Schlotterbecks Nachspiel: Pizza – und Grübeln bis um Vier

Zum Bochumer Erfolg im wilden Kellerduell an der Alten Försterei trug auch Keven Schlotterbeck einen Treffer bei. Wieder mal wird der Verteidiger im Abstiegskampf zum wichtigen Faktor.

Bochums Keven Schlotterbeck jubelt verhalten an alter Wirkungsstätte.

Bochums Keven Schlotterbeck jubelt verhalten an alter Wirkungsstätte.

IMAGO/Matthias Koch

Unvergessen, wie Keven Schlotterbeck mit seinem Tor in der Nachspielzeit am 33. Spieltag der vorigen Saison in Berlin für Bochum die Weichen Richtung Klassenerhalt stellte. Mit dem 1:1 damals bei Hertha BSC Berlin brachte sich der VfL in Position und vollendete am 34. Spieltag mit einem 3:0 gegen Bayer Leverkusen.

Nun könnten die Bochumer sogar bereits am vorletzten Spieltag gesichert sein, selbst wenn es am kommenden Sonntag gegen Meister Bayer Leverkusen eine Niederlage geben sollte. Dazu könnte pikanter Weise die Unterstützung von Borussia Dortmund beitragen: Mit einem Sieg des BVB am Samstag Abend in Mainz wäre Bochum vorzeitig gerettet.

Gedankenspiele, die natürlich auch Schlotterbeck und Co. in der Nacht nach dem Spiel in Köpenick umtrieben. Das wilde 4:3 nach 3:0-Führung hatte alle Beteiligten bis zum Limit gefordert, körperlich und natürlich auch geistig.

Schlotterbeck verkneift sich überschäumenden Jubel

Dementsprechend hatte sich Schlotterbeck auf eine kurze Nacht eingestellt. Überschäumenden Jubel verkniff sich der Verteidiger mit Rücksicht auf seinen früheren Arbeitgeber Union nach seinem Tor zum 3:0, aber natürlich hatte auch ihn die mitreißende Partie an der Alten Försterei stark mitgenommen.

Er werde nun seine Regenerations-Leggings anziehen, sich ganz spät am Abend “vielleicht noch eine Pizza reinziehen und ein Bierle gönnen”. Sicherlich nicht vor vier Uhr nachts werde er zur Ruhe kommen nach diesem erneut ganz besonderen Berlin-Moment, vermutete der lange Innenverteidiger.

Wie sieht Schlotterbecks Zukunft aus?

“Das war der pure Wahnsinn, und schon bemerkenswert, dass wir nach der besten ersten Hälfte, die wir in dieser Saison gespielt haben, noch so bibbern mussten”, urteilte der 27-Jährige. Ob er solche heißen Spiele weiterhin im Bochumer Trikot erlebt? Bis zum Saisonende ist Schlotterbeck vom SC Freiburg ausgeliehen, völlig offen und zumindest noch nicht verkündet, wie es mit ihm danach weitergeht.

Bei Union habe er eine tolle Zeit erlebt, erinnerte sich der Verteidiger; in Bochum kam seine Karriere so richtig auf Touren. Beim VfL wird er enorm geschätzt und ist längst eine der Führungs-Figuren im Team, auch das wird seine Entscheidung gewiss beeinflussen. Natürlich aber stehen ihm auch andere Türen offen.

Zwei freie Tage gewährt Trainer Heiko Butscher seinen Profis nach dem zweiten Auswärtssieg der Saison; am Mittwoch startet die Vorbereitung auf das letzte Heimspiel gegen Meister Bayer Leverkusen.

Torspektakel auch gegen Leverkusen?

Dann treffen übrigens die beiden Mannschaften aufeinander, die an den beiden jüngsten Spieltagen die meisten Tore in der Bundesliga erzielten. Nicht ganz überraschend ist das der neue Deutsche Meister, der auf sieben Tore kommt – aber diese Zahl erreichte auch der VfL.

Drei Tore gegen Hoffenheim, dann vier gegen Union – offenbar kommt das Bochumer Angriffsspiel gerade zur rechten Zeit auf Touren.

Oliver Bitter

Bochum zwischen Euphorie und Bodenhaftung

Was für ein Coup! Der VfL Bochum nimmt drei Punkte aus Berlin mit und hat nun gute Aussichten auf ein weiteres Jahr Bundesliga. Beim Revierklub schwankte man zwischen Euphorie und Bodenhaftung.

Außer sich vor Freude: Bochumer Freude in Berlin.

Außer sich vor Freude: Bochumer Freude in Berlin.

