Glatzel: Herz oder höherklassig?

Bei seinem Torjubel im Derby gegen St. Pauli (1:0) deutete Robert Glatzel demonstrativ auf die HSV-Raute auf seinem Trikot. Das ist kein Zeichen für eine Vorentscheidung über seine Zukunft, sehr wohl aber eines für die inzwischen tiefe Verbundenheit zu Klub und Stadt.

Fingerzeig auf die Raute? Robert Glatzel.

Fingerzeig auf die Raute? Robert Glatzel.

IMAGO/MIS

Während der Sommerpause droht ein Szenario wie in den beiden Jahren zuvor. Der Torjäger hat eine Ausstiegsklausel im Nichtaufstiegsfall, dieses Mal liegt die festgeschriebene Summe bei 2,3 Millionen Euro. Das klingt auf den ersten Blick nach viel Geld für einen 30-Jährigen, andererseits hat Robert Glatzel nach 22 Toren in seinem ersten HSV-Jahr im zweiten seit dem Siegtor im Derby schon wieder 19 Tore auf seinem Konto.

In den beiden vorangegangenen Sommern hatte er konkrete Offerten, ins Oberhaus zu wechseln, die Möglichkeit wird es auch dieses Mal geben. Zweimal verlängerte er zu verbesserten Bezügen.  Aber wie entscheidet Glatzel nach einem wahrscheinlichen dritten Scheitern?

Rückschlüsse aus seinem Jubel, betont er, sollten keine gezogen werden. Mit seiner Zukunft, erklärt er, “hat das nichts zu tun. Das war nur auf das Derby gemünzt.” Deutlich mehr Interpretationen indes lassen seine Liebesbekundungen zu. “Kein Zweitligist auf der Welt ist wie der HSV.” Der gebürtige Münchner ist mit seiner Familie inzwischen fest verwurzelt in der Hansestadt, fühlt eine tiefe Verbindung zum HSV und hat zweimal auf sein Herz gehört, “weil es viel geiler ist, es mit diesem Verein in die Bundesliga zu schaffen als allein.” Aber lebt der Glaube daran auch noch, wenn der HSV nun wieder scheitert?

Wir sollten nicht zu viele falsche Hoffnungen machen. Es liegt nicht mehr bei uns.

Robert Glatzel

Die Entscheidung über seine Zukunft hatte Glatzel schon nach dem 4:0-Erfolg in Braunschweig ganz offiziell auf die Zeit nach der Saison vertagt. Und dennoch sind die Spiele bis dahin elementar für den Abwägungsprozess. Nachdem es auch für ihn unter Steffen Baumgart holprig losging, erzielte er in den zurückliegenden beiden Partien drei Treffer und sagt: “Man kann sagen, dass ich nach dem Trainerwechsel nicht so getroffen habe, aber ich möchte es nicht darauf schieben. Wir haben allgemein ein bisschen gebraucht. Wichtig ist, dass wir jetzt ein positives Ende finden.”

Wechsel im dritten Anlauf?

Ob das positive Ende noch auf Platz 3 führen kann, will Glatzel nicht prophezeien. “Ich habe den Glauben, dass wir die ausstehenden beiden Spiele gewinnen können. Ob Düsseldorf noch zweimal was liegen lässt, ist schwer vorhersehbar. Wir sollten nicht zu viele falsche Hoffnungen machen. Es liegt nicht mehr bei uns. Aber es geht darum, dass wir gegen Paderborn und Nürnberg gewinnen.”

Und dann geht es abermals um seine ganz persönliche Zukunft. Seine Torquote und der Markt, der sich daraus für ihn ergibt, spricht für einen Wechsel im dritten Anlauf. Seine Verbindung zum HSV macht diesen jedoch nicht zu einem Automatismus.

Sebastian Wolff

Glatzel: Herz oder höherklassig?

Bei seinem Torjubel im Derby gegen St. Pauli (1:0) deutete Robert Glatzel demonstrativ auf die HSV-Raute auf seinem Trikot. Das ist kein Zeichen für eine Vorentscheidung über seine Zukunft, sehr wohl aber eines für die inzwischen tiefe Verbundenheit zu Klub und Stadt.

