Rosens Zukunft hängt vom Saisonfinale ab – Schicker im Fokus der TSG

Wie sieht die Führung der Zukunft aus bei der TSG Hoffenheim? Das wird auch davon abhängen, ob den Kraichgauern im Saisonendspurt die Qualifikation für das internationale Geschäft gelingt.

Sportgeschäftsführer: Alexander Rosen (TSG Hoffenheim) und Andreas Schicker (Sturm Graz).

Sportgeschäftsführer: Alexander Rosen (TSG Hoffenheim) und Andreas Schicker (Sturm Graz).

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Am vergangenen Wochenende jedenfalls hat die Elf von Trainer Pellegrino Matarazzo ihre Chancen verschlechtert mit einem desaströsen 1:4 bei Mainz 05. Nur sechs Tage nach dem so wichtigen 3:1-Erfolg gegen den direkten Konkurrenten FC Augsburg war die TSG nicht wiederzuerkennen und fiel im Rennen um die europäischen Ränge auf Tabellenplatz neun zurück – wobei sowohl der FCA als auch der SC Freiburg (je drei Punkte mehr) und Eintracht Frankfurt als Sechster (sechs Punkte mehr) längst nicht uneinholbar vorne liegen. Vor dem Duell mit Borussia Mönchengladbach an diesem Samstag (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker) steht Hoffenheim dennoch ein Stück weit unter Zugzwang nach der Niederlage in Mainz.

Zwar sprach Sportgeschäftsführer Alexander Rosen jüngst davon, dass man keinesfalls Druck habe, sondern es nach der vom Abstiegskampf geprägten Vorsaison eher als positive Herausforderung empfinde, um Europa mitzuspielen: “Das Schöne ist, wenn man darum spielen darf, nicht wenn man muss. Das ist ein Unterschied, wir sind kein etablierter Top-Sechs-Klub, der da reinkommen muss.”

Nichtsdestotrotz hängt nach kicker-Informationen auch Rosens Zukunft trotz bis 2025 laufenden Vertrags von dem finalen Ausgang dieser Spielzeit ab, vor der nach dem Verkauf von Leistungsträger Christoph Baumgartner (RB Leipzig) kräftig investiert wurde in Mergim Berisha (FCA), Attila Szalai (Fenerbahce) und Anton Stach (Mainz 05). In der Gesamtbewertung wird es dabei eine Rolle spielen, ob den Kraichgauern die Qualifikation fürs internationale Geschäft gelingt.

Interesse an Schicker

Dazu passt, dass nun erstmals ein konkreter Name als potenzieller Nachfolger auftaucht im Umfeld des Klubs, nämlich der von Andreas Schicker. Der 37-Jährige soll nach kicker-Informationen das Interesse der Hoffenheimer auf sich gezogen haben für den Fall einer Trennung von Rosen. Die TSG wäre nicht der erste Bundesligist, der auf Schickers gute Arbeit als Sportgeschäftsführer bei Sturm Graz aufmerksam geworden ist. Sowohl Werder Bremen (als Nachfolger für Frank Baumann) als auch Darmstadt 98 (als Nachfolger für Carsten Wehlmann) hatten den Österreicher im Auge, es kam allerdings jeweils anders. Schicker arbeitet seit 2018 in der Steiermark, zunächst als Chefscout, seit 2020 als Sportgeschäftsführer. Aktuell liegt Sturm in der Meistergruppe auf Rang 2 und steht im österreichischen Pokalfinale gegen Rapid Wien. Sein Vertrag in Graz ist bis 2026 datiert.

Benni Hofmann

TSG: Sieben Millionen stehen im Feuer

Nur noch gut ein Jahr lang läuft die strategische Partnerschaft zwischen der TSG Hoffenheim und der Schwarz-Gruppe, zu der unter anderem die Discounter-Giganten Lidl und Kaufland gehören. Dem Vernehmen nach soll die Fortführung des Engagements des Milliarden-Unternehmens auf der Kippe stehen.

Auf der Kippe? Die Hoffenheimer PreZero-Arena könnte ihren Namensgeber verlieren.

