Eintracht verlängert mit Chandler und sorgt damit für Verwirrung

Eintracht Frankfurt sorgte am Donnerstag mit der Vertragsverlängerung von Timothy Chandler bis 2025 für Schmunzeln. Denn laut einer drei Jahre alten Pressemitteilung hatte der 34-Jährige bereits 2021 bis 2025 verlängert.

Stolzer Adlerträger: Timothy Chandler.

Stolzer Adlerträger: Timothy Chandler.

IMAGO/eu-images

“Der gebürtige Frankfurter hat seinen Vertrag bei der Eintracht um ein weiteres Jahr bis zum Ende der Saison 2024/25 verlängert”, hieß es in der aktuellen Pressemitteilung der Hessen, die damit für etwas Verwirrung sorgten. Denn bereits am 6. Mai 2021 hieß es in einer Mitteilung der SGE: “Der dienstälteste Frankfurter Profi Timothy Chandler hat seinen Vertrag bei Eintracht Frankfurt vorzeitig um drei Jahre bis 2025 verlängert. Das bisherige Arbeitspapier des gebürtigen Frankfurters hätte noch Gültigkeit bis 2022 besessen”, hieß es dort aus heutiger Sicht wohl fälschlicherweise.

Offenbar hatte Chandler also nicht seinen Vertrag von 2022 um drei Jahre ausgedehnt, sondern er hatte 2021 um drei weitere Spielzeiten verlängert, sodass sein Arbeitspapier diesen Sommer ausgelaufen wäre. Bemerkenswert allerdings, dass der Fehler von der Eintracht nie korrigiert wurde.

“Ansprechpartner auf dem Platz und in der Kabine”

Die erneute Unterschrift sorgte jedenfalls für glückliche Gesichter.  “Timmy ist eine Identifikationsfigur und ein wichtiger Spieler für uns”, kommentierte also Sportvorstand Markus Krösche. “Gerade für die jungen Spieler ist er ein wertvoller Ansprechpartner auf dem Platz und in der Kabine. Mit seiner positiven Energie schafft er es, andere mitzureißen. Wir sind glücklich darüber, dass er mindestens ein weiteres Jahr bei uns spielen wird.”

Fast ein ganzes Leben bei der Eintracht

2001 ging das Abenteuer Eintracht für den damals zehnjährigen Chandler los. Lediglich von 2010 bis 2014 kickte der in Frankfurt geborene 29-malige US-Nationalspieler zwischenzeitlich für den 1. FC Nürnberg. Allerdings spielte der rechte Verteidiger zuletzt nur noch eine sportliche Nebenrolle und hat lediglich fünf Einwechslungen in seiner Bundesliga-Bilanz der laufenden Saison zu verbuchen.

“Eintracht Frankfurt ist mein Zuhause. Das ist meine zweite Familie”, begründet Chandler und ist noch nicht müde: “Ich brenne darauf, auch in der kommenden Saison mit dem Adler auf der Brust zu spielen. Ich bin immer noch topfit und voller Tatendrang. Wir haben ambitionierte sportliche Ziele.”

Dem Verein wird er wohl so oder so treu bleiben. 2021 hieß es in der Mitteilung jedenfalls bereits: “Der neue Kontrakt enthält außerdem die Option auf eine noch nicht näher definierte Weiterbeschäftigung im Anschluss an die aktive Spielerkarriere.” Fortsetzung folgt wahrscheinlich also …

Magerkost in Frankfurt – Das Waldstadion als Tempel der Langeweile

Im eigenen Stadion ist die Eintracht seit eineinhalb Jahren kaum zu besiegen. Trotzdem gehen die Fans nur selten zufrieden nach Hause, im Laufe der Rückrunde hat sich die Stimmung rund um den Klub zunehmend verschlechtert. Vor dem Heimspiel gegen Augsburg gibt es aber auch erfreuliche Nachrichten.