Fingerzeig auf die Raute? Robert Glatzel.

Fingerzeig auf die Raute? Robert Glatzel.

IMAGO/MIS

Während der Sommerpause droht ein Szenario wie in den beiden Jahren zuvor. Der Torjäger hat eine Ausstiegsklausel im Nichtaufstiegsfall, dieses Mal liegt die festgeschriebene Summe bei 2,3 Millionen Euro. Das klingt auf den ersten Blick nach viel Geld für einen 30-Jährigen, andererseits hat Robert Glatzel nach 22 Toren in seinem ersten HSV-Jahr im zweiten seit dem Siegtor im Derby schon wieder 19 Tore auf seinem Konto.

In den beiden vorangegangenen Sommern hatte er konkrete Offerten, ins Oberhaus zu wechseln, die Möglichkeit wird es auch dieses Mal geben. Zweimal verlängerte er zu verbesserten Bezügen.  Aber wie entscheidet Glatzel nach einem wahrscheinlichen dritten Scheitern?

Rückschlüsse aus seinem Jubel, betont er, sollten keine gezogen werden. Mit seiner Zukunft, erklärt er, “hat das nichts zu tun. Das war nur auf das Derby gemünzt.” Deutlich mehr Interpretationen indes lassen seine Liebesbekundungen zu. “Kein Zweitligist auf der Welt ist wie der HSV.” Der gebürtige Münchner ist mit seiner Familie inzwischen fest verwurzelt in der Hansestadt, fühlt eine tiefe Verbindung zum HSV und hat zweimal auf sein Herz gehört, “weil es viel geiler ist, es mit diesem Verein in die Bundesliga zu schaffen als allein.” Aber lebt der Glaube daran auch noch, wenn der HSV nun wieder scheitert?

Wir sollten nicht zu viele falsche Hoffnungen machen. Es liegt nicht mehr bei uns.

Robert Glatzel

Die Entscheidung über seine Zukunft hatte Glatzel schon nach dem 4:0-Erfolg in Braunschweig ganz offiziell auf die Zeit nach der Saison vertagt. Und dennoch sind die Spiele bis dahin elementar für den Abwägungsprozess. Nachdem es auch für ihn unter Steffen Baumgart holprig losging, erzielte er in den zurückliegenden beiden Partien drei Treffer und sagt: “Man kann sagen, dass ich nach dem Trainerwechsel nicht so getroffen habe, aber ich möchte es nicht darauf schieben. Wir haben allgemein ein bisschen gebraucht. Wichtig ist, dass wir jetzt ein positives Ende finden.”

Wechsel im dritten Anlauf?

Ob das positive Ende noch auf Platz 3 führen kann, will Glatzel nicht prophezeien. “Ich habe den Glauben, dass wir die ausstehenden beiden Spiele gewinnen können. Ob Düsseldorf noch zweimal was liegen lässt, ist schwer vorhersehbar. Wir sollten nicht zu viele falsche Hoffnungen machen. Es liegt nicht mehr bei uns. Aber es geht darum, dass wir gegen Paderborn und Nürnberg gewinnen.”

Und dann geht es abermals um seine ganz persönliche Zukunft. Seine Torquote und der Markt, der sich daraus für ihn ergibt, spricht für einen Wechsel im dritten Anlauf. Seine Verbindung zum HSV macht diesen jedoch nicht zu einem Automatismus.

Sebastian Wolff

HSV: Der Fahrplan bei Benes

Das Stadt-Derby am vergangenen Freitag verfolgten Bakery Jatta und Laszlo Benes Seite an Seite in Zivil. Zum Start in die neue Trainingswoche nahmen die beiden zuletzt angeschlagenen HSV-Profis den Kampf um einen Einsatz in Paderborn wieder auf.

Wann läuft er wieder auf? Laszlo Benes.

Wann läuft er wieder auf? Laszlo Benes.

