St. Pauli: Nach der Party geht der Kampf um Hartel weiter

Am Tag danach bat der FC St. Pauli zur Elefantenrunde. Mit Oke Göttlich, Andreas Bornemann und Fabian Hürzeler saßen Präsident, Sportchef und Trainer auf dem Podium im Pressekonferenzraum, zogen Bilanz über die Saison und die Aufstiegsfeierlichkeiten und blickten voraus – auch auf die Königspersonalie.

Aufstiegsheld am Millerntor: Marcel Hartel.

Aufstiegsheld am Millerntor: Marcel Hartel.

IMAGO/osnapix

Mit 17 Toren und 13 Vorlagen hat Marcel Hartel mehr geliefert als sich alle Protagonisten von dem in der Vergangenheit stets laufstarken, aber eher torungefährlichen Mittelfeldspieler versprochen hatten. Ganz Wort gehalten aber hat der 28-Jährige nicht. “Heute reißen wir erstmal das Millerntor ab”, hatte er nach dem 3:1 gegen Osnabrück am Sonntag eine ekstatische Party angekündigt. Tatsächlich gingen die Feierlichkeiten in den VIP-Räumen der Südtribüne mit Freunden und Familien lange und wurden zu späterer Stunde noch im NOHO Club fortgesetzt. Das Stadion aber stand noch als Göttlich, Bornemann und Hürzeler nach dem “Tag für die Ewigkeit”, wie ihn Kapitän Jackson Irvine nannte, zur Pressekonferenz luden.

Ein zentraler Punkt der Medienrunde war zum einen tatsächlich das letzte Spiel am kommenden Sonntag bei Wehen Wiesbaden, für das der Trainer einen unmissverständlichen Auftrag formuliert: “Wir wollen unbedingt Meister werden.” Folglich gab es keine vorgezogene Mannschaftsfahrt, sondern nur zwei freie Tage, ehe am Mittwoch das Unternehmen “Meisterfelge” gestartet wird.

Hürzeler: “Es wird jetzt nicht mehr lange dauern”

Der andere zentrale Punkt war Hartel. Der Top-Scorer ist der einzige Eckpfeiler, dessen Vertrag noch nicht verlängert ist. Ein Bekenntnis gab er am Sonntag nicht ab. Hürzeler, der ein enges Verhältnis zu dem filigranen Mittelfeldmann pflegt und nach eigener Auskunft täglich mit ihm spricht und das Zukunftsthema dabei nicht ausspart, sagt: “Es wird jetzt nicht mehr lange dauern.” Wie der Poker ausgeht, sagen weder der Trainer noch der Sportchef. Klar scheint nur: Es wird auch im Trennungsfall kein böses Blut geben. “Es wurde die ganze Zeit über klar und transparent kommuniziert, dass für Cello die Spielklasse entscheidend ist”, erklärt Bornemann, “jetzt haben wir diesbezüglich Klarheit, und jetzt ist der Zeitpunkt, an dem wir die große gegenseitige Wertschätzung abwägen gegenüber persönlichen Dingen.” Die persönlichen Dinge sind vor allem lukrativere Offerten, und dabei geht es nicht ausschließlich um die wirtschaftlichen Möglichkeiten, sondern auch um die sportlichen Aussichten.

Bornemann weiß, dass St. Pauli mit einem Top-Klub nicht mithalten könnte. Dass der sportliche Reiz dann größer wäre beim Profi, die Verdienstmöglichkeiten sowieso. “Es gibt gewisse Grenzen”, sagt der Sportchef. Zur klaren und transparenten Kommunikation gehört auch, dass Bornemann beim Spieler und dessen Berater Dirk Hebel hinterlegt hat, dass St. Pauli für Hartel an die Grenzen gehen will.