Hat etwas von einer Festung, doch die Fans der Frankurter Eintracht gegen nur selten zufrieden nach Hause.

Hat etwas von einer Festung, doch die Fans der Frankurter Eintracht gegen nur selten zufrieden nach Hause.

IMAGO/osnapix

Die Eintracht setzte in dieser Saison schon einige eminent wichtige Spiele leichtfertig in den Sand, erinnert sei allen voran an das peinliche DFB-Pokal-Aus in Saarbrücken (0:2) und die unterirdische Leistung im Conference-League-Rückspiel gegen Union Saint-Gilloise (2:2, 1:2). Enttäuschungen gab es auch in den jüngsten Heimspielen gegen Union Berlin (0:0) und Werder Bremen (1:1). Deshalb steht Frankfurt vor dem Duell mit dem direkten Verfolger Augsburg am Freitagabend (20.30 Uhr, LIVE! bei kicker) unter Druck wie noch nie in dieser Saison. Angesichts des anspruchsvollen Restprogramms besteht nur bei einem Sieg die realistische Chance, den 6. Platz bis zum Schluss zu verteidigen.

Festung Waldstadion, aber kein Spektakel

Was auf den ersten Blick nicht zur schlechten Stimmung passt: In den jüngsten 24 Bundesliga-Heimspielen kassierte die Eintracht lediglich eine Niederlage – beim 1:2 gegen Stuttgart am 12. Spieltag dieser Saison. Zuvor verloren die Hessen im eigenen Stadion letztmals am 29. Oktober 2022 beim unglücklichen 1:2 gegen Borussia Dortmund. Man kann das Waldstadion also mit Fug und Recht eine Festung nennen.

Weniger erfreulich ist, dass sieben Heimspiele in dieser Saison mit einem Remis endeten. Von diesen Partien war lediglich das 3:3 gegen den BVB spektakulär. Gegen Köln (1:1), Freiburg (0:0), Bochum (1:1), Wolfsburg (2:2), Union Berlin (0:0) und Bremen (1:1) erfüllte die Mannschaft die Erwartungen nicht. Die unterm Strich oft zähen, ideenlosen und von einfachen Fehlern geprägten Auftritte verstimmten die Fans.

“Willkommen im Tempel des Spektakels”, frohlockte Vorstandssprecher Axel Hellmann vor einer Dekade nach einem furiosen 4:4 gegen Hertha BSC. In dieser Saison gleicht das Waldstadion eher einem Tempel der Langeweile. Ob sich das ausgerechnet am gegen Augsburg ändert? In den jüngsten vier Partien erzielte die SGE lediglich zwei Tore, Frankfurts Top-Torjäger Omar Marmoush wartet seit 529 Minuten auf einen Treffer. Erschwerend hinzu kommt die auch in der Mannschaft angeknackste Stimmung. “Die Atmosphäre ist nicht ganz positiv”, räumt Makoto Hasebe ein.

Viel Qualität kehrt zurück – Ein Sieg für Hölzenbein?

Doch es gibt auch positive Neuigkeiten. Sechser Ellyes Skhiri und Achter Mario Götze sind wieder fit und werden voraussichtlich ebenso in die Elf zurückkehren wie der zuletzt gesperrte Eric Junior Dina Ebimbe. Auch Stürmer Hugo Ekitiké ist ein Kandidat für die Startelf. “Er hatte eine sehr gute Trainingswoche. Im Kleinfeldspiel erzielte er ein paar Tore, sodass er ein gewisses Selbstvertrauen hat”, berichtet Trainer Dino Toppmöller.

Vor dem Anpfiff wird die Eintracht der verstorbenen Vereinsikone Bernd Hölzenbein in einer Schweigeminute gedenken, die Spieler werden außerdem einen Trauerflor tragen. “Der Tod von Bernd Hölzenbein hat die ganze Eintracht-Familie erschüttert. Er war ein besonderer Mensch und besonderer Spieler. Bernd zu Ehren wollen wir unbedingt gewinnen”, betont Toppmöller.