IMAGO/Jan Huebner

Man möchte meinen, dass beim VfL Bochum nach dem wilden 4:3-Coup in Berlin alle Dämme brechen – und man sich glückselig in die Arme fallen würde, ob der nun blendenden Aussichten, auch im kommenden Jahr erstklassig zu spielen. Doch das war nur bedingt der Fall. Klar, die Freude über den so eminent wichtigen Dreier stand den Bochumern ins Gesicht geschrieben, doch es mischte sich auch Demut mit in die Gefühlswelten hinein.

“Es gibt einiges aufzubereiten”, sagte etwa Maximilian Wittek bei DAZN und verwies auf den Leistungseinbruch nach Wiederanpfiff, als man ein 3:0 beinahe noch verspielt hätte. Solche Spielverläufe wären alles andere als gut “für die Herzen aller Bochum-Fans”, scherzte der 28-Jährige. “Lange geht das nicht so.”

Am Ende ging es gut – und “wenn du erfolgreich bist, ist es ok”, betonte Interimstrainer Heiko Butscher, der von seinen Emotionen auch ein wenig übermannt worden war. “So eine kranke Scheiße, das ist unfassbar”, sagte er der 43-Jährige rückblickend und gab zu, dass sein “Nervenkostüm völlig am Arsch war”. Doch genau “deshalb lieben wir diesen Fußball, weil du so ein Spektakel und solche Erlebnisse hast. Das ist der schönste Sport der Welt.”

Es sei “Wahnsinn, ein Spiel mit dieser Brisanz für sich zu entscheiden. Es war alles dabei: eine fast perfekte erste Hälfte, dann richtig zittern, zu defensiv geworden, zurückgeschlagen und am Ende alles reingeschmissen.” Der Coach weiß, dass es “auch anders hätte kommen können” – zweimal waren die Unioner dran am Ausgleich, nach dem 2:3 und dem 3:4.

Mit einem 1:0 oder 2:0 hätten wir es nicht über die Bühne gebracht.

Kevin Stöger

Das sah auch Kevin Stöger so. “Zum Glück haben wir drei Tore gemacht. Wenn man die zweite Hälfte sieht, dann hätten wir es mit einem 1:0 oder 2:0 nicht über die Bühne gebracht”, meinte der Österreicher. Wittek wiederum war sich durchaus bewusst, dass man in der laufenden Saison solche Spiele auch schon in den Sand gesetzt habe. “Jeder, der unsere Saison verfolgt hat, weiß, dass wir schon einige Sachen aus der Hand gegeben haben”, sagte Wittek und verwies auf das 1:2 in Köln, als man in der Nachspielzeit gleich zwei Gegentore kassierte.

“Umso wichtiger sei es, dass wir die letzten zwei Spiele doch noch über die Zeit gebracht haben”, meinte Wittek. Stöger sagte indes: “Im Endeffekt ging es aber nicht um ein gutes oder schlechtes Spiel, sondern um drei Punkte – und die haben wir geholt.” Auch deshalb überwog am Ende die Freude, denn wie Wittek feststellte: “Wir haben heute einen großen Schritt gemacht, das war sehr wichtig. Die Liga halten, alles andere zählt für uns nicht.”

Kniffliges Restprogramm

Gegen Hoffenheim (3:2) und nun auch in Berlin habe man es aber geschafft, den Sieg über die Zeit zu bringen, wenngleich man in beiden Spielen nach 3:0-Führung noch zittern musste. Fakt ist: Bochum kann nicht mehr direkt absteigen, könnte aber noch auf den Relegationsrang rutschen – und das Restprogramm ist nicht gerade leicht.

Am kommenden Sonntag (19.30 Uhr) stattet der noch immer ungeschlagene Meister Bayer 04 Leverkusen einen Besuch ab, ehe es beim Saisonfinale in Bremen ernst wird. Für Butscher aber ist klar: “Wir wollen es direkt schaffen und nicht über den Relegationsplatz gehen. Das muss der Anspruch sein.”

Bochums Nöte im Keller: Dritter Anlauf, dritter Trainer

Der gewaltigen Unterstützung seiner Anhänger kann sich der VfL Bochum auch rund um das Kellerduell in Köpenick sicher sein. Und hofft zum Beispiel auf einen speziellen Berlin-Moment von Verteidiger Keven Schlotterbeck.

Leitete Chef-Trainer Heiko Butscher die Trendwende beim VfL Bochum ein?

Leitete Chef-Trainer Heiko Butscher die Trendwende beim VfL Bochum ein?

Getty Images

Zum Abschlusstraining in Bochum hatte der VfL am Samstagmittag an der Castroper Straße eigens die Ostkurve geöffnet, damit die Fans die letzten Übungen der Profis vor dem Kellerduell bei Union Berlin (Sonntag, 15.30 Uhr, LIVE! bei kicker) miterleben konnten. Ganz besondere Unterstützung kam von den Rängen mit den besten Wünschen, ein vorzeigbares Ergebnis aus Köpenick mitzubringen.

