Der logische Wechselkandidat: Das riskante Spiel mit Torjäger Wind

Ein trauriger Topscorer: Jonas Wind ist in dieser Saison zwar die Lebensversicherung des VfL Wolfsburg, dennoch saß er nun zweimal verwundert und verärgert auf der Bank. Der Däne könnte zum Wolfsburger Großtransfer des Sommers werden.

Konfliktpotenzial: Trainer Niko Kovac holte den frustrierten Jonas Wind (rechts) in Leverkusen vorzeitig vom Feld.

Konfliktpotenzial: Trainer Niko Kovac holte den frustrierten Jonas Wind (rechts) in Leverkusen vorzeitig vom Feld.

IMAGO/Team 2

Wie demontiert man binnen weniger Tage den wichtigsten Spieler seiner Mannschaft? In Wolfsburg wird dies gerade vorgemacht. Jonas Wind ist mit neun Treffern nicht nur der beste Torschütze seines Teams, mit sieben Vorlagen hat er obendrein auch noch die meisten Assists gegeben. Trotz Torflaute – seit dem 12. Spieltag ist der Däne ohne eigenen Treffer – stellt er unverändert so etwas wie die Lebensversicherung der dauerkriselnden Niedersachsen dar, ist auch nicht völlig außer Form.

In Frankfurt (2:2) war er am 23. Spieltag noch an beiden Wolfsburger Treffern beteiligt. Und dennoch saß Wind nun zweimal völlig perplex auf der Reservebank. In zweierlei Hinsicht ein riskantes Spiel mit dem 25-Jährigen, der den Klub nach kicker-Informationen im Sommer verlassen könnte.

Die fragwürdige Rotation des Trainers in dieser Spielzeit erwischte in der Vorwoche beim Wolfsburger 2:3 gegen Stuttgart erstmals auch ihren Besten. Wind saß gegen die Schwaben zu Spielbeginn nur auf der Bank, Kovac begründete dies mit taktischen Ideen, weswegen er den besser anlaufenden Kevin Behrens in der Sturmspitze haben wollte und mit Vaclav Cerny frischen Wind auf den Flügeln. Auf der Zehn musste sich der Trainer dann zwischen Lovro Majer, der zuvor mehr über die Außen kam, und eben Torjäger Wind entscheiden. Der Topscorer wanderte auf die Bank, kam dann in der 64. Minute ins Spiel und reagierte mit Leistung statt mit Frust – das 2:3 durch Lukas Nmecha bereitete er vor.

Wind verweigerte Kovac den Handschlag

Der nächste Tiefschlag für den dänischen Nationalstürmer folgte aber prompt. Zwar kehrte er in Leverkusen (0:2), nun wieder als Neuner, in die Startformation zurück, nach dem frühen Platzverweis gegen Moritz Jenz sah sich Kovac aber gezwungen, einen Offensiven vom Feld zu nehmen – es erwischte Wind. Perplex und frustriert schlich dieser vom Feld, den Kopf wendete er ab vom Trainer, dem er den Handschlag verweigerte. Kovac griff nach dem rechten Arm seines Spielers, gab ihm ein paar Worte mit auf den Weg zur Bank, wo Wind dann leer dreinblickend Platz nahm.

“Natürlich war er nicht glücklich darüber”, berichtete Kovac anschließend, einem seiner Spieler musste er nun mal wehtun. “Ich kann nichts dafür, dass jemand eine Rote Karte bekommt.” Viele rechneten dann mit der Herausnahme Majers, zumal dieser mit einem schlechten Pass den Wolfsburger Platzverweis provozierte, es erwischte aber den Stürmer. Der zwar nicht die notwendige Geschwindigkeit für schnelles Umschalten mitbringt, aber besser als jeder andere lang geschlagene Bälle festmachen, so für Entlastung sorgen oder nachrückende Spieler einsetzen kann. Konteraktionen hatte die Kovac-Elf auch ohne Wind keine.

Es ist durchaus als Wagnis zu sehen, dass Kovac beim Einbiegen auf die Zielgerade dieser ohnehin schon dramatisch schlechten Saison auch noch seinen wichtigsten Spieler zum Teil der wilden Wechselei macht. In den meisten Fällen machte der Trainer aus potenziellen Leistungsträgern seiner Mannschaft beliebig austauschbare Mitläufer – im Fall Wind wäre dies angesichts der ohnehin schon taumelnden Mannschaft gefährlich.

Interesse vornehmlich aus der Premier League

Ein Risiko besteht aber auch mit Blick auf den Sommer. Wind, der im Januar 2022 für zwölf Millionen Euro vom FC Kopenhagen gekommen war und in 25 Länderspielen für Dänemark achtmal traf, ist gemäß der Wolfsburger Philosophie – Talente holen, sie entwickeln und hochpreisig verkaufen – ein logischer Wechselkandidat. An Interessenten, vornehmlich aus der Premier League, mangelt es nach kicker-Informationen nicht, auch er selbst soll einem Abschied aus Wolfsburg nach dann zweieinhalb Jahren offen gegenüberstehen. Der Offensivmann (Vertrag bis 2026) könnte nach Micky van de Ven (50 Mio. Euro, Tottenham) und Felix Nmecha (30 Mio., Dortmund) der nächste Großtransfer werden. Eine Reservistenrolle im Endspurt dieser Saison würde die Ablöse kaum in die Höhe schnellen lassen. Wolfsburg braucht Wind: für Punkte in der Liga und eine hohe Einnahme im Sommer.

Kovac gibt Wind gegen Augsburg eine Einsatzgarantie

Das erkennt womöglich auch Kovac. Schon vor Beginn der Trainingswoche vor dem Spiel am Samstag (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker) gegen den FC Augsburg legte er sich mit Blick auf seinen frustrierten Stürmer fest: “Im nächsten Spiel wird er eh wieder spielen.”

Thomas Hiete