Zwei deutsche Blamagen, Ausnahme Spanien: Das EM-Abschneiden der Titelverteidiger

Titelverteidiger Italien zählt vor der EM 2024 nicht zu den Favoriten – keine Besonderheit. Weil die bisherigen Europameister stets recht durchwachsen abschnitten.

Europameister - mit unterschiedlichen Emotionen: Oliver Kahn, Xabi Alonso, Cristiano Ronaldo (v. li.).

Europameister – mit unterschiedlichen Emotionen: Oliver Kahn, Xabi Alonso, Cristiano Ronaldo (v. li.).

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21. Juni 1964, Estadio Santiago Bernabeu, Madrid. Die Nationalmannschaft der Sowjetunion trifft im zweiten EM-Finale überhaupt auf Gastgeber Spanien, unterliegt der an diesem Tag definitiv besseren Mannschaft spät mit 1:2.

Aller Ehren wert für den ersten Titelverteidiger der Turnierhistorie, dessen Fußstapfen sich zunächst als relativ groß erweisen. Denn 1968 scheitern erst die Spanier, 1972 dann die Italiener jeweils im EM-Viertelfinale – das in diesen ersten Jahren noch gar nicht zum Endturnier zählt.

1976 macht es die Auswahl der Bundesrepublik Deutschland noch etwas besser als die Sowjetunion, erreicht als Titelverteidiger – und amtierender Weltmeister – im Endspiel gegen die Tschechoslowakei nach 0:2-Rückstand das Elfmeterschießen. Wie es weitergeht, ist bekannt. Uli Hoeneß, der gar nicht schießen will, jagt die Kugel in den Belgrader Nachthimmel, Antonin Panenka macht sich mit seinem unverkennbaren Versuch unsterblich.

Vier Jahre später trifft Panenka wieder im Elfmeterschießen, diesmal geradliniger, gegen Gastgeber Italien. Der amtierende Europameister siegt erneut. Doch das schon im Spiel um Platz drei. Europameister wird 1980 wieder Deutschland, das sich 1984 allerdings blamiert und beim Endturnier in Frankreich, an dem bereits acht Nationen teilnehmen, dramatisch schon in der Gruppenphase scheitert.

Die Franzosen unterbieten das 1988 noch mal. Die Rücktritte von Michel Platini oder Alain Giresse werden nicht verkraftet, für die EM in Deutschland kann sich der Titelverteidiger gar nicht erst qualifizieren. 1992 scheitern die Niederlande wenigstens wieder im Halbfinal-Elfmeterschießen – am späteren Sieger Dänemark, der 1996 nur Gruppendritter wird. Gemischte Resultate.

Griechenland rauscht ab

Durchwachsen geht es auch ab 2000 weiter. Europameister Deutschland blamiert sich direkt wieder als Gruppenletzter hinter Portugal, Rumänien und England, Frankreich scheitert 2004 im Viertelfinale an Griechenland, das zumindest den ganzen Weg geht. Um 2008 hinter Spanien, Russland und Schweden gar punktlos aus der Gruppe zu fliegen.

2012 kommt es zur bisher tatsächlich einzigen Titelverteidigung bei einer EM, als die Spanier das Finale haushoch überlegen mit 4:0 gegen Italien gewinnen. Wofür sich die Italiener im Achtelfinale 2016 revanchieren. Bei der WM 2014 war Spaniens große Generation, 2010 auch Weltmeister geworden, schon in der Gruppenphase ausgeschieden.

Beim bislang letzten Endturnier, 2021, ist für den Titelverteidiger ebenfalls schon in der Runde der letzten 16 Schluss. Portugal unterliegt relativ verdient Belgien. Drei Ausscheiden im ersten K.-o.-Spiel haben die jüngsten fünf Europameisterschaften für die Titelverteidiger also ergeben. Wie auch ein Aus bereits in der Gruppenphase und die bisher einzige Titelverteidigung. Wie werden die Italiener abschneiden?

Niklas Baumgart