Berlin also wieder mal: Schon im vorigen Jahr hatte der VfL in der Hauptstadt ein wichtiges Kapitel im Abstiegskampf erlebt. Unvergessen, wie Keven Schlotterbeck am 33. Spieltag mit seinem Kopfball in der vierten Minute der Nachspielzeit das 1:1 besorgte, damals allerdings nicht gegen Union, sondern gegen Hertha.

Mit dem Unentschieden brachte sich der VfL vor einem Jahr in eine starke Position im Abstiegskampf und vollendete am 34. Spieltag mit einem 3:0 gegen Bayer Leverkusen.

Schafft der dritte VfL-Trainer den Klassenerhalt?

Unvergessen auch die Feierlichkeiten anschließend an der Castroper Straße, als Thomas Letsch mit den Fans gemeinsam die gängigen Vereinslieder sang. Letsch also war im vorigen Jahr der starke Mann an der Seitenlinie und maßgeblich beteiligt am Klassenerhalt, im ersten Jahr hatte Aufstiegs-Trainer Thomas Reis den VfL erfolgreich über die Ziellinie geführt.

Im Jahr nach dem Aufstieg verbuchte der VfL unter Reis satte 42 Punkte und kam im Schluss-Klassement auf Rang 13. Sieben weniger waren es ein Jahr später, als Bochum auf Platz 14 über die Ziellinie ging.

30 Punkte sind es aktuell, ebenso viele wie Union auf seinem Konto hat. Diesmal soll Letsch-Nachfolger Heiko Butscher mit seinem Team das ersehnte Ziel erreichen. Der Ex-Profi, der zuvor die U-19 des VfL anleitete, erlebte gegen Hoffenheim (3:2) seinen ersten Sieg und schöpft entsprechend Hoffnung. “Die Schärfe, die wir gegen Hoffenheim auf den Platz gebracht haben, verbunden mit einer gewissen Lockerheit: Das müssen wir nun auch gegen Union zeigen”, fordert der Trainer.

Im Kampf gegen die Auswärts-Schwäche

Wieder mal ist die Situation äußerst brisant, aber das haben in Bochum schließlich auch alle erwartet. Vielleicht nicht mehr, als Mitte Februar das 3:2 gegen FC Bayern gelang, aber abschließend sackte der VfL immer weiter ab, um schließlich am vergangenen Wochenende gegen Hoffenheim nach langen, erfolglosen Wochen wieder eine Trendwende einzuleiten.

Etwas mehr als 2500 Fans begleiten den VfL am Sonntag nach Köpenick; teilweise reisen sie mit dem Boot an, von der Anlegestelle wird es einen Fanmarsch zur Alten Försterei geben. Ein Spiel voller Emotionen also, weil auch die Anhänger der Eisernen für ganz besondere Unterstützung ihres Klubs bekannt sind.

Hält Bochum also stand im Kellerduell? Zumindest die Auswärts-Schwäche spricht gegen den VfL, der nur eines der jüngsten 19 Auswärtsspiele gewann, am zehnten Spieltag mit 2:1 in Darmstadt. Zuletzt gab es vier Niederlagen in Folge in der Fremde für die Bochumer. Aber vielleicht erlebt der VfL ja wieder einen ganz speziellen Schlotterbeck-Moment.

Oliver Bitter

Bochum stark verjüngt – aber mit mieser Serie ohne den Capitano

Mit dem Schwung vom Heimsieg gegen Hoffenheim will der VfL Bochum am Sonntag an der Alten Försterei antreten. Ein wichtiger Offensivspieler aber fehlt – und Kapitän Anthony Losilla ebenfalls.

picture alliance / pepphoto

Gerade noch rechtzeitig zum Endspurt im Kampf um den Klassenerhalt hat der VfL Bochum die Kurve gekriegt. Das 3:2 am vergangenen Freitag gegen Hoffenheim wird neue Kräfte freisetzen und bringt dem Revierklub natürlich frisches Selbstvertrauen nach langen erfolglosen Wochen.

Allerdings: “Der Druck ist hoch, es steht viel auf dem Spiel”, gesteht Trainer Heiko Butscher, der gegen Hoffenheim im dritten Anlauf seinen ersten Sieg als Nachfolger von Thomas Letsch erlebte. Seine Forderung vor dem Treffen mit dem punktgleichen Team aus Köpenick: “Wir müssen unseren Fußball wieder auf dem Platz bekommen, so wie es gegen Hoffenheim der Fall war.”

Gut möglich, dass Butscher am Sonntag die gleiche Startelf ins Rennen schicken wird wie gegen Hoffenheim, mit Ausnahme von Anthony Losilla natürlich. Der Capitano holte sich durch ein ziemlich überflüssiges Foul an der Seitenlinie die zehnte Gelbe Karte ab und wird seinem Team damit im Kellerduell fehlen.