Sebastian Wolff

St. Pauli: Großer Erfolg und große Gefühle

Ein Punkt war nötig für die Bundesliga, drei sind es geworden. Der FC St. Pauli feiert nach einem 3:1 gegen den VfL Osnabrück die Rückkehr in die Bundesliga – und das Ganze mit ganz großen Gefühlen.

Der Jubel kennt keine Grenzen: St. Paulis Coach Fabian Hürzeler (Mi.) erhält die obligatorische Bierdusche.

Der Jubel kennt keine Grenzen: St. Paulis Coach Fabian Hürzeler (Mi.) erhält die obligatorische Bierdusche.

IMAGO/Noah Wedel

Jackson Irvine hat in seiner Karriere schon viel erlebt, am Sonntag übermannten den Australier seine Emotionen. In der Mixedzone des Millerntor-Stadions hatte der Kapitän zunächst über den Erfolg und die Besonderheit des Klubs referiert, ehe ihn Teamkollege Eric Smith aus dem Gespräch riss und innig an sich drückte. Bei beiden flossen Tränen, und Irvine hatte Mühe, danach wieder Rede und Antwort stehen zu können. Unter Tränen der Rührung presste der 31-Jährige hervor: “Ich habe die ganze Zeit meiner Karriere darauf gewartet, Teil eines solchen Vereins und einer solchen Gruppe zu sein.”

Wir wollten es selbst regeln und nicht auf der Couch aufsteigen.

Marcel Hartel

Irvine ist weit mehr als nur ein Teil des Vereins und dieser Gruppe, sondern der personifizierte Anführer. Als dieser war er auch gegen den Absteiger Osnabrück vorwegmarschiert, hatte das frühe erste Tor eingeleitet, war beim zweiten Assistgeber und damit Weichensteller in einer Partie, in der die Ausgangslage klar war. Nach dem Düsseldorfer Unentschieden wussten St. Paulis Profis, dass sie einen Punkt brauchen, und Marcel Hartel verrät, dass ihm dieses Szenario lieb war. Für rund eine Stunde war der Kiez-Klub bereits am Samstagabend aufgestiegen, ehe Kiel gegen die Fortuna noch den Ausgleich erzielt hatte. “Ich habe das Spiel natürlich gesehen, und ich habe diese Konstellation bevorzugt. Wir wollten es selbst regeln und nicht auf der Couch aufsteigen.”

Hürzeler denkt auch an Vorgänger Schultz

St. Pauli regelte es mit einem 3:1 selbst – und erinnerte insbesondere in der Anfangsphase und über weite Strecken der zweiten Hälfte wieder an jene Mannschaft, die Teile der Saison wie das heiße Messer durch die Butter geglitten ist. Zuletzt war der Aufstiegsmotor ins Stottern geraten, Fabian Hürzeler aber fand die richtigen Hebel, ihn wieder anzuwerfen. Der Aufstiegstrainer wurde von den Anhängern auf den Schultern über den mit Menschen gefluteten Rasen getragen und verrät: “Das ist mir fast ein wenig zu viel.” Im Moment des Triumphes dachte er auch an seine Anfänge als Co-Trainer und will den Erfolg nicht nur an den eineinhalb Jahren unter seiner Regie als Chef festmachen: “Das hier hat nicht vor eineinhalb Jahren begonnen, sondern es wurde schon in der Zeit mit Timo Schultz eine Basis geschaffen.”

Eine Basis, die so stabil erscheint, dass sich Hürzelers am Sonntag unterlegener Trainerkollege Uwe Koschinat überzeugt zeigt, dass der Aufstieg erst der Anfang ist. “St. Paulis Entwicklung ist absolut beeindruckend. Und ich bin überzeugt, dass der Weg noch nicht zu Ende ist.”

Sebastian Wolff

Göttlichs Idee und Bornemanns Werk – von Hürzeler veredelt

13 Jahre nach dem Abstieg ist der FC St. Pauli zurück in der Bundesliga. Und anders als beim letzten Gastspiel muss es für den Hamburger Stadtteilklub dieses Mal kein einjähriger Aufenthalt im Oberhaus sein. Ein Kommentar von kicker-Reporter Sebastian Wolff.

