Besonderer London-Trip von Ex-Radprofi Zabel: “Wenig geschlafen, viel Rad gefahren”

kicker-Reporter Matthias Dersch aus dem Hyde Park 01.06.2024

Besonderer London-Trip von Ex-Radprofi Zabel: “Wenig geschlafen, viel Rad gefahren”

2:00Ex-Radprofi Rick Zabel ist mit seinem Drahtesel zum Champions-League-Finale nach London gereist. Pünktlich traf er in der englischen Hauptstadt ein und gab seine Einschätzung zum Spiel seines Vereins, Borussia Dortmund.

In London dominiert schwarz-gelb: “Viele Engländer wünschen uns den Sieg”

kicker-Reporter Patrick Kleinmann trifft BVB-Fans 01.06.2024

In London dominiert schwarz-gelb: “Viele Engländer wünschen uns den Sieg”

4:46Die Dortmund-Fans sind zuversichtlich, dass ihr Team am heutigen Abend die historische Chance im Champions-League-Finale gegen Real Madrid nutzen kann. Vielen, die bereits 2013 beim deutschen Finale gegen die Bayern dabei waren, haben sich wieder auf den Weg gemacht.

Dortmunder Fan-Fest im Hyde Park: “Irgendwas ist hier in London …”

“Besondere Stimmung” unter den BVB-Anhängern 01.06.2024

Dortmunder Fan-Fest im Hyde Park: “Irgendwas ist hier in London …”

2:06Vor dem großen Finale in Wembley stimmten sich die nach London gereisten BVB-Fans gemeinsam auf das Spiel ein. Im Hyde Park wurde ein großes Fan-Fest mit Essensständen und Foto-Möglichkeiten organisiert, das sich zum Anlaufpunkt für alle Schwarz-Gelben entwickelte.

Dortmunder Fan-Fest im Hyde Park: “Irgendwas ist hier in London …”

“Besondere Stimmung” unter den BVB-Anhängern 01.06.2024

Dortmunder Fan-Fest im Hyde Park: “Irgendwas ist hier in London …”

2:06Vor dem großen Finale in Wembley stimmten sich die nach London gereisten BVB-Fans gemeinsam auf das Spiel ein. Im Hyde Park wurde ein großes Fan-Fest mit Essensständen und Foto-Möglichkeiten organisiert, das sich zum Anlaufpunkt für alle Schwarz-Gelben entwickelte.

Vielseitiger und ein bisschen unsicher: Fünf Erkenntnisse aus Reals CL-Saison

Real Madrid steht vor seinem 15. Henkelpott, nur noch Borussia Dortmund im Weg. Mit Königlichen welcher Art es der BVB in diesem Jahr zu tun bekommt.

Bei Real Madrid gibt es gleich einige Schlüsselspieler.

Bei Real Madrid gibt es gleich einige Schlüsselspieler.

imago images (3)

Sie schon wieder. Die Blancos aus der spanischen Hauptstadt hatten sich in der vergangenen Saison “bereits” im Halbfinale aus ihrem Lieblingswettbewerb verabschiedet, nun sind sie im Finale einmal mehr dabei. Nach Zittereinheiten gegen RB Leipzig und Manchester City, nach typischer und vermeintlich untypischer Brillanz gegen den FC Bayern. Welche Erkenntnisse Real Madrid auf dem Weg nach Wembley geliefert hat.

1. Unsicherheit zwischen den Pfosten?

Mit der Qual der Wahl hat es sich erledigt. Andriy Lunin fällt aus, Thibaut Courtois wird gegen den BVB zwischen den königlichen Pfosten stehen. Ist das Glück im Unglück für Carlo Ancelotti, weil er den immer stärker aufspielenden Ukrainer ausgerechnet im größten Spiel hätte vertrösten müssen?

Courtois, großer Matchwinner bei Reals jüngstem CL-Sieg 2022 gegen Liverpool, ist fit unumstritten. Aber ist er auch unumstritten fit? Es reicht, um zu spielen, doch die fehlende Matchpraxis ist ein Faktor. Im Schatten des besonderen Kroos-Abschieds im letzten Ligaspiel gegen Betis offenbarte der Belgier ein paar untypische Unsicherheiten – die vielleicht gar nicht untypisch sind, wenn man fast die komplette Saison wegen eines Kreuzbandrisses verpasst hat.