IMAGO/Oliver Ruhnke

Das Duell mit St. Pauli wäre für Jatta ein ganz besonderes geworden. Mit einem Einsatz hätte der 25-jährige Gambier mit Richard Golz gleichgezogen, wäre mit dann neun Einsätzen gemeinsam mit dem einstigen HSV-Keeper Hamburgs Derby-Rekordler. Doch Knieprobleme beim Abschlusstraining am Donnerstag machten ihm einen Strich durch die Rechnung. Mit dick bandagiertem Gelenk war Jatta während der Einheit zu sehen, zunächst jedoch schien sein Einsatz nicht ernsthaft in Gefahr. Am Spieltag fehlte sein Name dann aber doch im Kader.

Am Montag absolvierte er abseits der Teamkollegen eine intensive individuelle Einheit. Da er zuvor keine lange Ausfallzeit hatte, scheint sein Einsatz am kommenden Freitag möglich. Aber: Ransford Königsdörffer und Jean-Luc Dompé gaben beim 1:0 gegen den Stadt-Nachbarn eine nachhaltige Bewerbung für weitere Startelf-Chancen ab, insbesondere Königsdörffer hat seit dem Trainerwechsel grundsätzlich zugelegt.

Etwas anders ist der Fall Benes gelagert. Der Slowake hatte wegen muskulärer Probleme zuletzt drei Partien verpasst. Auch er übte zum Wochenstart individuell und konnte sein Programm steigern, soll am Dienstag nach Möglichkeit wieder Teil des Mannschaftstrainings sein. Bei Profis mit einer längeren Fehlzeit aber will Steffen Baumgart in der Regel kein Risiko eingehen, bevorzugt nach einer Woche Teamtraining in der Regel erstmal nur eine Wiederaufnahme in den Kader. Bei dem 26-jährigen Mittelfeldmann kommt hinzu: Er will im Sommer mit der Slowakei die EM spielen, ein Rückschlag oder gar ein Muskelfaserriss zum jetzigen Zeitpunkt würden die Turnierteilnahme gefährden.

Meffert fehlt in Paderborn

Klar ist: Benes würde dem HSV-Spiel in Paderborn mit seiner Effizienz (13 Tore, 12 Vorlagen) gut tun. Zumal im zentralen Mittelfeld ein Platz neu zu besetzen ist: Jonas Meffert wird nach seiner zehnten Gelben Karte gesperrt fehlen, Lukasz Poreba könnte für ihn den alleinigen Sechser spielen. Kommt ein Startelf-Einsatz für Benes zu früh, dürfte Ludovit Reis von rechts hinten wieder ins Mittelfeldzentrum rücken, nachdem der etatmäßige Rechtsverteidiger Ignace van der Brempt gegen St. Pauli bereits wieder einen Jokereinsatz verbucht hat.

Sebastian Wolff

“Schließe keinen Weg aus”: Schult lässt Zukunft beim HSV offen

Seit Mitte April spielt Almuth Schult bei den Zweitliga-Fußballerinnen des Hamburger SV, im Sommer könnte schon wieder Schluss sein. Wie es nach dem Saisonende weitergeht, hat die Ex-Nationaltorhüterin noch nicht entschieden.

Ist im Sommer schon wieder Schluss beim HSV? Almuth Schult lässt ihre Zukunft offen.

Ist im Sommer schon wieder Schluss beim HSV? Almuth Schult lässt ihre Zukunft offen.

IMAGO/Hartenfelser

Die Zukunft der ehemaligen Nationaltorhüterin Almuth Schult bei den Zweitliga-Fußballerinnen des Hamburger SV ist offen. “Ich weiß überhaupt noch nicht, wie es in der Zeit danach weitergeht”, sagte die 33-Jährige am Sonntagabend in der Sendung
“Sportclub” des NDR-Fernsehens. “Bis jetzt ist es ein Projekt, das wir ausprobieren, wie es für mich körperlich ist, wie es mit der Familie vereinbar ist, wie wir das als Gesamtprojekt sehen, ob das funktioniert oder nicht funktioniert.” Dann werde zur gegebener Zeit eine Entscheidung fallen.