Die Bilanz ohne den Routinier ist für den VfL bisher wenig erbaulich: Seit der Bundesliga-Rückkehr 2021 verpasste Losilla nur sechs Spiele, kein einziges davon gewann der VfL, bei drei Unentschieden und drei Niederlagen.

In Köpenick stehen sich am Sonntag die beiden ältesten Teams der Liga gehenüber. Die eingesetzten Spieler von Union haben einen Schnitt von 28,1 Jahren, Bochum einen von 29,0 Jahren. Allerdings kommen die Gäste diesmal deutlich verjüngt daher, denn für den 38-jährigen Losilla wird ein für Bochumer Verhältnisse relativ junger Kollege einspringen, nämlich Patrick Osterhage, 24 Jahre alt.

Dessen Wechsel zum SC Freiburg steht bereits fest, nachdem er sich in der laufenden Saison beim VfL wie erwünscht weiterentwickelt hat, vor allem unter der Anleitung von Thomas Letsch. Denn längst ist Osterhage, der vor seiner Zeit an der Castroper Straße bei Borussia Dortmund in der zweiten Mannschaft spielte, nicht nur ein starker Ball-Eroberer, sondern setzt auch nach vorne Akzente.

Osterhage also wird das Zentrum stärken, die Position vor ihm nimmt wie immer Kevin Stöger ein, für den es ein nicht ganz einfaches Spiel werden dürfte. Schon im Winter hatte Union Berlin beim VfL angefragt, um den Spielmacher umgehend loszueisen, und auch jetzt sind die Eisernen stark an einer Verpflichtung des Österreichers interessiert.

Dessen Vertrag in Bochum läuft aus; am vergangenen Freitag hat er die Antwort auf Kritiker gegeben, die mutmaßen, er sei mit seinen Gedanken nicht mehr zu 100 Prozent bei seinem aktuellen Arbeitgeber.

Stöger zauberte ganz groß gegen Hoffenheim, praktisch alle gefährlichen Angriffe liefen über ihn, er erzielte zwei Tore und ist mit Abstand bester Bochumer Scorer der aktuellen Saison. Übrigens gefolgt von Takuma Asano, der am Sonntag aufgrund muskulärer Probleme nicht zur Verfügung stehen wird.

Stöger ist dabei ein echter Heimwerker: Gegen Hoffenheim erzielte er bereits seine Saison-Tore sechs und sieben, auswärts ist er allerdings längst nicht so erfolgreich wie daheim. Alle seine Treffer der aktuellen Runde erzielte Stöger an der Castroper Straße, sein letztes Tor auswärts schaffte er am 28. Spieltag der vorigen Saison – pikanter Weise beim 1:1 an der Alten Försterei.

Oliver Bitter

Dieses Rattern im Kopf: Wo Bochum extrem anfällig ist

Kein anderer Bundesligist lässt sich in den Schlussminuten so oft überraschen wie der VfL Bochum. In einer wichtigen Kategorie ist das Team von der Castroper Straße allerdings auch Liga-Spitze.

Kassiert häufig späte Gegentore: Bochums Keeper Manuel Riemann.

Kassiert häufig späte Gegentore: Bochums Keeper Manuel Riemann.

IMAGO/DeFodi

Die Rechnung ist müßig, aber es liegt auf der Hand: Ohne diese gravierenden Schwächen in den Schlussminuten und in der Nachspielzeit könnte der VfL Bochum den Endspurt um den Klassenerhalt ziemlich gelassen angehen.

Sieben Gegentore kassierte der VfL schon in den Zusatz-Minuten, verspielte dadurch neun Punkte. Übrigens ganz im Gegensatz zu Meister Bayer Leverkusen: Der Branchenprimus holte durch späte Tore schon etliche Punkte, traf sieben Mal in der Nachspielzeit und sicherte sich dadurch neun Zähler.

Bochums Restprogramm

Auch das ist eben der Unterschied zwischen einem Topteam und einer Mannschaft, die nach wie vor mit allen Mitteln um den Klassenerhalt kämpfen muss. Und: Ein eigener Treffer gelang dem VfL Bochum in der Nachspielzeit bisher noch nicht, da ist er das einzige Team der Liga.

Diese Schwäche also in den finalen Momenten einer Partie: Ist das eine Abschaltautomatik in den letzten Minuten? Fehlen Kraft oder Konzentration? Zumindest um die Kondition scheint es gut bestellt zu sein beim VfL Bochum, wie der Wert des vergangenen Wochenendes zeigt. Denn am letzten Spieltag lief der VfL die längste Strecke aller Bundesliga-Teams: 120,25 Kilometer. Zweiter in dieser Wertung war übrigens der nächste Gegner Union Berlin, der beim 0:0 in Mönchengladbach auf 119,71 Kilometer kam.