Dem Courtois von 2022, der voll im Saft stand, steht Borussia Dortmund jedenfalls nicht gegenüber. Wobei man bei ihm nie wissen kann.

2. Eine Schwäche abgeschwächt

Reals Stärken und Schwächen haben seit vielen Jahrzehnten ziemlich durchgängig Tradition. Zu letzteren zählt eine gewisse defensive Anfälligkeit, gerade nach Ballverlusten. Wie ein beachtliches Rückzugsverhalten im Rückspiel gegen die konternden Bayern gezeigt hat, konnte Real diese Schwäche zuletzt jedoch augenscheinlich abschwächen.

Auf der linken Seite bringt der offensiv zurückhaltende, defensiv aber enorm wichtige Ferland Mendy wertvolles Tempo und Körperlichkeit mit. Der Franzose lässt nur wenig durch. Durch die Mitte sichert inzwischen vor allem auch Toni Kroos sauber ab, der sich gegen den Ball in den letzten Zügen seiner Karriere noch mal spürbar gesteigert hat.

Eine Chance hätte der BVB allerdings, der dort mit dem pfeilschnellen Karim Adeyemi stürmen könnte, über Reals rechte Abwehrseite. Dort spielt Kapitän Dani Carvajal zwar seine vielleicht beste Saison überhaupt, zudem sichert rechts innen der durchaus flinke Antonio Rüdiger ab. Sollte Dortmund Adeyemi aber in Eins-gegen-eins-Duelle mit dem nicht ganz so mobilen Carvajal bringen, liegt Gefahr in der Luft.

3. Das komplette Mittelfeld

Er ist nicht nur der robuste Abräumer vor der Abwehr, sondern durch Fernschüsse oder nach Standards immer mal für einen Treffer gut. Doch Aurelien Tchouameni wird das Finale gegen Dortmund verpassen. Gut für Ancelotti und Real, dass sich zuletzt eigentlich alle Mittelfeldakteure breiter aufgestellt haben.

Kroos ist mittlerweile Abfangjäger in Teilzeit, Fede Valverde hat sich – wohl vom Deutschen – das Strategische angeeignet. Jude Bellingham agiert inzwischen ebenfalls tiefer und vielseitiger, Luka Modric hat die Rolle des einflussreichen Jokers für die Schlussphase angenommen und perfektioniert, Eduardo Camavinga sucht öfter den Abschluss – und war ohnehin schon eine Art Schweizer Taschenmesser.

Dass Reals clever zusammengebautes Mittelfeld zumindest in seinen Einzelteilen angreifbar ist, gehört aktuell wohl der Vergangenheit an. Der Ausfall von Casemiro-Erbe Tchouameni ist abzufangen. Auch wenn Kroos oder Camavinga wohl nicht als adäquate Innenverteidiger-Aushilfe einspringen können.

Jude Bellingham, Fede Valverde, Vinicius Junior

Könnten Toni Kroos womöglich gemeinsam ersetzen: Jude Bellingham (li.) und Fede Valverde (Mi.).
IMAGO/Shutterstock

4. Von allen Seiten

Lange Jahre landeten bei Real fast alle Bälle vorne bei Cristiano Ronaldo, in der jüngeren Vergangenheit war Madrid viel auf Karim Benzema angewiesen. Als der Franzose beim deutlichen Aus vor einem Jahr gegen ManCity dann nicht fit war, vergaben die Königlichen im Hinspiel zu viele Chancen – und hatten im Rückspiel kaum welche.

In den vergangenen zwölf Monaten hat sich aber einiges getan. Vinicius Junior hat sich noch mal weiterentwickelt und greift mittlerweile zentraler an, in Bellingham gibt es einen Goalgetter aus dem Mittelfeld, Rodrygo läuft in der Champions League – jetzt, wo er mehr auf links spielen darf – immer regelmäßiger zu Höchstform auf. Und wenn all diese Spielertypen an ihre Grenzen stoßen, wechselt Ancelotti eben Sturmkante Joselu ein. Mit einem Doppelpack aus seinem Köcher hatten die Bayern wohl am wenigsten gerechnet.