Blickrichtung Bundesliga: Der FC St. Pauli um Trainer Fabian Hürzeler steht als Aufsteiger fest.

Blickrichtung Bundesliga: Der FC St. Pauli um Trainer Fabian Hürzeler steht als Aufsteiger fest.

imago images

Der Begriff “ausgerechnet” wird im Fußball gern überstrapaziert. Ausgerechnet im Volkspark hatte St. Pauli den ersten Matchball liegen gelassen, ausgerechnet an jenem Wochenende aber, an dem das Scheitern des einst großen Nachbarn HSV feststand, hat sich der einst kleine Nachbar nach oben verabschiedet. Es ist die Krönung einer Entwicklung, die mit der Einstellung von Sportchef Andreas Bornemann 2019 Fahrt und seit der Inthronisierung von Fabian Hürzeler als Coach vor eineinhalb Jahren rasant Tempo aufnahm.

33. Spieltag

Vereinsoberhaupt Oke Göttlich, anfangs von vielen Kritikern in erster Linie als Fan-Präsident wahrgenommen, hat sich früh daran gestört, dass “sein” St. Pauli in der Öffentlichkeit immer wieder als ambitionslos bezeichnet wurde. Unter seiner Führung hat der Kiez-Klub soziale Projekte und Marketingmaßnahmen noch größer geschrieben als zuvor, der Musikunternehmer hat aber immer darauf hingewiesen, dass in erster Linie der Sport den Ton angeben soll. Mit Bornemann gelang ihm seine wohl wichtigste Verpflichtung, weil der gebürtige Badener den Leistungsgedanken implementierte. Nicht mehr die Länge der Vereinszugehörigkeit oder alte Verdienste spielten die Hauptrolle, sondern die Inhalte.

Hürzelers Anstellung war Bornemanns deutlichstes Signal

Mit dieser Herangehensweise zog sich Bornemann zahlreiche blaue Flecke zu, nach der Freistellung von Vereinsikone und Trainer Timo Schultz im Dezember 2022 gar auch dicke Beulen, die Entwicklung aber spricht für sich. Und für ihn. Der Sport-Geschäftsführer krempelte den Kader um, schuf Transferwerte und hatte den Mut, Hürzeler mit gerade einmal 29 Jahren den Cheftrainerjob anzuvertrauen, obwohl St. Pauli seinerzeit im Zweitligaabstiegskampf steckte – es war das deutlichste Signal, dass ihm Überzeugung in eine Idee wichtiger ist als eine politische Entscheidung in eigener Sache.

Hürzeler wiederum veredelte das von Göttlich angeschobene und von Bornemann mit Leben gefüllte Werk auf eindrucksvolle Weise. Er vermittelte der Mannschaft eine Handschrift, mit der sie über weite Strecken dieser Spielzeit Fans und Gegner gleichermaßen beeindruckte. Er gab ihr aber auch ein Rüstzeug, mit dem sie bestehen konnte, als gegen Ende dieser Saison Widerstände auftraten und die Konkurrenz ausgelesen hatte, wie St. Pauli verwundbar ist.

Die Stabilität bietet eine Perspektive in der Bundesliga

Die nachgewiesene Stabilität in der Führung und auf dem Platz, sowie wirtschaftliche Voraussetzungen, die St. Pauli in der Bundesliga zwar wieder in die einst geliebte und gelebte Rolle des Underdogs versetzen, aber nicht zum kleinsten Licht der Liga machen, bieten durchaus die Perspektive, dass der Kiez-Klub nicht zwangsläufig als Absteiger Nummer 1 in die neue Bundesliga-Spielzeit startet.

Selbstläufer Aufstieg? Der Angstgegner kommt!