Mehr zum Thema

Schult hatte sich Mitte April ihrem Ex-Klub HSV bis zum Saisonende angeschlossen und stand seither zweimal bei den Rothosen in der 2. Bundesliga zwischen den Pfosten. Ihr Vertrag läuft vorerst bis zum Saisonende. Mit ihrem Team steht sie bei noch drei verbleibenden Spiele auf dem fünften Tabellenplatz mit geringen Chancen auf den Aufstieg – vier Punkte trennen den HSV von der Aufstiegszone.

Familie und “vielseitige Aufstellung”

Die frühere Torhüterin des VfL Wolfsburg lebt mit ihrer Familie in Lüchow-Dannenberg. Erst im vergangenen August hatte sie ihr drittes Kind zur Welt gebracht. Sie pendelt zum Training und zu den Spielen ins etwa 150 Kilometer entfernte Hamburg.

Die Olympiasiegerin von 2016 ist außerdem schon längere Zeit als Fußball-Expertin bei der ARD im Einsatz und auch für die Männer-EM im Juni und Juli vorgesehen. Zudem hat sie den Trainer-Schein. “Ich bin froh über diese vielseitige Aufstellung. Ich bin froh, dass ich schon in viele Blickwinkel schauen durfte auf den Fußball. Das gibt mir sehr viel”, sagte Schult. “Ich schließe keinen Weg aus, aber ich würde mich bis jetzt auch auf keinen Weg festlegen.”

HSV: Was bringt der Derby-Sieg für die Zukunft?

Die Party nach dem Derby-Sieg führte die HSV-Profis ausgerechnet in die “Tankstelle”, eine Fankneipe im Stadtteil St. Pauli. Aber wo führt das 1:0 vom Freitagabend noch in der Tabelle und in der weiteren Zukunft hin?

Jubel über den Derbysieg: Die Spieler des HSV feiern vor ihren Fans.

Jubel über den Derbysieg: Die Spieler des HSV feiern vor ihren Fans.

IMAGO/Claus Bergmann

Matheo Raab wiederholt geradezu mantraartig seinen Leitsatz seit dem 0:1 gegen Holstein Kiel. Auch auf die Frage, ob die durch den Erfolg über St. Pauli erzeugte Stimmung die, Stand jetzt, enttäuschende Spielzeit aufhübscht, sagt der Keeper: “Die Saison ist noch nicht vorbei.”

2. Bundesliga, 32. Spieltag

Der mit den Träumen vom großen Sprung nach oben gestartete HSV denkt nur noch in kleinen Schritten. Und der nächste soll sein: Die Spieltagskonstellation nutzen und durch einen Sieg am Freitagabend (18.30 Uhr, LIVE! bei kicker) in Paderborn zumindest für einen Tag den Rückstand auf Düsseldorf auf einen Punkt verkürzen und den Druck vor dem Fortuna-Gastspiel bei Spitzenreiter Holstein Kiel (Samstag, 20.30 Uhr) erhöhen.

Schonlau will Push aus Stadtderby mitnehmen

“Es ist scheiße, so hoffen zu müssen”, sagt Jonas Meffert, “es liegt einfach nicht mehr in unserer Hand, und das haben wir uns selbst zuzuschreiben. Wir haben über die gesamte Saison hinweg einfach zu viel liegen gelassen.”

Die Minimalchance aber soll gewahrt werden: “Wir wollen den Sieg in Paderborn holen”, verdeutlicht Sebastian Schonlau vor der Reise in seine alte Heimat, “aber wir wissen natürlich, dass bei vier Punkten Rückstand und nur noch zwei ausstehenden Spielen eine Menge passieren muss.”

Der Erfolg in der “Stadtmeisterschaft” soll ein Energiespender sein und helfen, dass der Stimmungsumschwung nach der schmerzhaften Kiel-Pleite vor zwei Wochen nachhaltig ist. “Der Erfolg gibt uns definitiv etwas”, glaubt der Kapitän, “das gibt uns einen Push, den wollen wir mitnehmen.” Aber er räumt auch ein: “Die Euphorie über den Sieg weicht natürlich auch ein bisschen dem Realismus.”

