Auf St. Pauli ist der Aufstieg Kopf-Sache

Aufstiegskampf ist Kopfsache, erst Recht nach zwei Niederlage in Folge. Der FC St. Pauli löste die Auswärtsaufgabe Hannover aber vor allem mit Köpfchen – und ist durch zwei Kopfballtore und das 2:1 weiterhin fünf Punkte vor dem Relegationsrang.

Alles Kopf-Sache am Sonntag in Hannover: Johannes Eggestein (#11) köpft das siegbringende 2:1 für St. Pauli.

Alles Kopf-Sache am Sonntag in Hannover: Johannes Eggestein (#11) köpft das siegbringende 2:1 für St. Pauli.

IMAGO/osnapix

Die Ausgangslage war kompliziert. Und wurde sichtbar. Verfolger Düsseldorf hatte tags zuvor vorgelegt und war bis auf zwei Zähler an die Kiez-Kicker herangekommen. Hauke Wahl verhehlt nicht, dass das in Verbindung mit den jüngsten Erlebnissen und Ergebnissen auf den Kopf eingewirkt hat. “Zwei Niederlagen”, sagt der Abwehrspieler, “machen natürlich was mit der Rübe, das war anfangs auch zu sehen.” St. Pauli wurde ordentlich durchgeschüttelt von den Niedersachsen, das einst souveräne Aufbauspiel war nicht einmal mehr in Spurenelementen sichtbar. Trainer Fabian Hürzeler räumt ein: “In den ersten 25 Minuten waren wir verunsichert.” Einzig Keeper Nikola Vasilj hielt den wankenden Aufstiegsanwärter während dieser Phase im Spiel.

Es war nicht unser bestes Spiel, aber wir haben uns reingebissen.

Hauke Wahl

Umso bemerkenswerter ist, dass St. Pauli trotz der Vorgeschichte und der Geschichte dieses Spiels nicht wegbrach. Wahl lobt: “Es war nicht unser bestes Spiel, aber wir haben uns reingebissen.” Und zwei Mal den Kopf eingesetzt: Erst war Oladapo Afolayan zur Führung zur Stelle, nach dem schnellen Ausgleich erholten sich die Hamburger, hatten dann durch Johannes Eggestein nach einer Ecke von Marcel Hartel wieder die Lufthoheit. “Der Kopf”, sagt der Mittelstürmer doppeldeutig, “ist immer wichtig.”

Seit Sonntagnachmittag sind die Köpfe auf St. Pauli nach dem 2:1-Erfolg wieder oben. “Der Abstand hat sich nicht verändert, aber es ist ein Spiel weniger”, rechnet Wahl vor und sagt, was noch wichtiger ist vor den nun bedeutungsvollen und brisanten Duellen mit Hansa Rostock und dem HSV: “Wir haben uns wieder Selbstvertrauen geholt.” Weil die vom Trainer forcierte Arbeit an den Basics erfolgreich war. “Uns hat in den letzten Spielen gefehlt, mit letzter Konsequenz zu verteidigen”, sagt Hürzeler, “und uns ist auch in Hannover nichts zugeflogen. Wir haben die Anfangsphase mit etwas Spielglück überstanden, haben uns das aber auch erarbeitet und waren dann in der zweiten Hälfte wieder sehr reif.”

Wo St. Pauli draufstand, steckte zumindest in Ansätzen wieder das St. Pauli drin, das über weite Strecken der Saison die Liga dominiert hat. Das ist ein wichtiges Signal vor den vier letzten Aufträgen dieser Spielzeit.

Sebastian Wolff

DFB verteidigt Entscheidungen bei KSC gegen St. Pauli – und lässt dabei Szenen unerwähnt

Viele falsche Entscheidungen, dazu ein Doppelfehler im Verbund mit dem VAR: Vom kicker erhielt Schiedsrichter Michael Bacher für seine Leitung des Spiels zwischen Karlsruhe und dem FC St. Pauli die Note 6. Der DFB verteidigt Bacher in einer Szene öffentlich.

Erhielt vom kicker die Note 6: Referee Michael Bacher.

Erhielt vom kicker die Note 6: Referee Michael Bacher.

IMAGO/Jan Huebner

Die Niederlage in Karlsruhe auf das Schiedsrichter-Team schieben wollte keiner. Doch eine Sequenz beim 1:2 hatte St. Paulis Verantwortungsträger ratlos zurückgelassen. Es geht um die Gelb-Rote Karte für Hauke Wahl nach 77 Minuten.