Auf den ersten Blick scheinen die Vorzeichen klar. Ausgerechnet am Millerntor ist der VfL Osnabrück am Dienstag gegen Schalke (0:4) aus der 2. Liga abgestiegen, die Favoritenrolle scheint vor dem Sonntag klar. Reine Formsache ist St. Paulis Aufstieg dennoch nicht.

Erkennt in der jüngsten Phase so etwas wie eine

Erkennt in der jüngsten Phase so etwas wie eine “Mini-Krise”: St. Paulis Cheftrainer Fabian Hürzeler.

IMAGO/Jan Huebner

Die Erinnerungen von Fabian Hürzeler an die Niedersachsen sind lebendig. Und keineswegs positiv. In der Hinserie trotzte das Schlusslicht St. Pauli ein 1:1 ab, das Testspiel im Wintertrainingslager gewann der VfL gar mit 3:1.

“Sie waren mit die Ersten, die eine Spielweise gefunden haben gegen uns”, sagt der Trainer, “wir hatten im Hinspiel in der Liga große Probleme, und sie haben den Test verdient gewonnen”. Der 31-Jährige erklärt, worauf es ankommt, um die bevorstehenden Probleme zu lösen: “Wir müssen damit klarkommen, dass sie gegen uns sehr mannorientiert agieren. Das müssen wir auflösen, indem wir nicht zu statisch sind, viel rotieren. Dazu brauchen wir hohe Intensität gegen den Ball.” Und einen klaren Kopf.

“Am Ende nehmen wir es, wie es kommt”

Mögliche Feier-Szenarien wurden noch nicht entworfen. Weder für den Fall, dass der Aufstieg womöglich am Samstag durch einen Kieler Sieg gegen Düsseldorf feststeht, noch für den durch einen eigenen Erfolg tags darauf.

“Am Ende nehmen wir es, wie es kommt, und natürlich schauen wir uns das Spiel von Kiel an”, sagt Hürzeler, “aber entscheidend ist, dass wir es selbst entscheiden können. Wir müssen uns nicht auf andere verlassen. Das haben wir die gesamte Saison über nicht getan, und damit fangen wir auch jetzt zwei Spiele vor dem Ende nicht an.”

Drei Niederlagen in fünf Spielen, das hört sich vielleicht ein bisschen nach Mini-Krise an.

Fabian Hürzeler

Dass die zurückliegenden Wochen jedoch anders verlaufen sind als weite Teile der Saison, verhehlt Hürzeler nicht. St. Pauli geht nicht mehr wie das heiße Messer durch die Butter, und der Coach räumt sogar ein: “Drei Niederlagen in fünf Spielen, das hört sich vielleicht ein bisschen nach Mini-Krise an.”

Er nimmt nach der Enttäuschung und den streckenweise mutlosen Auftritt im Stadt-Derby beim HSV (0:1) in den letzten Tagen wieder “eine positivere Stimmung bei jedem Einzelnen” wahr. Eine besondere Form der Ansprache wählt er vor dem Sonntag (13.30 Uhr, LIVE! bei kicker) nicht. “Jeder Einzelne hat andere Bedürfnisse. Das war schon vor dem Stadt-Derby die Frage: Wie groß machen wir das Spiel? Einige sagen jetzt, wir haben es nicht groß genug gemacht, andere wiederum finden vielleicht, wir haben es zu groß gemacht.”

Klar ist: Gegen Absteiger Osnabrück soll Großes geschehen. Sebastian Wolff

Sebastian Wolff

Eggesteins Geburtstagswunsch

Den Wunsch zu seinem 26. Geburtstag an diesem Mittwoch hat Johannes Eggestein klar formuliert. “Ich wünsche mir in erster Linie einen Sieg am Wochenende und den Aufstieg.” Gegen den feststehenden Osnabrück liegt für St. Pauli am Sonntag der zweite Matchball parat.

Johannes Eggestein & Co. könnten am Wochenende in die Bundesliga aufsteigen.

