“Es gibt Leute, die pfeifen wollen”: Chandler scherzt und warnt

Routinier hat “schon einige Kilometer drauf” 24.04.2024

“Es gibt Leute, die pfeifen wollen”: Chandler scherzt und warnt

2:05Eintracht Frankfurt muss am Samstag beim FC Bayern antreten. Timothy Chandler sprach auf der Pressekonferenz am Mittwoch Klartext, wie man gegen die Münchner spielen muss und warum es keine Rechenspiele gibt, in der SGE-Kabine.

Chandler versteht Kritik: “Die Pfiffe muss man einfach mal akzeptieren”

Mit erfrischender Offenheit spricht Timothy Chandler über die schwierige Saison der Eintracht und die Kritik von außen. Dabei zeigt er auch Verständnis für die Pfiffe der Fans. Zudem lässt er durchklingen, dass Trainer Dino Toppmöller umdenken muss.

Bezog mit ungeschminkten Worte Stellung zur Lage in Frankfurt:  Timothy Chandler.

Bezog mit ungeschminkten Worte Stellung zur Lage in Frankfurt:  Timothy Chandler.

IMAGO/osnapix

Als die Eintracht im vergangenen Heimspiel gegen Augsburg 0:1 zur Pause zurücklag, begleitete die Mannschaft auf dem Weg in die Kabine ein Pfeifkonzert. “Ich kann es nicht nachvollziehen”, sagte Torhüter Kevin Trapp hinterher. Eintracht-Urgestein Timothy Chandler zeigt hingegen Verständnis für den Unmut von den Rängen.

Pfiffe haben “in den Köpfen etwas bewegt”

“Die Pfiffe muss man einfach auch mal akzeptieren – und eher dagegen arbeiten. Das haben wir in der zweiten Hälfte gemacht, und dann haben sie auch wieder geklatscht. Ich sehe nicht alles so negativ. Die Leute können ihre Meinung äußern. Wichtig ist, wie man damit umgeht”, sagt Chandler. Er glaubt sogar, dass die Pfiffe “in den Köpfen etwas bewegt” haben. “In der Halbzeit haben wir gesagt: Das geht nicht, wir müssen etwas anderes zeigen”, erzählt Chandler.

In der Tat spielte die Mannschaft danach mit mehr Herz, drehte das Spiel, gewann mit 3:1 und wurde von den Rängen lautstark gefeiert. In den vergangenen Jahren hätte die Eintracht gerade in den am Abend stattfindenden Heimspielen “immer die Hütte abgebrannt”, betont Chandler. Was er meint: Es zeichnete die Mannschaft aus, dass sie mit großen Emotionen spielte und auf diese Weise nicht selten über sich hinauswuchs.

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Der 34-Jährige ist überzeugt, dass das auch weiterhin die Basis sein muss. Exemplarisch führt er eine Szene an, in der Neuzugang Hugo Ekitiké gegen Augsburg einen verlorengegangenen Ball zurückeroberte: “Das sind die Emotionen, mit denen wir in den letzten Jahren etwas aufgebaut haben, von denen wir gelebt und die uns so erfolgreich gemacht haben. Diese Grundsätze müssen wir bei allen Entwicklungen beibehalten, wir dürfen sie niemals verlieren”, betont Chandler.

Das müsse auch den Neuzugängen erklärt werden. Weise Worte. Denn insbesondere an den lethargischen Auftritten entzündete sich in dieser Saison oft die Kritik.

“Vielen hat die Leidenschaft gefehlt”

Das weiß auch Chandler. “Es ist ja nicht so, dass ich Eintracht Frankfurt nur hier am Campus lebe. Ich kenne sehr viele Eintracht-Fans und Leute aus der Kurve, bin viel unterwegs. Vielen hat einfach die Leidenschaft, der Ball nach vorne oder auch der gewisse Zweikampf gefehlt”, erzählt der frühere US-Nationalspieler.

Das sei den Anhängern im Stadion “auf den Sack gegangen”. Genau deshalb dürfe die Eintracht nicht das “wegwerfen”, was sie in den vergangenen Jahren erfolgreich gemacht habe. Gegen Augsburg sei die Reaktion der Mannschaft in der zweiten Hälfte “überragend” gewesen, meint Chandler, “wie wir da rausgekommen sind und uns auch in die Zweikämpfe geworfen haben”.

Auch für Dino Toppmöller, der erstmals als Cheftrainer in einer großen Liga arbeitet, sei das “ein Lernprozess”. Auf den Coach prassele in Frankfurt viel ein. Chandler erklärt: “Das ist ja auch nicht immer so leicht, wenn man einen Plan hat und vielleicht merkt, dass er nicht so ganz funktioniert.” Ungeschminkte Worte, die im Profifußball heutzutage selten sind. Dabei liegt es auf der Hand, dass Toppmöller in Frankfurt nur dann reüssieren wird, wenn er sich der DNA des Klubs anpasst – und nicht umgekehrt.