5. Eine neue Facette

Im Halbfinale hatte Real es, wie so oft seit 2012, mal wieder mit dem FC Bayern zu tun bekommen, so dominant wie im Rückspiel waren die Königlichen in diesem Duell der europäischen Schwergewichte aber selten aufgetreten. Das lag auch an einem merklich durchdachteren und kollektiveren Pressing.

Gegen das enorm aufbaustarke Manchester City war Madrid mit seinem hohen Anlaufen noch an seine Grenzen gestoßen und hatte irgendwann davon abgesehen, weil dieser Aspekt im Spiel des CL-Rekordsiegers sicherlich noch nicht vollständig ausgereift ist. Doch gegen den im Vergleich zu ManCity weniger spielstarken BVB könnte Real nicht in erster Linie abwarten und auf Konter lauern – diese Rolle wird wohl die Mannschaft von Edin Terzic einnehmen -, sondern sich auch mal zwingender am gegnerischen Strafraum festsetzen.

Niklas Baumgart

Belohnung für die Treue? Als Reus Real Madrid absagte

Wisst ihr noch …? 01.06.2024

Belohnung für die Treue? Als Reus Real Madrid absagte

1:08Immer wieder hätte Reus den BVB verlassen können, aber immer wieder entschied er sich zu bleiben. Selten war ein Transfer aber so nahe wie 2015, als die Königlichen nach einer verkorksten Dortmunder Saison Ernst machen wollten.

Der mutige Introvertierte: Reus und die letzte Zugabe

Marco Reus (34) sucht das Rampenlicht nicht. Es findet ihn. Auch in Wembley auf der größtmöglichen Bühne des Klub-Fußballs?

Auch noch im fortgeschrittenen Rockstar-Alter von 80 Jahren steht Keith Richards mit den Rolling Stones auf den Bühnen dieser Welt. Man könnte meinen, der Gitarrist bekomme gar nicht genug vom Rampenlicht. Doch ganz so einfach ist es nicht: Obwohl er mit seiner Kunst Abermillionen Fans gewonnen hat und bei Konzerten vor mehreren Zehntausend Menschen spielt, beschreiben ihn Wegbegleiter und Freunde als privat eher stillen und introvertierten Menschen, der nicht gern im Rampenlicht steht. Gemeinsam mit seinen Bandkollegen fühlt er sich zwar auch auf der Bühne sicher. Aber ein geborener Frontmann wie Stones-Sänger Mick Jagger, der vom Applaus der Massen lebt, ist er wahrlich nicht.

Richards ist damit nicht allein. Das Phänomen des “mutigen Introvertierten” ist unter Künstlern, bei Musikern und Schauspielern, durchaus weit verbreitet. Und auch im Fußball gibt es sie, diese Charaktere, die alle Blicke auf sich ziehen, weil sie außergewöhnlich sind in dem, was sie tun – obwohl sie am liebsten unsichtbar wären. Einer von ihnen nimmt am Samstag Abschied von der großen Bühne – und das auf der größtmöglichen, die es im Klub-Fußball gibt: Marco Reus absolviert im Champions-League-Finale gegen Real Madrid im Wembley-Stadion zu London sein letztes Spiel als Profi von Borussia Dortmund. Der Offensivspieler, der am Tag vor dem Endspiel 35 Jahre alt wird, gibt eine letzte Zugabe.

Zwölf Jahre als Profi des BVB gehen dann zu Ende. Zwölf Jahre, in denen Reus Höhen und Tiefen erlebte, persönliche und mannschaftliche Erfolge feierte, aber auch Tiefschläge einstecken musste. Weil sein Körper streikte. Oder weil die Art, wie er spielte oder wie er trotz seiner Aversion gegen das Rampenlicht das Kapitänsamt ausfüllte, nicht überall positiven Anklang fand. Reus sei kein Leader, kein Anführer, kein Führungsspieler, lauteten die – nicht gänzlich unberechtigten – Vorwürfe seiner Kritiker. Weil er sich wegducke, keinen Klartext in der Öffentlichkeit spreche oder dort überhaupt nicht in Erscheinung trete.

