“Erst retten, dann reden”: Das ist der Wolfsburger Manager-Fahrplan

Vor drei Wochen wurde Marcel Schäfer als Geschäftsführer des VfL Wolfsburg freigestellt, bei der Suche nach einem Nachfolger lassen sich die Niedersachsen bewusst Zeit. Aufsichtratsboss Frank Witter erklärt gegenüber dem kicker den Manager-Fahrplan.

Er gibt die Richtung vor: Wolfsburgs Aufsichtsratschef Frank Witter.

Er gibt die Richtung vor: Wolfsburgs Aufsichtsratschef Frank Witter.

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Drei Wochen liegt der große Knall nun schon zurück. Der Freistellung von Geschäftsführer Marcel Schäfer am 10. April folgte das 0:3 des VfL Wolfsburg bei RB Leipzig. Die Niedersachsen drohten im Chaos zu versinken – und haben sich aktuell wieder gefangen. Es folgten zwei überlebenswichtige Siege in der Liga (1:0 gegen Bochum, 2:1 in Freiburg), im Verein ist Ruhe eingekehrt. Was dabei hilft, ohne großen Druck nach einem Schäfer-Nachfolger und künftigen Geschäftsführer zu fahnden. “Unser Motto ist: Erst retten, dann reden”, bestätigt Wolfsburgs Aufsichtsratschef Frank Witter die kicker-Berichterstattung vom 18. April. “Solange der Klassenerhalt nicht perfekt ist, führen wir keine Gespräche.”

Demnach gibt es noch keine Kontaktaufnahmen, entsprechend auch noch keine Verhandlungen oder gar Favoriten auf den Posten des künftigen Sportchefs. Klar ist aber: Sobald die Rettung, im besten Fall schon am Samstag (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker) mit einem Sieg gegen Absteiger Darmstadt, in trockenen Tüchern ist, wird der Wolfsburger Aufsichtsrat dieses Thema vorantreiben, um möglichst schnell Fakten zu schaffen.

Witter: “Die Ergebnisse der vergangenen beiden Spiele freuen uns sehr, jetzt hoffen wir, dass wir auch noch den letzten Schritt zum Klassenerhalt gehen. Wie wir uns zukünftig in der sportlichen Führung aufstellen, werden wir danach klären.”

Wir rennen nicht kopflos umher.

Wolfsburgs Aufsichtsrat Frank Witter

Nicht chancenlos ist dabei unverändert Sportdirektor Sebastian Schindzielorz. “Wir beobachten”, sagt der Aufsichtsratsboss zufrieden, “dass Ruhe im Verein herrscht, wir rennen nicht kopflos umher. Sebastian Schindzielorz und Ralph Hasenhüttl arbeiten sehr eng und vertrauensvoll miteinander, das funktioniert sehr gut.”

Potenzielle Kandidaten: Bobic, Wohlgemuth, Hecking

Dennoch werden auch Gespräche mit externen Kandidaten geführt. Wer das ist? Noch offen. An potenziellen Kandidaten mangelt ist nicht. Fredi Bobic (zuletzt Hertha BSC) und Fabian Wohlgemuth (VfB Stuttgart) gehören ebenso zu diesem Kreis wie Dieter Hecking (1. FC Nürnberg). Sie alle eint: Gesprochen wurde mit ihnen noch nicht.

Thomas Hiete

Rotsünder? Torjäger! Lacroix auf einer Stufe mit Meister Tah

Was für ein Tor! Maxence Lacroixs Treffer beim Wolfsburger 2:1 in Freiburg war nicht nur besonders schön, sondern auch besonders wichtig. Bemerkenswert: Der Franzose hat sich in dieser Saison zum Torjäger entwickelt.

Der saß: Maxence Lacroix jubelt nach seinem Traumtor in Freiburg, Mitspieler Joakim Maehle (rechts) kann's kaum glauben.

Der saß: Maxence Lacroix jubelt nach seinem Traumtor in Freiburg, Mitspieler Joakim Maehle (rechts) kann’s kaum glauben.

IMAGO/Jan Huebner

Sein Start unter dem neuen Trainer Ralph Hasenhüttl war durchwachsen verlaufen. Zwar traf Maxence Lacroix beim Debüterfolg des Österreichers an der Seitenlinie beim 2:0 bei Werder Bremen, mit einer Notbremse und anschließender Roten Karte nahm sich der Franzose jedoch direkt wieder aus dem Team. Es war der dritte Platzverweis des Wolfsburger Innenverteidigers in dieser Saison, der sechste insgesamt, der neue Coach stellte fest: “Manchmal ist Maxence ein bisschen leichtsinnig, aber das kriegen wir schon hin.”

