Schmidt: “Bochum ist genau das mahnende Beispiel für uns”

Ein Sieg in Bochum vorausgesetzt, und die Tür zum Klassenerhalt ist für Heidenheim mehr als nur einen Spalt weit geöffnet. Bei dann nur noch sechs ausstehenden Partien müsste es tatsächlich mit dem Teufel zugehen, sollte da noch etwas schiefgehen. Als mahnendes Beispiel gilt aber ausgerechnet der kommende Gegner.

Frank Schmidt gibt sich in Sachen Klassenerhalt optimistisch, sieht aber Parallelen zum VfL Bochum.

Frank Schmidt gibt sich in Sachen Klassenerhalt optimistisch, sieht aber Parallelen zum VfL Bochum.

IMAGO/Michael Weber

Norman Theuerkauf ist zurück ins Mannschaftstraining gekehrt, Nikola Dovedan noch eine Partie gesperrt und der Einsatz von Adrian Beck ist mit einem Fragezeichen versehen. Er hat nach dem 3:2-Sieg gegen Bayern München wieder Probleme mit dem Sprunggelenk gehabt. Die Champions-League-Partie der Bayern bei Arsenal hat sich Heidenheims Trainer Frank Schmidt natürlich angeschaut, aber nach dem eigenen Triumph am vergangenen Samstag auch nicht anders als sonst. “Nein, aber ich habe mich gefreut, dass Bayern ein Ergebnis erzielt hat, was für das Rückspiel alles offenlässt. Natürlich haben wir mitgefiebert, weil wir hoffen, dass so viele Mannschaften wie möglich so weit wie möglich kommen in Champions League und im Europapokal”, sagt Schmidt.

Dass es nach dem eigenen Sieg über den deutschen Rekordmeister eher um die Blamage der Bayern ging, nicht aber um die eigene Leistungssteigerung in Halbzeit zwei – mal wieder – das stört Schmidt wenig. “Da habe ich mir gar keine Gedanken drüber gemacht, habe das weder so noch so wahrgenommen. Wir waren gut und haben ein Spiel gewonnen.”

“Es ist die Frage, was Heiko Butscher jetzt vorhat”

Und gut müssen sie auch in Bochum wieder sein, vor allem, weil die Situation nach dem Rauswurf von Thomas Letsch hin zur Interimslösung Heiko Butscher für den FCH eine schwierig einzuschätzende ist. Wenngleich Schmidt betont, dass man als Heidenheim mit derlei Situationen durchaus häufiger Erfahrungen gemacht habe in den vergangenen Jahren.

Die jüngste war eine wenig erfreuliche: Jess Thorup machte sein erstes Spiel als Augsburg-Trainer in der Voith-Arena, siegte 5:2 – nach 2:0-Führung des FCH. “Ich hätte nichts dagegen, wenn wir diesen Start hätten wie damals – also ganz anders als in den vergangenen Spielen”, so Schmidt schmunzelnd. “Es ist die Frage, was Heiko Butscher jetzt vorhat”, orakelt er. Die Heidenheimer werden sich auf mehrere Szenarien einstellen müssen.

Gefährliche Parallelen zum VfL Bochum

Die Konstellation vor dem Duell ist eine besondere. Mit einem Auswärtserfolg würde man den aktuell Tabellen-15. auf satte zehn Zähler distanzieren. Mindestens diesen Vorsprung hätte man auch, wenn Mainz sein Heimspiel gegen Hoffenheim gewänne. Es wäre mehr als die halbe Miete im Kampf um den Klassenerhalt bei dann nur noch 18 zu vergebenen Punkten in den ausstehenden Partien.

Das kommuniziert dann sogar Schmidt recht deutlich. “Wir haben über 30 Punkte und wissen, dass wir mit dem nächsten Sieg höchstwahrscheinlich durch sind. Aber, um das mal klar zu sagen: der VfL Bochum ist genau das mahnende Beispiel für uns. Auch die Bochumer haben die Bayern 3:2 geschlagen und haben in den sechs Spielen danach nur noch einen Punkt geholt”, ist sich Schmidt einer gewissen Fallhöhe durchaus bewusst. Wenn man nun die Chance dazu hat, den “Klassenerhalt einzutüten, höchstwahrscheinlich, bekommt man ihn eben nicht automatisch”, weiß der FCH-Trainer.