Marco ist niemand, der auf dich zukommt und dir den Fußball erklären will. Er beeinflusst dich dadurch, wie er Fußball spielt.

Julian Brandt

Von seinen Mitspielern indes hörte man ganz andere Töne. “Marco ist niemand, der auf dich zukommt und dir den Fußball erklären will. Er beeinflusst dich dadurch, wie er Fußball spielt”, sagt Julian Brandt, der in den vergangenen Jahren beim BVB Reus als Mitspieler eng begleitete: “Marco ist kein Lautsprecher, aber wenn er in der Kabine etwas sagt, dann hören die Jungs zu. Weil jeder weiß, was er geleistet hat und wer er ist.” Es sind Worte der ehrlichen Bewunderung, die in einem Brandt-typischen Satz voller Witz münden: “Ich bin ohnehin kein Fan davon, in irgendwelche Fußstapfen zu treten. Jeder hinterlässt seine eigenen Abdrücke – und Marcos sind sehr groß. So große Füße hat momentan noch kein anderer von uns.”

Dabei fehlen Reus die ganz großen Titel. 2013, in seinem ersten Jahr als Profi beim BVB, unterlag er mit den Schwarz-Gelben im Champions-League-Finale – ebenfalls im Londoner Wembley-Stadion – dem FC Bayern trotz einer starken Leistung mit 1:2. 2014, als Deutschland Weltmeister wurde, saß er daheim auf dem Sofa, weil er sich im letzten Test vor der Abreise nach Brasilien schwer am Sprunggelenk verletzte. 2023 schließlich verpasste er mit dem BVB am letzten Spieltag die Meisterschaft, weil Schwarz-Gelb im Kollektiv die Nerven versagten. Es wäre sein erster Meistertitel gewesen.

So stehen bislang nur – in Anführungszeichen – zwei DFB-Pokal-Siege (2017, 2021) und drei Supercup-Erfolge (2013, 2014, 2019) in seiner Vita, dazu war er zweimal Deutschlands Fußballer des Jahres (2012 und 2019) sowie dreimal Bundesliga-Spieler der Saison (2012, 2014, 2019). Und am 1. Juni vielleicht Champions-League-Sieger? Im letzten Spiel für den Verein, für den er bereits in der Jugend kickte, ehe er aufgrund seiner zu schmalen Schultern fortgeschickt wurde nach Ahlen, wo er zum Profi heranwuchs? Es wäre das perfekte Ende einer Karriere, der man unrecht tun würde, wenn man sie nur an den Pokalen misst, die bei Reus daheim auf dem Kaminsims stehen.

“Marco hat instinktiv das Gespür und das richtige Timing, um im passenden Moment die richtigen Bewegungen zu machen – und das noch dazu äußerst sauber”, sagt Oliver Kirch, der 2012 zur gleichen Zeit zum BVB stieß wie Reus. Was das Spezielle an ihm sei? “Seine Eleganz. Marco ist nie hektisch, ist immer aufrecht und spielt stets mit Übersicht”, antwortet der frühere Mittelfeldspieler, der in der eben abgelaufenen Saison die U 19 von Reus’ früherem Klub Borussia Mönchengladbach in die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft coachte: “Dadurch ist er unfassbar gut im Eins-gegen-eins, obwohl er – anders als beispielsweise Jadon Sancho – kaum Tricks wie Übersteiger oder die Zidane-Rolle einstreut.”

Keiner erzielte so häufig das 1:0 für den BVB wie Reus

Auch sein aktueller Mitspieler Brandt schwärmt von den fußballerischen Qualitäten von Dortmunds Nummer 11: “Sein Schuss ist außergewöhnlich. Man muss sich nur die Statistik anschauen: Wie viele Tore er geschossen und wie viele Vorlagen er gegeben hat. Oder wie oft er ein Spiel aufgebrochen hat durch ein 1:0.” In seiner Zeit beim BVB war Reus bislang durchschnittlich alle 104 Minuten an einem Tor beteiligt, in der Champions League immerhin noch alle 123 Minuten. 47-mal erzielte er für den BVB allein in der Bundesliga das 1:0 – nicht einmal Manfred Burgsmüller, eine andere Ikone des Klubs, kann da mit 45 Eisbrechern mithalten.