Jüngste Entwicklung spricht für Baumgart

Der HSV hat nach dem wohl vorzeitigen Aus im Aufstiegsrennen gegen die Kieler an einer Weggabelung, an der dieser Verein in der Vergangenheit schon häufiger komplett aus der Kurve geflogen ist, wieder in die Spur gefunden. Zudem wird sichtbar, dass Steffen Baumgart und seine Spielidee sowie diese Mannschaft sehr wohl zusammenpassen können, wenn sie etwas gemeinsame Zeit bekommen.

Die jüngste Entwicklung spricht folglich auch für den Trainer, unverändert aber gegen den Zeitpunkt seiner Inthronisierung, fünf Spiele nach dem Rückrundenbeginn. Baumgart wirbt dennoch offen für Sportvorstand Jonas Boldt, der nicht ausschließlich, aber auch wegen dieser Entscheidung im Mittelpunkt der Diskussionen über die künftige Ausrichtung steht. “Unsere Zusammenarbeit im Verein ist gut. Es ist Ruhe, und ich habe nicht das Gefühl, dass einer von denen, die hier im Verein arbeiten, Handlungsbedarf sieht.”

Sebastian Wolff

Schafft der HSV nach dem Derbysieg noch den Sprung auf Platz 3?

Auch in diesem Jahr droht der Hamburger SV den Aufstieg zu verpassen, doch nach dem Derbysieg herrscht wieder Hoffnung. Schafft der HSV noch den Sprung auf Rang 3?

Durch den Derbysieg gegen den FC St. Pauli hat der HSV wieder Mut im Kampf um den Relegationsplatz getankt.

Durch den Derbysieg gegen den FC St. Pauli hat der HSV wieder Mut im Kampf um den Relegationsplatz getankt.

picture alliance/dpa

“Wir haben es uns selbst gezeigt”, jubelte Matchwinner Robert Glatzel nach dem 1:0-Erfolg seines Hamburger SV gegen den Stadtrivalen St. Pauli. Durch den Dreier haben die Nordlichter im Kampf um den Relegationsrang noch einmal Mut getankt.

Dennoch beträgt der Abstand zu Fortuna Düsseldorf, das im Parallelspiel den 1. FC Nürnberg mit 3:1 bezwingen konnte, noch vier Punkte – bei noch sechs zu vergebenen Zählern.

Was denkst du über die Hamburger Aufstiegschancen?

Vielen Dank für deine Teilnahme an unserer Umfrage!

Boldt wirbt in eigener Sache: “Ich bin ungebrochen”

Der 1:0-Sieg gegen St. Pauli sichert dem HSV die Hamburger Stadtmeisterschaft, der Aufstieg indes wird wohl wieder verpasst. Deshalb führt der Aufsichtsrat längst Zukunftsgespräche – Jonas Boldt hingegen nutzte die Euphorie rund um den Derby-Sieg abermals, um für sich zu werben.

Will HSV-Chef bleiben: Jonas Boldt.

Will HSV-Chef bleiben: Jonas Boldt.

IMAGO/Justus Stegemann

Bereits nach dem 4:0-Erfolg in Braunschweig hatte der Sportvorstand klar Position bezogen (“Ich weiß, dass ich der Richtige bin”), am Freitagabend erneuerte er seinen Willen, über den Sommer hinaus weiterzumachen. Und leitet aus der Energie im Stadion ab, dass die Richtung stimmt, obwohl auch der fünfte Anlauf Richtung Bundesliga unter ihm zu scheitern droht. “Der Abend war bezeichnend für unseren Weg, den wir eingeschlagen haben. Wir sind bereit, Widerstände zu brechen, nie aufzugeben, in Verbindung mit den Fans gibt es die maximale Identifikation.”

Ob das reicht, um im Amt zu bleiben, ist offen. Das Kontrollgremium des HSV führt Gespräche in alle Richtungen, befasst sich unter anderem mit Jörg Schmadtke, hat aber auch das Aus des amtierenden Sportvorstandes noch nicht besiegelt. “Ich weiß nicht, ob das Spiel gegen St. Pauli die Entscheidung beeinflusst”, sagt Boldt. “Aber wenn ich die letzten Wochen sehe, und welche Unterstützung ich erfahre von den Menschen, mit denen ich zusammenarbeite, dann gibt es für mich nur eine klare Meinung. Dass es Unmut gibt, wenn man nicht auf einem Aufstiegsplatz steht, weiß ich auch. Das beschäftigt mich aber nach wie vor wenig.”

