DFB-Regelexperte Wagner erklärt den Aufreger in Madrid – und wo Tuchel irrt

Schiedsrichter Szymon Marciniak machte sich bei Bayerns Gastspiel in Madrid eine starke Leistung spät zunichte. DFB-Regelexperte Lutz Wagner ordnet die Szene aus der Nachspielzeit für den kicker ein.

Große Aufregung kurz vor Schluss: Matthijs de Ligt (li.) beschwert sich bei Schiedsrichter Szymon Marciniak.

Große Aufregung kurz vor Schluss: Matthijs de Ligt (li.) beschwert sich bei Schiedsrichter Szymon Marciniak.

picture alliance/dpa

Ob Real Madrids Torhüter Andriy Lunin auch dann regungslos geblieben wäre? Ob der personell gebeutelte FC Bayern in einer Verlängerung überhaupt bestanden hätte? All das bleibt spekulativ. Und doch erboste der Pfiff, den Schiedsrichter Szymon Marciniak in der Nachspielzeit des Halbfinal-Rückspiels tätigte, die Münchner nach dem Champions-League-Aus aus gutem Grund.

Der erfahrene Pole hatte bei einem letzten langen Ball in den Real-Strafraum vorschnell abgepfiffen, nachdem sein Linienrichter vorschnell die Fahne gehoben hatte. Dadurch konnte der VAR nicht mehr überprüfen, ob tatsächlich ein Bayern-Spieler im Abseits gestanden hatte, bevor Matthijs de Ligt das vermeintliche 2:2 erzielte.

“Marciniak hätte trotz erhobener Fahne weiterlaufen lassen sollen”

“Bei dieser Abseitsszene handelt es sich nicht um einen Regelverstoß (wie ihn Trainer Thomas Tuchel nannte, Anm. d. Red.). Allerdings gibt es in den Schulungsunterlagen von UEFA und FIFA, die vor allem aus Beispielsszenen mit festgelegter Auslegung bestehen, klare Handlungsvorgaben zum so genannten ‘Delay’, also dem verzögerten Anzeigen von knappen oder sehr knappen möglichen Abseitssituationen”, erklärt DFB-Regelexperte Lutz Wagner, der die Szene am Donnerstag im Gespräch mit dem kicker einordnete.

“Wenn Torgefahr besteht, sich die Szene zentral vor dem Tor abspielt oder ein klarer Zug zum Tor erkennbar ist, soll das Schiedsrichterteam die Szene weiterlaufen lassen, bis die Torgefahr vorüber oder ein Tor gefallen ist. Das VAR-Team kann die Szene bei Torerfolg dann im Nachhinein mit Hilfe der halb-automatischen Abseitstechnologie überprüfen.”

Das sei “in dieser Szene leider nicht passiert”, so Wagner. “Den ersten Fehler hat der Assistent durch das zu frühe Heben seiner Fahne begangen, den zweiten allerdings Schiedsrichter Marciniak durch seinen Abseitspfiff inmitten der Aktion. Nur sein Pfiff unterbricht das Spiel, er hätte bei Erkennen der Torgefahr trotz erhobener Fahne das Spiel weiterlaufen lassen sollen. Eine vor allem für Bayern bittere Entscheidung; wobei ein Torerfolg als nicht gesichert anzusehen ist, da zumindest Reals Torwart Lunin nach dem klaren Pfiff das Spielen eingestellt hatte. Dennoch war es auch für Marciniak bitter, der die Partie sonst sehr gut geleitet hat.”

Wagner widerspricht Ancelotti

Angesichts der wütenden Bayern-Proteste hatte Real-Trainer Carlo Ancelotti nach dem 2:1-Sieg auf ausgleichende Ungerechtigkeit gepocht, weil in der 72. Minute das vermeintliche 1:1 nach Eingriff des VAR aberkannt worden war. Kapitän Nacho hatte Joshua Kimmich in der Entstehung zu Fall gebracht.

Wagner widerspricht Ancelotti deutlich: Der VAR habe Marciniak “zu Recht auf das Foul von Nacho an Kimmich hingewiesen. Der Ball war im Spiel, deshalb war Nachos Greifen und Drücken mit beiden Händen in den Hals- und Gesichtsbereich von Kimmich ein klares Vergehen, das Marciniak nach seinem On-Field-Review zu Recht geahndet hat.”

