Karl-Heinz Feldkamp wird 90: “Dann bin ich dankbar”

Karl-Heinz Feldkamp wird 90: “Dann bin ich dankbar”

Karl-Heinz Feldkamp hat anstrengende Tage hinter sich: Von seiner Wahlheimat Marbella ging es zum Pokalfinale nach Berlin, nun ist er in seinem deutschen Zuhause in Braunschweig angekommen. Anlässlich seines 90. Geburtstag spricht der Meistertrainer von 1991 über sein Leben.

Herr Feldkamp, Sie waren zu Gast beim Pokalfinale Ihres 1. FC Kaiserslautern gegen Bayer Leverkusen. Hat sich die Reise nach Berlin trotz der 0:1-Niederlage gelohnt?

Es war wunderbar, ich habe viele alte Bekannte getroffen, so bin ich im Hotel kaum zum Frühstücken gekommen. Besonders gefreut habe ich mich, dass ich Wolfgang Funkel nach langer Zeit mal wiedergesehen habe. Oder auch Gerry Ehrmann und Thomas Dooley, der jetzt auf den Philippinen lebt. Es war schön, dass wir uns noch alle wiedererkannt haben.

Karl-Heinz Feldkamp wird 90

Haben Sie sich so stark verändert?

Viele Spieler haben sich verändert und behaupten, ich hätte mich nicht verändert. Das nehme ich mal als Kompliment.

Der FCK hat den Titel verpasst, Ihr Ex-Klub Galatasaray wiederum wurde gerade wieder türkischer Meister. Verfolgen Sie das noch?

Ja, ich muss es deshalb verfolgen, weil viele Leute mich anrufen. Trainer Okan Buruk war mein jüngster Spieler, als ich zu Galatasaray kam. Ich habe sogar das neue Stadion mitgeplant, selbst gesehen habe ich es leider noch nicht. Wir haben uns immer sehr wohl in der Türkei gefühlt, möchten aber aufgrund der aktuellen Lage nicht dort hinreisen.

Karl-Heinz Feldkamp (re.) im Jahre 1991 beim Feiern der Meisterschaft mit dem FCK.

Karl-Heinz Feldkamp (re.) im Jahre 1991 beim Feiern der Meisterschaft mit dem FCK.
imago images/Sven Simon

Ist der FCK Ihr Herzensverein?

Ich habe die Pfalz bis zum Elsass immer geliebt und zusammen mit meiner Frau auch immer bedauert, dass wir uns von dort verabschieden mussten. 1995 konnte ich aber kaum noch über die Straße gehen, als der FCK unten stand und in dieser Saison schließlich erstmalig abstieg. Ich war zu diesem Zeitpunkt als Experte beim Fernsehen tätig, es gab für mich keine ruhige Minute mehr in Kaiserslautern. Die Leute fragten mich immer: Warum hilfst du nicht mehr?

Träumen Sie noch davon, den FCK noch mal in der Bundesliga zu erleben?

Für solche Träume habe ich keine Zeit mehr (lacht). Sollte mir das tatsächlich mal in einem Traum passieren, kann ich mich jedoch nicht dagegen wehren.

Sie pendeln zwischen Spanien und Deutschland, es geht Ihnen also noch richtig gut?

Ich fühle mich jedenfalls sehr wohl. Wir schwimmen sehr viel in Spanien, Tennis spiele ich noch im Doppel. Wenn ich das noch einige Jahre in dieser Form erleben darf, bin ich sehr dankbar.

Der FC Bayern hat lange nach einem neuen Trainer gesucht …

… bei mir haben Sie diesmal nicht mehr angeklopft (lacht). Ich habe ihnen einmal abgesagt in meinem Leben. Nach der Meisterschaft mit dem FCK 1991 gab es ein langes Gespräch mit Franz Beckenbauer, der mich nach München holen wollte. Aber ich wollte das nicht.

Ich halte die Mannschaft momentan nur für Durchschnitt. Das wird eine verdammt schwere Aufgabe sein.

Karl-Heinz Feldkamp über den Trainerjob bei Bayern München

Warum haben Sie es nicht gemacht?

Ich habe damals erkannt, dass ich sehr viele Dinge von mir hätte aufgeben müssen – von meiner Natürlichkeit, von meinem Umfeld, auch privat. In Absprache mit meiner Frau haben wir gesagt: Nein, das machen wir nicht. Den neuen Bayern-Trainer heute beneide ich übrigens nicht.

Warum?

Ich finde es ein bisschen deprimierend, dass Bayern München nicht von heute auf morgen wieder einen Spitzentrainer hat. Ich halte die Mannschaft momentan nur für Durchschnitt, und diesen Durchschnitt durch Spitzenspieler aufzufüllen, das wird eine verdammt schwere Aufgabe sein.

Wie sehr bestimmt der Fußball noch Ihr Leben? Schauen Sie noch alles auf allen Sendern?

Nein, dafür ist mir die Zeit zu schade. Ich informiere mich in Zusammenfassungen – auch über das Internet. Aber ich gehe nicht um halb vier von irgendeiner Gesellschaft oder von meinem Buch weg, um Sky zu sehen. Ich habe es auch gar nicht, weder in Spanien noch in Deutschland.

Wie werden Sie die EM verfolgen?

Ich bin neugierig. Ich habe gerade erst zu meiner Frau gesagt, dass wir uns jetzt mal einen Plan besorgen müssen. Ich möchte nicht mein Privatleben total umstellen, aber ich bin interessiert und werde mir schon die Spiele herauspicken, die mir Spaß machen.