Denn: Zum einen hatte der Hamburger Verteidiger im Duell mit Igor Matanovic zunächst den Ball getroffen, zudem gab es in der Entstehung der Szene einen klar sichtbaren Tritt von KSC-Verteidiger David Herold auf den Fuß von Manolis Saliakas. Ein Fall für den VAR – und damit Strafstoß für St. Pauli statt in der Folge Gelb-Rot für Wahl. Oder doch nicht?

Werthmann: Korrekt, dass der Video-Assistent nicht eingriff

Der DFB sieht diese Situation zumindest in einer Hinsicht offiziell anders: Rainer Werthmann, der sportliche Leiter der Schiedsrichter in der 2. Bundesliga, nannte die Entscheidung, nicht auf Strafstoß zu entscheiden, “angemessen”.

Es sei korrekt, dass Video-Assistent Pascal Müller nicht eingriff, denn: “Hier muss man den Gesamtablauf der Szene in den Blick nehmen. Herold spielt zuerst im Sprung klar und fair den Ball. Der anschließende Tritt auf den Fuß von Saliakas geschieht in der natürlichen Abstellbewegung des Fußes. Der Verteidiger ist dabei in der Drehbewegung weder zum Gegner orientiert, der sich hinter ihm befindet und den er deshalb nicht sieht, noch in einem Zweikampf um den Ball mit ihm. Auch Fahrlässigkeit liegt nicht vor, selbst wenn der Treffer deutlich ist. Somit ist Herolds Einsatz nicht als Foulspiel zu bewerten.”

Herolds Tritt wegen nicht vorliegender Absicht als nicht strafbar zu werten, ist zumindest diskutabel. Was im Statement außerdem fehlt, ist die Bewertung des folgenden und falsch bewerteten Zweikampfs zwischen Wahl und Matanovic.

Podcast

KMD #205 (mit Fabian Hürzeler)


01:54:13 Stunden

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Ebenso unerwähnt bleibt, dass in der Nachbereitung des Spiels noch eine weitere Szene in den Fokus gerückt war: das Tor von Jackson Irvine zum vermeintlichen 2:1 für die Kiez-Kicker in der 53. Minute. Nach VAR-Eingriff hatte Bacher den Treffer zurückgenommen, weil St. Paulis Aljoscha Kemlein zuvor im Abseits gestanden hatte. Die Auswertung der Bilder aber zeigt, dass im darauffolgenden “Pingpong” der Ball bei KSC-Verteidiger Marcel Beifus landete, der die Möglichkeit hatte, kontrolliert zu klären, aber unsauber Irvine anschoss – damit wäre nach der Regelauslegung eine neue Spielsituation entstanden und der Treffer korrekt gewesen.

Die kicker-Benotung lag nicht nur in jener Szene begründet, die Werthmann aufgegriffen hat. Und St. Paulis Ärger ist auch durch das Statement nicht verraucht. Wahl war unmittelbar nach der Partie fast sprachlos am Sky-Mikrofon:  “Ich muss aufpassen, was ich sage, sonst kriege ich auf den Deckel und es heißt, ich würde den Schiedsrichter diffamieren. Aber es ist ein klares Stempeln im Strafraum.” Für Fabian Hürzeler war es gar “der klarste nicht gegebene Elfmeter der Saison, der übersehen wurde.”

“Angemessen”: DFB verteidigt Entscheidungen bei KSC gegen St. Pauli

Viele falsche Entscheidungen, dazu ein Doppelfehler im Verbund mit dem VAR: Vom kicker erhielt Schiedsrichter Michael Bacher für seine Leitung des Spiels zwischen Karlsruhe und dem FC St. Pauli die Note 6. Vom DFB wurde die Aufreger-Szene dagegen ganz anders bewertet.

Erhielt vom kicker die Note 6: Referee Michael Bacher.

Erhielt vom kicker die Note 6: Referee Michael Bacher.

IMAGO/Jan Huebner

Die Niederlage in Karlsruhe auf das Schiedsrichter-Team schieben wollte keiner. Doch eine Sequenz beim 1:2 hatte St. Paulis Verantwortungsträger doch ratlos zurückgelassen. Es geht um die Gelb-Rote Karte für Hauke Wahl nach 77 Minuten.