Carsten Schröter-Lorenz, jpe

24 Monate später: Joselus besondere Geschichte

Jenseits der bayerischen Beschwerden hielt die Schlussphase im Rückspiel gegen Real Madrid – für dessen Doppelpacker Joselu – eine Geschichte bereit, wie sie vielleicht nur der Fußball schreiben kann.

Jubel unter seinesgleichen: Real Madrids Matchwinner Joselu.

Jubel unter seinesgleichen: Real Madrids Matchwinner Joselu.

picture alliance / Anadolu

Es war nur ein Tor, aber Jude Bellingham gab gleich zwei Vorlagen. Als Joselu Ende November im Gruppenspiel gegen die SSC Neapel in der Nachspielzeit den 4:2-Endstand herstellte, konnte sich Real Madrids inzwischen 34 Jahre alte Leihstürmer gar nicht richtig darüber freuen. Statt zu Jubeln, entschuldigte sich Joselu ausgiebig bei den Fans, weil er in den Minuten zuvor etliche Hochkaräter kläglich ausgelassen hatte. Und so schob Vorlagengeber Bellingham den Routinier fast schon ein bisschen gewaltsam in Richtung Kurve, sodass dieser sich doch noch feiern lassen durfte.

Die Station Real Madrid ist für Wandervogel Joselu, von Espanyol Barcelona ausgeliehen, nicht einfach nur ein verrückter Zufall des Lebens, der ihn im Herbst seiner Karriere unverhofft zu einem Weltklub geführt hat. Was auch die Szene gegen Neapel ein Stück weit erklärt. Der ehemalige Hoffenheimer, Frankfurter und Hannoveraner, in Stuttgart geboren, ist großer Fan des Vereins.

Joselus Schwager ist jetzt sein Mitspieler

Noch vor zwei Jahren reiste Joselu privat nach Paris, um Real Madrids Champions-League-Finale gegen den FC Liverpool zwar im Trikot der Königlichen zu verfolgen, das allerdings als Anhänger auf der Tribüne. Übrigens auch als Anhänger seines Schwagers Dani Carvajal. Rund 24 Monate später wird er den Madrilenen wieder in ein Endspiel der Königsklasse folgen. Diesmal nach London. Und diesmal als Teil des Teams.

Zwar als Teil eines Teams, in dem er nicht gesetzt ist. Obwohl sich außer ihm, da hatte Real nach dem Abgang von Karim Benzema nur mit der Leihe von Joselu nachgelegt, kein klassischer Mittelstürmer im Kader befindet. Um Stammspieler beim Rekordsieger der Champions League zu sein, in dessen zweiter Mannschaft der Rechtsfuß zwischen 2010 und 2012 stürmte, dafür wird die Qualität wohl nie reichen. Beispiel Neapel.

Doch wenn Carlo Ancelotti in den Schlussminuten einen Sturmhünen braucht, den man auch mal mit simplen Mitteln einsetzen kann, dann weiß der Italiener selbst in einem CL-Halbfinal-Rückspiel gegen Bayern, was er an dem Spanier hat. Als Ergänzungsspieler gelangen Joselu in dieser Saison nun bereits 16 Tore, im Schnitt trifft er alle 119 Minuten. Da kann kein Vinicius Junior (alle 134 Minuten), kein Bellingham (154), kein Rodrygo (201) mithalten.

Noch wichtiger als seine Torquote war auf einer Bühne, auf der sich Joselu gerade in diesem Alter wahrscheinlich selbst nicht mehr erwartet hätte, sein Instinkt. Dort zu stehen, wo ein Mittelstürmer eben steht. Wo mittlerweile nicht mal mehr Bellingham steht. Und das gleich zweimal. Natürlich alles im Rahmen dieser Dramaturgie, wie sie längst mit Real Madrid verwachsen ist.

“Nicht mal in meinen Träumen war es so schön wie heute”, schwärmte ein beseelter Joselu, der sich “solche Nächte” natürlich ausgemalt hatte. Der sie auch schon erlebt hatte, als Fan. Also so wie am späten Mittwochabend. Mit einem gewaltigen Unterschied.

“Einfach lächerlich, einfach Real Madrid” – “Harrys Herz ist gebrochen”

Die Bayern haben in Madrid ein Drama im Halbfinale der Champions League erlebt. Die Wut der Münchner richtet sich auf den Schiedsrichter. Das schreiben die internationalen Medien zum Halbfinale.

