“Die Champions League hat Tuchels Team verwandelt”

Der FC Bayern München hat sich eine gute Ausgangslage für den Einzug ins Halbfinale der Champions League erspielt. Die in der Bundesliga kriselnden Münchner kamen im Viertelfinal-Hinspiel zu einem 2:2 beim FC Arsenal. Dazu schreiben internationale Medien …

Nimmt mit dem FC Bayern ein Remis mit nach München: Thomas Tuchel.

Nimmt mit dem FC Bayern ein Remis mit nach München: Thomas Tuchel.

IMAGO/RHR-Foto

Großbritannien:

The Sun: “Es war alles andere als perfekt und Arsenal hat noch eine Menge Arbeit vor sich. Aber an einem Abend, der drohte, furchtbar schief zu gehen, haben Mikel Arteta und sein Team die Chance auf das Halbfinale gewahrt – obwohl Bukayo Saka ein später Elfmeter verweigert wurde.”

The Telegraph: “Das Glück begünstigt die Mutigen. Und die Glückspilze. So hofft zumindest Arsenal.”

Spielbericht

The Guardian: “Mikel Arteta hatte Arsenal gesagt, dass sie gegen einen alten Erzfeind, der schon alles erreicht hatte, eigene Geschichte schreiben sollten. Und auch wenn es nicht gerade ein Abend für die Ewigkeit war, so bewiesen seine Spieler einen Punkt. Sie zeigten, dass sie in der Lage sind, Bayern München auf Augenhöhe zu begegnen, und man muss schon sehr mutig sein, um den Ausgang des Rückspiels nächste Woche in Bayern vorherzusagen.”

Daily Mail: “Bukayo Saka und seine Arsenal-Kollegen waren wütend, nachdem ihnen in den letzten Sekunden des Champions-League-Spiels gegen Bayern München ein Elfmeter verweigert worden war.”

Spanien:

Marca: “Die Champions League hat Tuchels Team verwandelt, das auf Konter lauerte und Arsenal an seine Grenzen brachte, dessen Kanonenpulver nass wurde.”

Mundo Deportivo: “Die Bayern von Thomas Tuchel haben eine Albtraum-Saison hinter sich, aber sie träumen immer noch von der Champions League.”

Österreich:

Kronen Zeitung: “Arsenal – Bayern: War das wirklich kein Elfer?”

Schweiz:

Blick: “Die Krisen-Bayern zeigen im Emirates-Stadion in London wieder ihr giftiges Gesicht. Am Ende nimmt die Tuchel-Truppe ein Unentschieden von der Insel mit – und ist damit eher schlecht bedient.”

Tages-Anzeiger: “Kurz muss man sich ernsthafte Sorgen um den FC Bayern München machen. (…) Doch die Spieler von Trainer Thomas Tuchel zeigen, dass es um die Moral innerhalb der Mannschaft offenbar doch nicht ganz so schlecht bestellt ist, wie man zuletzt meinen musste. Zumindest nicht dann, wenn es um das letzte noch verbliebene Saisonziel des Klubs geht, die Champions League.”

Verwirrung um den Schlussakt: Elfmeter für Saka – oder nicht?

Es laufen die letzten 30 Sekunden der Nachspielzeit, Bukayo Saka kommt im Strafraum des FC Bayern München zu Fall. Schiedsrichter Glenn Nyberg entscheidet sich gegen einen Elfmeter – und die Gunners verstehen die Welt nicht mehr.

Elfmeter oder nicht? Bukayo Saka bleibt an Manuel Neuer hängen und kommt frei vor dem Tor zu Fall.

Elfmeter oder nicht? Bukayo Saka bleibt an Manuel Neuer hängen und kommt frei vor dem Tor zu Fall.

Getty Images

Am Ende herrschte noch einmal ein großes Durcheinander. Schiedsrichter Glenn Nyberg nahm die Pfeife in den Mund und zeigte auf den Punkt. Nicht aber etwa, wie es sich die Spieler des FC Arsenal erhofften, auf die Markierung genau elf Meter vor dem Tor des FC Bayern München, sondern auf jene im Mittelkreis: Spiel vorbei – zum völligen Unverständnis der Gunners.