Einmal Adler, immer Adler

Chandler wird definitiv langfristig bei der Eintracht bleiben, erst kürzlich verlängerte er seinen auslaufenden Vertrag bis 2025. Die Kritik, die vor allem in den sozialen Netzwerken auch auf ihn seit Jahren einprasselt, lässt ihn kalt: “Ich sage immer zu meiner Frau: Wenn es danach gehen würde, was die Leute da reinschreiben, hätte ich schon vor zehn Jahren mit dem Fußball aufhören müssen.”

Wie lange er seine aktive Karriere fortsetzen will, kann er nicht genau beziffern. Aber er erklärt: “Solange ich Woche für Woche ohne Schmerzen auf dem Trainingsplatz stehen kann, ich fit bin und mich gut fühle, solange will ich Fußball spielen – am besten natürlich bei Eintracht Frankfurt. Danach werde ich auf jeden Fall bei der Eintracht bleiben. Das weiß ich schon.”

Offen ist noch, in welcher Position das sein wird. Klar ist: Die Eintracht ohne ihre immer zu Späßen aufgelegte Frohnatur Chandler kann und will sich niemand vorstellen.

Julian Franzke

Eintracht verlängert mit Chandler und sorgt damit für Verwirrung

Eintracht Frankfurt sorgte am Donnerstag mit der Vertragsverlängerung von Timothy Chandler bis 2025 für Schmunzeln. Denn laut einer drei Jahre alten Pressemitteilung hatte der 34-Jährige bereits 2021 bis 2025 verlängert.

Stolzer Adlerträger: Timothy Chandler.

Stolzer Adlerträger: Timothy Chandler.

IMAGO/eu-images

“Der gebürtige Frankfurter hat seinen Vertrag bei der Eintracht um ein weiteres Jahr bis zum Ende der Saison 2024/25 verlängert”, hieß es in der aktuellen Pressemitteilung der Hessen, die damit für etwas Verwirrung sorgten. Denn bereits am 6. Mai 2021 hieß es in einer Mitteilung der SGE: “Der dienstälteste Frankfurter Profi Timothy Chandler hat seinen Vertrag bei Eintracht Frankfurt vorzeitig um drei Jahre bis 2025 verlängert. Das bisherige Arbeitspapier des gebürtigen Frankfurters hätte noch Gültigkeit bis 2022 besessen”, hieß es dort aus heutiger Sicht wohl fälschlicherweise.

Offenbar hatte Chandler also nicht seinen Vertrag von 2022 um drei Jahre ausgedehnt, sondern er hatte 2021 um drei weitere Spielzeiten verlängert, sodass sein Arbeitspapier diesen Sommer ausgelaufen wäre. Bemerkenswert allerdings, dass der Fehler von der Eintracht nie korrigiert wurde.

“Ansprechpartner auf dem Platz und in der Kabine”

Die erneute Unterschrift sorgte jedenfalls für glückliche Gesichter.  “Timmy ist eine Identifikationsfigur und ein wichtiger Spieler für uns”, kommentierte also Sportvorstand Markus Krösche. “Gerade für die jungen Spieler ist er ein wertvoller Ansprechpartner auf dem Platz und in der Kabine. Mit seiner positiven Energie schafft er es, andere mitzureißen. Wir sind glücklich darüber, dass er mindestens ein weiteres Jahr bei uns spielen wird.”

Fast ein ganzes Leben bei der Eintracht

2001 ging das Abenteuer Eintracht für den damals zehnjährigen Chandler los. Lediglich von 2010 bis 2014 kickte der in Frankfurt geborene 29-malige US-Nationalspieler zwischenzeitlich für den 1. FC Nürnberg. Allerdings spielte der rechte Verteidiger zuletzt nur noch eine sportliche Nebenrolle und hat lediglich fünf Einwechslungen in seiner Bundesliga-Bilanz der laufenden Saison zu verbuchen.

“Eintracht Frankfurt ist mein Zuhause. Das ist meine zweite Familie”, begründet Chandler und ist noch nicht müde: “Ich brenne darauf, auch in der kommenden Saison mit dem Adler auf der Brust zu spielen. Ich bin immer noch topfit und voller Tatendrang. Wir haben ambitionierte sportliche Ziele.”

Dem Verein wird er wohl so oder so treu bleiben. 2021 hieß es in der Mitteilung jedenfalls bereits: “Der neue Kontrakt enthält außerdem die Option auf eine noch nicht näher definierte Weiterbeschäftigung im Anschluss an die aktive Spielerkarriere.” Fortsetzung folgt wahrscheinlich also …