Auf der Kippe? Die Hoffenheimer PreZero-Arena könnte ihren Namensgeber verlieren.

IMAGO/Michael Weber

Für die Kraichgauer wäre das ein herber Schlag ins Kontor, schließlich stellt die Heilbronner Firmengruppe mit Pre-Zero seit 2019 nicht nur den Namensgeber der Sinsheimer Arena, sondern taucht mittlerweile mit mehreren Töchtern im Werbeumfeld der TSG auf. So etwa mit der Getränkemarke Saskia, dem hauseigenen Cloud-Dienstleister Stack-IT – und dem Cybersicherheits-Anbieter XM Cyber, den die Schwarz-Gruppe im November 2021 übernommen hatte. Und genau in diesem Bereich soll einer der Hintergründe liegen, weswegen es zuletzt Ärger gegeben haben soll.

TSG im Interessenskonflikt zweier Cybersicherheits-Dienstleister

Seit Anfang 2023 bezieht die TSG Leistungen der Stack-IT und von XM Cyber. “Dafür wurden entsprechende Verträge, die auch Werbeleistungen inkludieren, geschlossen”, teilt der Bundesliga-Neunte mit. Parallel unterhalten die Hoffenheimer seit Februar 2024 eine Partnerschaft mit einem weiteren Cybersicherheits-Dienstleister. Dazu gab es im Klubmagazin “Spielfeld”, in dem auch die Stack-IT und XM Cyber mit Anzeigen werben, ein ganzseitiges Interview mit einem für das Thema IT-Sicherheit zuständigen Direktor der TSG, das als Advertorial gekennzeichnet war.

Anzeigen hier, eine im Gewand eines redaktionellen Beitrags daherkommende Annonce mit Lobesworten für den anderen Dienstleister da – das soll dem Vernehmen nach nicht besonders gut angekommen sein bei der Schwarz-Gruppe. In der Folge, so berichten es mehrere Mitarbeiter respektive dem Bundesligisten nahestehende Personen, sollen bei Heimspielen die Logen und Business-Seat-Kontingente der Heilbronner zuletzt kaum bis gar nicht genutzt worden sein. Gekündigt allerdings wurden sie nicht, erklärt die TSG auf Nachfrage.

Schwarz-Gruppe äußert sich nicht

Die Schwarz-Gruppe gibt sich schmallippig. XM Cyber möchte nicht über die Partnerschaft mit Hoffenheim sprechen. Die Konzern-Mutter beantwortete Mitte März konkrete Fragen – ob sie ihre Business-Seat-Kontingente gegen Union Berlin (17. Februar) und Werder Bremen (3. März) größtenteils nicht ausgeschöpft habe und ob es stimme, dass sie wegen der Sache mit dem Konkurrenzdienstleister von XM Cyber darüber nachdenke, die Partnerschaften ihrer Töchter mit der TSG zum jeweils nächstmöglichen Zeitpunkt auslaufen zu lassen – lediglich mit dem Allgemeinplatz: “Wir äußern uns grundsätzlich nicht zu den Aktivitäten unserer Partner in Bezug auf Dritte. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir darüber hinaus weiterhin keine Angaben zu Vertragsinhalten und zur künftigen Vertragsgestaltung machen.”

Bei der TSG heißt es zu der Frage, ob denn bereits ein Austausch über eine Verlängerung der 2025 endenden Partnerschaft mit Stadionnamensgeber Pre-Zero stattgefunden habe: “Wir sind mit unseren Partnern nahezu täglich in einem engen und konstruktiven Austausch. Über Details von Vertragsgesprächen können wir uns nicht äußern.” Hinter der Kulissen versucht man, die Situation zu klären, was in das Ressort des für Sponsoring zuständigen Geschäftsführers Denni Strich fällt. Nach kicker-Informationen soll dabei auch TSG-Beiratsmitglied Gerhard Oswald um Vermittlung gebeten worden sein, nicht zuletzt, weil der SAP-Aufsichtsrat mit einem führenden Schwarz-Mitarbeiter in einer KI-Initiative sitzt. Zuletzt soll immerhin ein wenig Entspannung eingekehrt sein.