Der Diver nach dem Sieg: Real Madrids Spieler feiern den Finaleinzug.

Der Diver nach dem Sieg: Real Madrids Spieler feiern den Finaleinzug.

IMAGO/ZUMA Wire

Spanien

Marca: “Real Madrid erlaubt keine Rivalen. Seit zwei Wochen wurde behauptet, dass die Bayern Real Madrid am nächsten stehen, und als es darauf ankam, gingen die stolzen Bayern wie alle anderen in die Knie, als sie sich im Finale sahen.”

El Pais: “Ja, das ist es. Wieder Real Madrid. Wieder der tote Mann, der inmitten des kollektiven Deliriums des Bernabeu aufersteht. Madrid fand sich nach einem dominanten Spiel mit einem Rückstand auf der Anzeigetafel wieder, während die Bayern, die alte europäische Hierarchie, die legendäre Bestie des Wettbewerbs, die Nacht verschlief. Dabei spielte es keine Rolle, dass auf der Bank Tuchel saß, der schon vor zwei Jahren mit Chelsea in einer solchen Partie war. Das magische Schicksal Madrids ist unausweichlich, auch wenn man es kommen sieht, auch wenn man es weiß.”

El Mundo: “Ave, Cäsar von Europa: Madrid bringt die Herrschaft des Glaubens nach Wembley. Die Madrilenen denken nie an den Tod, nicht einmal mit beiden Beinen auf dem Schafott, wie gegen die Bayern, denn ihr einziges Memento mori ist der Sieg.”

ABC: “Nach einem Hinspiel, in dem die Madrilenen seltsamerweise einige Minuten lang den Respekt vor ihrem Lieblingswettbewerb vermissen ließen, zogen sich Ancelottis Spieler im Bernabeu ihre Sonntagshemden an und gehen nun gut aussehend und parfümiert ins Finale in London, wie es sich gehört.”

Großbritannien

The Sun: “Es ist ein Desaster. Fans behaupten, dass die Champions League manipuliert ist, nachdem Real Madrid gegen Bayern mit einer Riesen-Kontroverse endet, weil den Deutschen ein Tor verwehrt wird.”

Daily Mail: “Bayern-Wut auf die Schiedsrichter. Thomas Tuchel ist über das “absolute Desaster” der Entscheidung sauer, die Bayern München einen späten Ausgleich gegen Real Madrid bei einer dramatischen Champions-League-Niederlage verwehrt, und gibt zwei Unparteiischen die Schuld.»

The Mirror: “Harrys Herz ist gebrochen. Real Madrid schafft es in noch ein weiteres Champions-League-Finale, weil der frühere Stoke-Star Joselu spät doppelt trifft und Bellingham ein Wiedersehen mit Dortmund beschert.”

The Guardian: “Einfach lächerlich. Einfach Real Madrid. Die Mannschaft, die anscheinend diesen Wettbewerb besitzt, die eine magische Macht hat über diese Trophäe, die sie einfach nicht aufgeben will, ist wieder im Finale, weil sie es natürlich ist.”

Österreich

Kronen-Zeitung: “Falscher Abseitspfiff versetzt Bayern in Rage.”

Kurier: “Späte Tore waren eigentlich immer die Spezialität des FC Bayern. Im Champions-League-Semifinale gegen Real Madrid erlebte der deutsche Rekordmeister ein Finish, das den Bayern spanisch vorkommen musste.”

Schweiz

Blick: “Schiri-Bonus für Real Madrid? ‘Skandal-Szene’ lässt die Bayern toben.”

Podcast

BVB im Finale! Führt an Hummels und Schlotterbeck ein Weg vorbei?

14:34 Minuten

alle Folgen

Italien

Gazzetta dello Sport: “Real stirbt nie! Wende in der 91. Minute, sie fahren nach Wembley. Bayern-Wut auf die Schiedsrichter. Das übliche Real Madrid. Die üblichen europäischen Nächte von Ancelottis Teams.”

Tuttosport: “Joselu, der König für eine Nacht: Real mit einem weiteren unglaublichen Comeback und Ancelotti im Finale. Die Blancos kippten das Ergebnis gegen Bayern in den letzten Minuten und gewannen dank eines späten Doppelschlags des spanischen Stürmers mit 2:1. Real Madrid gibt nicht auf.”