Es sind Werte, die seine Klasse unterstreichen – und die erklären, warum sein Trikot auch in seiner Abschiedssaison das meistverkaufte bei Borussia Dortmund ist. Reus ist eine Marke. National, aber auch international. Nicht wegen seiner 48 Länderspiele, sondern weil er jahrelang das Gesicht des BVB verkörperte. In den USA. Vor allem auch in Asien. Spätestens, als er im Jahr 2016 für das weltweite Cover des populären Videospiels “Fifa 17” ausgewählt wurde. Im schwarz-gelben Trikot der Borussia.

CHAMPIONS-LEAGUE-FINALE 2023/24

Reus selbst war und ist der Rummel, den er auslöst, dagegen stets zu viel. Das eint den Fußball-Virtuosen Marco Reus mit dem Gitarren-Virtuosen Keith Richards. So war es auch am vorvergangenen Samstag, als er ein letztes Mal als BVB-Profi in das Dortmunder Stadion einlief. Ganz allein – weil seine Mitspieler sich den Spaß erlaubt hatten, vor dem Warmmachen einfach im Kabinentunnel stehen zu bleiben.

“Wir wissen, dass es ihm irgendwann unangenehm wird, wenn er da alleine auf dem Rasen rumgurkt. Weil das nicht seine Natur ist”, erklärte Brandt später die Aktion, die Reus – der selbst regelmäßig seine Späße mit den Mitspielern treibt – an diesem besonderen Tag mit Humor nahm: “Es war so nicht geplant – jedenfalls nicht von meiner Seite”, kommentierte er seinen unfreiwilligen Alleingang. “Aber es war schön. Das zeigt auch, welches Feingefühl die Jungs haben. Ich habe es echt genossen.”

Wie auch das Bad in der Menge, das er erstmals in Paris nach dem Halbfinal-Triumph bei PSG nahm und nach dem 4:0 im letzten Bundesligaspiel gegen Darmstadt erneut auskostete. “Dankbar” sei er dafür, dazu eingeladen worden zu sein, sagte Reus später in einem seiner seltenen Gesprächsrunden vor Reportern, und kündigte dann an, in Zukunft möglicherweise wiederzukommen, wenn nicht mehr er, sondern andere im Rampenlicht stehen. “Dann werde ich den Jungs da oben einen Besuch abstatten. Da ist es noch einmal ein ganz anderes Gefühl.”

Reus’ finale Wochen in Dortmund, bevor er seine Karriere an einem anderen Ort fortsetzen will, waren fast zu kitschig, um wahr zu sein. Erst die würdevolle Ankündigung seines Abschieds, ohne jeden öffentlichen Groll, obwohl er sportlich nicht mehr jene zentrale Rolle spielt, in der er sich selbst sieht. Dann der Sieg in Paris, der Gang zu den Ultras, das Abschiedstor gegen Darmstadt … “Es wäre ein Bilderbuchabschied gewesen”, sagt Dortmunds Sportdirektor Sebastian Kehl. Wäre es. Wenn da nicht noch etwas kommen würde. Nämlich “dieses Finale, in dem wir es krönen wollen”.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird Reus dann zunächst auf der Bank Platz nehmen. Wie in dieser Saison so häufig. Er ist nicht mehr so schnell wie früher. Nicht mehr ganz so explosiv und torgefährlich – auch wenn 15 Scorerpunkte (sechs Tore, neun Assists) in nur 1603 Spielminuten, verteilt auf 26 Einsätze in der Bundesliga wahrlich kein schlechter Wert sind. Dortmunds Spiel prägen inzwischen andere.