Es geht um eine erhebliche Summe für die TSG

Was das für die Zukunft des Milliardenkonzerns als TSG-Partner bedeutet? Unklar, genauso wie die Tatsache, dass sich die Schwarz-Gruppe seit Juli 2023 mit exakt den Töchtern, die auch in Hoffenheim im Portfolio sind, beim Branchenprimus FC Bayern engagiert. Insider beziffern das Sponsoring der Heilbronner auf etwa sieben Millionen Euro pro Saison. Eine für einen mittelgroßen Bundesligisten erhebliche Summe, die da im Feuer steht.

Benni Hofmann

Stach sieht “eine Menge Qualität” – die Frage ist nur wo?

Einen unrühmlichen Vereinsrekord aus der Saison 2013/14 hat die TSG Hoffenheim mit dem 1:4 in Mainz eingestellt, seit nunmehr 24 Spielen wartet sie auf eine Partie ohne Gegentor. Schwer zu glauben angesichts der Tatsache, dass sie zuletzt besonders in Defensivkräfte investierte – aber wahr.

“Wir lassen einfach zu viel zu.” Anton Stach kassierte mit der TSG schon 57 Gegentreffer.

IMAGO/TSG 1899 Hoffenheim

Sowohl im Sommer 2022 (Ozan Kabak, Stanley Nsoki) als auch 2023 (Attila Szalai) wurden jeweils zweistellige Millionenbeträge in Innenverteidiger gesteckt, dazu kam im Januar 2023 eine günstige “Notnachbesserung” mit John Anthony Brooks sowie im Januar 2024 die Leihe von Linksverteidiger David Jurasek.

Alles große Namen, entsprechend müsste es schon so sein, wie es Anton Stach skizziert: “Wir haben eine Menge Qualität in der Abwehr.” Zu sehen aber ist davon nichts. Bis auf Brooks und mit Abstrichen Kabak floppten die defensiven Nachbesserungen. Der zuletzt von Trainer Pellegrino Matarazzo immer wieder gelobte Jurasek mag nach vorne großes Potenzial haben, nach hinten aber agiert der Tscheche ohne Biss, leichtfertig und taktisch ähnlich unbedarft wie phasenweise Nsoki.

Wir lassen einfach zu viel zu.

Anton Stach

Das Resultat ist bedenklich: Mit nunmehr 57 Gegentreffern stellt die TSG die drittschlechteste Abwehrreihe der Bundesliga – nicht auszudenken, würde Oliver Baumann nicht eine konstant starke Runde spielen, der Schlussmann verhinderte oftmals Schlimmeres in dieser Saison.

Natürlich liegt es nicht allein an der Dreier- respektive Fünferreihe, wenn eine Mannschaft ein Gegentor ums andere fängt, sondern am Gesamtverhalten des Teams. Doch was sagt es aus, wenn etwa Stach wie nach der Pleite in Mainz fordert: “Wir müssen daran arbeiten, uns immer reinzuhauen, damit es immer schwer wird, gegen uns zu Torchancen zu kommen. Wir lassen einfach zu viel zu.” Das impliziert im Endeffekt, dass sich diese Hoffenheimer Truppe eben nicht immer voll reinhaut – auch wenn der 25-Jährige das sicherlich nicht so gemeint haben wird.

Unabhängig vom Trainer: Abwehrprobleme bleiben im Kraichgau

Aber ein bisschen was könnte dran sein an der These. Defensivpersonal ausgetauscht, Trainer ausgetauscht von Alfred Schreuder über Sebastian Hoeneß und Andre Breitenreiter nun zu Matarazzo – nur die Probleme scheinen zu verbleiben im Kraichgau. Wo sich das Anspruchsdenken womöglich noch in der Nagelsmann-Ära befindet, der Personalaufwand aber fairerweise wohl die Realität abbildet, die im Niemandsland der Tabelle liegt mit dem aktuellen neunten Rang.