Der 42-Jährige versichert: “Ich bin ungebrochen in der Energie mit dem Klub, der Truppe, diesen Fans. Ich habe einen Vertrag, ich werde weiter vorangehen.”

Magath hat keine Mehrheit

Klar scheint trotz vieler Unklarheiten rund um die Besetzung des Vorstandspostens, dass zumindest Felix Magath bei einer Boldt-Ablösung nicht dessen Nachfolger wird. Das HSV-Idol ist zwar der Favorit von Anteilseigner Klaus-Michael Kühne, wurde auch von Teilen des Aufsichtsrates kontaktiert, hat aber keine Mehrheit. “Dass Felix Leidenschaft für den HSV hat, weiß ich”, sagt Boldt, “wir hätten vor zehn Jahren fast einmal zusammengearbeitet, seitdem hatten wir immer wieder Kontakt, er hat immer mal wieder seine Hilfe zur Verfügung gestellt.”

Den Job von Boldt wird Magath nicht bekommen. Ob ihn ein anderer kriegt, ist dieser Tage offen. Klar ist nur, dass der amtierende Sportchef kämpft und die Euphorie um den Derby-Sieg auch für sich zu nutzen versucht: “Ich lebe den HSV mit jeder Faser, es macht riesig Spaß mit den Menschen. Wir feuern hier richtig einen raus.”

Sebastian Wolff

HSV-Matchwinner Glatzel: “Wir haben es uns selbst gezeigt”

Dem letzten verbleibenden Saisonziel Platz 3 ist der HSV durch das Düsseldorfer 3:1 gegen Nürnberg am Freitagabend nicht näher gekommen, dennoch wurde das 1:0 gegen St. Pauli frenetisch gefeiert. Und zuvor vor allem leidenschaftlich errungen.

Robert Glatzels Kopfballtreffer entschied das 111. Hamburger Stadtderby.

Robert Glatzels Kopfballtreffer entschied das 111. Hamburger Stadtderby.

IMAGO/Jan Huebner

Jonas Meffert verrät, dass es im Stadtderby weniger darum ging, dem Nachbarn die Aufstiegs-Party im Volkspark zu verbauen, sondern vielmehr darum, selbst Zeichen zu setzen. “Wenn ich ehrlich bin, wäre es mir fast lieber gewesen, wenn St. Pauli trotz unseres Sieges jetzt den Aufstieg feiern könnte, weil das bedeutet hätte, dass Düsseldorf verloren hat.” Und im Umkehrschluss eben, dass der HSV wieder ganz dicht dran am Relegationsplatz wäre.

So aber bleiben es vier Punkte und das schlechtere Torverhältnis, und der Mittelfeld-Stratege verdeutlicht, dass der Derby-Sieg somit vor allem für das Gefühl wichtig ist. “Die Tabelle ist fast nebensächlich in diesem Moment, es zählte nur der Derby-Sieg, wir wollten zeigen, wem die Stadt gehört.” Und dann mit süßsaurer Miene: “Kann ja sein, dass das Ergebnis jetzt länger so stehen bleibt.” Weil St. Pauli eben wohl trotzdem und der HSV voraussichtlich nicht aufsteigen wird. “Es ist scheiße, jetzt auf andere hoffen zu müssen”, sagt Meffert, “aber das haben wir uns selbst zuzuschreiben, weil wir zu viel liegen gelassen haben.”

Zum Spielbericht

Gieriger HSV – auch schon vor dem Spiel

Am Freitagabend demonstrierte der einstige Top-Favorit auf den Aufstieg jene Gier und Entschlossenheit, die zu oft nicht da war – und er gewann erstmals im neuen Kalenderjahr zwei Spiele in Folge. “Dieser Derby-Sieg ist einfach gut für unser Gefühl nach schwierigen Wochen”, sagt Torschütze Robert Glatzel, “wir haben es unseren Fans gezeigt, wir haben es aber auch uns selbst gezeigt. Nämlich, dass wir nicht klein beigeben.”