In diesem Spiel gehe es “weniger um taktische Dinge”, sondern vielmehr darum, “Emotionalität, Leidenschaft und Intensität auf den Platz zu bringen”, meint Toppmöller. Der Coach fordert: “Das wollen wir von Anfang an klar und deutlich sehen, diese Basics sind der Grundstein.” In dieser Phase der Saison gehe es nicht mehr um eine “spielerische Entwicklung”, sondern schlichtweg um Ergebnisse.

Wobei die größere fußballerische Klasse im Vergleich zum Augsburger Kader durchaus sichtbar werden könnte, wenn – im ersten Schritt – die Grundtugenden auf den Platz gebracht werden. Toppmöller könnte sein Team in Ballbesitz beispielsweise in einem 4-3-3 aufs Feld schicken. Mit Sechser Skhiri sowie den Achtern Götze und Hugo Larsson hätte er im Zentrum drei starke Fußballer, die miteinander kombinieren können. Davor könnten die dynamischen Marmoush und Dina Ebimbe den nicht minder schnellen Mittelstürmer Ekitiké flankieren. Unterm Strich stehen diese Profis für ein immenses Potenzial, das zu selten abgerufen wurde.

248 Ecken ohne Tor – Rekord seit Erfassung der Statistik

Schwer einzuschätzen ist, wer in der Viererkette außen verteidigen wird. Behält Aurelio Buta rechts seinen Platz? Oder erhält Nnamdi Collins eine neue Chance? Setzt Toppmöller links auf den im Positiven wie im Negativen unberechenbaren Niels Nkounkou? Oder erhält Philipp Max gegen seinen Ex-Klub den Vorzug? Fest steht allein, dass Jean-Matteo Bahoya, der in Stuttgart in der Startelf stand, wegen Problemen am Sprunggelenk keine Option ist.

Zum Schluss noch etwas Statistik: Gegen Augsburg erzielte die SGE in der Bundesliga letztmals ein Tor nach einer Ecke. Am 6. November 2022 schoss Ansgar Knauff in Augsburg den 2:1-Siegtreffer im Anschluss an einen Eckball. Es folgten 248 Ecken ohne Tor. Seit Erfassung der Standards zur Saison 2004/05 hatte noch nie eine Mannschaft im Oberhaus so viele Ecken in Folge ohne Torerfolg.

Den bisherigen Rekord hielt Bielefeld, allerdings von einer langen Phase in der 2. Liga unterbrochen: Zwischen April 2008 und Januar 2021 blieb die Arminia in der 1. Liga 61 Spiele mit 245 Ecken ohne Tor. Beim Spiel in Stuttgart zog die Eintracht an Bielefeld vorbei. Was trotzdem Mut macht: Augsburg kassierte in dieser Saison bereits acht Tore nach Ecken, das sind – gemeinsam mit fünf anderen Teams – ligaweit die meisten Gegentreffer nach Eckbällen.

Julian Franzke

Hasebe kündigt Karriereende an – und will bei der Eintracht bleiben

Der fünftälteste Feldspieler der Bundesligageschichte hört im Sommer auf. Makoto Hasebe von Eintracht Frankfurt hat am Mittwoch angekündigt, mit 40 Jahren zurückzutreten. Er soll der SGE aber erhalten bleiben.

Viel Applaus erwartet ihn am 18. Mai: Makoto Hasebe wird dann von den SGE-Fans verabschiedet.

Viel Applaus erwartet ihn am 18. Mai: Makoto Hasebe wird dann von den SGE-Fans verabschiedet.

IMAGO/Passion2Press

Als er 2014 im Alter von 30 Jahren zu Eintracht Frankfurt wechselte, konnte Makoto Hasebe nicht ahnen, dass die mit Abstand längste Station seiner Profikarriere vor ihm liegen sollte. Jetzt, knapp zehn Jahre später, geht sie zu Ende. Der 40 Jahre alte Japaner kündigte am Mittwoch an, im Sommer zurückzutreten.