Seine Mannschaft müsse nun beweisen, dass sie bereit ist, nach dem Sieg über die Bayern weiterzumachen. “Wir dürfen uns nicht zurücklehnen und immer noch freuen, dass uns da etwas Geschichtsträchtiges gelungen ist.” Und um all diesen psychologischen Komponenten vorzubeugen, habe man in dieser Woche die Intensität sogar noch einmal erhöht im Vergleich zur Vorwoche. “Gequält ist zu viel gesagt, aber wir haben uns im Training durchaus im Grenzbereich bewegt, weil wir wissen, dass wir das in Bochum wieder auf den Platz bekommen müssen”, gibt Schmidt Einblick.

Ist das Nachdenken über Tim Kleindienst tatsächlich illusorisch?

Ob es ein Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Bundestrainer Julian Nagelsmann gewesen ist, hat man an diesem Donnerstag von Frank Schmidt nicht erfahren. Doch äußerte sich Heidenheims Trainer, wiederholt, mehr als wohlwollend über seinen Stürmer Tim Kleindienst (elf Treffer, vier Vorlagen). „Man schaut immer nur auf die Tore. Ich habe aber einen Stürmer noch nie danach bewertet, wie viele Tore er schießt. Man muss sich mal anschauen, was Tim Kleindienst die ganze Saison über leistet. Er spielt schon die ganze Zeit für die Mannschaft, gegen zwei, manchmal drei Innenverteidiger“, so Schmidt. Er binde die gegnerischen Spieler, eröffne dadurch Räume, sprinte sehr viel und arbeite auch in der Defensive stets mit viel Einsatz mit.

Schmidt führte noch vieles mehr auf. “Er ist ein ganz wichtiger Spieler, ein zentrales Element in unserem Spiel, nicht erst seit dieser Saison”, so der Trainer, und wenn man dann noch seine Torbilanz aktuell dazu nehme, so Schmidt: “Es gibt nicht so viele deutsche Neuner, die über zehn Tore geschossen haben.” Die Heim-EM steht vor der Tür und ist es tatsächlich illusorisch, über Kleindienst nachzudenken, vor allem nachdem Teamkollege Jan-Niklas Beste erst jüngst zur Nationalmannschaft eingeladen wurde?

Timo Lämmerhirt

Arsenal-Generalprobe verpatzt: FC Bayern verliert nach 2:0-Pausenführung in Heidenheim

Der FC Bayern hat die Champions-League-Generalprobe verpatzt. Die Münchner zeigten sich nach der Topspiel-Niederlage gegen den BVB in der ersten Hälfte zunächst gut erholt, in der zweiten Hälfte drehte der Aufsteiger aber erst auf und dann gegen einen defensiv ungeordneten Rekordmeister die Partie.

Kevin Sessa jubelt nach seinem zwischenzeitlichen Anschlusstreffer. Joshua Kimmich ist bedient.

Kevin Sessa jubelt nach seinem zwischenzeitlichen Anschlusstreffer. Joshua Kimmich ist bedient.

IMAGO/Eibner

Nach der Topspiel-Niederlage gegen Dortmund (0:2) war für den FC Bayern München vor dem Champions-League-Viertelfinale beim FC Arsenal. Dazwischen musste der Rekordmeister aber in der Bundesliga noch nach Heidenheim und trat dort ohne einige Stammspieler an: Im Kader fehlten neben den Langzeitverletzten (Boey, Buchmann und Sarr) auch Coman (muskuläre Probleme), Mazraoui (angeschlagen) und Sané (Schambeinprobleme). Weiterhin standen zudem Neuer (Muskelfaserriss im Adduktorenbereich) und Pavlovic (Infekt) nicht zur Verfügung. Für Sané rutschte Gnabry in die erste Elf, das Innenverteidiger-Duo bildeten Kim und Upamecano, de Ligt und Dier bekamen eine Pause.

Auch ohne die Stamm-Innenverteidigung standen die Gäste in der ersten Hälfte aber sehr sicher. Konzentrierte Münchner bestimmten das Spiel mit rund 70 Prozent Ballbesitz und suchten geduldig die Lücken im Heidenheimer Deckungsverbund.

Dominante Münchner – Heidenheim wirft sich in Abschlüsse

Der Aufsteiger, bei dem im Vergleich zum 3:3 in Stuttgart Maloney (Startelf-Comeback) und Beck (Comeback) anstelle des erkrankten Theuerkauf und Pieringer in die Formation kamen, konzentrierte sich fast ausschließlich auf die Defensive. In Umschaltaktionen kam die Elf von Frank Schmidt zunächst gar nicht, denn gerade nach Ballgewinn war das Spiel zu fehlerhaft. Ein von Kim geblockter Föhrenbach-Schuss (12.) war die einzig nennenswerte Offensivaktion des FCH im ersten Durchgang.