Lacroixs Traumtor: 25 Meter, 121 km/h

Und wie! Seit zwei Spielen ist der 24-Jährige nun zurück, zwei Siege fuhr der VfL dabei ein. Am Samstag in Freiburg (2:1) ganz besonders dank Lacroix, der in letzter Minute fulminant traf. Ein Schuss aus 25 Metern mit 121 km/h in die Freiburger Maschen und zum Wolfsburger Glück, ein erlösender Sieg im Abstiegskampf. Und Lacroix als strahlender Torschütze. “Top”, freut sich Trainer Hasenhüttl, “dass er sich da ein Herz nimmt.”

Viel wurde geredet und geschrieben über Lacroix, den Rotsünder. Nun geht der Torjäger in Führung. Vier Treffer stehen in dieser Saison nun drei Platzverweisen gegenüber. “Er hat deswegen viele Spiele versäumt”, weiß Coach Hasenhüttl, der seinen Innenverteidiger nach dessen Notbremse in Bremen aufbaute. “Wir sind gut mit ihm umgegangen, haben ihm sofort das Gefühl gegeben: Das kriegen wir hin.”

Daran arbeitet Lacroix, in dem der Trainer einen “sensationellen Innenverteidiger” sieht, der gleichwohl noch vor allem im fußballerischen Bereich an sich arbeiten müsse. Und Lacroix ermahnt sich selbst: “Ich muss konzentrierter sein, aus meinen Fehlern lernen, an ihnen wachsen.”

Torgefährliche Innenverteidiger: Lacroix, Tah, Schlotterbeck

In Freiburg wuchs das Trefferkonto des Abwehrspielers an, der sein sechstes Bundesligator erzielte. Vier Treffer in einer Saison waren ihm noch nie gelungen im Profibereich. In der Bunesliga gehört der Franzose somit nicht nur in der Sünderkartei zur Spitze, sondern auch in der Torjägerliste: Lacroix ist gemeinsam mit Leverkusens Meister Jonathan Tah und Bochums Keven Schlotterbeck, die beide ebenfalls viermal trafen, der gefährlichste Innenverteidiger der Liga.

Thomas Hiete

Trainingsschock und “Riesenglück”: So steht’s um Cerny und Paredes

Glücklich und angeschlagen ist der VfL Wolfsburg aus dem Breisgau zurückgekehrt. Mit drei Punkten und Sorgenkindern im Gepäck. Zu denen sich am Sonntag zwei weitere Spieler hinzugesellten.

Schmerzhaft: Freiburgs Kiliann Sildillia (re.) sah nach seinem Foul an Wolfsburgs Kevin Paredes die Rote Karte.

Schmerzhaft: Freiburgs Kiliann Sildillia (re.) sah nach seinem Foul an Wolfsburgs Kevin Paredes die Rote Karte.

IMAGO/Jan Huebner

Abstiegskampf kann schmerzhaft sein. Auch dann, wenn ein Gegner wie der SC Freiburg um die internationalen Ränge fightet. Und so hat der VfL den 2:1-Sieg im Breisgau mit einigen Blessuren bezahlt. “Das Spiel wurde immer ruppiger, weil keine Limits gesetzt wurden”, war Trainer Ralph Hasenhüttl mit der Leitung von Schiedsrichter Frank Willenborg, der freilich in allen entscheidenden Szenen richtig lag, nicht ganz zufrieden. “Die Fouls wurden in der zweiten Halbzeit immer brutaler.” Und gipfelten im Platzverweis für Freiburgs Kiliann Sildillia, der Kevin Paredes übel erwischt hatte.

Kevin hat Riesenglück gehabt, dass das Bein nicht durch ist.

VfL-Trainer Ralph Hasenhüttl über seinen Spieler Kevin Paredes

“Es ist Glück, dass der Bursche heute auf zwei gesunden Beinen stehen kann”, sagte Hasenhüttl am Sonntag, “Kevin hat Riesenglück gehabt, dass das Bein nicht durch ist und dass das Knie das gehalten hat.” Dieses war beim Tritt des Freiburger Gegenspielers komplett durchgestreckt, zunächst bestand auch die Sorge, dass das Kreuzband in Mitleidenschaft gezogen sein könnte. Glück im Unglück: Paredes hat nur “ein schönes Ei am Unterschenkel” davongetragen. Und kam somit im Vergleich zu seinen Kollegen glimpflich davon.

Vranckx hat sich am Innenband verletzt

Schlechter sieht es nämlich für Aster Vranckx aus, der nach einer mit Gelb geahndeten Attacke von Freiburgs Roland Sallai ausgewechselt werden musste. Der Belgier hat sich dabei das Knie verdreht und eine Verletzung am Innenband zugezogen – wie schwer diese ist, darüber muss laut Hasenhüttl eine MRT-Untersuchung Aufschluss geben.

