18 Kaderplätze: Wie stehen die Olympia-Chancen der Nationalspielerinnen?

Weil Bundestrainer Horst Hrubesch statt der gewohnten 22 Spielerinnen nur deren 18 für die Olympischen Spiele nominieren darf, deuten sich knifflige Entscheidungen an. Wer gute Aussichten hat – und wer nicht.

Zwischen unverzichtbar und Wackelkandidatin: Laura Freigang, Giulia Gwinn, Vivien Endemann und Lina Magull (v. li.) hoffen auf ein Olympia-Ticket.

Zwischen unverzichtbar und Wackelkandidatin: Laura Freigang, Giulia Gwinn, Vivien Endemann und Lina Magull (v. li.) hoffen auf ein Olympia-Ticket.

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Tor

Merle Frohms ist als Nummer eins gesetzt. Dass Ann-Katrin Berger nun gegen Island eine Bewährungschance bekam, deutet klar darauf hin, dass die 33-Jährige als Ersatzkeeperin mitfährt. Bei nur 18 Spielerinnen verzichtet Horst Hrubesch auf eine dritte Keeperin. Stina Johannes von Eintracht Frankfurt dürfte auf Abruf warten. Ob die vier Reservistinnen mit nach Frankreich reisen, steht noch nicht fest.

Abwehr

Die Stammformation aus Giulia Gwinn, Kathrin Hendrich, Marina Hegering und Sarai Linder muss sich keine Sorgen machen. Bei Hegering könnte höchstens mal wieder eine Verletzung einen Strich durch die Rechnung machen. Debütantin Bibiane Schulze Solano hat in den jüngsten beiden Spielen gepunktet, ist zudem Linksfuß.

Damit dürfte sie der zuletzt fehlerhaften Teamplayerin Sara Doorsoun vorerst den Rang abgelaufen haben, die Frankfurterin könnte auf Abruf warten. Sophia Kleinherne wurde hingegen zuletzt nicht einmal für den 22er-Kader nominiert.

Den sechsten Abwehrplatz machen wohl die leicht favorisierte US-Legionärin Felicitas Rauch und Pia-Sophie Wolter unter sich aus. Beide haben den Nachteil, dass sie weitgehend auf eine Position festgelegt sind und Hrubeschs Wunsch nach Flexibilität nicht erfüllen.

Mittelfeld

In der Zentrale hat Hrubesch vier Optionen mit verschiedenen Stärken, alle sollten ihr Olympia-Ticket weitgehend sicher haben: Lena Oberdorf als Zweikampf-Ass, die eher filigrane Sjoeke Nüsken, die wendige Elisa Senß sowie Sara Däbritz als erfahrene Strategin.

Das DFB-Team bei Olympia

Vier weitere Tickets liefert das offensive Mittelfeld, zwei davon sind an Klara Bühl und Jule Brand ziemlich sicher vergeben. Sydney Lohmann und Senkrechtstarterin Vivien Endemann dürfen auf die anderen beiden Plätze hoffen. Auch die inzwischen in Italien aktive Lina Magull und die etwas ins Hintertreffen geratene Linda Dallmann sind je nach ihren Leistungen im kommenden Endspurt noch im Rennen.

Angriff

Lea Schüller und Alexandra Popp sind mit ihrer Qualität unverzichtbar. Dahinter drängt sich allerdings keine so recht auf: Laura Freigang kommt im DFB-Trikot einfach nicht in den gleichen Flow wie in Frankfurt, nach einer guten Halbzeit gegen Österreich fiel sie nun verletzt aus. Auch Nicole Anyomi trat in den vergangenen Wochen ziemlich wechselhaft auf. Fürs Finalturnier der Nations League wurde sie nicht einmal nominiert, nun gegen Österreich und Island saß sie über 180 Minuten draußen.

Die Hoffenheimerin Melissa Kössler besitzt nur Außenseiterchancen. Tendenz: Hrubesch nimmt nur zwei echte Stürmerinnen mit, zumal Lohmann teils ebenfalls als zweite Spitze eingesetzt wurde. Freigang könnte auf Abruf warten.

Startelf: Hrubesch setzt auf Schulze Solano

Nach dem 3:2-Sieg in Österreich am Freitag will die Nationalmannschaft auch das zweite EM-Qualifikationsspiel gewinnen. Am Dienstag gegen Island wird der Bundestrainer mit einer neuen Innenverteidigerin beginnen.

Wird gegen Island von Beginn an auf dem Feld stehen: Bibiane Schulze Solano.

Wird gegen Island von Beginn an auf dem Feld stehen: Bibiane Schulze Solano.

