Mit wutentbranntem Gesichtsausdruck hatte Thomas MĂŒller kurz vor Spielschluss an den 2009er Michael Ballack erinnert. Kurz nach dem Ausscheiden ordnete der Routinier seine GefĂŒhle und hakte alle relevanten Themen ab.
Absolutes Bayern-UnverstĂ€ndnis: Matthijs de Ligt (li.) und Thomas MĂŒller (re.) reden in Madrid intensiv auf Schiedsrichter Szymon Marciniak ein.
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Der FC Bayern MĂŒnchen hat die Neuauflage des Champions-League-Finals aus dem Jahre 2013 gegen Dortmund verpasst. WĂ€hrend der BVB mit zwei knappen 1:0-Erfolgen Paris Saint-Germain ausgeschaltet hatte, war der deutsche Rekordmeister trotz eigener 1:0-FĂŒhrung bis in die Schlussphase doch noch im RĂŒckspiel des Halbfinals von Real Madrid besiegt worden.
Dass das Ticket fĂŒrs Wembley Stadium schon zum Greifen nah gewesen sein soll, erkannte Thomas MĂŒller jedoch nicht – auch weil er neben zahlreicher Real-Möglichkeiten im Spielverlauf auch die weit ĂŒber zehnminĂŒtige Nachspielzeit mit bedachte.
“Mit einem Bein in Wembley ist ein bisschen viel gesagt. Im letzten Moment vor dem 1:1, als wir noch gefĂŒhrt haben, war am Ende immer noch fast eine Viertelstunde zu spielen. Da mĂŒssen wir schon ehrlich sein”, so der in der 85. Minute gebrachte Angreifer. “Aber klar: Wenn du 1:0 fĂŒhrst, hast du ein gutes GefĂŒhl. Und klar haben wir auch was zugelassen, aber Manu (Neuer; Anm. d. Red.) war da, die Verteidiger haben SchĂŒsse geblockt. Wir waren gut im Verteidigungsblock, auch wenn wir fĂŒr meinen Geschmack mehr hĂ€tten weghalten können.”
MĂŒller Ă la Ballack
Zu den Fehlern im eigenen Spiel des FC Bayern oder zum Patzer von Neuer, der Joselu das 1:1 förmlich serviert hatte, sagte MĂŒller nur: “Wir können alles analysieren – wir können uns auch auf die letzte Aktion vom Schiedsrichter stĂŒrzen, die absolut wild war.”
Am Ende des Tages hatten aber in der Tat, wenn man es knapp halten möchte, zwei unglĂŒckliche Fehler das Spiel entschieden – der nicht sauber und direkt vor die FĂŒĂe von 1:1-TorschĂŒtze Joselu parierte Ball von Neuer sowie der Pfiff von UEFA-Referee Szymon Marciniak.
Der 43-jĂ€hrige hocherfahrene Pole hatte in ein hohes Zuspiel von Joshua Kimmich reingepfiffen, so den VAR-Check sowie zugleich das mögliche 2:2 von Matthijs de Ligt verhindert. Und natĂŒrlich Wut auf sich gezogen, etwa von Thomas Tuchel (“Ein absolutes Desaster”) oder eben auch MĂŒller. Der Weltmeister von 2014 war in bester Michael-Ballack-Manier aus dem Jahre 2009 (Skandalspiel von Schiedsrichter Tom Henning Ăvrebö) mit hochroter Miene auf Marciniak zugerannt und hatte lautstark seine EntrĂŒstung kundgetan. Eine Sprungeinlage voller Frust samt Abwinken mit dem rechten Arm hatte der langjĂ€hrige Bayern-Profi auĂerdem noch eingestreut.
“GrundsĂ€tzlich ist FuĂball ein Zufallssport”
Mit etwas Abstand zum Ausscheiden aus dem Champions-League-Halbfinale gab sich MĂŒller aber gefasst und teilte mit: “Fehler entscheiden meistens FuĂballspiele. GrundsĂ€tzlich ist FuĂball ein Zufallssport, bei einer Ecke etwa kommt der Ball in einen Pulk von 20 Mann rein – und dann geht der Kampf los. Du kannst nicht alles kontrollieren.”
Trotzdem sei aus seiner Sicht die letzte Aktion, also der unnötige Pfiff von Marciniak, “schon unglaublich. Es gibt gar keinen Grund, so schnell, so frĂŒh in so einer Situation zu pfeifen. Ich glaube, das weiĂ er selbst, dass es am Ende ein Fehler war und man die Entscheidung da nicht zu frĂŒh treffen darf. Klar … die Madrilenen wĂŒrden sagen, sie haben aufgehört zu spielen, aber das ist eine Millisekunde. Ich glaube nicht, dass sich was verĂ€ndert hĂ€tte – und am Ende des Tages steht es dann 2:2 und wir spielen VerlĂ€ngerung.”
Doch der inzwischen ruhige MĂŒller sagte im selben Atemzug auch: “Man kann sich richtig reinsteigern, man kann aber auch versuchen, das irgendwie nĂŒchtern zu sehen.” Aber – und so lautete das Schlussfazit des 34-jĂ€hrigen Routiniers: “Die EnttĂ€uschung ist da, der Stachel sitzt. Wir haben sehr viel auf dem Platz gelassen, sehr viel investiert. Es ist echt schon hart.”
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