Eingehende Untersuchungen stehen auch bei zwei Spielern an, die sich am Sonntag im Spielersatztraining verletzten. Zunächst erwischte es Innenverteidiger Cedric Zesiger am rechten Sprunggelenk, der Schweizer humpelte mit bandagiertem Knöchel in die Kabine, anschließend folgte ein lauter Aufschrei von Vaclav Cerny. Der Tscheche wollte mit seinem linken Bein einen Pass von Jakub Kaminski blocken, dann ging er mit schmerzverzerrtem Gesicht zu Boden, musste direkt behandelt werden .

Cernys Knieverletzung mit Vorgeschichte

“Das hat nicht gut ausgesehen”, sagt Hasenhüttl, “das ist hoffentlich nichts Schlimmes.” Zumal Cerny schon eine Knie-Vorgeschichte hat. 2018 und 2021 zog sich der Tscheche jeweils schon mal einen Kreuzbandriss zu. Immerhin: Am Sonntag musste der 26-Jährige, der in Freiburg nicht im Kader gestanden hatte, nicht vom Platz transportiert werden, mit bandagiertem Knie humpelte er nach dem ersten Schock selbst in die Katakomben.

Thomas Hiete

Trotz Feuer unterm Dach: Hasenhüttl setzt auf die Unterstützung der VfL-Fans

Trainer Niko Kovac entlassen, Geschäftsführer Marcel Schäfer gefeuert, Restriktionen gegen die eigenen Fans aufgrund von Pyrotechnik: Beim VfL Wolfsburg ist mächtig was los. Mittendrin Trainer Ralph Hasenhüttl, der den Klassenerhalt unter Dach und Fach bringen möchte.

Feuer unterm Dach: Eine Szene aus dem Heimspiel des VfL Wolfsburg im März gegen den VfB Stuttgart.

Feuer unterm Dach: Eine Szene aus dem Heimspiel des VfL Wolfsburg im März gegen den VfB Stuttgart.

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Beim VfL Wolfsburg ist mächtig Feuer unterm Dach, im wahren Sinne des Wortes. Auf der einen Seite Teile der Fanszene, die sich mit Plakaten (“Seelenloser Plastikklub”) und Pyrotechnik präsentiert, auf der anderen Seite der Verein, der mit Restriktionen gegen das Abbrennen der Feuerwerkskörper vorgeht.

Künftig sind große Fahnen verboten, ebenso “Materialien zur Verwendung einer Choreografie oder eines Intros”, Fans werden ab sofort bei Heimspielen  vor der Nordkurve in einer neu eingerichteten Materialschleuse kontrolliert. Auch auswärts, und das schon am Samstag (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker) in Freiburg, sind keine Blockfahnen und Großschwenkfahnen gestattet.

Der Grund, so steht’s in einem Schreiben des VfL: “In dieser Saison gab es leider durch Pyrotechnik verletzte Fans, Beschädigungen von Kleidung sowie vermehrt Beschwerden von VfL-Fans. Zudem liegt der wirtschaftliche Schaden aufgrund von Pyrotechnik aufzuwendenden Strafen in dieser Spielzeit bereits jetzt bei einer hohen sechsstelligen Summe.”

“Die Fans wissen sehr genau, was wir brauchen”

Eine Konfrontation zwischen Klub und Fans inmitten des Abstiegskampfs, der eigentlich einen Schulterschluss erfordert. Funktioniert das trotzdem? Trainer Ralph Hasenhüttl ist davon überzeugt.

Trotz der aktuellen Diskussionen glaubt er, “dass die Fans sehr genau wissen, was wir brauchen, und dass es entscheidend sein wird, dass wir gemeinsam zum Erfolg kommen müssen”. Die Hoffnung des 56-Jährigen: “Wir werden so auftreten, wie wir es von unseren Fans erwarten. Respektvoll, mit vollem Engagement, mit voller gegenseitiger Unterstützung. Nur so funktioniert’s. Wir werden es vorleben und sind überzeugt, dass sie auch nachziehen werden.”

Torwart Casteels steht vor dem Comeback

Schließlich geht es trotz des 1:0-Sieges über den VfL Bochum für die Niedersachsen noch immer um den Klassenerhalt. “Ich habe nicht den Eindruck, dass sich irgendwer zurücklehnt, weil wir gegen Bochum gewonnen haben”, berichtet der Coach von einer intensiven Trainingswoche und hofft auf das Comeback seines Stammtorhüters Koen Casteels, der die vergangenen fünf Spiele wegen einer Schulterverletzung verpasst hat.