Schafft Bochum den Klassenerhalt? Jetzt die restliche Saison mit dem Tabellenrechner durchspielen.

Die verheerende Bilanz ohne Kapitän Losilla

Aber wie erklärt sich nun die Bochumer Schwäche in den Schlussminuten? “Da rattert es natürlich im Kopf”, gestand Felix Passlack, als der VfL nach lange total überlegen geführter Partie spätestens mit dem Anschlusstreffer der Hoffenheimer zum 2:3 gehörig ins Schwimmen geriet. Mit Geschick und etwas Glück überstand der VfL dann auch die späte Drangphase. Diesmal gab es eben keinen späten Rückschlag in den Schlussminuten und damit mächtig Rückenwind für das Team von der Castroper Straße für die letzten drei Spieltage.

Bedenklich allerdings aus Bochumer Sicht: Am Sonntag an der Alten Försterei wird Anthony Losilla nicht am Ball sein. Der Capitano fehlt dem VfL aufgrund seiner zehnten Gelben Karte. Seit dem Aufstieg des VfL im Sommer 2021 verpasste der Kapitän nur sechs Partien. In diesen holte Bochum keinen einzigen Sieg, es gab drei Remis und drei Niederlagen.

Oliver Bitter

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Losillas Gelb-Rekord: Stoppschild kommt eine Woche zu früh

Beim brisanten Auftritt des VfL Bochum am kommenden Sonntag an der Alten Försterei fehlt ausgerechnet Routinier Anthony Losilla. Der Franzose nahm sich mit einer überflüssigen Aktion selbst aus dem Spiel.

Fehlt ausgerechnet im Kellerduell gegen Union: Bochums Anthony Losilla (li.).

Fehlt ausgerechnet im Kellerduell gegen Union: Bochums Anthony Losilla (li.).

IMAGO/pepphoto

Auch mit 38 geht Losilla in der Regel voran beim VfL Bochum, spult stets mit die meisten Meter ab, ist der Anker im zentralen Mittelfeld. Wenn der VfL aber am Sonntag zum wegweisenden Kellerduell gegen Union antritt, ist der Routinier nicht dabei.

Zehnte Verwarnung nach einem Foul an Kabak

Am Freitag stellte sich Losilla selbst ein Bein und ging zu ungestüm in einen Zweikampf an der Außenlinie gegen den Ex-Schalker Ozan Kabak, den er rustikal abräumte. Völlig verdient also wurde der Bochumer Kapitän zum zehnten Mal in der laufenden Saison verwarnt und muss beim nächsten Spiel gegen den punktgleichen Tabellen-Nachbarn aus Köpenick pausieren.

Ziemlich überflüssig, in diesem Zweikampf so rüde einzusteigen; im Kellerduell bei den Eisernen würde der erfahrene Dauerläufer natürlich dringend gebraucht. Womöglich dringender als eine Woche später im Heimspiel gegen den neuen Meister Bayer Leverkusen, von daher kommt seine Sperre natürlich zur Unzeit.

Passt das Timing nicht mehr?

Für Losilla ist es übrigens ein Rekord an Gelben Karten: Im ersten Jahr in der Bundesliga wurde der Capitano fünf Mal verwandt, in der Vorsaison sechs Mal. Nun also gab es schon zehn Gelbe Karten – weil Losilla mit zunehmendem Alter in den Zweikämpfen häufiger zu spät kommt und das Timing nicht mehr so passt wie früher?

Tatsache ist, dass der Oldie immer noch gesetzt und eine ganz wichtige Figur im Team ist. Die Reise nach Berlin wird er am Wochenende gewiss dennoch mitmachen, denn auch neben dem Platz ist und bleibt Losilla natürlich eine wichtige Führungsfigur im Bochumer Kader mit seiner Erfahrung und Ruhe.

Rein sportlich dürfte Heiko Butscher die Entscheidung ziemlich leicht fallen, wen er anstelle des Kapitäns für das zentrale Mittelfeld nominiert. Denn Patrick Osterhage, der beim 3:2 gegen Hoffenheim wegen Gelb-Sperre fehlte, kehrt natürlich in die Mannschaft zurück und wird Losillas Platz übernehmen.

Oliver Bitter

Butschers Weckruf für zwei “Kanten”

80 Minuten lang zündete Bochum ein wahres Offensiv-Feuerwerk beim 3:2 gegen Hoffenheim. Zum wichtigen Sieg im Abstiegskampf trug auch ein Sturm-Duo eine Menge bei.

Zwei

Zwei “Kanten” im Mittelpunkt: Philipp Hofmann (li.) und Moritz Broschinski (2. v. li.).