Johannes Eggestein & Co. könnten am Wochenende in die Bundesliga aufsteigen.

IMAGO/Matthias Koch

Der kommende Gegner war schon am Dienstag am Millerntor und wurde von Fabian Hürzeler eingehend beobachtet. Der Trainer hatte dem nach Hamburg verlegten Geisterspiel des VfL gegen Schalke (0:4) beigewohnt, und Geburtstagskind Eggestein verrät, dass er selbst am liebsten schon an jenem Tag wieder auf dem Platz gestanden hätte. Das Derby-Niederlage beim HSV, bekennt der Mittelstürmer, habe nachgewirkt. “Wir wollten gleich den ersten Matchball verwandeln, und ich habe auf jeden Fall gebraucht, die Niederlage zu verarbeiten. Ich war enttäuscht, auch von unserer Leistung. Gerade offensiv haben wir nicht das durchgebracht, was wir uns vorgenommen haben.”

Das Hinfiebern auf den nächsten Matchball ist folglich groß. “Es hilft natürlich, dass nun gleich das nächste Highlight-Spiel kommt”, sagt Eggestein, “für mich hätte es gern noch ein paar Tage eher kommen können.” Sonntag nun soll alles das besser gemacht werden, was gegen den HSV nicht funktioniert hat. Und der Faktor Kopf ausgeblendet werden.

Diesen sieht der Psychologie-Student ausdrücklich nicht als ursächlich für das 0:1 im Volkspark an. Anders als in der Phase Anfang April. “Zwischendurch”, räumt er ein, “würde ich schon sagen, dass der Kopf eine Rolle gespielt hat, dass wir zu viel nachgedacht haben. Ich glaube aber schon, dass wir aus dieser Phase wieder herausgekommen sind. Es wird gegen Osnabrück einfach darum gehen, wieder bessere Lösungen zu finden.” Die richtigen für den Aufstieg.

Dass der Sprung ins Oberhaus womöglich schon tags zuvor feststehen könnte, nämlich dann, wenn Spitzenreiter Holstein Kiel am Samstagabend den Dritten Fortuna Düsseldorf schlägt, wird auf St. Pauli gelassen zur Kenntnis genommen. “Emotional gesehen ist es natürlich so, dass ich den Aufstieg lieber am Sonntag selbst auf dem Platz entscheiden möchte”, sagt Eggestein, “aber ich werde sicher nicht sagen, dass ich die andere Option nicht nehmen würde. Das wäre ja völliger Quatsch.” Entscheidend bleibt, dass der Geburtstagswunsch in Erfüllung geht.

Sebastian Wolff

Eggesteins Geburtstagswunsch

Den Wunsch zu seinem 26. Geburtstag an diesem Mittwoch hat Johannes Eggestein klar formuliert. “Ich wünsche mir in erster Linie einen Sieg am Wochenende und den Aufstieg.” Gegen den feststehenden Absteiger Osnabrück liegt für St. Pauli am Sonntag der zweite Matchball parat.

Johannes Eggestein & Co. könnten am Wochenende in die Bundesliga aufsteigen.

Johannes Eggestein & Co. könnten am Wochenende in die Bundesliga aufsteigen.

IMAGO/Matthias Koch

Der kommende Gegner war schon am Dienstag am Millerntor und wurde von Fabian Hürzeler eingehend beobachtet. Der Trainer hatte dem nach Hamburg verlegten Geisterspiel des VfL gegen Schalke (0:4) beigewohnt, und Geburtstagskind Eggestein verrät, dass er selbst am liebsten schon an jenem Tag wieder auf dem Platz gestanden hätte.

Das Derby-Niederlage beim HSV, bekennt der Mittelstürmer, habe nachgewirkt. “Wir wollten gleich den ersten Matchball verwandeln, und ich habe auf jeden Fall gebraucht, die Niederlage zu verarbeiten. Ich war enttäuscht, auch von unserer Leistung. Gerade offensiv haben wir nicht das durchgebracht, was wir uns vorgenommen haben.”