Seit dieser Woche trainiert der Belgier wieder mit dem Team, bislang ohne Reaktion der zuvor verletzten Schulter. Hasenhüttl wolle zwar noch “abwarten, ob es bis zum Wochenende reicht”, wenn aber nichts mehr dazwischenkommt, steht Casteels statt Vertreter Pavao Pervan im Kasten. “Pavo hat es gut gemacht, zweimal zu null gespielt”, so der Coach.

“Trotzdem: Wenn Koen fit ist, dann ist er die Nummer eins und will auch zwischen den Pfosten stehen.” Und mit Wolfsburg den nächsten Schritt in Richtung Rettung machen.

Thomas Hiete

Hasenhüttls Lob für “Freigeist” Majer: “Der Erste, der kommt, der Letzte, der geht”

Lovro Majer war Wolfsburgs Königstransfer im Sommer. Zuletzt aber saß der Kroate, zweitbester Scorer seines Teams, 90 Minuten lang auf der Bank. Wie geht’s weiter?

Zuletzt 90 Minuten auf der Bank: Wolfsburgs Spielmacher Lovro Majer.

Zuletzt 90 Minuten auf der Bank: Wolfsburgs Spielmacher Lovro Majer.

IMAGO/Christian Schroedter

Als es im Gespräch mit Wolfsburgs Aufsichtsratschef Frank Witter zuletzt um die finanziellen Möglichkeiten des VfL ging, da nannte der frühere Volkswagen-Finanzvorstand ein Beispiel, das zeigen soll, dass die Bereitschaft zu investieren unverändert vorhanden sei. Witter erwähnte explizit Lovro Majer, der im vergangenen Sommer für nicht kleines Geld gekommen sei. Die Rede ist von 25 Millionen Euro, die der VfL für den Kroaten von Stade Rennes auf den Tisch legte. Gut investiertes Geld? Da gehen die Meinungen mittlerweile auseinander.

Für Majer spricht zweifelsohne die Statistik. Mit fünf Treffern und sechs Vorlagen ist der Spielmacher, der nur unregelmäßig auf seiner Lieblingsposition eingesetzt wurde, zweitbester Wolfsburger Scorer hinter Jonas Wind. Obendrein ist der 26-Jährige der VfL-Spieler mit den meisten intensiven Läufen dieser Saison, ligaweit sind nur Heidenheims Tim Kleindienst und Leverkusens Florian Wirtz besser. Majers Zahlen: nicht überragend, erst recht nicht für einen 25-Millionen-Euro-Mann, aber eben auch nicht desolat.

Jedoch: Schon seit Wochen gehört Majer nicht mehr zum Wolfsburger Stammpersonal. Schon Ex-Trainer Niko Kovac, der gerne mal die defensiven Mängel Majers herausstrich, verzichtete im verlorenen “Endspiel” gegen den FC Augsburg (1:3) zunächst auf seinen Landsmann. Unter Nachfolger Ralph Hasenhüttl gehörte Majer in vier Spielen noch gar nicht zur Anfangsformation, zuletzt gegen den VfL Bochum (1:0) saß er erstmals in dieser Saison 90 Minuten auf der Bank. Des Trainers Erklärung: Aktuell benötige er vor allem Spieler, auf die er sich taktisch zu 100 Prozent verlassen könne. “Freigeister” wie Majer seien deshalb aktuell “vielleicht ein bisschen benachteiligt”.

Was unter Hasenhüttl nicht in Stein gemeißelt ist. Der Trainer hat jedenfalls ein positives Bild vom Kroaten, für den es auch um die EM geht. “Er ist ein Vollprofi”, lobt der Österreicher, “er ist der Erste, der kommt, der Letzte, der geht. Er trainiert mit viel Freude.” Trotz der komplizierten Phase, die für Majer mit seinem Joker-Tor in Bremen (2:0) unter Hasenhüttl eigentlich positiv begann. Da, so der Coach, “hat er sofort gezeigt, wie wichtig er ist”.

Und auch bald wieder wird? “Ich habe keine Angst, dass Lovro hier nicht in der nächsten Zeit wieder für viele Minuten spielen wird”, sagt Hasenhüttl, ” weil er einfach ein Qualitätsspieler ist”. Nur zeigen durfte er es zuletzt kaum.

Thomas Hiete

Mit Topspeed auf der Überholspur: Fischers Plus gegenüber Maehle

Kilian Fischer befindet sich beim VfL Wolfsburg auf der Überholspur. Spielte er unter Niko Kovac praktisch keine Rolle, ist der Außenverteidiger unter Trainer Ralph Hasenhüttl aktuell gesetzt.

