer Toni Kroos, von dem bei der Heim-EM im Sommer auch Defensivaufgaben erwartet werden, dass ein bisschen Intensität, Einsatzwille und Offensivdenken angesichts eines nur knappen Hinspiel-Vorsprungs gegen einen motivierten Gegner nicht schaden könnten. Viele seiner verwaltenden Mitspieler hatten das bis zum glücklichen Ende scheinbar kaum verinnerlicht.

Der Kantersieg gegen Girona bewies, dass Madrid es eigentlich anders kann

Die große Konterstärke der Leipziger wird in den Plänen von Ancelotti natürlich eine Rolle gespielt haben. Es ergab durchaus Sinn, den Gästen mit einer 1:0-Führung im Rücken auch mal den Ball zu überlassen und sich wie üblich auch auf die eigene Stärke im Umschaltspiel auszurichten. Doch all das tat Real diesmal bis zum Erbrechen. Bis sich die Madrilenen beinahe selbst eingeschläfert hatten.

Ihr fragwürdiges Auftreten schien für Jude Bellingham, Vinicius Junior und Co., die sich im Liga-Topspiel gegen das ebenfalls intensiv spielende Girona zuletzt noch ganz anders präsentiert hatten, auf seltsame Weise alternativlos zu sein. Gezwungen von der Macht der Gewohnheit. Dieser Ergebnisfußball scheint in der Königsklasse inzwischen zur Gewohnheit für die Macht des größten europäischen Vereinswettbewerbs geworden zu sein, die spielerisch dadurch kaum noch als solche auftritt.

“Man kann nicht sagen, dass wir hochverdient weiter sind”, packte Kroos den Auftritt seiner Mannschaft bei DAZN noch in Watte; “wir waren schlecht, Kritik ist heute vollkommen verdient”, gestand Ancelotti, der fünf Mittelfeldspieler aufgestellt hatte, das Mittelfeld aber trotzdem nicht kontrollieren konnte. “Es gehört ein bisschen zu dieser Mannschaft dazu, dass sie Vorsprünge nicht gut verwalten kann”, versuchte der 64-Jährige zu erklären, der auf das Achtelfinal-Rückspiel 2015 gegen Schalke verwies, in dem Real beinahe noch ausgeschieden wäre. Mit ihm an der Seitenlinie, könnte man meinen, hat Ancelotti Recht.

“Typisches Real-Madrid-Spiel”: Leipzig fehlt nicht viel

kicker-Reporter Jannis Klimburg berichtet aus Madrid 07.03.2024

“Typisches Real-Madrid-Spiel”: Leipzig fehlt nicht viel

0:42RB Leipzig trennt sich im Rückspiel des Champions-League-Achtelfinals mit 1:1 von Real Madrid, nur 1:1. Denn viel gefehlt hat für einen Leipziger Sieg nicht – kicker-Reporter Jannis Klimburg berichtet aus dem Bernabeu.