IMAGO/Sven Simon

Schon in den ersten Minuten machte der VfL an der Castroper Straße deutlich, wer Herr im Hause ist. Schon in der Anfangsphase hätten die Gastgeber deutlich führen müssen, so druckvoll begann die Mannschaft von Heiko Butscher.

Bundesliga, 31. Spieltag

Vor allem Philipp Hofmann trug viel zum Angriffs-Spektakel bei, der Mittelstürmer, der nach monatelanger Durststrecke wieder zu alter Form gefunden hat. Ziemlich durchtrainiert kommt der Ex-Karlsruher mittlerweile daher, viel beweglicher und unternehmungslustig. Hofmann hatte Pech, als er nach einer schnellen Drehung mit links sofort abzog, Oliver Baumann den Ball aber noch an die Latte lenken konnte.

Ein Tor also erzielte Hofmann gegen Hoffenheim nicht, war aber sehr intensiv ins Spiel eingebunden, behauptete sich immer wieder im Luft-Zweikampf, legte Bälle ab, schuftete und ackerte wie in besten Zeiten.

Broschinski glänzt mit flexiblem Spiel

Wieder mal setzte Butscher auf zwei “Kanten” ganz vorne: Hofmann, 1, 95 Meter groß, Moritz Broschinski, 1,90 Meter. Beide nicht unbedingt als Stoßstümer im Einsatz, weil man die Rolle von Moritz Broschinski etwas anders interpretieren muss. Der frühere Dortmunder spielte grundsätzlich nicht in vorderster Reihe, rückte auch mal raus auf den rechten Flügel, attackierte aber ebenso wie Hofmann das Hoffenheimer Aufbauspiel, machte die Meter und war in seiner Rolle ebenfalls äußerst wichtig für den Erfolg der Gastgeber.

Überdies war Broschinski an zwei Treffern des VfL beteiligt. Zunächst fand er in der Nachspielzeit der ersten Hälfte mit seiner Flanke den aufgerückten Felix Passlack, der zum 2:0 traf. In der zweiten Halbzeit schoss Broschinski dann aus spitzem Winkel, Baumann parierte, aber Kevin Stöger staubte ab zum 3:0.

Butscher erntet nur die Früchte

“Das war Fußball mit allem, was den VfL ausmacht”, jubelte Butscher hinterher. “Wir wollten mit Lockerheit rangehen, aber natürlich auch mit genügend Schärfe und Wucht. Insgesamt war es ein verdammt gutes Heimspiel”, lobte der Ex-Profi nach seinem ersten Dreier.

Butschers Weckruf also für zwei Stürmer, mit dieser Marschroute fuhr der Bochumer Coach glänzend. Broschinski und Hofmann gemeinsam in vorderer Reihe, das ist allerdings noch eine Idee aus Zeiten von Thomas Letsch, der zum Beispiel beim 1:2 in Köln auf diese Formation setzte, letztlich aber mit den Gegentoren in den letzten Minuten eine Bruchlandung in der Domstadt erlebte und anschließend gehen musste.

Unter Letsch aber fand zum Beispiel Hofmann in die Spur, und auch Broschinski hatte der Ex-Trainer immer wieder gefördert. Butscher erntet nun die Früchte dieser Arbeit, auch er setzt auf die beiden athletischen Angreifer und wird dies womöglich auch am kommenden Sonntag  (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker) an der Alten Försterei tun.

Denkpause für Danilo Soares

Dann wird Kapitän Anthony Losilla wegen der zehnten Gelben Karte fehlen, aber der gegen Hoffenheim gelb-gesperrte Patrick Osterhage wird wieder ins Mittelfeld rücken.

Beim Kellerduell am kommenden Sonntag wird Danilo Soares vermutlich keine Rolle spielen, denn der Brasilianer ist seit Wochen und Monaten beim VfL völlig außen vor. Gegen Hoffenheim zählte er nicht mal zum Kader, weil er sich, wie Sportdirektor Marc Lettau erklärte, nicht wie gewünscht und erforderlich in den Dienst der Mannschaft und der gemeinsamen Sache gestellt hatte.

Lettau und Butscher verordneten dem Spieler also eine Denkpause; am Montag soll darüber entschieden werden, wie es mit Soares in Bochum weitergeht. Sein Vertrag läuft ohnehin aus, am Ende der Saison werden sich die Wege trennen.

Oliver Bitter

Ende der Talfahrt: Butschers Premiere mit Feuerwerk und Zitter-Finale

Fast 80 Minuten lang war der VfL Bochum komplett überlegen gegen die TSG Hoffenheim. Am Ende musste VfL-Trainer Heiko Butscher aber noch mächtig um seinen ersten Sieg bangen.

Große Erleichterung nach Abpfiff: Heiko Butscher feiert seinen ersten Sieg als Bochum-Coach.

Große Erleichterung nach Abpfiff: Heiko Butscher feiert seinen ersten Sieg als Bochum-Coach.