Stammplatz erobert: Kilian Fischer hat aktuell Joakim Maehle verdrängt.

Stammplatz erobert: Kilian Fischer hat aktuell Joakim Maehle verdrängt.

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Wer sind die Wolfsburger Gewinner durch den Trainerwechsel von Niko Kovac zu Ralph Hasenhüttl? Ganz sicher gehört Kilian Fischer dazu. Unter Kovac war der Rechtsverteidiger in dieser Saison lediglich einmal als Einwechselspieler zum Einsatz gekommen, unter Hasenhüttl stand der 23-Jährige nun schon zweimal in der Startelf. Warum? Weil sich Fischer das, so der Trainer, verdient habe: “Er ist ein Spieler, der taktisch sehr diszipliniert ist und der sofort das umsetzt, was man von ihm möchte.”

Plötzlich spielt Fischer und stellt zufrieden fest: “Ich kann Bundesliga.”

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Vorsicht Falle! Entscheidet Tottenham den Titelkampf in England?

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Seine Einsätze 13 und 14 in der Liga absolvierte er an den vergangenen zwei Wochenenden, an denen er in der Wolfsburger Startelf stand. Er nutzte die Gunst der Stunde, hat erst einmal keinen Geringeren als den dänischen National- und Führungsspieler Joakim Maehle, im letzten Jahr nach einer erfolgreichen Zeit von Atalanta Bergamo gekommen, verdrängt. “Es geht immer um Nuancen”, weiß Fischer, der nun die Nase vorn hat. “Es können nur elf spielen. Wenn du 24 Topspieler hast, schauen manche in die Röhre – und das war lange Zeit ich.”

“Dass ich an die 35 km/h rankommen kann, das wusste ich”

Bis Hasenhüttl kam, der sich den Kader völlig unvoreingenommen angeschaut hat und aktuell auf Fischer setzt. Dieser hinterlässt Eindruck, in Leipzig (0:3) war er mit 35,28 km/h der schnellste Akteur des gesamten Spieltages. Persönlicher Rekord! “Dass ich an die 35 km/h rankommen kann, das wusste ich schon”, sagt der Außenverteidiger, “das zeichnet mich ein bisschen aus”. Und das ist zumindest ein kleines Plus gegenüber Konkurrent Maehle, der es immerhin auch auf einen Topspeed von 33,79 km/h gebracht hat. Außerdem: “Kilian macht gute tiefe Laufwege”, beschreibt Coach Hasenhüttl, “dass habe ich bei Joakim ein bisschen vermisst”.

Klar ist: Fischer hat sich seinen Platz erobert und will diesen auch nicht mehr hergeben. “Diese Chance will ich nutzen”, sagt der Ex-Nürnberger, der im Winter als Wechselkandidat (Schalke 04 galt als Interessent) gehandelt wurde. “Ganz konkret war nie irgendwas.”

“Wenn ich jetzt gar kein Spiel gemacht hätte, hätte ich nachdenken müssen”

Und auch für den Sommer muss der 23-Jährige (Vertrag bis 2027) nun womöglich umplanen. “Wenn ich jetzt gar kein Spiel gemacht hätte, hätte ich nachdenken müssen”, sagt Fischer ehrlich. Jedoch: “So ein Trainerwechsel ist für alle ein kompletter Neuanfang. Wenn ich einen Trainer habe, der mich gut findet, dann besteht kein Grund, den Verein zu verlassen. Ich fühle mich wohl in Wolfsburg.” Aktuell mehr denn je.

Thomas Hiete

Teurer Auftritt in Heidenheim: Wolfsburg muss knapp 80.000 Euro zahlen

Dem VfL Wolfsburg kommt das Fehlverhalten seiner Fans beim Auswärtsspiel in Heidenheim im Januar (1:1) teuer zu stehen. Der DFB verhängte am Montag eine Geldstrafe in Höhe von fast 80.000 Euro gegen die Niedersachsen.

Gang in die Kurve: Die VfL-Profis nach dem Remis in Heidenheim.

Gang in die Kurve: Die VfL-Profis nach dem Remis in Heidenheim.

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Den Auftakt in die Bundesliga-Rückrunde hatten sich die Verantwortlichen des VfL Wolfsburg anders vorgestellt. Einerseits weil die Mannschaft von Ex-Trainer Niko Kovac bei Aufsteiger 1. FC Heidenheim, der zum Saisonstart noch mit 2:0 geschlagen wurde, nur zu einem Remis kam (1:1). Andererseits weil sich Fans der Niedersachsen in der mit 15.000 Zuschauern ausverkauften Voith-Arena daneben benahmen.