“Nach 22 Jahren als Fußballprofi ist es nun an der Zeit für mich, meine aktive Karriere zu beenden. Ich habe mir diese Entscheidung gut überlegt und halte es nun für den richtigen Zeitpunkt”, sagte Hasebe. “Ich blicke mit Stolz darauf, was ich in all den Jahren erleben und erreichen konnte. Vor allem die Zeit bei Eintracht Frankfurt war von zahlreichen unvergesslichen Momenten geprägt, die ich nie vergessen werde. Ich habe mich hier von Anfang an wohlgefühlt und Frankfurt ist zu meiner zweiten Heimat geworden.”

Dort soll der 114-malige Nationalspieler auch über den Sommer hinaus bleiben. Die Hessen wollen ihm eine Trainerfunktion innerhalb des Klubs geben. “Ab Sommer freue ich mich auf meine neue Aufgabe bei der Eintracht”, sagt der Routinier.

Am Wochenende stand er wieder in der Startelf

Hasebe war seinerzeit als Mittelfeldspieler vom 1. FC Nürnberg an den Main gekommen und erarbeitete sich in Frankfurt primär als Innenverteidiger Kultstatus. 2018 gewann er mit der SGE den DFB-Pokal, 2022 folgte der Europa-League-Triumph. Zu seinen aktuell 383 Bundesligaspielen, davon die ersten 135 für den VfL Wolfsburg inklusive Deutscher Meisterschaft 2009, können nun maximal noch fünf hinzukommen.

Am vergangenen Wochenende stand er beim 0:3 in Stuttgart mal wieder in der Startelf – im Alter von 40 Jahren und 86 Tagen. Damit ist Hasebe der fünftälteste Feldspieler der Bundesliga-Geschichte. Den vierten Platz von Manfred Burgsmüller (40 Jahre, 141 Tage) wird Hasebe in der verbleibenden Zeit nicht mehr angreifen können.

“Makoto kann auf eine Karriere als Vorzeigeprofi zurückblicken, er war stets ein großes Vorbild für viele Spieler. Seine professionelle Einstellung und Lebensweise haben dafür gesorgt, dass er auch noch im Alter von 40 Jahren auf hohem Niveau Fußball spielen kann”, sagt Eintracht-Sportvorstand Markus Krösche. “Seine Entscheidung, die aktive Karriere nach der Saison zu beenden, verdient Respekt. Makoto hat Großes für Eintracht Frankfurt geleistet. Wir freuen uns, dass er unserem Verein erhalten bleibt, um seine langjährige Erfahrung an unsere Nachwuchsspieler weiterzugeben.”

Am 18. Mai, dem letzten Spieltag zu Hause gegen RB Leipzig, darf sich Hasebe auf eine warme Verabschiedung gefasst machen.

Trapp: “Wir haben eine Mannschaft, die ein Stadion mitreißen kann”

Vor dem eminent wichtigen Heimspiel gegen den FC Augsburg sucht Eintracht-Keeper Kevin Trapp nach positiven Ansätzen – und findet sie auch. Als Credo formuliert er: “Weniger nachdenken, mehr machen.”

Als grobe Frankfurter Faustformel lässt sich festhalten: Je näher das Saisonende rückt, desto geringer fällt in der Bundesliga die Vergnügungssteuer aus. Wer weiß, vielleicht lässt sich sogar so manche Eintrittskarte steuerlich absetzen, wenn der Finanzbeamte ein Eintracht-Herz hat und ausnahmsweise ein Auge zudrückt.