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Das Hinfiebern auf den nächsten Matchball ist folglich groß. “Es hilft natürlich, dass nun gleich das nächste Highlight-Spiel kommt”, sagt Eggestein, “für mich hätte es gern noch ein paar Tage eher kommen können.” Sonntag nun soll alles das besser gemacht werden, was gegen den HSV nicht funktioniert hat. Und der Faktor Kopf ausgeblendet werden.

Diesen sieht der Psychologie-Student ausdrücklich nicht als ursächlich für das 0:1 im Volkspark an. Anders als in der Phase Anfang April. “Zwischendurch”, räumt er ein, “würde ich schon sagen, dass der Kopf eine Rolle gespielt hat, dass wir zu viel nachgedacht haben. Ich glaube aber schon, dass wir aus dieser Phase wieder herausgekommen sind. Es wird gegen Osnabrück einfach darum gehen, wieder bessere Lösungen zu finden.” Die richtigen für den Aufstieg.

Dass der Sprung ins Oberhaus womöglich schon tags zuvor feststehen könnte, nämlich dann, wenn Spitzenreiter Holstein Kiel am Samstagabend den Dritten Fortuna Düsseldorf schlägt, wird auf St. Pauli gelassen zur Kenntnis genommen. “Emotional gesehen ist es natürlich so, dass ich den Aufstieg lieber am Sonntag selbst auf dem Platz entscheiden möchte”, sagt Eggestein, “aber ich werde sicher nicht sagen, dass ich die andere Option nicht nehmen würde. Das wäre ja völliger Quatsch.” Entscheidend bleibt, dass der Geburtstagswunsch in Erfüllung geht.

Sebastian Wolff

Saison-Aus für St. Paulis Zoller

Kurz vor Ende der Sommertransferperiode schien dem FC St. Pauli mit der Verpflichtung von Simon Zoller ein echter Coup gelungen. Doch der mit großen Hoffnungen geholte Angreifer kam verletzungsbedingt nie über eine Nebenrolle hinaus, jetzt ist seine Saison gar vorzeitig beendet.

St. Paulis Simon Zoller kommt in dieser Saison nicht mehr zum Einsatz.

St. Paulis Simon Zoller kommt in dieser Saison nicht mehr zum Einsatz.

IMAGO/eu-images

Lediglich vier Einwechslungen in der Liga stehen für den 32-Jährigen in der Saison-Statistik – weil immer wieder die Muskulatur streikte. Zuletzt hatte sich der vom VfL Bochum verpflichtete Stürmer nach einem Muskelfaserriss im Training zurückgemeldet, die Hoffnungen, im Aufstiegsendspurt vielleicht doch noch eine Rolle als Joker spielen zu können, aber haben sich nun endgültig zerschlagen. Simon Zoller, die medizinische Abteilung und die sportlichen Verantwortlichen trafen am Montag die gemeinsame Entscheidung, dass der Profi seine Reha-Maßnahmen in seiner Heimatstadt Köln fortsetzen wird. Der Grund: Anhaltende Rückenprobleme, die immer wieder muskuläre Probleme verursachen.

Fabian Hürzeler hatte im Herbst Zollers großes Engagement gelobt und die Vermutung geäußert, dass er zu viel wolle und deshalb verkrampfe. “Simon macht sich unheimlich viel Druck, will unbedingt helfen. Ist der Kopf nicht frei, dann ist es auch der Muskel nicht.” Bereits zum Jahreswechsel wurde dann ein behutsames Aufbauprogramm für den Rücken ausgearbeitet, zur Alternative aber wurde Zoller auch in der zweiten Saisonhälfte nicht.