Die Rechnung dafür folgte an diesem Montag: Das DFB-Sportgericht hat den VfL im Einzelrichterverfahren nach Anklageerhebung durch den DFB-Kontrollausschuss “wegen eines unsportlichen Verhaltens seiner Anhänger mit einer Geldstrafe in Höhe von 78.750 Euro belegt”.

Was war genau passiert? Unmittelbar nach Beginn der zweiten Halbzeit beim Auswärtsspiel in Heidenheim am 20. Januar zündeten Wolfsburger Fans “mindestens 30 Blinker und schossen elf Raketen ab”. Dies führte sogar dazu, dass Schiedsrichter Timo Gerach (kicker-Note 2,5) die Partie für zwei Minuten unterbrechen musste.

Nur eine Strafe in dieser Saison war höher

Von den knapp 80.000 Euro kann der Klub bis zu 26.250 Euro für sicherheitstechnische oder gewaltpräventive Maßnahmen verwenden, was dem DFB allerdings bis zum 31. Dezember 2024 nachzuweisen wäre. Weil die Wolfsburger dem Urteil bereits zugestimmt haben, ist es auch rechtskräftig.

Für den VfL ist es die zweithöchste in dieser Saison vom DFB-Sportgericht verhängte Geldstrafe: Einzig das Erstrundenspiel im DFB-Pokal bei Oberligist TuS Makkabi Berlin, das mit 6:0 gewonnen werden konnte, kam die Niedersachsen noch teurer zu stehen. Wegen des Abbrennens von 51 bengalischen Feuern und 30 Rauchkörpern musste Wolfsburg Mitte September insgesamt 81.000 Euro blechen.

Der Wolfsburger Wald: Was Hasenhüttl von Rangnick mitgenommen hat

Joakim Maehle, Lovro Majer, Patrick Wimmer: Beim VfL Wolfsburg sitzen die großen Namen aktuell nur auf der Bank. Trainer Ralph Hasenhüttl erklärt, warum das so ist.

Nimmt keine Rücksicht auf Rang und Namen: Wolfsburgs Trainer Ralph Hasenhüttl.

Nimmt keine Rücksicht auf Rang und Namen: Wolfsburgs Trainer Ralph Hasenhüttl.

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Der Wolfsburger Jubel am späten Samstagnachmittag fiel frenetisch aus. Der VfL glänzte bei weitem nicht gegen den VfL Bochum (1:0), aber er gewann. Und so jubelten sie alle zusammen. Spieler, die auf dem Platz standen, Spieler, die auf der Bank saßen.

“Wir brauchen sie alle”, betont Trainer Ralph Hasenhüttl, der überrascht. Mit seinen Aufstellungen, mit seinen Einwechslungen. Auf den beheizbaren Ledersitzen der VfL-Ersatzbank saßen am Samstag zu Spielende drei Akteure, die eigentlich Wolfsburger Leistungsträger sein sollten.

Auf Rang und Namen nimmt Hasenhüttl keine Rücksicht

Joakim Maehle, für zwölf Millionen Euro geholter Führungsspieler von Atalanta Bergamo, kam in diesem Abstiegs-Endspiel ebenso nicht zum Einsatz wie Lovro Majer, 25-Millionen-Euro-Neuzugang von Stade Rennes, und Patrick Wimmer, Topscorer der Vorsaison. Drei potenzielle Säulen einer Mannschaft, die in dieser Saison schwer vom Kurs abgekommen ist.

Ein Team, das Hasenhüttl Mitte März aus den Händen von Niko Kovac übernahm. “Ich muss schauen”, sagt der Österreicher, “dass ich ein Gebilde, das aus welchen Gründen auch immer nicht mehr funktioniert hat, zum Laufen bringe”. Auf Rang und Namen innerhalb seines Kaders nimmt er dabei keine Rücksicht.

Statt Maehle spielt seit zwei Spielen Kilian Fischer, statt Majer setzt der Coach auf Amin Sarr, statt Wimmer kommt ein Kevin Paredes. Neuzugang Vaclav Cerny stand nicht einmal im Kader.

Der Nachteil der Wolfsburger Freigeister

Hasenhüttl erklärt: “Es ist wichtig, dass wir Leute auf dem Platz habe, auf die ich mich taktisch hundertprozentig verlassen kann. Und da sind Freigeister und Spieler, die über die individuelle Klasse kommen, vielleicht ein bisschen benachteiligt. Das ist im Moment der einzig gangbare Weg für uns.”