Denn: Zu der Situation, in der der Verteidiger gegen Igor Matanovic zudem erst den Ball spielte, hätte es gar nicht kommen dürfen, da KSC-Verteidiger David Herold in der Entstehung ganz klar mit offener Sohle Manolis Saliakas im Strafraum erwischt hatte. Ein Vergehen, das spätestens durch den VAR zwingend geahndet hätte werden müssen. Ein Strafstoß für St. Pauli wäre zwingend gewesen.

“Sünder” Wahl hatte die Betrachtung der entscheidenden Szenen am Sky-Bildschirm regelrecht die Sprache verschlagen: “Ich muss aufpassen, was ich sage, sonst kriege ich auf den Deckel und es heißt, ich würde den Schiedsrichter diffamieren. Aber es ist ein klares Stempeln im Strafraum.”

Kurz vor Mitternacht hatten St. Paulis Verantwortungsträger noch eine Aufklärung durch Schiedsrichter Michael Bacher (kicker-Note 6) eingefordert – vergebens. Antworten auf die Fragen, weshalb der VAR stumm blieb, erhielt St. Pauli bis zum Sonntag nicht. Erst am Montagnachmittag nahm die sportliche Leitung der Unparteiischen auf der DFB-Website zu dieser Szene Stellung.

Werthmann: Korrekt, dass der Video-Assistent nicht eingriff

Rainer Werthmann, der sportliche Leiter der Schiedsrichter in der 2. Bundesliga, nannte die Entscheidung “angemessen”. Es sei korrekt, dass Video-Assistent Pascal Müller nicht eingriff. Werthmann meint: “Hier muss man den Gesamtablauf der Szene in den Blick nehmen. Herold spielt zuerst im Sprung klar und fair den Ball. Der anschließende Tritt auf den Fuß von Saliakas geschieht in der natürlichen Abstellbewegung des Fußes. Der Verteidiger ist dabei in der Drehbewegung weder zum Gegner orientiert, der sich hinter ihm befindet und den er deshalb nicht sieht, noch in einem Zweikampf um den Ball mit ihm. Auch Fahrlässigkeit liegt nicht vor, selbst wenn der Treffer deutlich ist. Somit ist Herolds Einsatz nicht als Foulspiel zu bewerten.”

“Angemessen”: DFB verteidigt Entscheidungen bei KSC gegen St. Pauli

Viele falsche Entscheidungen, dazu ein Doppelfehler im Verbund mit dem VAR: Vom kicker erhielt Schiedsrichter Michael Bacher für seine Leitung des Spiels zwischen Karlsruhe und dem FC St. Pauli die Note 6. Vom DFB wurde die Aufreger-Szene dagegen ganz anders bewertet.

Erhielt vom kicker die Note 6: Referee Michael Bacher.

Erhielt vom kicker die Note 6: Referee Michael Bacher.

IMAGO/Jan Huebner

Die Niederlage in Karlsruhe auf das Schiedsrichter-Team schieben wollte keiner. Doch eine Sequenz beim 1:2 hatte St. Paulis Verantwortungsträger doch ratlos zurückgelassen. Es geht um die Gelb-Rote Karte für Hauke Wahl nach 77 Minuten.

Denn: Zu der Situation, in der der Verteidiger gegen Igor Matanovic zudem erst den Ball spielte, hätte es gar nicht kommen dürfen, da KSC-Verteidiger David Herold in der Entstehung ganz klar mit offener Sohle Manolis Saliakas im Strafraum erwischt hatte. Ein Vergehen, das spätestens durch den VAR zwingend geahndet hätte werden müssen. Ein Strafstoß für St. Pauli wäre zwingend gewesen.

“Sünder” Wahl hatte die Betrachtung der entscheidenden Szenen am Sky-Bildschirm regelrecht die Sprache verschlagen: “Ich muss aufpassen, was ich sage, sonst kriege ich auf den Deckel und es heißt, ich würde den Schiedsrichter diffamieren. Aber es ist ein klares Stempeln im Strafraum.”

Kurz vor Mitternacht hatten St. Paulis Verantwortungsträger noch eine Aufklärung durch Schiedsrichter Michael Bacher (kicker-Note 6) eingefordert – vergebens. Antworten auf die Fragen, weshalb der VAR stumm blieb, erhielt St. Pauli bis zum Sonntag nicht. Erst am Montagnachmittag nahm die sportliche Leitung der Unparteiischen auf der DFB-Website zu dieser Szene Stellung.