Die gute Nachricht aus Hoffenheimer Sicht: Im Schneckenrennen um die Plätze sechs und sieben (und womöglich den ebenfalls für Europa reichenden Rang acht) macht ein 1:4 nicht wirklich viel aus. Und auch eine Serie von 24 Partien mit mindestens einem Gegentreffer offenbar nicht.

Benni Hofmann

Matarazzo fehlen Herz und Härte: “Das ist talentfrei”

Das 1:4 bei Mainz 05 dürfte heftige Nachwirkungen haben bei der TSG Hoffenheim. Zumindest kündigte Pellegrino Matarazzo diese an, indem er mit seiner Mannschaft hart ins Gericht ging.

Schwer enttäuscht über Hoffenheims Leistung in Mainz: Pellegrino Matarazzo.

Schwer enttäuscht über Hoffenheims Leistung in Mainz: Pellegrino Matarazzo.

IMAGO/Nordphoto

“Ich bin sehr, sehr enttäuscht über unsere Leistung”, leitete der Trainer seine Spielanalyse auf der Pressekonferenz ein und fällte ein vernichtendes Urteil: “Wir waren nicht in der Lage, mit Mainz und deren Intensität zu konkurrieren. Da fehlten uns die Lösungen und die Entscheidungsfindung auf dem Platz, aber auch das Herz und die Intensität, zu verteidigen und sich im richtigen Moment durchzusetzen.” Allein diese Worte klingen nach Alarmsignal, weil fehlendes Herz und fehlende Intensität im Endeffekt grundlegende Elemente im Sport sind – egal ob nun professionell betrieben oder nicht – um dauerhaft erfolgreich zu sein.

Und dauerhafter Erfolg, also Konstanz, ist das große Manko dieser Hoffenheimer Truppe. Das ist sicherlich nicht erst so, seit Matarazzo auf der Bank sitzt, sondern seit Jahren. Entsprechend hart ging der Italo-Amerikaner mit seiner Elf ins Gericht: “Für mich ist das das Einfachste: Hart zu sein, intensiv zu sein. Das ist talentfrei. Mainz war in dieser Hinsicht einfach besser. Das ist sicher eine Frage des Profils, wir waren nicht am Maximum heute.”

Matarazzo kündigt  Aufarbeitung an

Die Tatsache, dass auch die TSG-Profis nichts an der Leistung beschönigten, ist immerhin ein kleiner Grund zur Hoffnung aus Hoffenheimer Sicht. Besonders heftig ins Kontor schlug Grischa Prömel bei TV-Sender Sky („von allem zu wenig“, “das reicht in der Bundesliga nicht”, “desaströs“). Matarazzo betrachtete es als nachvollziehbar, dass der Mittelfeldspieler mit sich und den Kollegen hart ins Gericht ging und pflichtete Prömel bei: „Gemäßigte Töne sind nach diesem Spiel nicht angebracht.” Zudem kündigte der 46-Jährige eine Aufarbeitung des Debakels von Mainz an: “Wir werden das nicht schnell abhaken können, wir gehen tief in die Wunde rein. Denn wenn wir aus diesem Spiel nicht lernen, werden wir auch künftig nicht in der Lage sein, gegen so einen Gegner zu gewinnen.”

Wer glaubte, das 3:1 gegen den FC Augsburg in der Vorwoche könne als Musterbeispiel für die TSG, der man im Prinzip seit Jahren bei aller fußballerischen Qualität fehlende Resilienz nachsagt, gegen unangenehme Kontrahenten dienen, sieht sich getäuscht. Und sollte im Rückblick den Dreier gegen die bayerischen Schwaben nicht überhöhen. Denn diese waren 30 Minuten lang quasi nicht auf dem Platz. Ähnlich wie die TSG Hoffenheim in Durchgang zwei am Samstag in Mainz …

Benni Hofmann

Hoffenheim und das lange Warten aufs zu null: “… dann kommt es von alleine”

Letztmals am 23. September 2023, beim 2:0 beim 1. FC Union, stand bei der TSG Hoffenheim die defensive Null. Pellegrino Matarazzo sieht Anzeichen dafür, dass seine Schützlinge diesen Bann bald brechen werden.