Bitter für die teuer verpflichteten Stars der Niedersachsen, die wiederholt eine Promi-Bank bildeten. Hasenhüttl lobt jeden Einzelnen, schwärmt von Maehles Physis, von Majers und Wimmers Qualität: “Aber es waren jetzt vielleicht nicht die Spiele, der Moment, um sie zu bringen, weil sie vielleicht doch ein bisschen mehr die Spieler sind, die selber scheinen wollen als diejenigen, die eine Mannschaft zum Scheinen bringen lassen wollen.”

Der Trainer orientiert sich an Ralf Rangnick, unter dem er einst bei RB Leipzig gearbeitet hat. Von ihm hat er folgenden Satz mitgenommen: “Wir haben vielleicht nicht die schönsten Bäume auf dem Platz, aber wenn man sie zusammenstellt, ist es der schönste Wald.” Den der Trainer nicht abholzen will: “Wir wollen es beibehalten.”

Thomas Hiete

“Der Retter”: Auch Keeper Grabara feiert Winds Erlösung nach 1334 Minuten

Sein zehntes Saisontor war womöglich sein wichtigstes: VfL-Torjäger Jonas Wind beendet im Abstiegsduell mit Bochum (1:0) seine seit November anhaltende Durststrecke – und wird sogar von einem künftigen Wolfsburger gefeiert.

Das Ende der Durststrecke: Jonas Wind trifft zum Sieg gegen Bochum.

Das Ende der Durststrecke: Jonas Wind trifft zum Sieg gegen Bochum.

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Der Ball flipperte durch die Bochumer Abwehrreihe, und dann machte Jonas Wind einfach das, was er doch am besten kann. Abschließen, ein Tor schießen. So simpel – und doch so kompliziert. Seit dem 25. November beim 2:1 gegen Leipzig hatte der Däne, der bravourös in die Saison gestartet war, nicht mehr getroffen. Quälend lange 1334 Bundesligaminuten ohne eigenen Treffer. Und jetzt dieses zehnte Tor dieser Spielzeit im Alles-oder-nichts-Spiel gegen Bochum. “Ein bisschen Pingpong”, sagt Wind, “ein schönes Gefühl, ein schöner Tag.” Ganz kontrolliert nach dem Spiel, deutlich ausgelassener auf dem nassen Rasen, als er einfach so dahinrutschte, auf dem Bauch liegen blieb, umringt von den jubelnden Teamkollegen. Eine “Out-of-the-body-experience”, so beschreibt Wind diesen Moment, in dem er mal kurz seinen Körper verließ und den Emotionen freien Lauf gewährte.

Spielbericht

Hasenhüttls Lob für Wind: “Überragend, ganz große Klasse”

Wind trifft, Wolfsburg jubelt und atmet durch im Abstiegskampf. Dank des Torjägers, der in den vergangenen Monaten seinem zehnten Saisontreffer hinterherlief. “Ich habe alles versucht, habe Vorlagen gegeben”, beschreibt der 25-Jährige die komplizierte Phase, “aber ich weiß, dass ich als Stürmer an Toren gemessen werde.” Das weiß auch der Trainer Ralph Hasenüttl, früher selbst mal Angreifer. “Für einen Stürmer ist das ein befreiendes Erlebnis, weil man schon zu zweifeln beginnt”, sagt der Österreicher, der Wind zuletzt auch auf die Bank gesetzt hatte und ihn nun wieder für die Startelf nominierte. Der es mit dem Tor dankte. “Das macht er überragend, ganz große Klasse.”

Lob für Wind kommt auch aus Dänemark, wo ein Mann besonders gespannt auf die Wolfsburger Spiele blickt. Kamil Grabara, Torwart von Winds Ex-Klub FC Kopenhagen, zittert mit seinem künftigen Klub mit. Käme der Schlussmann überhaupt auch in der 2. Liga? Gedanken, die erst einmal wieder beiseite geschoben werden können. “Der Retter”, so unterschrieb Grabara am Samstag Winds Post bei Instagram.

Zieht es Wind nach England? Reden will er darüber nicht

Noch ist Wolfsburg zwar nicht endgültig gerettet, und doch stehen die Chancen nun wieder deutlich besser, dass der VfL erstklassig bleibt. Und Wind dann mit Grabara zusammenspielt? Abwarten, der Däne gilt nach seiner Saison mit bislang 18 Scorerpunkten in 30 Spielen als Verkaufskandidat, auch ihn selbst soll es in die Premier League ziehen, wo es diverse Interessenten geben soll. Themen, die den Stürmer am Samstag, am Tag der Erlösung, nicht interessieren. “Wir müssen in der Bundesliga bleiben”, sagt er, “über alles andere will ich im Moment nicht sprechen, jetzt zählt nur Wolfsburg.”