Brandt etwa, der neben Jadon Sancho oder früher Mario Götze und Pierre-Emerick Aubameyang einer jener Mitspieler ist, mit denen Reus sich auf dem Platz stets nahezu blind verstand. Oder seit dieser Rückrunde Marcel Sabitzer, der inzwischen Reus’ früheren Platz an der Seite von Brandt einnimmt. Nicht zufällig kam Reus in den letzten fünf Champions-League-Einsätzen nur von der Bank zum Zug – und damit genauso häufig wie in seinen ersten 66 Partien in der Königsklasse. Dass sein auslaufender Vertrag in Dortmund daher nicht verlängert wird, ist aus Sicht des Klubs nachvollziehbar. Dass Reus seine Karriere noch nicht beenden will, ebenso.

“Man hat zuletzt gegen Darmstadt gemerkt, zu was er in seinem Alter noch immer in der Lage ist. Marco ist ein besonderer Spieler. Das verlernt man auch nicht”, sagt Brandt, ehe er einen vielsagenden Satz hinterherschiebt: “Es ging fast zu schnell.”

Bei Laufbahn-Ende werden wohl die “Hätte, Wäre, Wenn”-Formulierungen kommen

Vor allem, weil Reus die Zeit geklaut wurde. Durch die vielen, teils schweren Verletzungen, die ihn Titel und Rekorde kosteten. Wenn Reus die Fußballschuhe in ein, zwei oder drei Jahren endgültig beiseitestellt und seine Laufbahn beendet, werden ihn “Hätte, Wäre, Wenn”-Formulierungen daher wohl weiter begleiten: Hätte er sich nicht so oft verletzt. Wäre er öfter richtig fit gewesen. Wenn doch nur der Körper mit gespielt hätte …

Doch, Stopp! Es gibt sie ja noch, die eine letzte Zugabe. Und damit die Chance, einer großen Karriere bei der Borussia den angemessenen Abschluss zu bescheren. Auch wenn das bedeuten würde, dass Reus, dieser stille Künstler, wohl noch einmal ins Rampenlicht müsste. Es wäre ein Opfer, das er gerne bringen würde. Ganz so, wie es Keith Richards macht, wenn er die Gitarre umschnallt, um noch einmal die alten Hits zu spielen.

Dieser Text erschien zuerst in der kicker-Ausgabe Nr. 44 am 27. Mai 2024.

Matthias Dersch, Patrick Kleinmann

‘Dangerous underdogs’ v ‘Obsession’ – Hargreaves, McManaman on Wembley showdown


TNT Sports presents the premium live sports rights previously carried by BT Sport including the Premier League, UEFA Champions League, UEFA Europa League, UEFA Conference League, Gallagher Premiership Rugby, Investec Champions Cup, EPCR Challenge Cup, MotoGP, Cricket, UFC, Boxing and WWE. The streaming home for TNT Sports in the UK is discovery+, where fans can enjoy a subscription that includes TNT Sports, Eurosport and entertainment in one destination. You can also watch TNT Sports through BT, EE, Sky, and Virgin Media

“Wenn wir nicht daran glauben würden, hätten wir in Dortmund bleiben können”

Julian Brandt und Nico Schlotterbeck sprechen vor dem Champions-League-Finale mit Borussia Dortmund über Gegner Real Madrid, Zuversicht und Jude Bellingham.

Voller Vorfreude auf das anstehende Champions-League-Finale: Julian Brandt und Nico Schlotterbeck.

Voller Vorfreude auf das anstehende Champions-League-Finale: Julian Brandt und Nico Schlotterbeck.

UEFA via Getty Images

Aus London berichten Matthias Dersch und Patrick Kleinmann

Die Anzeigentafeln auf dem Weg ins Stadion untertreiben. Ein “Wembley Event” ist angekündigt, am Samstag könnte auf den Straßen im Nordwesten Londons offenbar etwas mehr los sein als an anderen Tagen. Hinter der nüchternen Verkehrs-Bürokratie steckt für einige Spieler von Real Madrid und vielen bei den deutlichen weniger erfahrenen Dortmunder ein absolutes Karriere-Highlight, das Champions-League-Finale (21 Uhr, LIVE! bei kicker).

