Montellas Warnung: “Wir können nicht aus Rache handeln”

Das letzte Achtelfinale der EM bestreiten Österreich und die Türkei, die mit Team Austria eine Rechnung offen hat – Trainer Vincenzo Montella warnte aber eindringlich davor, Rache nehmen zu wollen.

Gegen Österreich wollen sie einen kühlen Kopf bewahren: Vincenzo Montella und Arda Güler (re.).

Gegen Österreich wollen sie einen kühlen Kopf bewahren: Vincenzo Montella und Arda Güler (re.).

IMAGO/ZUMA Press

Ende März gab es in Wien ein Testspiel zwischen Österreich und der Türkei – und dieses gewann die Alpenrepublik deutlich mit 6:1. Es war ein dickes Ausrufezeichen, welches das Team von Ralf Rangnick gesetzt hatte und eines, das die Türken noch nicht vergessen haben. Wohl auch deshalb war Nationaltrainer Vincenzo Montella stark bemüht, das herunterzuspielen.

“Es war nur ein Spiel, das weiß auch Rangnick”, betonte der Italiener vor dem Achtelfinalkracher am Dienstag (21 Uhr) und warnte vor etwaigen Revanchegelüsten: “Wir sollten uns nicht von unseren Emotionen mitreißen lassen, wir können nicht aus Rache handeln. Wir wissen, was Österreich kann, wir wissen aber auch, was wir können.”

Der 50-Jährige hofft dabei wieder auf die enorme Unterstützung der türkischen Fans, die Türkiye bei den Spielen bisher in Scharen und enorm lautstark unterstützt haben. Auf die Unterstützung der eigenen Fans kann Montella zweifellos bauen, nicht aber auf die von Hakan Calhanoglu. Der Kapitän fällt gelbgesperrt aus

“Er ist ein unersetzlicher Spieler”, sagt der Coach und betont zugleich, dass man jedoch Spieler habe, “die bereit sind, diese Lücke zu füllen”. Real Madrids Toptalent Arda Güler etwa, von dem Montella nur in höchsten Tönen spricht. “Arda ist ein sehr talentierter Spieler”, so der ehemalige Top-Stürmer (141 Tore in 288 Serie-A-Spielen für AS Rom und Sampdoria Genua) über den 19-Jährigen, bei dem man den Unterschied merkt, wenn er auf dem Platz steht – und ohnehin mache das Alter nicht fiel aus, “wenn du gut genug bist”.

Baris Yilmaz und die Torflaute

Montella weiß aber auch, dass Arda Güler noch Luft nach oben hat. “Er ist ein junger Spieler, muss sich in einigen Bereichen verbessern” – und das wird er tun.” Selbiges trifft auch auf Kenan Yildiz zu. Der 19-jährige Regensburger stand in allen drei Gruppenspielen auf dem Feld und überzeugte dabei durch Leidenschaft und Mentalität, nicht so sehr durch Konstanz. “Er kann besser sein, wenn es darum geht, über 90 Minuten konstant zu sein”, meint der Coach.

Podcast

Chaos verbreiten: Wie Deutschland gegen Spanien weiterkommt!


15:04 Minuten

alle Folgen

Ein weiteres Problem der Türken ist die Torflaute im Sturm. Das Team mache zwar einen “tollen Job, wenn es um Ballkontrolle geht, ist aber nicht effizient genug”, weiß auch Montella. Vor allem die Tore von Stürmer Baris Yilmaz werden schmerzlich vermisst. Der Trainer nahm seinen Angreifer aber in Schutz, verwies auf dessen wichtige Rolle, der auf fürs Team arbeitet – und so das Leitmotiv des Trainers verinnerlicht hat, denn “unsere Mannschaft geht über den Einzelnen hinaus”.

Und ohnehin habe man schon “fünf Tore geschossen” und das durch “fünf verschiedene Spieler”, argumentierte der Italiener und betonte, dass man weder einen “Elfmeter, Standard oder Eigentor” dafür gebraucht habe. Und an Yilmaz glaubt er weiter fest: “Baris ist einer der Spieler, der den Unterschied machen kann.”

Zalewski sorgt für gelungene Generalprobe, doch Polen sorgt sich um Lewandowski

Auch im zweiten EM-Test durften die Polen einen Sieg bejubeln, doch auch diesmal überschatten Verletzungssorgen den Erfolg, den Zalewski mit einem späten Siegtor gegen engagierte Türken besiegelte.

Nur eine Vorsichtsmaßnahme? Robert Lewandowski ließ sich früh auswechseln.

Nur eine Vorsichtsmaßnahme? Robert Lewandowski ließ sich früh auswechseln.

IMAGO/Newspix

Polens Trainer Michal Probierz hatte nach dem souveränen 3:1 gegen die Ukraine nur bedingt Grund zur Freude. Neben Milik, der aufgrund einer schweren Knieverletzung bei der EM fehlen wird, meldeten die Polen sieben weitere verletzte Spieler – und haben nach der gelungenen EM-Generalprobe gegen die Türkei mit weiteren Sorgen zu kämpfen.

Denn das 2:1 gegen die von Vincenzo Montella trainierte Mannschaft (zuletzt 0:0 gegen Italien) mussten sich die Polen womöglich erneut teuer erkaufen.

Swiderski verletzt sich beim Torjubel, dann muss auch Lewandowski raus

Nach einem feinen öffnenden Ball Bednareks legte Lewandowski ab für Swiderski, der aus kurzer Distanz Torhüter Günok überwand (12.). Und beide standen auch im Anschluss im Mittelpunkt: Beim Jubel kam der Torschütze unglücklich auf dem rechten Fuß auf und musste wenig später ausgewechselt werden, nach gut einer halben Stunde saß dann auch Lewandowski angeschlagen am Boden – und musste sein 150. Länderspiel ebenfalls vorzeitig beenden, wenngleich er den Platz selbständig verlassen konnte.

Von nun an waren die Türken, bei denen der 18 Jahre alte Kilicsoy sein Startelf-Debüt feierte, das klar bessere Team, erwiesen sich aber nicht im Ansatz so effizient wie Polen, die abgesehen vom Führungstor kaum gefährlich wurden.

Türkei belohnt sich

Nach der Pause, als neben Yilmaz von Galatsaray auch Real Madrids Arda Güler kam und sich fortan als belebendes Element entpuppte, lag permanent der Ausgleich in der Luft, doch stets fanden die Türken im stark aufgelegten Szczesny ihren Meister.

Gegen von nun an extrem passive Polen sollte das verdiente Tor aber doch noch fallen: Der 19 Jahre alte Yildiz fand Yilmaz, dessen abgefälschter Schuss seinen Weg an Szczesny vorbei ins Gehäuse fand (77.).

Podcast

Jetzt die vierte Folge hören: Die Wade zwickt


27:17 Minuten

alle Folgen

Aktürkoglu im Alu-Pech – Zalewski setzt den Lucky Punch

Dass der umtriebige, aber im Abschluss unglückliche Aktürkoglu mit seinem Schuss auf das verwaiste Tor nur drei Minuten später an der Latte scheiterte, sollte sich aber rächen: Nach feinem Solo gegen vier Türken tauchte Zalewski im Strafraum auf und versenkte den Ball zum Ende einer blassen zweiten Spielhälfte an Günok vorbei ins Netz (90.).

Mit zwei Siegen, aber großen Verletzungssorgen in der Offensive, trifft Polen zum Auftakt in die Europameisterschaft nun am Sonntag auf die Niederlande (15 Uhr). Die Türkei startet am darauffolgenden Dienstag (18 Uhr) gegen Georgien.