Werthmann: Korrekt, dass der Video-Assistent nicht eingriff

Rainer Werthmann, der sportliche Leiter der Schiedsrichter in der 2. Bundesliga, nannte die Entscheidung “angemessen”. Es sei korrekt, dass Video-Assistent Pascal Müller nicht eingriff. Werthmann meint: “Hier muss man den Gesamtablauf der Szene in den Blick nehmen. Herold spielt zuerst im Sprung klar und fair den Ball. Der anschließende Tritt auf den Fuß von Saliakas geschieht in der natürlichen Abstellbewegung des Fußes. Der Verteidiger ist dabei in der Drehbewegung weder zum Gegner orientiert, der sich hinter ihm befindet und den er deshalb nicht sieht, noch in einem Zweikampf um den Ball mit ihm. Auch Fahrlässigkeit liegt nicht vor, selbst wenn der Treffer deutlich ist. Somit ist Herolds Einsatz nicht als Foulspiel zu bewerten.”

St. Paulis Suche nach der direkten Antwort

An der Entstehung der 1:2-Niederlage in Karlsruhe hatte Nikola Vasilj entscheidenden Anteil. Der nach vorn abgewehrte Ball von St. Paulis Schlussmann war entscheidend für den frühen Rückstand. Einen Rückschlag im Aufstiegskampf fürchtet der 28-Jährige jedoch nicht.

Wollen nach der Niederlage wieder die richtige Antwort geben: Die Spieler des FC St. Pauli.

Wollen nach der Niederlage wieder die richtige Antwort geben: Die Spieler des FC St. Pauli.

IMAGO/eu-images

“Wir sind nach den Niederlagen in Magdeburg und auf Schalke zurückgekommen”, sagt Vasilj und ist sicher: “Wir werden das wieder tun.” Tatsächlich hat der Noch-Spitzenreiter, dessen Vorsprung auf Kiel nur noch zwei Punkte beträgt, auf die ersten beiden Saison-Niederlagen jeweils mit Siegen geantwortet: Dem 0:1 in Magdeburg war ein 1:0 gegen Braunschweig gefolgt, dem 1:3 in Gelsenkirchen ein 2:0 gegen Hertha BSC.

Auch auf den Pokal-K.-o. im Elfmeterschießen gegen Düsseldorf hatten die Kiez-Kicker mit einem 3:2 gegen Greuther Fürth reagiert. Hauke Wahl glaubt daher wie der Schlussmann: “Das wird uns nicht umhauen.” Hinzu kommt aus seiner Sicht: “Bei den anderen beiden Niederlagen in der Liga waren unsere Spiele schlechter als in Karlsruhe. Wir waren nicht schlecht, aber unglücklich, haben mehr Fehler gemacht als sonst und waren nicht so geduldig. Wir haben zu häufig zu schnell Lösungen gesucht.”

Fabian Hürzeler bemängelt in der Analyse des Samstagabends noch etwas anders. Nachdem der Trainer schon beim 2:1-Sieg gegen Paderborn kritisiert hatte, seine Spieler hätten im Gefühl des sicheren Sieges einen Schritt weniger gemacht, missfiel ihm auch der Start in die Partie im Wildpark, insbesondere das Pressingverhalten. Dass Schiedsrichter Michael Bacher bei einem nicht gegebenen Strafstoß gegen Manolis Saliakas (77.) und aus der nicht überprüften Szene dann die Ampelkarte gegen Wahl erfolgt ist, hat der Coach während der Partie zwar gewohnt emotional aufgenommen, mit Abstand aber sagt er: “Wir müssen uns an die eigene Nase fassen. Wir müssen so gut sein, dass der Schiedsrichter unser Spiel nicht beeinflussen kann.”

Und zwar schon am kommenden Sonntag gegen Elversberg – um wieder die gewohnte Reaktion zu zeigen. Dann wird Wahl gesperrt fehlen, dafür aber Eric Smith nach verbüßter Sperre zurückkehren. Ein weiterer Hoffnungsschimmer: Auch Flügelstürmer Oladapo Afolayan kam in Karlsruhe schon wieder zu einem ersten Jokereinsatz, Philipp Treu wird ebenso zurückerwartet.

Sebastian Wolff

Wahl: “Ich muss aufpassen, was ich sage …”

Auf der Pressekonferenz vor dem Karlsruhe-Trip hatte Fabian Hürzeler von einem Abend auf der Kartbahn mit seinem Trainerteam erzählt und erklärt, St. Pauli müsse im Aufstiegsrennen jede Runde nehmen als sei sie die letzte. Am Samstagabend sind der Coach und sein Team beim 1:2 aus der Kurve geflogen.