Viel öfter am Strafraum waren die Gäste aus München, die Müller im Heidenheimer Tor aber nur selten prüfen konnten. Auch weil seine Vorderleute immer noch ein Körperteil – wie etwa Maloney gegen Goretzka (5.) oder Föhrenbach gegen Kimmich (27.) – in Abschlüsse und Zuspiele der Gäste brachten.

Münchner Doppelschlag

Ein schneller Spielzug kurz vor der Pause brachte dann aber doch die Münchner Führung: Müller behauptete sich im Mittelfeld, leitete auf Gnabry weiter, der Kane bediente. Der Stürmer versenkte die Kugel eiskalt zum 32. Mal in dieser Saison (38.). Weil sowohl Flankengeber Davies als auch der köpfende Gnabry zu viel Platz hatten (45.), ging der Rekordmeister gar mit einem 2:0 in die Kabine.

Bundesliga – 28. Spieltag

Völlig anderes Spiel in Durchgang zwei

Weil Schiedsrichter Robert Schröder Kreislaufprobleme hatte, übernahm zum zweiten Durchgang der Vierte Offizielle Patrick Alt. Und auch Heidenheim war total verändert: Zum einen stellte Schmidt mit den Einwechslungen von Busch, Sessa und Pieringer auf ein 4-4-2 um und zum anderen war viel mehr Zug in den Aktionen des Aufsteigers. Kim blockte einen satten Schuss von Mainka (48.).

Auch die Bayern meldeten sich schnell an, Musialas Schussversuch aus spitzem Winkel wurde aber abgewehrt, Upamecanos Kopfball nach der zweiten Welle ging weit neben das Tor (49.). Beim folgenden Abstoß standen die Münchner dann aber nicht gut und so entwischte Sessa nach Pieringers Steckpass Upamecano und schloss eiskalt zum 1:2 ab (50.).

Heidenheim schockt die Bayern

Mindestens ebenso eiskalt legte Kleindienst nur eine Minute später nach: Wie schon in Stuttgart knallte er eine weite Beste-Flanke direkt ins Eck (51.).

Der FC Bayern wirkte geschockt, Heidenheim war wie aufgedreht. Immer öfter tauchte der Aufsteiger am Strafraum der Gäste auf. Beim Rekordmeister wehrte sich in dieser Phase vor allem Kane, der es aus allen Lagen versuchte, Müller aber nur einmal ernsthaft zum Eingreifen zwang (56.).

Nach etwas mehr als einer Stunde schien sich der FCB offensiv wieder gefangen zu haben: Der einwechselte Tel (68.) scheiterte an Müller, Kane schoss am langen Pfosten vorbei (69.). Defensiv präsentierte sich der Rekordmeister aber weiter fehlerhaft. Ulreich musste nach einer Ecke mit einem Reflex gegen den völlig freien Sessa den Rückstand verhindern (73.). Bestes Freistoß strich knapp über den Querbalken (75.).

Ein Konter ins Glück

Hatten im ersten Durchgang die Heidenheimer Umschaltmomente gar nicht funktioniert, war genau ein solcher der Gamewinner: Traoré fing einen Münchner Angriff ab, Pieringer brachte Kleindienst gegen eine unsortierte FCB-Defensive in Abschlussposition. Der Angreifer schloss eiskalt gegen Ulreichs Laufrichtung ab (79.).

Die Bayern brachten in der Schlussphase nur noch ungefährliche Abschlüsse von Tel (82.) und dem eingewechselten Zaragoza (87.) – beide Male von Müller pariert – zustande und verpatzten damit die CL-Generalprobe. Für Heidenheim war es hingegen der erste Dreier nach zuletzt sechs sieglosen Spielen am Stück.

In der Bundesliga geht es so weiter: Heidenheim gastiert am Samstag (15.30 Uhr) in Bochum, Bayern empfängt zur gleichen Zeit den 1. FC Köln.

Schmidt nach verpasstem Auswärtscoup: “Glücklich ist heute keiner”

Eigentlich lag Heidenheim in Stuttgart schon aussichtslos zurück. Bis in die achte Minute der Nachspielzeit führten dann aber die Gäste. Mit dem wilden 3:3-Remis war am Ende keiner so wirklich glücklich – zumindest nicht unmittelbar nach Spielschluss.