“Wir haben eine unheimlich große Chance”

“Gefühlt sitzen wir jedes Jahr zur selben Zeit da und sagen: Was passiert eigentlich gerade”, rekapituliert Trapp. Er führt aus: “Letztes Jahr haben wir zehn Bundesligaspiele in Folge nicht gewonnen. Unter Adi Hütter haben wir die Champions League verspielt, unter Oliver Glasner sind wir im ersten Jahr Elfter geworden. Ich würde mich freuen, wenn ich mal hier sitzen und sagen könnte: Wir haben einen Lauf.” Im ersten Jahr unter Niko Kovac (2016/17) stellte Frankfurt sogar die schlechteste Mannschaft der Rückrunde (13 Punkte).

In dieser Saison sollte es endlich mal andersherum laufen: Nach dem riesigen Aderlass im Sommer sollten nicht zuletzt auch die Wintertransfers dazu beitragen, dass die Rückrunde erfolgreicher verläuft. Doch das wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht passieren. Aktuell steht die SGE bei 15 Punkten in der Rückrunde. Es fehlen also noch zwölf Zähler, um die 27 Punkte aus der Hinrunde zu erreichen. Angesichts der aktuellen Formkrise und dem knüppelharten Restprogramm erscheint das utopisch. Doch womöglich reichen schon zwei Siege, um den sechsten Rang zu verteidigen. Das ist das Ziel.

Wobei Trapp nicht von Verteidigung sprechen möchte, weil ihm das zu negativ klingt. Vielmehr betont er: “Wir haben eine unheimlich große Chance, nächstes Jahr wieder international zu spielen. Darauf sollten wir uns freuen, wir haben noch fünf Highlight-Spiele.” Der Torhüter zeigt Verständnis für die Kritik von außen. Doch er ist erfahren genug, um zu wissen, dass es jetzt darauf ankommt, positiv zu denken. “Ich habe vorhin schon zum Trainer gesagt: Das ist seine erste Trainerstation, und wir stehen am 29. Spieltag auf Platz 6. So viel falsch können wir auch nicht gemacht haben. Wir müssen nicht auf andere schauen und haben das Privileg, dass wir selbst dafür verantwortlich sind, ob wir nächstes Jahr international spielen oder nicht.”

“So gewinnt man kein Spiel – egal gegen wen”

Nichtsdestotrotz ist offensichtlich, dass die Mannschaft gegen Augsburg ein anderes Gesicht zeigen muss. Das ist auch Trapp klar. “Wir wissen, dass so eine Leistung wie in der ersten Hälfte gegen Stuttgart nicht akzeptabel ist. So gewinnt man kein Spiel – egal gegen wen”, betont der 33-Jährige. Er fordert den Fokus auf das Wesentliche: “Manchmal denkt man zu viel nach, statt einfach zu machen. Am Freitag  geht es nicht großartig um Taktik, sondern darum, das auf den Platz zu bringen, was wir können. Auch wir haben eine physisch sehr starke Mannschaft, die viel laufen und ein Stadion mitreißen kann. Darauf kommt es an.”

Das ist selbstredend keine neue Erkenntnis. Es ist und bleibt ein großes Rätsel, weshalb die Mannschaft die Basics in dieser Saison so selten über 90 Minuten auf den Platz bringt. Wann ist es im stimmungsvollen Waldstadion schon gelungen, dem Gegner durch maximal aggressives und kompaktes Pressing die Luft zum Atmen abzuschnüren? Nicht sehr oft. Die Heimspiele gegen Köln (1:1), Freiburg (0:0), Bochum (1:1), Wolfsburg (2:2), Union Berlin (0:0) und Werder Bremen (1:1) endeten allesamt mit einem Unentschieden. Das sorgt bei den Fans ebenso wie die oft träge Spielweise für verständlichen Frust.

Häufige Umstellungen taugen nicht als alleinige Erklärung

Trapp verweist in seiner Analyse auf den Umbruch im Sommer, die vielen jungen Spieler und häufigen personellen Wechsel. “Ich kann mich nicht daran erinnern, wann wir mal zwei, drei Spiele mit derselben Mannschaft aufgelaufen sind. Wir müssen immer wieder umstellen”, sagt der Schlussmann, betont indes auch: “Das ist nicht der alleinige Grund.”