Nun haben alle Beteiligten die Konsequenzen aus den immer wieder gestarteten und ins Leere gegangenen Anläufen gezogen. “Simon wurde in dieser Saison immer wieder durch verschiedene Beschwerden ausgebremst”, sagt Andreas Bornemann, “alle haben ursächlich mit seinen Rückenproblemen zu tun.” Der Sportchef hatte im Spätsommer 2023 gehofft, mit dem Ex-Bochumer das “fehlende Puzzleteil für unseren Kader” gefunden zu haben. Doch es passte gesundheitlich nie. “Um diese Problematik nachhaltig in den Griff zu kriegen, haben wir uns nun zu diesem Schritt entschieden.”

Neuer Anlauf mit St. Pauli in der Bundesliga?

Ziel der Maßnahme ist es, dass Zoller mit einem knappen Jahr Anlauf dann vielleicht doch noch ins St. Pauli-Puzzle passt. Bornemann erklärt: “Wir erhoffen uns davon, dass er dann zur Vorbereitung auf die neue Spielzeit wieder komplett einsteigen kann.” Dann möglichst bei einem Bundesligisten FC St. Pauli.

Sebastian Wolff

Derby als Sinnbild: Vasilj auf Berg- und Talfahrt

Ausgerechnet der Garant für die jüngsten beiden Erfolge in Hannover (2:1) und gegen Rostock (1:0) patzte im Derby folgeschwer: Das entscheidende Tor für den HSV durch Robert Glatzel fiel, weil St. Paulis Keeper Nikola Vasilj einen Eckball unterlaufen hatte.

Im Fokus beim Hamburger Derby: St. Paulis Keeper Nikola Vasilj.

Im Fokus beim Hamburger Derby: St. Paulis Keeper Nikola Vasilj.

picture alliance / Eibner-Pressefoto

Der Auftritt des bosnischen Nationalkeepers unter den Augen seines neuen Nationaltrainers Sergej Barbarez war symptomatisch für dessen bisherige Spielzeit: Immer wieder wechseln sich Glanztage mit schwarzen Tagen, auch Vasiljs 90 Minuten im Volkspark waren eine Berg- und Talfahrt. Im ersten Durchgang hatte er mehrfach stark reagiert, vor allem eine Großchance durch Immanuel Pherai herausragend vereitelt, dazu auch den Strafstoß von Ludovit Reis in der Nachspielzeit pariert. In der entscheidenden Szene aber hat der 28-Jährige folgeschwer danebengegriffen.

Von seinem Trainer und den Kollegen bekommt Vasilj die komplette Rückendeckung. “Kein Vorwurf an ihn, er hat bei der Ecke eine Entscheidung getroffen, rauszugehen”, erklärt Marcel Hartel. “Ich mache Niko überhaupt keinen Vorwurf”, sagt auch Fabian Hürzeler und findet: “Es ist menschlich, dass ein Torwart auch mal einen Fehler macht. Er spielt bisher eine überragende Saison.”

Genau diese Aussage aber gehört auf den Prüfstand. Unstrittig ist, dass der Schlussmann in den zurückliegenden beiden Partien herausragend gehalten hat, aber: Vor dem Fehler am Freitagabend hatte er allein in der Rückrunde bereits bei den Spielen in Magdeburg (0:1), Kiel (4:3) und Karlsruhe (1:2) klare Fehler gemacht. Sie stehen im krassen Gegensatz zu den außergewöhnlichen Rettungstaten, weswegen etwa Verteidiger Hauke Wahl zu dem Schluss kommt: “Niko ist ein unfassbarer Torwart.”

Vasilj selbst war nach der Derby-Pleite und dem vorzeitig verpassten Aufstieg im Volkspark untröstlich. “Es ist sehr bitter für mich und die Mannschaft.” Die entscheidende Szene hat er so gesehen: “Ich komme raus, weil ich sehe, dass der Eckball auf den langen Pfosten kommt. Ich wurde dann etwas geblockt und komme nicht an den Ball. Das Spiel nach einem Eckball zu verlieren, ist umso ärgerlicher.” Seine Hoffnung: Am kommenden Sonntag gegen Osnabrück soll die persönliche Berg- und Talfahrt dann wieder in die andere Richtung gehen.