Wusste direkt nach dem Spiel nicht so recht, was er vom 3:3 in Stuttgart halten sollte: Heidenheims Trainer Frank Schmidt.

Wusste direkt nach dem Spiel nicht so recht, was er vom 3:3 in Stuttgart halten sollte: Heidenheims Trainer Frank Schmidt.

IMAGO/Michael Weber

Es war eine emotionale Achterbahnfahrt für die rund 5000 mitgereisten Heidenheim-Fans im 1000. Spiel im Neckarstadion gewesen. Dominante Stuttgarter hatten schon komfortabel mit 2:0 geführt, dann drehte der Aufsteiger aber die Partie – und musste Sekunden vor Schluss doch noch den Ausgleich hinnehmen. Aufgrund des Spielverlaufs war sich FCH-Trainer Frank Schmidt bei DAZN sicher: “Ich glaube, glücklich ist heute keiner.”

“Richtig sauer, dass wir das Spiel noch aus der Hand gegeben haben”

Stuttgart könne nicht zufrieden sein, weil der VfB  “viel mehr vom Spiel” und eben auch mit zwei Toren geführt hatte. Die Gäste konnten nicht zufrieden sein, “weil wir mit dem Anschlusstreffer komplett das Spiel übernommen haben, an uns geglaubt haben und mit unfassbarem Willen das Spiel gedreht haben”. Aufgrund des Stuttgarter Ausgleichs in letzter Sekunde durch Deniz Undav war Schmidts Mannschaft “richtig sauer, dass wir das Spiel noch aus der Hand gegeben haben”.

So wartet Heidenheim unter dem Strich nun seit sechs Partien auf einen Sieg, zeigte allerdings abermals eine mehr als ansprechende Leistung. “Wir haben einen Punkt geholt beim Tabellendritten, die nächstes Jahr höchstwahrscheinlich in der Champions League spielen, das ist schon was wert”, unterstrich Schmidt. Das werde er am Montag “nach einem Tag Abstand und einer Nacht Schlaf auch mitteilen”. Zudem hat der Aufsteiger vier Punkte gegen ein Top-Team der Bundesliga geholt, “das darf man nicht vergessen”.

Nübels Patzer bringt Heidenheim zurück ins Spiel

Auch Doppeltorschütze Tim Kleindienst wusste nach dem Spiel nicht so recht, ob er nun zufrieden sein oder sich ärgern solle. Nach dem 0:2 hatte der Angreifer zunächst das “Gefühl, dass wir schon raus sind”, dann hatten die Heidenheimer allerdings ihre “Comeback-Qualitäten” bewiesen. Allerdings auch, weil sich Stuttgarts Keeper Alexander Nübel einen eigentlich harmlosen Kleindienst-Kopfball selbst durch die Beine ins Netz gelegt hatte. “Wir hatten ein bisschen Glück beim 1:2, aber manchmal brauchst du genau so eine Situation, um dieses Momentum auf deine Seite zu kippen.”

Kleindienst trifft ohne groß zu überlegen

Kein Glück, sondern vielmehr Können waren die zwei Treffer von Kleindienst – seine Saisontore acht und neun. Besonders das zwischenzeitliche 2:2 war sehenswert gewesen, als der Angreifer eine Hereingabe von Jan-Niklas Beste direkt ins kurze Eck geknallt hatte. “Ich hatte mich sofort mit der Flanke entschieden, dass da mit dem linken Fuß rangehe und gar nicht erst überlege. Den treffe ich natürlich brutal, muss man auch sagen, den trifft man auch nicht alle Tage so”, verriet Kleindienst.

Tim Kleindienst nickt ein.

Traf zweimal gegen den VfB: Tim Kleindienst.
IMAGO/Pressefoto Baumann

Beim zweiten Treffer war der 1,94 Meter lange Stürmer perfekt von Eren Dinkci bedient worden und hatte die butterweiche Hereingabe eingenickt. “Weltklasse. Auf genau solche Bälle hoffst du immer. Er kommt perfekt auf den zweiten Pfosten, das ist einfach, dann auch den Ball reinzumachen.”

Nach dem Doppelschlag in Minute 84 und 85 war also alles angerichtet für den Auswärtscoup gewesen, doch dann schlug Undav zu. “Dass man so das 3:3 kriegt, ist natürlich bitter”, haderte Kleindienst mit der erneuten Wendung in einem äußerst unterhaltsamen Spiel. Und so blieb es am Ende beim Remis, das aufgrund des Auf und Abs keinen glücklich machte – zumindest unmittelbar nach Abpfiff.