La Repubblica: “Die Mystik des Bernabeu kann alles, sogar einen 34-jährigen Stürmer, der für eine Million (und die Ablöse kostet anderthalb, wohlgemerkt) von einem abstiegsbedrohten Verein, Espanyol, ausgeliehen wurde, um einen kleinen Teil des riesigen Lochs zu stopfen, das der Weggang von Benzema nach Arabien hinterlassen hat, märchenhaft überdecken.”

Frankreich

Le Equipe: “Das unsterbliche Real.”

Le Parisien: “Joselu macht die Madrilenen unsterblich und sichert ihnen das Ticket für Wembley. Zunächst von den Bayern überrascht, schoss Real Madrid in der Schlussphase zwei Tore und sicherte sich so den Einzug ins Finale der Champions League.”

Niederlande

De Telegraaf: “Madrid dreht das Spiel in drei Minuten komplett um. Real Madrid zieht nach verrücktem Finale gegen Bayern ins Champions-League-Endspiel ein. Die Champions League wird nun doch kein ‘deutsches’ Finale bekommen. Bis zur 88. Minute hatte Bayern die Aussicht auf einen Platz im Endspiel, doch dann kam Joselu.”

Das Champions-League-Finale und die Folgen für Nagelsmann

Einige Mitglieder seines EM-Kaders wird Bundestrainer Julian Nagelsmann erst später begrüßen können. Das Champions-League-Finale kommt den Planungen in die Quere.

Stößt vor der EM erst verspätet zum DFB-Tross: Toni Kroos.

Stößt vor der EM erst verspätet zum DFB-Tross: Toni Kroos.

IMAGO/kolbert-press

Hätte der FC Bayern gegen Real Madrid am Mittwochabend das Weiterkommen geschafft, wären die Folgen noch größer ausgefallen. Doch auch so beeinträchtigt das Champions-League-Finale 2024 die EM-Vorbereitungen der deutschen Nationalmannschaft.

Alle DFB-Nationalspieler von Borussia Dortmund und Real Madrid, die Julian Nagelsmann am kommenden Donnerstag in seinen vorläufigen EM-Kader beruft, werden das EM-Trainingslager verpassen, das vom 26. Mai bis 31. Mai in Blankenhain im Weimarer Land auf dem Programm steht. Das Champions-League-Finale in Wembley ist erst am 1. Juni vorgesehen.

Auch das vorletzte Vorbereitungsspiel am 3. Juni in Nürnberg gegen die Ukraine wird für die Betroffenen zu früh kommen, zu denen gewiss Toni Kroos, Antonio Rüdiger und Niclas Füllkrug zählen. Dazu könnten aber noch weitere BVB-Profis wie Mats Hummels oder Nico Schlotterbeck hinzukommen, die in den vergangenen Wochen wieder verstärkt für sich warben, nachdem sie zuletzt nicht mehr berücksichtig worden waren.

Mit Rüdiger, Kroos & Co. bleibt Nagelsmann nur ein Härtetest

Nagelsmann hatte zwar erklärt, dass “die Freude überwiegt, wenn Spieler ins Champions-League-Finale kommen”, weil diese von dieser positiven Erfahrung auch beim Heim-Turnier noch zehren könnten. Trotzdem bleiben ihm nun mit einigen Schlüsselspielern weitaus weniger Trainingseinheiten vor dem Turnierstart und nur noch die Generalprobe am 7. Juni gegen Griechenland in Mönchengladbach.

Der Bayern-Block um Kapitän Manuel Neuer wird dagegen pünktlich zum Trainingslager eintreffen – dafür mit einer titellosen Saison im Gepäck -, und auch die Leverkusener um Florian Wirtz bestreiten ihr letztes Pflichtspiel schon kurz vorher: Das DFB-Pokal-Finale gegen den 1. FC Kaiserslautern findet am 25. Mai statt und damit einen Tag vor dem Aufgalopp in Blankenese. Ab dem 1. Juni bezieht die DFB-Auswahl dann ihr EM-Quartier in Herzogenaurach.

Wie groß Nagelsmanns vorläufiger und endgültiger EM-Kader ausfallen wird, ist noch offen. Der Bundestrainer hatte zu einem finalen 23-Mann-Aufgebot tendiert, dürfte der UEFA aber bis zu 26 Spieler melden.