IMAGO/Eibner

Horst Hrubesch hält nichts davon, seine Spielerinnen lange auf die Folter zu spannen. Die Startelf für das jeweils nächste Spiel gibt der Interims-Bundestrainer immer schon zwei oder drei Tage vorher bekannt. “Ich sage es rechtzeitig, damit die Spielerinnen Sicherheit haben”, erzählt der 72-Jährige vor dem zweiten EM-Qualifikationsspiel der Nationalmannschaft am Dienstagabend (18.10 Uhr, live im ZDF) in Aachen gegen Island.

Und weil der Trainer immer so rechtzeitig informiert, hat er auch schon verraten, dass Bibiane Schulze Solano auf dem Tivoli ihr Startelf-Debüt im deutschen Team geben wird. Die Innenverteidigerin wird in der Abwehrzentrale neben Kathrin Hendrich vom VfL Wolfsburg zum Einsatz kommen. “Sie passt da rein, hat ihre Qualitäten bewiesen, und so viele Linksfüße habe ich nicht in der Mannschaft”, begründet Hrubesch die Personalie.

“Kein Selbstgänger” gegen robuste Isländerinnen

“Es ist eine Ehre für mich”, freut sich Schulze Solano, die 2019 vom 1. FFC Frankfurt zu Athletic Bilbao wechselte, und überraschend für die beiden ersten EM-Qualifikationsspiele in den DFB-Kader berufen wurde. Schon am Freitag beim 3:2-Erfolg in Linz gegen Österreich wurde die 25-Jährige nach der Halbzeit für die indisponierte Frankfurterin Sara Doorsoun eingewechselt und lieferte eine gute Partie ab. “Ich muss die Ruhe behalten und einfache Bälle spielen”, kündigte die Deutsch-Spanierin für das Spiel gegen Island an. “Wichtig ist, dass wir nicht schlafen, sondern aufmerksam sind.” Auch Hrubesch erklärte, dass “wir von Beginn an 100 Prozent spielen müssen. Island wird körperlich dagegenhalten”.

In Österreich bot das deutsche Team eine schlechte erste Halbzeit und lag bereits nach 16 Minuten mit 0:2 zurück, bevor es die Partie noch drehen konnte und mit 3:2 gewann. So viel Spannung möchte Hrubesch in Aachen möglichst nicht aufkommen lassen und warnt: “Es wird kein Selbstgänger.” Dennoch gehe er in alle Spiele “mit einem guten Gefühl, denn wir haben eine gute Mannschaft”.

Wer empfiehlt sich für Paris?

Hrubesch betonte auch, dass der Konkurrenzkampf um die Kaderplätze für die Olympischen Spiele im Sommer in Paris (26. Juli bis 11. August) begonnen hat. Statt wie sonst üblich 23 dürfen dann nur 18 Spielerinnen nominiert werden. “Für einige wird es wehtun”, weiß der Bundestrainer, der bis zum Olympia-Auftakt in Frankreich mit seiner Mannschaft noch fünf Partien zu spielen hat. “Wir müssen dann körperlich fit und im Kopf klar sein”, kündigte Hrubesch an.

Gunnar Meggers

Dank Urgroßvater und Fotos im Bilbao-Trikot: Wie DFB-Newcomerin Schulze Solano nach Spanien kam

Über den Taunus ins Baskenland. Und auf politischen und sportlichen Umwegen plötzlich Nationalspielerin für den DFB. Bibiane Schulze Solanos Karriereweg.

Neu im DFB-Team: Bibiane Schulze Solano vom Athletic Club in Bilbao.

Neu im DFB-Team: Bibiane Schulze Solano vom Athletic Club in Bilbao.

Getty Images

“Sie bringt alles mit: Sie hat eine gute Körpergröße, sie spielt körperbetont und hat ein gutes Passspiel – was jetzt nicht verwundert in Spanien.” Horst Hrubesch hatte gute Gründe, um Bibiane Schulze Solano in sein Aufgebot für die anstehenden EM-Qualifikationsspiel in Linz gegen Österreich und in Aachen gegen Island zu berufen.

Schulze wer? Das werden sich viele Fußballfans gefragt haben, die keine intimen Kenner der Liga F in Spanien sind. Denn dort spielt die 25-jährige Schulze Solano, geboren in Bad Soden am Taunus und fußballerisch groß geworden in der Jugend des 1. FFC Frankfurt.

Zum Glück hatte die Mutter den Taufschein noch

EM-Qualifikation

Nach vier Kurzeinsätzen in Bundesliga-Partien der Hessinnen ging es 2019 zu Athletic Bilbao, in die Heimat der baskischen Vorfahren also. Wer die restriktive Personalpolitik des Traditionsvereins mit den rot-weiß-gestreiften Trikots kennt, der ahnt, dass allein die doppelte Staatsbürgerschaft die Tür zum Golf von Biscaya nicht öffnen konnte. Denn Schulze Solano ist weder im Baskenland geboren noch dort aufgewachsen. Und das ist nun mal eine Kernfrage, wenn es um einen Kaderplatz bei Athletic geht.