Was war passiert? Wenige Sekunden zuvor war ein Steilpass von Arsenals Thomas durch die Viererkette des FCB gerutscht, weil Eric Dier und Alphonso Davies sich nicht einig waren. Bukayo Saka spritzte dazwischen, legte frei vor dem Tor den Ball am herauseilenden Manuel Neuer vorbei, blieb an dessen rechtem Bein hängen – und ging zu Fall.

Nichts einzuwenden für Nyberg

Nyberg breitete sofort die Hände aus, entschied sich klar gegen einen Elfmeter – und beendete die Partie gut 20 Sekunden später inmitten einer Ballbesitzphase der Münchner. Während sich in Sekundenschnelle eine Protesttraube um Nyberg bildete, ging dessen Hand noch einmal kurz zum Ohr, doch das VAR-Team aus den Niederlanden hatte offensichtlich nichts einzuwenden. Der schwedische Unparteiische schüttelte Harry Kane, Matthijs de Ligt und Co. die Hand, das 2:2 war besiegelt – und die Gunners verstanden die Welt nicht mehr.

Auch beim übertragenden Sender Prime Video herrschte im Anschluss Verwunderung über die Entscheidung, die auf der Insel ganz anders aufgefasst wurde als etwa von Bayern-Trainer Thomas Tuchel. Der 50-Jährige sah seinen generellen Eindruck vom Schiedsrichtergespann im Schlussakt bestätigt: “Das hat ein bisschen dazu gepasst.” Für ihn, der die Szene nur aus der Distanz verfolgt hatte, ist indes klar: “Für mich war es ein Kontakt, aber viel zu spät. Der Ball war weg, er hat keine Chance mehr. Er läuft in das Bein von Manu rein. Plötzlich hat er abgepfiffen. Da wusste auch keiner so genau, wie das geprüft wurde; ob es geprüft wurde”.

“Das ist eine fifty-fifty Entscheidung. Wenn das mein Team ist, würde ich ihn gerne haben wollen”, gab Kane zu, Joshua Kimmich sah es wiederum so: “Er spielt den Ball nur weg. Manu macht die Bewegung raus. Nicht unbedingt die Bewegung in seinen Fuß oder dass er ihn stoppen will. Für mich war es keine aktive Foulbewegung. Ich habe es ehrlicherweise aber auch nicht perfekt gesehen.“

Spielentscheidende Szene?

In England gingen die Reaktionen bis hin zu einem Skandal, wie beispielsweise der ehemalige Verteidiger von Manchester United und der englischen Nationalmannschaft, Rio Ferdinand, gegenüber TNT Sports äußerte: “Manuel Neuer lässt sein Bein draußen. Das muss ein Elfmeter sein. Sie (der VAR, Anm. d. Red.) hätten ihn (Nyberg) schicken müssen, damit er sich das ansieht. Das ist eine so wichtige Entscheidung in einem Spiel wie diesem. Es hängt so viel davon ab.” Der ehemalige Arsenal-Verteidiger Martin Keown pflichtete ihm bei: “Ich finde es sehr bedenklich, dass er diesen Elfmeter nicht gegeben hat.”

Arsenal-Trainer Mikel Arteta wiederum gab sich nach dem Spiel diplomatisch: “Sie haben gesagt, dass sie die Situation gecheckt haben und es kein Elfmeter war.” Womöglich, weil der Spanier genau wusste, dass er und sein Team in einer anderen Szene, weit vor dem eigenen Ausgleich, ordentlich Glück hatten, dass Nyberg bei einem Aussetzer von Arsenal-Verteidiger Gabriel mehr als ein Auge zudrückte – aber das ist ein anderes Thema.