Es bleibt hypothetisch, wie die Spiele gelaufen wären, wenn beispielsweise das in der Hinrunde so gut funktionierende Mittelfeld-Duo Hugo Larsson und Ellyes Skhiri auch in der Rückrunde so oft hätte zusammenspielen können. Oder wie die Saison mit einem gesunden Kapitän Sebastian Rode und ohne die schwere Verletzung von Sasa Kalajdzic verlaufen wäre. Das kostete sicherlich einige Punkte. Wahr ist aber auch: Gegen Teams wie Union Berlin und Werder Bremen hätte es zuletzt dennoch zu Siegen reichen müssen. Denn trotz einiger Ausfälle stand da immer noch eine richtig gute Bundesligamannschaft auf dem Feld.

Wenn am Freitag (20.30 Uhr, LIVE! bei kicker) Mario Götze, Eric Junior Dina Ebimbe und vielleicht auch Hugo Ekitiké in die Startelf zurückkehren, wird Trainer Dino Toppmöller auch gegen Augsburg eine Elf aufs Feld schicken können, die individuell deutlich besser ist als der Gegner. Dann liegt es in der Verantwortung der Profis, diese Qualität endlich wieder in drei Punkte umzumünzen und so im Kampf um Platz sechs zumindest einen Verfolger zu distanzieren.

Julian Franzke

“Ein überragender Fußballer und wundervoller Typ”

Bernd Hölzenbein ist am Montag im Alter von 78 Jahren gestorben. Die Betroffenheit in der Fußballbranche ist groß. Auch Rudi Völler kondolierte.

Rudi Völler mit Bernd Hölzenbein im Jahr 2020.

Rudi Völler mit Bernd Hölzenbein im Jahr 2020.

imago images/Hartenfelser

DFB-Präsident Bernd Neuendorf: “Bernd Hölzenbein war er ein überragender Fußballer und ein wundervoller Typ. Auf dem Rasen war er ein Schlitzohr, einer der Lösungen fand, die kein anderer gesehen hat. “Holz” konnte Tore aus allen Lagen erzielen, sogar im Sitzen hat er getroffen. Er war ein Ausnahmespieler. In seinem Leben drehte sich alles um den Fußball. Sein Tod reißt eine große Lücke bei der Eintracht und beim Deutschen Fußball-Bund. Wir sind ihm zu großem Dank verpflichtet und werden ihn sehr vermissen.”

Rudi Völler, Direktor der DFB-Nationalmannschaft: “Bernd Hölzenbein war ein toller Fußballer und wunderbarer Mensch, der viele Titel und noch mehr Herzen gewonnen hat. Fußballerisch gab es wenig, das er nicht konnte. Seiner Familie und den Angehörigen gilt mein tiefes Mitgefühl.”

FC Bayern München (via X): Der FC Bayern trauert mit der deutschen Fußballfamilie um Bernd Hölzenbein. Weltmeister 1974 und Ikone von Eintracht Frankfurt – er schrieb Geschichte, als Spieler und Persönlichkeit. Unser Klub steht an der Seite der Familie, Angehörigen und Freunde von Bernd Hölzenbein. Ruhe in Frieden.

Borussia Mönchengladbach (via X): Ruhe in Frieden, Bernd Hölzenbein. Borussia trauert um den großen Frankfurter Torjäger und Fußball-Weltmeister von 1974. Unser Mitgefühl gilt seinen Angehörigen und Freunden.

Bernd Hölzenbein ist tot

Bernd Hölzenbein ist verstorben. Der Weltmeister von 1974 wurde 78 Jahre alt.