Kehl: “Wir hätten gerne die Revanche gegen Bayern genutzt”

Der BVB sieht sich im Champions-League-Finale gegen Real Madrid als Außenseiter, aber keineswegs chancenlos. Sebastian Kehl fühlt auch mit dem FC Bayern.

Freut sich aufs Champions-League-Finale gegen Real Madrid: Sebastian Kehl.

Freut sich aufs Champions-League-Finale gegen Real Madrid: Sebastian Kehl.

picture alliance / Dennis Ewert/RHR-FOTO

Drei Siege, fünf Remis, sechs Niederlagen: So liest sich Borussia Dortmunds bisherige Champions-League-Bilanz gegen Real Madrid. Am 1. Juni (21 Uhr, LIVE! bei kicker) kommt es im Finale von Wembley zum 15. Aufeinandertreffen – dem ersten seit dem 6. Dezember 2017 -, und die Rollen sind klar verteilt.

“Es gibt wenige Finals, die sie verloren haben, deswegen gehen sie als Favorit in dieses Spiel”, sagte BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl am Mittwochabend im ZDF. Genau genommen gewannen die Madrilenen in der Champions-League-Ära alle acht Endspiele, an denen sie beteiligt waren. Entsprechend hatte auch Toni Kroos kurz nach Reals 2:1-Sieg gegen den FC Bayern schon erklärt, “kein Problem” mit der Favoritenrolle zu haben.

Nach der Party in Paris (“Es wurde so langsam hell”) mit dem “einen oder anderen Bierchen” schaute Kehl das zweite Halbfinal-Rückspiel “ganz in Ruhe zuhause”. Sein Fazit: “Nach dem 1:0 der Bayern hatte man trotzdem das Gefühl, dass Real noch mal wiederkommen kann. So, wie die Tore dann fallen und das Spiel entschieden wird, ist es sehr bitter für Bayern München. Wir hätten gerne die Revanche gegen Bayern in Wembley genutzt.”

“Warum sollte uns dieses Wunder nicht auch in Wembley gelingen?”

Stattdessen kommt es nun zum Wiedersehen mit Jude Bellingham – bei dem sich die Dortmunder keineswegs chancenlos sehen. Real sei zwar “wahnsinnig” erfahren und habe einen Trainer, “der niemals die Ruhe verliert”. Aber “wir freuen uns riesig mit dieser Aufgabe und werden versuchen, den deutschen Fußball dort würdig zu vertreten”, kündigte Kehl an. “Wir haben in diesem Jahr in diesem Wettbewerb große Mannschaften geschlagen. Warum sollte uns dieses Wunder nicht auch in Wembley gelingen? Ich glaube, dass wir genug Waffen haben, um diese Trophäe nach vielen, vielen Jahren mal wieder nach Dortmund zu holen.”

Dafür soll auch der Bundesliga-Endspurt mit den zwei aus BVB-Sicht sportlich unbedeutenden Spielen in Mainz und gegen Darmstadt genutzt werden. “Es wird wichtig sein, die richtige Mischung zu finden”, weiß Kehl. “Wir brauchen Rhythmus und den werden wir uns beibehalten.”

Das Problem ist die Art und Weise

Die Saison ist für den FC Bayern mehr oder weniger gelaufen, die erste titellose Spielzeit seit 2011/12 besiegelt. Der Ärger über das Ausscheiden bei Real Madrid ist allerdings verständlich. Ein Kommentar von kicker-Reporter Georg Holzner.

Diskussion: Szymon Marciniak im Gespräch mit Manuel Neuer (re.).

Diskussion: Szymon Marciniak im Gespräch mit Manuel Neuer (re.).

Der FC Bayern hat gegen Real Madrid in 180 Minuten plus Nachspielzeit sicherlich nicht seine beste Leistung gezeigt. Hätten die Münchner im Hinspiel eher einen Sieg verdient gehabt, ging die 1:2-Niederlage im Estadio Santiago Bernabeu – aus rein sportlicher Sicht – in Ordnung.

Zwar hatte auch der deutsche Rekordmeister seine Chancen, aber vor allem einen überragenden Manuel Neuer, der bis zu seinem Patzer vor dem Ausgleich durch Joselu seine Mannschaft mehrmals mit herausragenden Paraden im Spiel gehalten hatte.