Blieb zuletzt im September ohne Gegentor: Oliver Baumann.

Blieb zuletzt im September ohne Gegentor: Oliver Baumann.

IMAGO/foto2press

“Ich hatte in den letzten zwei Spielen das Gefühl, dass alle Spieler bereit waren, das Tor zu verteidigen. Das ist der erste Schritt”, beschreibt der Trainer die jüngste Entwicklung seiner Elf nach dem 1:2 bei Bayer Leverkusen und dem 3:1 gegen den FC Augsburg.

In der Tat wirkten die Kraichgauer vor allem gegen den FCA defensiv wesentlich stabiler als noch in den Wochen zuvor. Insofern wird es spannend zu sehen sein, wen Matarazzo am Samstag in Mainz (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker.de) in der Dreierreihe hinten aufbietet.

Sie haben mit ihrem Trainer zu alten Stärken zurückgefunden.

Pellegrino Matarazzo

Wie zuletzt Ozan Kabak, der gegen Augsburg angeschlagen vom Feld musste, aber fürs Wochenende fit ist, Florian Grillitsch und Tim Drexler? Oder auch den eingewechselten John Anthony Brooks, der gegen den FCA in der Schlussphase massiv stabilisierte? Übermäßigen Fokus auf das lange Ausbleiben einer “weißen Weste” für Keeper Oliver Baumann will der Coach ins gesamt allerdings nicht legen: “Vielleicht ist es wichtiger, das nicht mehr zu thematisieren, dann kommt das von alleine.”

Definitiv nicht von alleine kommen werden die Punkte aus Rheinhessen. Matarazzo imponiert, wie sich die Nullfünfer gerade aus dem Abstiegssumpf ziehen: “Sie haben mit ihrem Trainer zu alten Stärken zurückgefunden, sie spielen intensiv, das ganze Umfeld ist emotionalisiert. Das kommt auf uns zu. Sie kommen mit dem Messer zwischen den Zähnen auf den Platz. Darauf müssen wir vorbereitet sein.”

Am Samstag ist die Frage der Resilienz entscheidend

Vor allem die Frage der Resilienz dürfte am Samstag entscheidend sein, eigentlich eine Kategorie, die der TSG nicht immer schmeckt. Allerdings: Dass sie gegen eine ebenfalls – im positiven Sinne – unangenehm auftretende Mannschaft wie Augsburg vom Anpfiff weg dominierte und sich fußballerisch zunächst kaum beirren ließ, dürfte Matarazzo Mut machen.

“Es wird wichtig sein, sofort da zu sein”, unterstreicht der 46-Jährige, weiß aber auch, dass der offene Schlagabtausch dem Kontrahenten womöglich besser liegt als seiner Truppe: “Wenn wir die Möglichkeit haben, den Rhythmus während des Spiels zu steuern, dann tun wir das. Wenn nicht, geht es darum, dagegenzuhalten.” Gut für Matarazzo: Er kann personell quasi aus dem Vollen schöpfen, neben den Langzeitverletzten Mergim Berisha und Marco John (beide Kreuzbandriss) muss nur Stanley Nsoki wegen wiederkehrender Hüftprobleme sehr wahrscheinlich passen.

Benni Hofmann

Bei Skov riecht es nach Abschied

Satte 9 Millionen Euro an Sockelablöse hatte Robert Skov die TSG Hoffenheim im Sommer 2019 gekostet, mit Boni dürfte sich die Summe auf einen zweistelligen Millionenbetrag erhöht haben. Doch die Zeit des Dänen im Kraichgau endet wohl.

Die Zeit von Robert Skov bei der TSG Hoffenheim neigt sich dem Ende entgegen.

Die Zeit von Robert Skov bei der TSG Hoffenheim neigt sich dem Ende entgegen.