IMAGO/pepphoto

Es wäre fast ein Ende nach Art des Hauses geworden. Nicht nur ein Spiel hat der VfL in dieser Saison in den Schlussminuten schon in den Sand gesetzt, gab bereits mehrmals eine verheißungsvolle Führung in den letzten Minuten noch aus der Hand. Diesmal ging es gerade noch gut für den VfL.

Als “wichtigstes Spiel der Saison” hatte Trainer Heiko Butscher die Partie gegen die TSG Hoffenheim ausgerufen, entsprechend engagiert gingen seine Spieler zu Werke und drückten Hoffenheim quasi an die Wand. Am Ende aber zitterte sich der VfL zum ersten Erfolg nach acht sieglosen Spielen und setzte ein starkes Zeichen im Abstiegskampf.

Die Gastgeber legten an der Castroper Straße los wie die Feuerwehr, hatten in den ersten sechs Minuten schon drei Top-Chancen und starteten ein wahres Angriffsfeuerwerk. Über 30 Torschüsse der Gastgeber verzeichneten die Statistiker, rund ein Dutzend Torchancen erspielte sich der VfL, führte bis in die Schlussphase scheinbar ungefährdet mit 3:0.

Der erste Hoffenheimer Gegentreffer sorgte schon für böse Erinnerungen, spätestens nach dem 2:3 aber zitterten die Bochumer, wackelten und kämpften sich diesmal mit letzter Luft noch ins Ziel, um tatsächlich den eminent wichtigen Dreier einzufahren.

Drei Tore waren dem VfL im Jahr 2024 zum bisher einzigen Mal am 18. Februar beim 3:2 gegen den FC Bayern gelungen. Auch diesmal gab es drei erfolgreiche Torschüsse, am Ende stand wieder ein 3:2, und mit diesem Erfolg haben die Bochumer zumindest den freien Fall gestoppt und wieder ein wenig Selbstvertrauen getankt nach langen und erfolglosen Wochen.

Chance auf den direkten Klassenerhalt

Sehr engagiert packte die Mannschaft ihre Chance beim Schopf, zeigte die erwünschte und von Butscher geforderte Leidenschaft und schien lange ungefährdet. Wie wackelig das Gesamtgebilde aber ist, zeigten dann die Schlussminuten, die einmal mehr nichts für schwache Nerven waren. Doch mit Geschick und ein bisschen Glück überstand der VfL auch die hitzige Schlussphase und die fünf Minuten Nachspielzeit.

Ein starkes Zeichen der Gastgeber, denn mit dem ersten Sieg für Trainer Butscher, der vor zweieinhalb Wochen von Thomas Letsch übernommen hatte, setzt der VfL zu Beginn des 31. Spieltags die Kontrahenten im Keller unter Druck. Mainz 05 und Union Berlin überholt, bis auf einen Punkt herangerückt an den VfL Wolfsburg und Borussia Mönchengladbach: Plötzlich besitzt der VfL wieder die Perspektive, vielleicht doch den direkten Klassenerhalt zu schaffen, wie in den beiden vergangenen Jahren auch.

“Was für ein geiles Spiel”

“Was für ein geiles Spiel, das ist unbeschreiblich”, so Spielmacher Kevin Stöger, der mit einem grandiosen Freistoß aus 20 Metern für die Bochumer Führung gesorgt und später noch das dritte Tor erzielt hatte. Seit Wochen wird der Österreicher mit Union Berlin in Verbindung gebracht, “da wird viel geschrieben”, so Stöger, “aber ich verspreche: So lange ich hier bin, gebe ich alles und bin nur hier beim VfL.”

Gegen Hoffenheim seien “Team und Umfeld als Einheit aufgetreten, alle haben gemeinsam für den Sieg gefightet. So tut dieser Sieg unheimlich gut”, urteilt Stöger. Und nun? Am Sonntag in acht Tagen tritt der VfL zum Kellerduell bei den Eisernen an, dann fehlt allerdings Kapitän Anthony Losilla, der gegen Hoffenheim die zehnte Gelbe Karte sah. Dafür wird aber der gegen Hoffenheim gesperrte Patrick Osterhage wieder dabei sein.

Oliver Bitter

Erst entfesselt, dann gezittert: Doppelpacker Stöger führt Bochum zum Sieg

Der VfL Bochum hat zum Auftakt des 31. Spieltags einen Heimsieg über die TSG Hoffenheim und somit Big Points im Abstiegskampf gefeiert. Stöger traf doppelt, ebenso wie Kramaric.

Kevin Stöger konnte sich nach seinem Doppelpack gegen Hoffenheim feiern lassen.

Kevin Stöger konnte sich nach seinem Doppelpack gegen Hoffenheim feiern lassen.

