Trainingsschock und “Riesenglück”: So steht’s um Cerny und Paredes

Glücklich und angeschlagen ist der VfL Wolfsburg aus dem Breisgau zurückgekehrt. Mit drei Punkten und Sorgenkindern im Gepäck. Zu denen sich am Sonntag zwei weitere Spieler hinzugesellten.

Schmerzhaft: Freiburgs Kiliann Sildillia (re.) sah nach seinem Foul an Wolfsburgs Kevin Paredes die Rote Karte.

Schmerzhaft: Freiburgs Kiliann Sildillia (re.) sah nach seinem Foul an Wolfsburgs Kevin Paredes die Rote Karte.

IMAGO/Jan Huebner

Abstiegskampf kann schmerzhaft sein. Auch dann, wenn ein Gegner wie der SC Freiburg um die internationalen Ränge fightet. Und so hat der VfL den 2:1-Sieg im Breisgau mit einigen Blessuren bezahlt. “Das Spiel wurde immer ruppiger, weil keine Limits gesetzt wurden”, war Trainer Ralph Hasenhüttl mit der Leitung von Schiedsrichter Frank Willenborg, der freilich in allen entscheidenden Szenen richtig lag, nicht ganz zufrieden. “Die Fouls wurden in der zweiten Halbzeit immer brutaler.” Und gipfelten im Platzverweis für Freiburgs Kiliann Sildillia, der Kevin Paredes übel erwischt hatte.

Kevin hat Riesenglück gehabt, dass das Bein nicht durch ist.

VfL-Trainer Ralph Hasenhüttl über seinen Spieler Kevin Paredes

“Es ist Glück, dass der Bursche heute auf zwei gesunden Beinen stehen kann”, sagte Hasenhüttl am Sonntag, “Kevin hat Riesenglück gehabt, dass das Bein nicht durch ist und dass das Knie das gehalten hat.” Dieses war beim Tritt des Freiburger Gegenspielers komplett durchgestreckt, zunächst bestand auch die Sorge, dass das Kreuzband in Mitleidenschaft gezogen sein könnte. Glück im Unglück: Paredes hat nur “ein schönes Ei am Unterschenkel” davongetragen. Und kam somit im Vergleich zu seinen Kollegen glimpflich davon.

Vranckx hat sich am Innenband verletzt

Schlechter sieht es nämlich für Aster Vranckx aus, der nach einer mit Gelb geahndeten Attacke von Freiburgs Roland Sallai ausgewechselt werden musste. Der Belgier hat sich dabei das Knie verdreht und eine Verletzung am Innenband zugezogen – wie schwer diese ist, darüber muss laut Hasenhüttl eine MRT-Untersuchung Aufschluss geben.

Eingehende Untersuchungen stehen auch bei zwei Spielern an, die sich am Sonntag im Spielersatztraining verletzten. Zunächst erwischte es Innenverteidiger Cedric Zesiger am rechten Sprunggelenk, der Schweizer humpelte mit bandagiertem Knöchel in die Kabine, anschließend folgte ein lauter Aufschrei von Vaclav Cerny. Der Tscheche wollte mit seinem linken Bein einen Pass von Jakub Kaminski blocken, dann ging er mit schmerzverzerrtem Gesicht zu Boden, musste direkt behandelt werden .

Cernys Knieverletzung mit Vorgeschichte

“Das hat nicht gut ausgesehen”, sagt Hasenhüttl, “das ist hoffentlich nichts Schlimmes.” Zumal Cerny schon eine Knie-Vorgeschichte hat. 2018 und 2021 zog sich der Tscheche jeweils schon mal einen Kreuzbandriss zu. Immerhin: Am Sonntag musste der 26-Jährige, der in Freiburg nicht im Kader gestanden hatte, nicht vom Platz transportiert werden, mit bandagiertem Knie humpelte er nach dem ersten Schock selbst in die Katakomben.

Thomas Hiete

Der Wolfsburger Wald: Was Hasenhüttl von Rangnick mitgenommen hat

Joakim Maehle, Lovro Majer, Patrick Wimmer: Beim VfL Wolfsburg sitzen die großen Namen aktuell nur auf der Bank. Trainer Ralph Hasenhüttl erklärt, warum das so ist.

Nimmt keine Rücksicht auf Rang und Namen: Wolfsburgs Trainer Ralph Hasenhüttl.

Nimmt keine Rücksicht auf Rang und Namen: Wolfsburgs Trainer Ralph Hasenhüttl.

Getty Images

Der Wolfsburger Jubel am späten Samstagnachmittag fiel frenetisch aus. Der VfL glänzte bei weitem nicht gegen den VfL Bochum (1:0), aber er gewann. Und so jubelten sie alle zusammen. Spieler, die auf dem Platz standen, Spieler, die auf der Bank saßen.

“Wir brauchen sie alle”, betont Trainer Ralph Hasenhüttl, der überrascht. Mit seinen Aufstellungen, mit seinen Einwechslungen. Auf den beheizbaren Ledersitzen der VfL-Ersatzbank saßen am Samstag zu Spielende drei Akteure, die eigentlich Wolfsburger Leistungsträger sein sollten.

Auf Rang und Namen nimmt Hasenhüttl keine Rücksicht

Joakim Maehle, für zwölf Millionen Euro geholter Führungsspieler von Atalanta Bergamo, kam in diesem Abstiegs-Endspiel ebenso nicht zum Einsatz wie Lovro Majer, 25-Millionen-Euro-Neuzugang von Stade Rennes, und Patrick Wimmer, Topscorer der Vorsaison. Drei potenzielle Säulen einer Mannschaft, die in dieser Saison schwer vom Kurs abgekommen ist.

Ein Team, das Hasenhüttl Mitte März aus den Händen von Niko Kovac übernahm. “Ich muss schauen”, sagt der Österreicher, “dass ich ein Gebilde, das aus welchen Gründen auch immer nicht mehr funktioniert hat, zum Laufen bringe”. Auf Rang und Namen innerhalb seines Kaders nimmt er dabei keine Rücksicht.

Statt Maehle spielt seit zwei Spielen Kilian Fischer, statt Majer setzt der Coach auf Amin Sarr, statt Wimmer kommt ein Kevin Paredes. Neuzugang Vaclav Cerny stand nicht einmal im Kader.

Der Nachteil der Wolfsburger Freigeister

Hasenhüttl erklärt: “Es ist wichtig, dass wir Leute auf dem Platz habe, auf die ich mich taktisch hundertprozentig verlassen kann. Und da sind Freigeister und Spieler, die über die individuelle Klasse kommen, vielleicht ein bisschen benachteiligt. Das ist im Moment der einzig gangbare Weg für uns.”

Bitter für die teuer verpflichteten Stars der Niedersachsen, die wiederholt eine Promi-Bank bildeten. Hasenhüttl lobt jeden Einzelnen, schwärmt von Maehles Physis, von Majers und Wimmers Qualität: “Aber es waren jetzt vielleicht nicht die Spiele, der Moment, um sie zu bringen, weil sie vielleicht doch ein bisschen mehr die Spieler sind, die selber scheinen wollen als diejenigen, die eine Mannschaft zum Scheinen bringen lassen wollen.”

Der Trainer orientiert sich an Ralf Rangnick, unter dem er einst bei RB Leipzig gearbeitet hat. Von ihm hat er folgenden Satz mitgenommen: “Wir haben vielleicht nicht die schönsten Bäume auf dem Platz, aber wenn man sie zusammenstellt, ist es der schönste Wald.” Den der Trainer nicht abholzen will: “Wir wollen es beibehalten.”

Thomas Hiete