Das Versagen des Schiedsrichtergespanns

Das große Problem ist die Art und Weise der Niederlage – und wie sie am Ende besiegelt wurde. Eine derart knappe und knifflige Abseitssituation nicht laufen zu lassen, ist nicht nur falsch, sondern ein krasses und völlig unverständliches Versagen des Schiedsrichtergespanns. Gerade deshalb unverständlich, weil der Referee zuvor mit einer sehr guten Spielleitung überzeugt hatte. Nur eben nicht mehr in der Nachspielzeit.

Ob es Abseits war oder nicht, spielt vorerst keine Rolle. Es geht darum, dass die Szene nicht hätte abgepfiffen werden dürfen. Wäre es letztlich Abseits gewesen, wäre die Niederlage für die Bayern zu akzeptieren, müsste man sich an die eigene Nase fassen. Wäre es kein Abseits gewesen und tatsächlich das 2:2 daraus entstanden, hätten die mit vielen Verletzten geschwächten Münchner ohnehin erstmal die Verlängerung überstehen müssen.

Aber auch auf diesem Weg zu verlieren, wäre akzeptabel gewesen, dann war Real eben besser. Aber diese Art und Weise und der kapitale Schiedsrichter-Fehler sind auf diesem Niveau, in einem Champions-League-Halbfinale, absolut inakzeptabel.

Umfrage: Wer gewinnt das Finale der Champions League?

Das Finale der Champions League 2024 steht fest, Borussia Dortmund trifft auf Real Madrid. Wer setzt sich durch? Wir wollen es wissen.

Jude Bellingham trifft im Finale auf seine ehemaligen Kollegen um Marco Reus.

Jude Bellingham trifft im Finale auf seine ehemaligen Kollegen um Marco Reus.

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Zwischenzeitlich sah es nach einer Neuauflage des Champions-League-Finals von 2013 aus. Borussia Dortmund hatte die eigenen Hausaufgaben bereits erledigt und Paris St. Germain aus dem Wettbewerb gekegelt. Einen Tag später verpasste es der FC Bayern aber, eine zwischenzeitliche Führung bei Real Madrid ins Ziel zu bringen.

Die Königlichen drehten die Partie dank eines Doppelpacks von Joselu und haben nun die Möglichkeit, am 1. Juni im Wembley den 15. CL-Titel einzuheimsen. Borussia Dortmund geht freilich als Außenseiter ins Finale, wird aber sicherlich – wie schon gegen Paris – den Madrilenen einen leidenschaftlichen Kampf liefern.

Nun sind Sie gefragt: Wer setzt sich Ihrer Meinung nach im Finale der Champions League durch?

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Ancelotti entgegnet Bayerns Schiri-Kritik: “Kimmich wirft sich auch hin”

Real Madrid träumt vom 15. Champions-League-Titel der Vereinsgeschichte. Carlo Ancelotti erlebt bereits sein sechstes Finale als Trainer – und wusste am Mittwochabend auch eine Antwort auf die Schiedsrichter-Kritik der Bayern.

Voller Fokus am Mittwochabend: Real-Coach Carlo Ancelotti (li.) und Bayern-Verteidiger Joshua Kimmich.

Voller Fokus am Mittwochabend: Real-Coach Carlo Ancelotti (li.) und Bayern-Verteidiger Joshua Kimmich.

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Es war die Szene, über die hinterher alle sprachen. Weil Referee Szymon Marciniak den Bayern tief in der Nachspielzeit das vermeintliche Ausgleichstor weggepfiffen hatte, echauffierte sich nicht nur Trainer Thomas Tuchel.

Mit italienischer Gelassenheit schätzte Real-Coach Carlo Ancelotti die Szene ein. “Der Schiedsrichter pfeift und wir hören auf zu spielen”, erklärte der 64-Jährige und schob hinterher: “Vielleicht war es kein Abseits.” In gewisser Weise sah “Carletto” aber so etwas wie “ausgleichende Gerechtigkeit”. Denn: “Die Bayern beschweren sich über dieses nicht gegebene Tor und wir uns über das andere, das nicht anerkannt wurde – weil Kimmich sich auch hinwirft.”

In der 71. Minute hatte Real erstmals vermeintlich ausgeglichen. Weil aber Kapitän Nacho Gegenspieler Joshua Kimmich mit beiden Händen ins Gesicht gegriffen hatte, wurde die Szene vollkommen zu Recht abgepfiffen. Ein schräger Vergleich Ancelottis.