IMAGO/Treese

Bochum tief im Abstiegskampf, Hoffenheim mit Hoffnungen auf Europa – die Vorzeichen vor dem Freitagabendspiel in der Bundesliga konnten unterschiedlicher nicht sein. VfL-Interimstrainer Heiko Butscher nahm nach der 0:1-Niederlage in Wolfsburg drei Wechsel in der Startelf vor: Ordets verteidigte für Masovic, Wittek ersetzte Asano und Broschinski startete für den gesperrten Osterhage.

Gegen eine im Vergleich zum 4:3-Erfolg über Gladbach personell unveränderte TSG legte Bochum los wie die Feuerwehr, allen voran Hofmann stand früh im Mittelpunkt. Der VfL-Angreifer prüfte Baumann erst per Seitfallzieher (3.), anschließend per Schuss aus der Drehung (4.). Kurz darauf lenkte der TSG-Keeper einen Schuss des Stürmers an die Latte und verhinderte damit frühzeitig den Rückstand (6.).

Bundesliga, 31. Spieltag

Hoffenheim war mit Bochums Intensität anfangs überfordert, Stögers Schuss von der Strafraumgrenze war das nächste Highlight (10.). Anschließend gönnte sich die Partie eine kleine Ruhephase, wodurch die TSG ein wenig durchatmen konnte. Bochum ließ etwas nach und hatte Glück, dass ein Elfmeter für die TSG wegen Abseits zurückgenommen wurde – Hofmann hatte Weghorst im Strafraum gefoult (26.).

Passlack erhöht vor der Pause

Ein Warnschuss für den VfL, der in der Folge wieder mehr investierte und durch Wittek sowie Broschinski zu weiteren Chancen kam (32., 33.). In diese Phase fiel dann auch der verdiente Führungstreffer für die Hausherren, Stöger streichelte einen Freistoß aus 17 Metern traumhaft ins linke obere Eck (34.). Hoffenheim wollte direkt antworten, Drexler verlängerte eine Hereingabe von Kramaric an die Latte (36.). Das war die beste Gäste-Chance in Halbzeit eins, die wegen einiger Unterbrechungen und der VAR-Überprüfung um sechs Minuten verlängert wurde.

Das nutze Bochum, um die Führung auszubauen. Nach einer Flanke von Broschinski verteidigte Kramaric im eigenen Strafraum schwach. Passlack setzte sich durch und traf ins linke Eck (45.+2). Es war eine Halbzeit zum Vergessen für Hoffenheim, Bochum belohnte sich derweil für eine hoch intensive Leistung.

Stöger staubt ab

Zum zweiten Durchgang brachte Pellegrino Matarazzo Stach und Becker ins Spiel, das dennoch weiterhin nur in eine Richtung lief. Bochum arbeitete mit Hochdruck am dritten Treffer, den Baumann aber zunächst mehrfach verhindern konnte. Erst parierte der TSG-Keeper einen Schlenzer von Losilla (50.), dann war er gegen Schlotterbeck und Wittek zur Stelle (53., 55.).

Nach etwas mehr als einer Stunde gelang Bochum aber letztlich der dritte Durchbruch, Stöger staubte nach einem parierten Schuss von Borschinski ab und schnürte seinen Doppelpack (64.). Die Partie schien somit früh entschieden, doch Hoffenheim rappelte sich nochmal auf. Erst konnte Riemann noch gegen den eingewechselten Bebou entschärfen (70.), wenig später war Bochums Keeper bei einem Schuss von Jurasek, den Kramaric abfälschte, chancenlos (73.).

Kramarics überragender Heber

Der VfL zeigte sich kaum geschockt, auch Passlack traf beinahe doppelt, Baumann lenkte dessen Schuss aus der Distanz aber über die Latte (80.). Bochum steuerte auf den ersten Sieg unter Interimstrainer Butscher zu, musste in den letzten Minuten aber plötzlich nochmal zittern, weil Kramaric nach weitem Zuspiel von Grillitsch den Ball perfekt verwertete und über Riemann hinweg zum Anschlusstreffer hob (84.).

Bochum drohte, einmal mehr in dieser Saison einen Sieg zu verspielen, doch Hoffenheims Aufholjagd kam letztlich zu spät. Die Gäste konnten sich keine nennenswerte Chance mehr erspielen. Bochums Big Points im Abstiegskampf waren somit eingetütet, vorübergehend sprang der VfL auf Platz 14. Die TSG verpasste es derweil, im Kampf um Europa vorzulegen.

Am kommenden Wochenende (5. Mai, 15.30 Uhr) steigt in der Hauptstadt der Abstiegskracher, wenn Bochum beim 1. FC Union Berlin zu Gast ist. Die TSG Hoffenheim eröffnet derweil den 32. Spieltag mit dem Heimspiel gegen Leipzig (20.30 Uhr).