Bernd Hölzenbein

Bernd Hölzenbein

imago sportfotodienst

Hölzenbein absolvierte 420 Bundesligaspiele (160 Tore) für Eintracht Frankfurt. Im WM-Finale 1974 gegen die Niederlande (2:1) stand der Angreifer in der Startelf und holte den Elfmeter heraus, der zum 1:1 durch Paul Breitner führte.

Auch mit den Frankfurtern feierte Hölzenbein große Erfolge. 1974, 1975 und 1981 gewann er mit den Hessen den DFB-Pokal, 1980 holte er mit der Eintracht den UEFA-Cup. Im deutschen Duell gewann Frankfurt das Hinspiel gegen Borussia Mönchengladbach mit 1:0, sodass eine 2:3-Niederlage im Rückspiel am Bökelberg reichte. Hölzenbein traf zur zwischenzeitlichen 2:1-Führung.

Weitere Informationen folgen in Kürze …

Der Eintracht droht das Schicksal von “Hans Guck-in-die-Luft”

Der sechste Platz gerät nach dem 0:3 in Stuttgart immer stärker in Gefahr, die Kritik und der Druck auf Trainer Dino Toppmöller verschärfen sich. Wie so oft in dieser Saison lässt die Mannschaft die Grundtugenden vermissen – und steuert auf den Abgrund zu.

Hat es bisher nicht verstanden, der Mannschaft die Grundtugenden zu vermitteln: Eintracht-Coach Dino Toppmöller.

Hat es bisher nicht verstanden, der Mannschaft die Grundtugenden zu vermitteln: Eintracht-Coach Dino Toppmöller.

IMAGO/Eibner

Die Entwicklung der Eintracht in diesem Frühjahr erinnert ein wenig an die Unglücke von “Hans Guck-in-die-Luft”. In der Erzählung aus dem “Struwwelpeter” schaut Hans immerzu in die Luft und nimmt die Gefahren um sich herum nicht wahr. So geschieht es, dass er eines Tages kopfüber in einen Fluss fällt und triefend nass herausgefischt wird.

“Wir haben die erste Hälfte verschlafen”

Dino Toppmöller

Auch die Eintracht droht unfreiwillig baden zu gehen, wenn sie nicht endlich ihre Sinne schärft. “Wir haben die erste Hälfte verschlafen”, resümiert Dino Toppmöller zerknirscht. Die Kritik und der Druck auf den Trainer nehmen von Woche zu Woche zu. Schafft der 43-jährige Novize noch die Wende? Zweifel sind angebracht, zu groß die Defizite. In Stuttgart mangelte es wieder einmal an den Basics, allen voran: kompaktes, aggressives Anlaufen und synchrones Verschieben.

Nach Fares Chaibis Ballverlust vor dem 0:1 waren die Abstände im Mittelfeld so groß, dass eine Büffelherde hätte hindurchspazieren können. Kapitale individuelle Fehler wie von Robin Koch vor dem 0:2 rundeten das Bild ab. Auch das erste Gegentor wäre vielleicht noch zu verhindern gewesen, wenn der schnelle Willian Pacho die Tiefe verteidigt hätte, statt auf Abseits zu spielen. Das dritte Gegentor war in erster Linie das Resultat eines indiskutablen Anlaufverhaltens der Herren Chaibi, Pacho und Ansgar Knauff – Alibi-Fußball par excellence.

Scharfe Kritik von Matthäus

“Wenn wir angreifen und pressen, müssen wir im Vollsprint attackieren. Aber wir bleiben immer einen Schritt vorher stehen. So konnte Stuttgart herausspielen und wir mussten hinterherlaufen”, moniert Torhüter Kevin Trapp. Es bestätigte sich der Larifari-Eindruck, den man am vergangenen Dienstag beim einzigen öffentlichen Training der Woche gewinnen konnte. Schon da ging es in den Spielen auf engem Raum viel zu handzahm zu. Lothar Matthäus legte bei “Sky” den Finger in die Wunde: “In der Defensive waren die Frankfurter in der ersten Hälfte unterirdisch. Alle drei Tore hätten mit Kleinigkeiten vermieden werden können: ein bisschen mehr mitdenken, ein bisschen aggressiver gegen den Ball arbeiten. Das hat Stuttgart gemacht, Frankfurt nicht.”