IMAGO/Nordphoto

Zumindest deutet sehr vieles darauf hin, dass mit Ablauf des im Sommer endenden Vertrags Skov und die TSG getrennte Wege gehen, nicht zuletzt die Tatsache, dass selbst David Jurasek an ihm vorbeigezogen ist in der Hierarchie. Und die Leihgabe von Benfica Lissabon, für die die TSG eine bis zu 12 Millionen Euro hohe Kaufoption ziehen könnte, hatte speziell defensiv nicht wirklich überzeugende Leistungen an den Tag gelegt. Dennoch hatte der Tscheche zuletzt dreimal den Vorzug vor Skov erhalten auf der linken Seite.

Dass Skov, einst als Torschützenkönig der dänischen Liga mit 29 Treffern verpflichtet, nie so recht den Durchbruch im Kraichgau geschafft hatte, liegt an mehreren Gründen. Einer davon: Die Rolle, mit der er den FC Kopenhagen 2018/19 zum Meistertitel in seinem Heimatland schoss, gibt es so nicht bei der TSG. Den Linksfüßer im rechten offensiven Mittelfeld, der nach innen zieht und abschließt, abgesichert in einem Viererkettensystem von einem Außenverteidiger. Und die gut gemeinte Umschulung von Ex-Trainer Alfred Schreuder zum Linksverteidiger beraubte Skov seiner größten Stärke: des Abschlusses. Elf Treffer in 111 Bundesligapartien sind für den Fuß eines Robert Skov eine zu geringe Quote.

Zuletzt hatte auch Pellegrino Matarazzo die Klasse des 27-Jährigen hervorgehoben, zugleich allerdings klar gesagt, dass Skov die Konstanz fehlt: “Robert Skov hat in der Vergangenheit gezeigt, dass er einen unfassbar guten linken Fuß hat, dass er in der Lage ist, auch Spiele zu entscheiden. Wenn er das regelmäßig auf den Platz bekommen würde, dann würde er einen richtig guten Schritt machen. Robert ist ein Spieler, wo es definitiv an der Konstanz liegt. Er hat alle Anlagen dazu, ein Top-Spieler zu sein.”

Nicht nur die Arbeitspapiere von Skov enden

Ob er das in Hoffenheim nochmal wird? Die Zweifel sind groß, obgleich Matarazzo seine Aussagen keinesfalls als Prognose für die Zukunft des Profis verstanden wissen will. Neben Skovs Vertrag enden im Sommer bei der TSG auch die die Arbeitspapiere von John Anthony Brooks, Kasim Adams und Luca Philipp sowie die der Leihgaben Jurasek und Wout Weghorst (FC Burnley).

Benni Hofmann

Beier, Bebou, Kramaric oder Weghorst? Matarazzos Qual der Wahl

Pünktlich zum Saisonendspurt kommen neben dem konstantesten Angreifer der TSG Hoffenheim, Maximilian Beier, auch die anderen Offensivkräfte in Schwung. Was Pellegrino Matarazzo vor eine komplizierte Aufgabe stellt.

TSG-Coach Pellegrino Matarazzo hat viele Optionen in Mainz.

TSG-Coach Pellegrino Matarazzo hat viele Optionen in Mainz.

IMAGO/Avanti

Denn er muss sich für zwei bis drei Angreifer entscheiden bis zum Samstag, wenn die Kraichgauer bei Mainz 05 gefordert sind (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker). Schließlich kommt es bei aller offensiven Qualität auch auf die richtige Balance an. Das hat das 3:1 gegen den FC Augsburg einmal mehr verdeutlicht. Nach der gelungenen Anfangsphase war es nämlich vornehmlich die geschlossene Defensivleistung, die ausschlaggebend war für den Dreier gegen den direkten Konkurrenten im Rennen um Europa. Das wird Matarazzo bedenken, wenn er seine Startelf für das Gastspiel in Rheinhessen zusammenstellt.