So musste die Familie um die baskische Mutter jede Menge Überzeugungsarbeit leisten. Es halfen: Kinderfotos von Bibiane im Bilbao-Trikot, ein baskischer Taufschein und die Tatsache, dass der Urgroßvater der Bruder von Klublegene Jose Mari Belauste war. Irgendwann war das Politikum vom Tisch und Schulze Solano Teil des Aufgebots.

Verletzung verhindert Einsatz für Spanien

Danach spielte sie sich in den Fokus, wurde Anfang 2023 sogar ins hochkarätig besetzte spanische Nationalteam berufen. Verletzungen machten Schulze Solano einen Strich durch die Rechnung. Gut für den DFB, der in der Defensive aktuell noch auf eine Ü-30-Abwehrzentrale baut. Und die Newcomerin ist erst 25.

Setzt Hrubesch beim Quali-Doppelpack am Freitag (20.30 Uhr/ARD) und Dienstag (18.10 Uhr/ZDF) auf Schulze Solano, hätte sich die Abwehrspezialistin im DFB festgespielt. Da die verletzte Abwehrchefin Marina Hegering (VfL Wolfsburg) fehlt, stehen die Chancen auf ihre Premiere nicht schlecht. Und Neu-Bundestrainer Christian Wück hätte nach Olympia eine perspektivisch starke Alternative für die Innenverteidigung im Boot.

Neue Kapitänin beim DFB? Hrubesch wird “mit den Mädels reden”

Wer übernimmt das Kapitänsamt bei den anstehenden Spielen der deutschen Frauen-Nationalmannschaft? Bundestrainer Horst Hrubesch will sich noch nicht festlegen.

Eine der Kandidatinnen: Horst Hrubesch mit Lena Oberdorf.

Eine der Kandidatinnen: Horst Hrubesch mit Lena Oberdorf.

IMAGO/Beautiful Sports

Vor ein paar Wochen war die Kapitänsfrage eigentlich nicht der Rede wert, doch eine Reihe von Ereignissen macht sie nun doch zu einer. Vor den ersten Gruppenspielen in der EM-Qualifikation am 5. April (20.30 Uhr/ARD) in Linz gegen Österreich sowie am 9. April (18.10 Uhr/ZDF) in Aachen gegen Island steht das DFB-Team auf einmal ohne Spielführerin da.

DFB-Spiele im Überblick

Denn: Alexandra Popp, die Nummer eins im Ranking, wird wegen Kniebeschwerden nicht mitmischen können. Ihre Stellvertreterin war Svenja Huth, die 33-Jährige hat allerdings vor wenigen Tagen ihren Rücktritt aus der Nationalmannschaft verkündet.

Hrubesch wird sich der Kapitänsthematik in Kürze annehmen. “Normalerweise habe ich es immer so gehalten, dass ich den Kapitän bestimmt habe. Ich werde mit den Mädels reden und dann entscheiden, wer in den Spielen als Kapitänin aufläuft”, sagte der 72-Jährige bei einer Video-Schalte am Mittwoch. Wen er dafür im Auge hat, verriet Hrubesch nicht.

Auch Hegering fehlt – Oberdorf für den Umbruch?

Eine naheliegende Wahl wäre zum Beispiel Abwehrchefin Marina Hegering (33) gewesen, doch auch die Wolfsburgerin muss nach ihrer Wadenverletzung im Topspiel gegen den FC Bayern (0:4) passen. Von der Erfahrung her kämen Sara Däbritz und Lina Magull (beide 29) infrage. Däbritz (Olympique Lyon) hat jedoch ihren Stammplatz verloren und Magull war nach ihrem Wechsel zu Inter Mailand bei der entscheidenden Olympia-Qualifikation für Paris nicht dabei. Jetzt steht die Ex-Münchnerin allerdings wieder im 23-köpfigen Kader.

Ebenfalls eine Kandidatin ist Lena Oberdorf, die durch ihren Einsatzwillen besticht, die 22-Jährige gilt trotz ihres Alters bereits als Führungspersönlichkeit. Auf die 46-malige Nationalspielerin zählt Hrubesch auch, wenn es um den anstehenden Umbruch geht. “Wir haben da ein bisschen was eingeleitet, wir sind also mittendrin”, sagte der Coach.

Schulze Solano bringt “alles mit”

Hrubesch hat den Kreis der Olympia-Kandidatinnen unter anderem durch die Berufung der Ex-Frankfurterin Bibiane Schulze Solano von Athletic Bilbao vergrößert. “Sie bringt alles mit: Sie hat eine gute Körpergröße, sie spielt körperbetont und hat ein gutes Passspiel – was jetzt nicht verwundert in Spanien”, sagte Hrubesch über die 1,74 Meter große Abwehrspielerin. Zu den Sommerspielen dürfen aber nur 18 Spielerinnen fahren, dazu kommen vier auf Abruf.