Toppmöller und die Frage nach den Grundtugenden

Toppmöller hat es bislang nicht verstanden, dem Team die unerlässlichen Grundtugenden zu vermitteln. Deshalb fehlt das Fundament, um im zweiten Schritt für eine fußballerische Entwicklung zu sorgen. Im Ergebnis steht die Eintracht im Frühjahr 2024 für: nichts. Viele Fans verfolgen die Auftritte der krallenlosen Adler inzwischen in einem Zustand der Apathie. Die Mannschaft weckt keinerlei Emotionen. Das freilich müssen sich auch die Spieler ankreiden lassen. Sie lassen ihren Trainer zu oft im Stich und stehen in der Pflicht, ihre Arbeit endlich mit mehr Seriosität zu erledigen.

Lediglich während der besten Saisonphase vom 7. bis zum 11. Spieltag spielte das Team national und international größtenteils wie aus einem Guss, löste sich gut aus Pressingsituationen und zeigte auch im vorderen Drittel ansehnliche Kombinationen. Danach aber gelang es nur noch selten, das Potenzial auszuschöpfen; das fulminante 5:1 gegen die Bayern am 14. Spieltag oder auch das 3:1 gegen Hoffenheim am 25. Spieltag wirken in der Rückbetrachtung wie Strohfeuer. “Wir sind nicht zufrieden mit der Art und Weise, wie wir Fußball spielen”, konstatierte Markus Krösche schon in der Vorwoche nach dem ernüchternden 1:1 gegen Werder Bremen. So oder so ähnlich äußerte sich der Sportvorstand in dieser Saison oft.

Das Spiel ist häufig träge, geprägt von vielen einfachen Fehlern, schlechtem Freilaufverhalten, fehlender Kompaktheit und mangelnder Durchschlagskraft in der Offensive. “Wir wollen weniger Klassik und mehr Heavy Metal im Stadion sehen”, forderte Krösche vor zwei Monaten plakativ. Darauf warten die Fans noch immer. Um im Bild zu bleiben: Aktuell ist die Panflöte das höchste der Gefühle. Trainer Dino Toppmöller hat es auch nach 42 Pflichtspielen nicht geschafft, seinem Team dauerhaft eine erkennbare Handschrift zu verpassen.

Gegen Augsburg droht ein böses Erwachen

Zu einer fairen Bewertung gehört der Hinweis, dass in Stuttgart ein halbes Dutzend potenzieller Stammspieler fehlte: Neben den verletzten oder gesperrten Sebastian Rode, Sasa Kalajdzic, Ellyes Skhiri, Tuta und Eric Junior Dina Ebimbe meldete sich kurzfristig auch Mario Götze wegen einer Bindehautentzündung ab. Objektiv betrachtet konnte man nicht erwarten, dass die Elf, die Toppmöller zur Verfügung stand, beim Tabellendritten punktet. Doch es geht um die Art und Weise, und die war nicht akzeptabel. Routinier Makoto Hasebe stimmt seinem Coach zu: “Wir haben in der ersten Hälfte geschlafen.”

Sollte sich das am Freitag im Verfolgerduell gegen Augsburg wiederholen, droht ein bitterböses Erwachen. Verspielt die SGE tatsächlich den sechsten Platz, wäre Toppmöller wohl kaum noch zu halten. Am Sonntag zeichnete sich zunächst jedoch kein kurzfristiger Trainerwechsel ab. Umso mehr müssen alle Beteiligten auf der Hut sein, dass es der Eintracht nicht wie “Hans Guck-in-die-Luft” ergeht.

Julian Franzke