Beier dürfte als 13-Tore-Stürmer gesetzt sein, auch wenn der 21-Jährige gegen Augsburg in Sachen Offensivaktionen eher unter dem Rader lief. Zumal der Youngster sich als fleißiger Arbeiter und Anläufer bei gegnerischem Ballbesitz stets vorbildlich verhält. Dass Andrej Kramaric und Wout Weghorst ihre zwei respektive drei Monate dauernden Torflauten beendet haben, macht sie streng genommen eigentlich zu den beiden weiteren Verdächtigen in der offensiven Dreierreihe, wobei der Kroate hier eher von der Zehnerposition aus agiert. Denkbar wäre allerdings auch, Weghorst als Zielspieler ins Sturmzentrum zu setzen, flankiert von den schnellen Beier und Ihlas Bebou, der gegen Augsburg ebenfalls getroffen hatte. Der Charme dieser Option: Das durchaus gefürchtete Mainzer Mittelfeldpressing könnte die TSG so mit Chipbällen auf Weghorst umspielen und liefe weniger Gefahr, den Nullfünfern Umschaltszenen zu ermöglichen.

Matarazzo hat nicht nur offensiv viele Optionen

Doch ob Matarazzo Kramaric opfert? Seine Auswechslung am Sonntag goutierte der Kroate sichtlich nicht – überinterpretieren sollte man die Reaktion des 32-Jährigen jedoch keineswegs, der als ehrgeiziger Heißsporn gilt und am liebsten immer 90 Minuten auf dem Feld sein möchte. Taktisch jedenfalls war der Tausch gegen den defensiveren Umut Tohumcu in der 74. Minute nachvollziehbar, am Ende ging Matarazzos Plan auf. Eine weitere Option mit defensiverer Ausrichtung: Zwei Spitzen zu stellen und den dynamischen Anton Stach von der Doppelsechs auf die Zehn vorziehen, weil der Coach mit den zurückgekehrten Grischa Prömel und Dennis Geiger in der Schaltzentrale mittlerweile wieder auf ein großes Angebot zurückgreifen kann. Nicht nur offensiv also hat Matarazzo die Qual der Wahl.

Benni Hofmann

Rosen hofft aufs “Joker-Pfund”

Im Rennen ums internationale Geschäft hofft Hoffenheims Sportgeschäftsführer Alexander Rosen auf einen Trumpf, der am vergangenen Sonntag beim 3:1 gegen den FC Augsburg bereits gestochen hatte: den auch in der Tiefe vergleichsweise qualitativ starken Kader.

Brachte gegen den FCA unter anderem John Anthony Brooks (li.) ins Spiel: Pellegrino Matarazzo.

Brachte gegen den FCA unter anderem John Anthony Brooks (li.) ins Spiel: Pellegrino Matarazzo.

IMAGO/Nordphoto

Denn ein Grund, weswegen die Kraichgauer den Sieg gegen den FCA nach einer starken Anfangsphase trotz einer deutlichen Steigerung der Gäste über die Zeit gebracht haben, waren die Joker, die Pellegrino Matarazzo hineinwerfen konnte. “Die Wechsel haben uns stabilisiert”, fand auch der Trainer im Anschluss an den wichtigen Dreier. Rosen stimmte mit ein: “Top, was die Einwechselspieler gemacht haben, das kann ein Plus sein.”

Brooks sorgt gegen Augsburg für Stabilität

Mit fünf Wechseln hatte Matarazzo sein Kontingent gegen die bayerischen Schwaben voll ausgeschöpft. Vor allem die Einwechslung von John Anthony Brooks für den speziell nach dem Seitenwechsel manchmal fahrigen Ozan Kabak in der 64. Minute gab der Partie einen neuen Einfluss, nachdem kurz zuvor Ermedin Demirovic den Anschlusstreffer für die Gäste erzielt hatte.

“Nach dem Anschlusstreffer war es ein-, zweimal wacklig”, musste auch Rosen, der am morgigen Mittwoch seinen 45. Geburtstag feiert, eingestehen. Dass die Abwehrwand der Platzherren da nicht kippte, lag neben einer starken Rettungsaktion Wout Weghorsts nach einer Ecke auch an Brooks. Der US-Amerikaner, der ob seiner Tempodefizite immer einmal wieder Probleme bekommt, wenn die TSG hoch pressen muss, gab den Turm in der Schlacht. Kompromisslos im Zweikampf, schnörkellos in der Klärung, abgeklärt am Ball. Ein Auftritt des 31-Jährigen, der ihm mit Blick auf seinen im Sommer auslaufenden Vertrag Argumente liefern wird.