Rudi Bommer, Ihr Spieler in Uerdingen, erinnert sich, dass Sie als Bayer-Trainer früher vor Heimspielen immer nachts um 1 Uhr das Teamhotel verlassen hätten und nach Hause gefahren seien. Stimmt das?

Da muss ich Rudi korrigieren: Ich war spätestens um 23 Uhr weg, aber auch nicht immer. Mein Zuhause lag nur acht Kilometer vom Hotel entfernt.

Und zu Friedhelm Funkel kann ich vor allem eines sagen: Er war ein Schlitzohr.

Karl-Heinz Feldkamp

Vor dem 34. Spieltag der Saison 1985/86 gegen Fortuna Düsseldorf habe Friedhelm Funkel in Ihrer Abwesenheit einen Disco-Ausflug der Mannschaft organisiert. Die feierte bis in die Morgenstunden – und gewann am nächsten Tag mit 5:2. Gegenüber der Truppe hätten Sie es nicht thematisiert, aber wussten Sie von diesem Party-Ausflug?

Ich habe das kurz vor dem Spiel erfahren, aber nicht aus der Mannschaft. Bevor wir rausgingen, habe ich die Tür noch mal zugemacht und habe gesagt, wie wichtig mir dieses Spiel ist. Es ging mir darum, dass wir nach Köln, Leverkusen und Düsseldorf auch noch Gladbach hinter uns lassen. Das hat funktioniert. Ich hatte schließlich auch noch angekündigt, dass wir am nächsten Tag vielleicht noch mal trainieren würden … Und zu Friedhelm Funkel kann ich vor allem eines sagen: Er war ein Schlitzohr.

Viele Spieler haben sich auch später noch Ratschläge von Ihnen geholt. Zum Beispiel Stefan Kuntz, mit dem Sie 1991 die Meisterschaft mit Kaiserslautern gewannen. Hat er Sie auch jetzt noch gefragt, ob er Sportvorstand beim Hamburger SV werden soll?

Nein, wir hatten das letzte Mal telefoniert, bevor er Nationaltrainer in der Türkei wurde. Aber ich wünsche ihm, dass er das hinbekommt. Ich habe viele Bekannte in Hamburg, die HSV-Fans sind. Die sehnen den Aufstieg herbei.

Was wünschen Sie sich zu Ihrem 90. Geburtstag?

Vor allem Harmonie, ein gutes Klima in der Familie. Mittlerweile habe ich auch zwei Urenkel, das ist eine große Freude. Und schön wäre es auch weiterhin, dass es Menschen gibt, die gerne mit mir zusammenkommen.

Gibt es etwas, was Sie unbedingt noch machen wollen?

Ich habe mir vorgenommen, noch mal eine Tour bis nach Island zu machen. Da wollte ich schon immer mal hin. Ob ich das schaffe, weiß ich nicht.

Karl-Heinz Feldkamp gibt bei dem 5:0 gegen Real Madrid Anweisungen von der Seitenlinie.

Karl-Heinz Feldkamp gibt beim 5:0 des FCK gegen Real Madrid Anweisungen von der Seitenlinie.
imago/Sven Simon

Wenn Sie ein Spiel noch mal 90 Minuten auf der Bank erleben und genießen dürften, welches wäre das?

1982 das 5:0 mit Kaiserslautern im UEFA-Cup-Viertelfinale gegen Real Madrid. Das war Fußball pur. Das Hinspiel in Spanien hatten wir mit 1:3 verloren. Auf dem Weg in die Kabine wurden wir mit Rotwein bespritzt – sowas hatte ich noch nie erlebt.

Die Rache folgte im Rückspiel.

Da ging die Post ab, da war eine ganz besondere Stimmung in der Pfalz. Übertrieben gesagt hat dort 14 Tage keiner mehr Obst aus Spanien gekauft. Und dann war es ein Wahnsinnsspiel.

1992 schieden Sie im Europapokal der Landesmeister dramatisch gegen den FC Barcelona aus.

Zehn Sekunden vor Schluss, wir waren weiter, führten mit 3:0, dann fiel das Tor. Es war Totenstille im Stadion. Wir hatten großartig gespielt. Dieses Spiel würde ich mir auch noch mal angucken wollen. Nur die Minuten nach dem Schlusspfiff würde ich heute etwas anders erleben wollen.

Was war damals?

Johan Cruyff kam zu mir, nahm mich auch in den Arm, wollte mir die Hand geben. Aber ich war nicht in der Stimmung, das überhaupt anzunehmen. Das würde ich heute anders machen.

Wären Sie in der heutigen Zeit mit dem ganzen Drumherum noch gerne Trainer?

In guter körperlicher Verfassung hätte ich keine Angst, das auch heute noch zu machen.

Nun sind Sie aber erstmal als guter Gastgeber gefragt: Wie feiern Sie Ihren 90. Geburtstag?

Über meinen Geburtstag bin ich mit meiner Frau, meiner Stieftochter, ihrem Mann und meiner Enkelin unterwegs. Ich weiß noch nicht, wohin es geht. Am 8. Juni kommen dann 50 Leute, meine Kinder, die engste Familie und ganz vertraute Begleiter meines Lebens. Und am 10. Juni fliege ich dann wieder nach Spanien, um mich von alledem zu erholen (lacht).

Thomas Hiete, Interview: Thomas Hiete