Ich fand das geil.

Robert Glatzel zur Rudelbildung

Das erste Signal in diese Richtung hatten die HSV-Profis schon eine halbe Stunde vor dem Anpfiff beim Warmmachen ausgesendet, als die St. Paulianer bei ihrem Programm in die gegnerische Hälfte gelaufen waren und die Gastgeber eine Rudelbildung ausgelöst haben. Ein Randaspekt, der für Glatzel jedoch Aussagekraft hatte: “Es war wichtig für uns, zu zeigen, wer der Herr im Haus ist. Das hat uns ein gutes Gefühl gegeben, wir haben uns alle direkt hochgefahren. Ich fand das geil.”

Baumgart fordert Zeit: “Dann kriege ich auch ein bisschen was hin”

Der HSV landete durch das Kopfballtor des Mittelstürmers einen späten, aber hochverdienten Derby-Dreier, der in gewisser Weise auch einen Schatten auf diese Spielzeit wirft – weil er zeigt, was möglich gewesen wäre. Für Steffen Baumgart ist der Erfolg noch mehr, nämlich auch ein Zeichen für die Zukunft. “Ich habe jetzt ein bisschen Zeit zum Arbeiten gehabt”, sagt er und verweist auf Fortschritte im Gewöhnungsprozess zwischen ihm und der Mannschaft. “Lassen sie uns Zeit zu arbeiten, dann kriege ich auch ein bisschen was hin.”

Das ist mehr als ein dezenter Hinweis auf die Personaldiskussionen hinter den Kulissen. Diese betreffen zunächst einmal Jonas Boldt, naturgemäß aber könnte die Neubesetzung des Sportvorstandes auch Einfluss auf die Zukunft des Trainers haben. Die gezeigte Leidenschaft bei der “Stadtmeisterschaft” und die passende taktische Ausrichtung sind auch Argumente für Baumgart.

Sebastian Wolff

Trotz Derby-Sieg: Schiedsrichter-Frust beim HSV

Dreimal hatte der HSV gegen St. Pauli gejubelt. Weil aber nur ein Treffer zählte, gab es trotz des Derby-Siegs reichlich Gesprächsbedarf bei den Hamburger Verantwortlichen.

Die halbe Hamburger Mannschaft beschwerte sich bei Schiedsrichter Dr. Matthias Jöllenbeck.

Die halbe Hamburger Mannschaft beschwerte sich bei Schiedsrichter Dr. Matthias Jöllenbeck.

IMAGO/Jan Huebner

Die Aufstiegsparty des Stadtrivalen verhindert, Derby-Sieg gefeiert und die Rest-Chance auf den Relegationsplatz bewahrt – die Stimmung beim Hamburger SV hätte eigentlich gut sein können am Freitagabend. War sie im Prinzip auch, eine Szene erregte aber auch nach Abpfiff noch die Gemüter der Hamburger.

Zum Spielbericht

Was war passiert: In der 24. Minute war Robert Glatzel nach einem Steckpass von Immanuel Pherai durch und schob zum vermeintlichen 1:0 ein. Allerdings hatte Schiedsrichter Dr. Matthias Jöllenbeck auf Foulspiel entschieden. Der kreuzende Manolis Saliakas hatte den Kontakt gesucht, diesen auch ganz leicht bekommen und war zu Boden gegangen.

Boldt fordert einheitliche Linie

Ein Foul des Hamburgers war es dennoch nicht, ergo eine Fehlentscheidung. Jöllenbeck schaute sich die Szene zudem noch nicht einmal selbst in der Review-Area an. “Weil er vielleicht anerkennen muss, dass er einen Fehler gemacht hat”, mutmaßte HSV-Sportvorstand Jonas Boldt bei Sky über die Entscheidung des Referees, keinen zweiten Blick auf die Szene zu werfen.