Thomas Hiete

Ohne Casteels ins “Druck-Spiel”, Schindzielorz trifft Fans

Es steht viel auf dem Spiel für den VfL Wolfsburg, wenn er am Samstag (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker) im Kellerduell auf den VfL Bochum trifft. Ein besonderer Blick geht in Richtung Wolfsburger Fans.

Ex-Kollegen: Marcel Schäfer (links) ist in Wolfsburg Vergangenheit, aktuell hat Sportdirektor Sebastian Schindzielorz das Sagen.

Ex-Kollegen: Marcel Schäfer (links) ist in Wolfsburg Vergangenheit, aktuell hat Sportdirektor Sebastian Schindzielorz das Sagen.

IMAGO/Team 2

Es ist das erste Wolfsburger Heimspiel nach dem Aus von Geschäftsführer Marcel Schäfer, was in der VfL-Fanschaft eine Mischung aus Trauer, Wut und Enttäuschung hinterlassen hat. Wie reagiert die Nordkurve am Samstag bei der so wichtigen Partie gegen den VfL Bochum auf die Geschehnisse rund um die Vereinslegende, die im Abstiegskampf nicht mehr bei ihrem Team ist?

Beim Spiel in Leipzig hatte es nur ein sichtbares Plakat gegen, das sich wohl gegen den Ex-Manager richtete. “Ist das die Wende, von der du gesprochen hast?”, stand dort geschrieben. Ist nun mehr zu erwarten am Samstag? Nach Kapitän Maximilian Arnold appelliert nun auch Ralph Hasenhüttl an den eigenen Anhang, der im Abstiegskampf zur Hilfe und nicht zur Belastung werden soll. “Ich hoffe”, sagt der Trainer, “dass wir auf eine Unterstützung von einem Publikum setzen können, das genau weiß, was wir in welchen Momenten brauchen. Alles gehört zusammen, um einen richtigen Hexenkessel aus dem Stadion zu machen. Das brauchen wir.”

Hasenhüttl: “Das ist im Abstiegskampf ganz entscheidend”

Dabei muss die Mannschaft nach zuletzt drei Heimpleiten in Folge womöglich in Vorleistung gehen. “Ich bin guter Dinge”, so Hasenhüttl, “dass wir von unserer Seite sofort einen guten Beitrag dazu leisten werden und der Rest von der Tribüne kommen muss und kann. Das ist im Abstiegskampf ganz entscheidend.”

Podcast

Müssen Breitner und Ricken ihre Rüstungen polieren?


13:50 Minuten

alle Folgen

Dabei lässt der VfL nichts unversucht, passenderweise findet am Donnerstagabend das turnusmäßige Treffen mit den verschiedenen Fan-Vertretern statt. Das findet in der Regel drei- bis viermal im Jahr statt, anders als sonst kommt diesmal auch VfL-Sportdirektor Sebastian Schindzielorz dazu. “Wir haben alle Möglichkeiten in Erwägung gezogen, um die Leute zu sensibilisieren”, betont Hasenhüttl. “Ich glaube, dass wir eine Stimmung kreieren können im Stadion, das ist ganz entscheidend für uns.”

Offensivpower und taktische Disziplin – der Spagat für den Trainer

Vor allem aber wird entscheidend sein, was auf dem Platz passiert. In Leipzig (0:3) hatte der Trainer mit Jonas Wind, Lovro Majer, Joakim Maehle und Mattias Svanberg zunächst noch auf 41 Scorerpunkte verzichtet, stellte die defensive Stabilität in den Vordergrund. Das wird im “Druck-Spiel”, wie der Coach das Kellerduell mit Bochum bezeichnet, kaum funktionieren. “Wir müssen in einem Heimspiel entscheiden, wie viel Offensivpower wir auf den Platz bekommen. Es ist aber auch wichtig, dass wir gegen einen unangenehmen Gegner taktisch diszipliniert sind. Es kommt darauf an, diesen Spagat hinzubekommen.”

Casteels ist trotz Trainingsrückkehr noch keine Option

Helfen kann dabei noch immer nicht Torwart Koen Casteels. Der Belgier, der wegen einer Schulterverletzung die vergangenen vier Spiele verpasst hat, war zu Wochenbeginn auf den Trainingsplatz zurückgekehrt, fürs komplette Mannschaftstraining hat’s aber noch nicht gereicht. Hasenhüttl: “Er ist keine Option fürs Wochenende. Es sind Situationen, in denen er noch nicht voll in die Streckung gehen kann. Das ist für einen Torwart suboptimal, er ist noch nicht in der Lage, sich vollends zu belasten.” Also wird erneut Pavao Pervan das Tor hüten. Mit, so die Wolfsburger Hoffnung, stimmungsvollen Fans im Rücken.

Thomas Hiete