“Bei all dem Erfolg, den wir haben möchte, wollen wir auch versuchen den Moment und das Spiel genießen”, erhofft sich Julian Brandt mit Blick auf die Partie: “Wir werde das nicht so häufig in unserem Leben erleben dürfen.” Ein Highlight soll das Endspiel werden, eins mit einem guten Ende. Auch wenn der Gegner schwerstmöglich scheint, tragen der Mittelfeldspieler und seine Team-Kollegen Zuversicht nach London: “Wenn wir nicht daran glauben würden, hätten wir in Dortmund bleiben können.”

Vor allem die beiden 1:0-Siege gegen Paris Saint-Germain im Halbfinale gegen Innenverteidiger Nico Schlotterbeck den Glauben an die Überraschung gegen die in acht Champions-League-Endspielen noch ungeschlagenen Madrilenen: “Als Defensivspieler nehme ich mit, dass wir zweimal gegen so eine Offensive zu Null gespielt zu haben, das war ein Riesenerfolg.” Die Erkenntnis sei, “dass wir jeden Gegner der Welt schlagen können”.

Brandt setzt auf die Dortmunder Fans

Und das gilt auch für die Offensive Reals um Vinicius Junior, Jude Bellingham und Rodrygo. “Sie haben alle drei unfassbare Qualität”, findet Schlotterbeck, der mit dem Briten ein Jahr in Dortmund zusammenspielte: “Er kann gegen den Ball laufen ohne Ende, er kann schießen, dribbeln und köpfen.” Dortmund müsse “vorsichtig sein”, zumal neben dem Ex-Teamkollegen “zwei dribbelstarke Spiele stehen, die jedem Verteidiger der Welt Probleme bereiten”. Schlotterbeck glaubt: “Wenn wir die Drei in Schach halten, haben wir eine Chance zu gewinnen.”

Vor allem geht es dem 24-Jährigen darum, Lust zu zeigen, keine Angst. “Wir probieren mit Freude ins Spiel zu gehen. Und wenn wir mit Glauben reingehen, haben wir auch eine Chance.” Dabei auch “Vorfreude, vielleicht auch Aufgeregtheit” zu verspüren, sei “ein Stück weit normal, aber wir versuchen es trotzdem als Fußball-Spiel zu sehen und zu nehmen”.

Wir werden so etwas wie ein Heimspiel haben.

Nico Schlotterbeck

Mats Hummels und Marco Reus als letzte verbliebene Dortmunder aus dem 2013er-Finale gegen Bayern München sowie die heutigen Co-Trainer Nuri Sahin und Sven Bender hätten ihnen mitgegeben, dass dieses Partie “etwas anders ist als in der Bundesliga, aber sie haben gesagt, dass du es angehen musst wie jedes andere Spiel”, berichtet Schlotterbeck. Mitspieler Brandt setzt auch auf die zahlreich angereisten Fans, 30.000 alleine werden im Stadion sein. “Wir werden so etwas wie ein Heimspiel haben.”

“Vor ein paar Jahren schien dies unglaublich”

Kapitän Nacho kann es selbst kaum fassen, dass er in Wembley mit Legende Gento gleichziehen kann. Doch Marathonmann Modric warnt vor Dortmund.

Kann mit Real-Legende Gento gleichziehen: Madrids Kapitän Nacho.

Kann mit Real-Legende Gento gleichziehen: Madrids Kapitän Nacho.

Getty Images

Aus Wembley berichtet Jörg Wolfrum

Etwas angespannt wirkten sie beide am Tag vor dem Endspiel der Königsklasse gegen Borussia Dortmund: Kapitän Nacho und Luka Modric, 34 Jahre alt der eine, fast 39 der andere. Aber es geht nun mal um den Henkelpott. Nacho sagte daher: “Es geht um die Bedeutung dieses Wettbewerbs für den Verein und für einen Spieler aus dem Nachwuchs.” Der Abwehrspieler meinte dabei sich selbst und sagte daher: “Ich freue mich wirklich sehr darauf.” Zugleich gab er aber auch zu, “sind wir nervöser denn je, obwohl wir zuversichtlich sind. Ein Finale ist etwas Besonderes, und das macht es unruhig”.