Redebedarf: Hauke Wahl (FC St. Pauli) nach dem Spiel in Karlsruhe mit Sky-Moderator Stefan Hempel.

Redebedarf: Hauke Wahl (FC St. Pauli) nach dem Spiel in Karlsruhe mit Sky-Moderator Stefan Hempel.

IMAGO/eu-images

Die Gründe für die dritte Saison-Niederlage sind vielschichtig und der Trainer sucht sie wohltuend und zu Recht vor allem bei seiner Mannschaft. Schon beim 2:1-Erfolg gegen Paderborn am Ostersonntag hatten St. Paulis Profis im Gefühl des sicheren Sieges einen Schritt weniger getan – im Wildpark machten sie zunächst genauso weiter, liefen nicht energisch an, bekamen früh einen Eckball gegen sich, bei dem dann Keeper Nikola Vasilj patzte. “Wir hatten einen schlechten Start, haben nicht gut gepresst”, bemängelt Hürzeler. Und sie haben auch in ihrer stärksten Phase nicht die nötige Konsequenz an den Tag gelegt, vergaben beste Gelegenheiten und machten – in Person von Adam Dzwigala – einen folgenschweren Fehler im Aufbau. “Wir laden den Gegner ein. Wir haben in den wichtigen Phasen nicht das richtige getan”, analysiert der Coach.

Hürzeler sieht zum siebten Mal Gelb

Spielbericht

Hürzeler hat am Samstagabend wieder eine Gelbe Karte gesehen, seine bereits siebte in dieser Spielzeit. Das ist in Summe inakzeptabel, sein Ärger über den Unparteiischen Michael Bacher hingegen war nachvollziehbar. Der 33-Jährige pfiff nicht nur insgesamt fahrig und ohne jedes Gespür, er griff auch ganz entscheidend in das Spielgeschehen ein. Denn: Die Gelb-Rote Karte gegen Hauke Wahl (77.) hätte es nicht geben dürfen. Ungeachtet der Tatsache, dass die erste Verwarnung eine Fehlentscheidung war und St. Paulis Verteidiger bei der zweiten Karte gegen Igor Matanovic zunächst den Ball spielte, hätte es in der Entstehung der Situation wenige Sekunden zuvor Elfmeter für die Hamburger geben müssen. David Herold hatte Manolis Saliakas, deutlich sichtbar, mit offener Sohle im Strafraum getroffen – nicht nachvollziehbar ist, weshalb im Zuge der langen Diskussionen um den ohnehin strittigen Wahl-Platzverweis kein Eingriff des VAR erfolgte. Zeit war genug.

“Eineinhalb Fouls” mit Folgen – “Das darf mir nicht passieren”

“Sünder” Wahl war sicht- und hörbar angefasst, als er die drei entscheidenden Szenen nach Abpfiff am Sky-Mikrofon vorgespielt bekam und rang nach Worten: “Ich muss aufpassen, was ich sage. Man will ja immer mündige Spieler, aber wenn ich jetzt was sage, kriege ich auf den Deckel. Dann heißt es, ich diffamiere den Schiedsrichter.” Er versuchte sich zumindest in einer moderaten Version und schilderte die entscheidenden Momente. “Ich mache im ganzen Spiel eineinhalb Fouls und kriege Gelb-Rot. Die Elfmeter-Szene in der Entstehung ist ein klares Stempeln im Sechzehner. Jeder sieht das, jeder kann sich seinen Teil denken. Das ist brutal.” Erst Recht in Zeiten des Videobeweises.

Dennoch kreidet sich Wahl an, dass er, wenn auch zu Unrecht gelb-belastet, risikoreich in das Duell mit Matanovic gegangen ist. “Ich schade mit der Ampelkarte der Mannschaft, das darf mir nicht passieren.” Deshalb will er auch nicht weiter über Bacher reden, sondern deutet vielsagend an: “Jeder sollte sich hinterfragen. Ich tue das auch.” Und er sagt auch ganz grundsätzlich: “Wir haben mehr Fehler gemacht als sonst.” Tatsächlich war auch das ein ganz entscheidender Grund, weshalb St. Pauli im Wildpark aus der Kurve geflogen ist.

Sebastian Wolff