Sebastian Wolff

Zu wenig für den Aufstieg: St. Pauli vergibt ersten Matchball

Der erste Aufstiegs-Matchball ist weg, und zur Wahrheit der zwar späten, aber verdienten 0:1-Niederlage beim HSV gehört: Für ein Verwandeln kam der FC St. Pauli am Freitagabend im Volkspark eigentlich zu keiner Zeit in Frage.

Enttäuscht nach dem Schlusspfiff im Volksparkstadion: St. Pauli-Kapitän Jackson Irvine.

Enttäuscht nach dem Schlusspfiff im Volksparkstadion: St. Pauli-Kapitän Jackson Irvine.

IMAGO/Philipp Szyza

Eine Kopfballmöglichkeit für Johannes Eggestein aus dem ersten Durchgang steht am Ende auf dem Chancenzettel des Spitzenreiters. “An viel mehr”, merkt der Mittelstürmer kritisch an, “kann ich mich nicht erinnern.” Die Gründe dafür sind vielschichtig: St. Pauli setzte sich im Zentrum nicht durch, schaffte nicht die gefürchteten Verlagerungen, dazu fand Marcel Hartel in der weniger geliebten Rolle auf dem linken Flügel gar nicht und Oladapo Afolayan auf dem rechten Flügel nur wenig statt.

Hamburger Stadtderby

Fabian Hürzeler ist in seiner Analyse schonungslos. “Wir hatten mit dem Ball eigentlich eine gute Struktur, waren gut im Positionsspiel, aber wir sind in den jeweiligen Positionen nicht ans Maximum gekommen, haben die 50-zu-50-Bälle nicht geholt, hatten zu viele einfache Fehler. Wir waren phasenweise so mutlos, das bin ich von meiner Mannschaft nicht gewohnt.” Sein Urteil: “So kannst du beim HSV kein Derby gewinnen.”

Hat am Ende der Kopf nicht mitgespielt bei der Aussicht auf die große Aufstiegs-Party, ausgerechnet im Wohnzimmer des großen Nachbarn? Hauke Wahl sagt nein. “Wir haben uns keinen Druck gemacht oder vorher darüber geredet, was nachher passieren könnte”, erklärt der Abwehrchef, “ich finde nicht, dass man uns angemerkt hat, dass wir uns besonderen Druck gemacht hätten.” Wie sein Trainer sieht auch er die Gründe rein sportlich: “Wir haben die direkten Duelle nicht so gewonnen.” Hartel stimmt mit ein: “Der HSV hat fast jeden zweiten Ball gewonnen, wir sind nicht in unsere Abläufe gekommen.”

Saliakas fehlt gesperrt – Wahl und Afolayan bleiben optimistisch

Die Folge: Durch den Düsseldorfer Sieg (3:1 im Parallelspiel gegen Nürnberg) braucht St. Pauli nun den zweiten Matchball, am kommenden Sonntag (13.30 Uhr) gegen den VfL Osnabrück. Und zwar ohne Manolis Saliakas, der nach seiner Gelb-Roten Karte gesperrt fehlt. “Das”, bekennt Hartel, “tut uns weh, er ist ein sehr wichtiger Spieler.”

Dennoch regiert trotz des Dämpfers im Volkspark weiterhin Zuversicht. “Uns wird das Spiel nicht umwerfen”, verspricht Wahl. Und Afolayan war auch nach Abpfiff im Derby-Modus. “Jetzt feiert der HSV, diesen Moment können sie haben. Wir haben in dieser Saison noch Größeres vor.” Genau das aber war im hitzigen Stadt-Duell zu selten zu sehen.

Sebastian Wolff