Der scheinbar ewige Marathonmann Modric erklärte: “Jeder denkt, dass wir Favoriten sind. Aber das stimmt nicht. Ich sehe die Chancen 50-50. Dortmund hat eine große Mannschaft, sie haben eine tolle Saison in der Champions League gespielt, und sie werden es uns schwer machen. Wir müssen uns konzentrieren und alles auf den Platz bringen, was wir können.”

Modric war in jedem Finale dabei

Nacho wie auch Modric können beide in Wembley zum sechsten Mal den Henkelpott gewinnen, jedoch mit dem Unterschied: Nacho spielt erst sein zweites Finale nach 2018, zudem war er damals beim 3:1 gegen Liverpool in Kiew nur für den verletzten Dani Carvajal eingewechselt worden. Kein Wunder also, dass er am Freitag betonte: “In einem Finale in der Startelf zu stehen, ist das Beste, das einem Spieler passieren kann, erst recht bei Real Madrid.”

Nacho ist Kapitän, weil er Dienstältester im Klub ist, seit 2012 ist er Teil der Mannschaft, mal mehr, mal weniger, vor allem in seinen Anfangsjahren. Zuvor hatte er die “Fabrica” durchlaufen, die Juniorenabteilung der Königlichen. In dieser Saison wurde der Abwehrspieler an der Seite von Antonio Rüdiger in der Innenverteidigung Stammkraft, profitierte dabei von den Kreuzbandrissen bei Eder Militao und David Alaba. Nach diversen Fehlern im Herbst und mitunter auch slapstickhaften Aktionen hat er sich stabilisiert.

Es ist immer etwas Besonderes, in London zu sein und in Wembley zu spielen.

Luka Modric

Modric hingegen war immer dabei in den Finalspielen, seit er 2012 für 35 Millionen Euro von Tottenham Hotspur gekommen war. Aus London also, folgt nun die erneute Krönung, just in seiner einstigen Wahl-Profi-Heimatstadt? “Es ist immer etwas Besonderes, in London zu sein und in Wembley zu spielen, einem großartigen Stadion. Ich freue mich darauf.” Doch Modric wäre nicht Modric, wenn er nicht klarstellte: “Aber das war es auch schon.” Mit voller Power erlebt man den Mittelfeldspieler nur auf dem Platz.

Nacho muss sich nur noch entscheiden

Er ist eben Profi durch und durch, dieser Modric, aber auch längst eins geworden mit Real. Anders als Nacho war er, außer in dieser Saison, auch all die Jahre Dauerläufer bei den Königlichen und mitentscheidend gewesen in diversen magischen Nächten. Unvergessen ist zum Beispiel seine Ecke 2014 in der Nachspielzeit, die Sergio Ramos zum 1:1 ins Tor von Atletico Madrid wuchtete – es folgte die Verlängerung und ein 4:1 für die Königlichen. Als es für Real schon zappenduster war im Stadion des Lichts von Lissabon, ging das Licht damals auch wegen Modric an.

Intern scheint laut spanischen Medienberichten klar zu sein, dass der Kroate, 2018 Weltfußballer und Vize-Weltmeister und 2022 nochmal WM-Dritter, eine weitere Saison bei den Königlichen absolvieren wird. Auch Nacho müsse sich nur noch entscheiden, heißt es.

Der sagt mit Blick auf einen möglichen Triumph: “Vor Jahren erschien es unglaublich, Gento einzuholen.” Wen er meinte: Linksaußen Francisco “Paco” Gento, der von 1956 bis 1960 und 1966 sechsmal mit Real in der Königsklasse triumphierte. Der 2022 wenige Monate vor dem Final-Sieg in Paris gegen Liverpool verstorbene Altstar ist bis dato der einzige Spieler überhaupt, der sechsmal den Henkelpott gewonnen hat. Nun könnten ihn Nacho und Modric einholen, aber auch Dani Carvajal – und natürlich Toni Kroos in seinem letzten Spiel als Vereinsprofi überhaupt.