Einen Vorwurf wollte der 42-Jährige Jöllenbeck aber nicht machen, wohl aber dem Führungskreis der Referees: “Ich habe das Gefühl, ihnen wird diese Woche das erzählt und in der nächsten Woche was anderes. Für mich fehlt da eine ganz klare Führung und Linie.” Zwar gebe es bei einer klaren Linie auch “immer Meinungsverschiedenheiten”, aktuell sind für Boldt die Entscheidungen der Unparteiischen aber “mittlerweile gewürfelt”.

Podcast

Die Abstiegsangst geht um: Darum will Union nicht mit Bjelica weitermachen

12:09 Minuten

alle Folgen

Auch Glatzel, dem später doch noch der Treffer zum 1:0 glücken sollte, konnte in der Szene kein Foul erkennen: “Ich habe einfach das Gefühl, dass er selber hinfällt. Wenn, dann ist nur eine leichte Berührung da, das ist für mich ein normaler Zweikampf.” Auch der Angreifer bemängelte, dass sich Jöllenbeck das vermeintliche Foulspiel nicht noch einmal angesehen hatte.

Baumgart wird deutlich

Trainer Steffen Baumgart wollte zu der Entscheidung erst wenig bis nichts sagen: “Dazu habe ich schon zu viele andere Aktionen gesehen dieses Jahr. Ist egal jetzt, was soll ich jetzt sagen. Das ist schwierig.”

Lukasz Poreba springt in Nikola Vasilj hinein

Lukasz Poreba springt in Nikola Vasilj hinein.
IMAGO/Lobeca

Zu einer anderen Szene hatte er dann schon etwas mehr Meinung, denn in Minute 67 lag der Ball erneut im Tor der Gäste und dieses Mal zählte der Treffer auch – zumindest zunächst. In der Review-Area sah dann aber auch Jöllenbeck, dass Lukasz Poreba im Luftzweikampf in Nikola Vasilj hineingesprungen und sich obendrein auch noch in den Arm des Keepers eingehakt hatte, ehe der Ball von der Schulter des Hamburgers über die Linie sprang. Der 37-Jährige nahm den Treffer zu Recht zurück.

Baumgart hatte dennoch wenig Verständnis: “Lukas ist 1,60 Meter groß, zum Glück 1,70 Meter” sagte der 52-Jährige zur Szene, spielte damit die tatsächliche Größe des Polen, der 1,79 Meter misst, ein wenig herunter und stellte fest: “Und der Torwart ist mit 1,96 Meter nicht in der Lage, mit zwei Händen den Ball festzuhalten. Ganz ehrlich, das geht mir sowas von auf die Eier.”

Auch der HSV-Coach vermisste eine einheitliche Linie: “Ganz ehrlich, die gehen mir auf den Sack und das meine ich auch genau so – ist mir auch egal, ob wir heute gewonnen haben. Das ist ein normales Hochspringen und dann ist es ein Foul? Ist egal … ne ist nicht egal!”

Mefferts Vergleich zum 2:2 am Millerntor

Jonas Meffert zog zum Vergleich eine Szene aus dem Hinrunden-Duell (2:2) heran. Vor St. Paulis 1:0 durch Jackson Irvine wurde Meffert von Karol Mets klar gestoßen. “Das ist American Football”, blickte der Sechser zurück. “Deswegen war es heute auch ein Tor.”

So falsch es allerdings damals war, das Tor zu geben, so richtig war es, dass Porebas Treffer diesmal nicht zählte. Dass die VAR-Überprüfung allerdings sehr lange dauerte und dadurch viel Hektik in den folgenden Minuten auf dem Platz herrschte, stellt Jöllenbeck, der mit kicker-Note 2,54 in zwölf Bundesliga-Spielen eigentlich einen guten Schnitt hat, insgesamt ein schlechtes Zeugnis aus.

Auch bei Zweikampf-Entscheidungen leistete sich der Referee Fehlentscheidungen. Eine davon bügelte er selbst in der Nachspielzeit noch aus. Den fälligen Strafstoß von Ludovit Reis parierte aber Vasilj. Am Derby-Sieg für den HSV änderte dies – wie auch die zuvor getroffenen Entscheidungen – nichts.