Brightons Groß: “Darauf muss Bayern bei Arsenal aufpassen”

Der FC Arsenal siegt und siegt. Am Samstag verlor Nationalspieler Pascal Groß mit Brighton & Hove Albion gegen die Gunners. Dem kicker schildert der Sechser seine frischen Eindrücke von Bayerns Champions-League-Gegner.

Pascal Groß (re.) gegen Kai Havertz und den FC Arsenal.

Pascal Groß (re.) gegen Kai Havertz und den FC Arsenal.

Arsenal FC via Getty Images

Es ist nicht so, dass die Seagulls daheim gegen den neuen Spitzenreiter der englischen Eliteliga chancenlos gewesen wären. Sowohl Tormöglichkeiten als auch gute Ansätze von Angriffen, die dann nicht sauber zu Ende gespielt wurden, waren gegeben. Doch unterm Strich stand eine verdiente Niederlage, mit 0:3 vielleicht einen Tick zu hoch, bei der Arsenal die Gastgeber und auch Groß sichtlich frustrierte.

Arsenal ordnet er logischerweise als “absolute Topmannschaft” ein, auch deshalb, “weil sie keine Verletzungssorgen haben” und der Kader so natürlich in der Tiefe auch Optionen anbietet, die es Trainer Mikel Arteta erlauben, ohne Qualitätsverlust wechseln zu können. Die Angriffsweise der Nordlondoner beschreibt Groß so: “Sie probieren, immer ihre Außenstürmer in Eins-gegen-eins-Duelle zu bringen. Da haben sie ja mit Bukayo Saka, Gabriel Jesus und Gabriel Martinelli auch eine starke Auswahl.”

Saka wird auf rechts beginnen, links könnte Gabriel Martinelli im Duell der Brasilianer gegenüber Gabriel Jesus den Vorzug gegen Bayern erhalten, weil er Tempovorteile hat. Die Flügelspieler sollen dann den total variablen und im Moment auch sehr gefährlichen Mittelstürmer Kai Havertz füttern.

Arsenals spielstarkes Mittelfeld mit Jorginho, Declan Rice und Kapitän Martin Ödegaard ist bekannt, Groß hebt zudem hervor, dass diese “gute Mischung” zu einer “großen Zweikampfstärke” führt. Die wiederum führt zu einem unglaublich guten Gegenpressing. Dass Bayerns Viertelfinal-Kontrahent erst vier Gegentore kassierte, ist ebenfalls kein Zufall, Groß spricht in diesem Kontext von “viel Stabilität, es ist sehr schwer, sie zu bespielen” – natürlich auch festzumachen am Innenverteidiger-Duo William Saliba und Gabriel, das nicht wenige für das derzeit beste der Premier League halten. Bayern sollte sein Glück also eher über außen suchen. Das sagt nicht Groß, ist aber eine logische Folge der Stärke im Zentrum.

“Aufpassen muss Bayern auch bei Standards, da sind sie außergewöhnlich gut”, warnt Groß. Und wer Arsenal verfolgt, weiß, was er damit unter anderem meint: Bei Freistößen aus dem Halbfeld stellen sich bewusst zunächst mehrere Spieler ins Abseits, um dann mit gegenläufigen Bewegungen die Abwehrreihe des Gegners zu verwirren.

Echte Schwächen gibt es nach den jüngsten Eindrücken nicht, auch Groß konnte keine gravierenden ausmachen. Und dennoch, obwohl im Paket mit Bayerns aktueller Form alles für die Gunners zu sprechen scheint, sagt der deutsche Nationalspieler, der natürlich auch um die vorhandenen Stärken vieler Kollegen aus München weiß: “Nein, das wird keine klare Sache für Arsenal. Bayern ist Bayern, in dem Wettbewerb haben sie auch mehr Erfahrung. Auf diesem Niveau entscheiden Kleinigkeiten.”

Gemünzt auf Arsenals aktuelle Top-Form bedeutet dies, dass der FC Bayern eben kleinste Fehler, die sicher auch den Gunners unterlaufen werden, ausnutzen muss.

Thomas Böker