Perez und seine “Matrosen”

Dem Erfolgscoach, der als einziger Trainer in der Geschichte des Wettbewerbs bereits sein sechstes Finale an der Seitenlinie erleben wird, war ohnehin viel mehr danach, seiner Mannschaft zu huldigen. “Es ist wieder etwas Unerklärliches passiert, es ist etwas Magisches”, sagte Ancelotti. “Die Fans waren unglaublich, das Stadion hat geholfen und die Spieler haben nicht aufgehört zu glauben.”

Real spiele eine Saison, “die niemand erwartet hat, nicht einmal ich”. Als “Vater” des Erfolgs sieht sich Ancelotti indes nicht. “Es gibt hier einen Kapitän, Florentino Perez, und alle anderen sind Matrosen”, huldigte der ehemalige Bayern-Coach dem Real-Präsidenten und fügte an: “Er hat es geschafft, diese großartige Generation von Spielern zu vereinen.”

Ein Extralob hatte sich obendrein Vinicius Junior verdient, der den Patzer von Manuel Neuer provoziert hatte und von der UEFA verdientermaßen als “Spieler des Spiels” ausgezeichnet wurde: “Was er in diesen beiden Halbfinal-Spielen geleistet hat, ist etwas, das wir nicht oft zu sehen bekommen – etwas, das nicht vielen Spielern möglich ist.”

Mit seinen unnachahmlichen Dribblings hatte der Brasiliener in der Tat die Münchner Hintermannschaft immer wieder vor größte Probleme gestellt. Seine beiden Hinspiel-Treffer legten letztlich den Grundstein für den erneuten Einzug ins Champions-League-Finale.

Bellingham vor Wiedersehen mit Dortmund: “Das ist verrückt”

Gleich in seinem ersten Jahr bei Real Madrid schafft es Jude Bellingham ins Finale der Champions League. Der Engländer zeigte sich von seinen Gefühlen übermannt – und freut sich auch für Borussia Dortmund.

Freut sich auf den BVB: Jude Bellingham.

Freut sich auf den BVB: Jude Bellingham.

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Als Jude Bellingham Borussia Dortmund nach 92 Bundesligaspielen und zwölf Toren im vergangenen Sommer für über 100 Millionen Euro in Richtung Madrid verlassen hatte, dachte er wohl selbst nicht daran, dass er seine ehemaligen Kollegen ausgerechnet im Finale der Champions League wiedersehen würde.

“Wenn man mir das vor der Saison gesagt hätte, dann hätte ich das wahrscheinlich nicht für möglich gehalten”, sagte Bellingham nach dem 2:1-Sieg im Halbfinal-Rückspiel gegen Bayern München bei DAZN und erklärte mit Blick auf das Erreichen des Endspiels: “Ein Traum ist wahrgeworden. Als Kind denkt man darüber nach, wie es ist, ein Champions-League-Finale zu spielen – und dann bist du da, das ist umwerfend. Ich kann es nicht glauben.”

Der 20-Jährige gab zu, dass er in diesem Moment “emotional und übermannt” von dem Erfolg sei. “Es wird ein bisschen dauern, um das zu verarbeiten”, gestand Bellingham und ergänzte: “Ich werde es erstmal sacken lassen und mich dann für die kommenden Wochen vorbereiten.”

“Das ist ein wenig das Thema unserer Saison”

Dass es am 1. Juni im Londoner Wembley-Stadion (21 Uhr, LIVE! bei kicker) nun ausgerechnet gegen seinen Ex-Klub Borussia Dortmund gehen wird, sei “verrückt. Ich kann es nicht glauben, dass es ausgerechnet in meinem ersten Jahr passiert. Es ist mein erstes Finale, in England, gegen Dortmund.”

Lob schickte er an seine ehemaligen Kollegen, die “sich ihren Platz im Finale verdient” hätten. Bellingham verriet auch, dass er sich auf das Duell freut – und das nicht nur aus rein sportlichen Gründen.

“Es wird schön, ein paar alte Freude zu sehen”, gab der Mittelfeldspieler zu und sprach dann auch über die besonderen Qualitäten der Königlichen, mit denen er auf Anhieb spanischer Meister wurde – und die auch gegen den FC Bayern ein fast schon verloren geglaubtes Spiel gedreht haben. Man habe einmal mehr “Charakter” gezeigt. “Das ist ein wenig das Thema unserer Saison.”