Auch die anderen Joker überzeugen

Neben Brooks lobte Rosen auch die vier weiteren Joker, Umut Tohumcu, Ihlas Bebou, Torschütze zum 3:1, Finn-Ole Becker und Marius Bülter. Und in der Tat gingen auch diese Wechsel Matarazzos auf. Tohumcu und Becker funktionierten als sichere Ballschlepper im Mittelfeld, Bülter mit Abschlüssen und Tempo über links und Bebou eben mit seinem Tor. Für Rosen Grund genug zu der Annahme, dass sich die Kadertiefe in den letzten sechs Partien der Saison auszahlen wird: “In der Schlussphase einer Saison diese Breite zu haben, das kann ein echtes Pfund werden.”

Schließlich mischt die TSG voll mit im Rennen ums internationale Geschäft – nicht zuletzt ob des Sieges gegen den direkten Konkurrenten Augsburg, an dem neben den offensichtlichen Matchwinnern Weghorst und Andrej Kramaric auch die Joker ihren Anteil hatten.

Benni Hofmann

Weghorst schielt sogar noch auf die Eintracht

Lange musste Wout Weghorst auf sein sechstes Saisontor für die TSG Hoffenheim warten, beim 3:1 gegen den FC Augsburg klappte es dann endlich. Sieg und Treffer weckten beim Niederländer die Angriffslust.

Durfte wieder einen eigenen Treffer bejubeln: Wout Weghorst (Mitte).

Durfte wieder einen eigenen Treffer bejubeln: Wout Weghorst (Mitte).

IMAGO/Jan Huebner

Denn offenbar sieht Weghorst auch noch Rang sechs als möglich an, obgleich dort die Frankfurter Eintracht mit derzeit sechs Zählern mehr als die Kraichgauer rangiert bei nur noch sechs ausstehenden Partien. “Alles ist offen. Du willst immer nach dem Höchsten streben, wir sind voll im Rennen um die Europa-League-Plätze”, richtete der 31-Jährige am Sonntagabend eine Kampfansage an die Hessen. Gerade die erste halbe Stunde gegen den FCA dürfte ihn dazu veranlasst haben.

“Die ersten 20, 25 sogar 30 Minuten haben wir das sehr gut gemacht, sind immer ins letzte Drittel gekommen”, analysierte der Mittelstürmer, der das 1:0 selbst besorgt und Andrej Kramaric zum 2:0 assistiert hatte. Dass Weghorst in der 81. Minute auch noch einen Kopfball von Patric Pfeiffer von der Linie kratzte – es wäre der Ausgleich zum 2:2 gewesen, ehe Ihlas Bebou das 3:1 gelang – machte ihn endgültig zum Mann des Tages.

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Mit Kritik aber sparte der 1,97-Meter-Hüne dennoch nicht: “Die letzten zehn Minuten der ersten Halbzeit sind wir ein bisschen schlampiger geworden und auch in der zweiten Halbzeit haben wir es nicht gut gemacht.” Da war plötzlich nach Umstellung aufs gewohnte 4-4-2 mit Raute der FCA am Drücker und bereitete der TSG arge Probleme. “Wir hätten im eigenen Ballbesitz souveräner sein müssen, dann kannst du das Spiel wieder in den Griff kriegen”, weiß der erfahrene Weghorst, der vor dem Tor gegen Augsburg letztmals am 20. Januar beim 2:3 in Freiburg, einen direkten Konkurrenten um Rang sieben, der mutmaßlich für die Conference-League-Playoffs reichen dürfte, getroffen hatte.

Dass er am Sonntag nach komplizierten Wochen derart zur Geltung kam, macht der ehemalige Wolfsburger auch an der dominanten Anfangsphase fest: “Um den 16er herum, da liegt meine Qualität, da bin ich am stärksten.” Und daran, dass ihm der FCA einfach liegt. Denn bereits vor dem jetzigen Aufeinandertreffen las sich seine Statistik gegen die bayerischen Schwaben mit fünf Treffern bei sieben Duellen vorzüglich. “Du weißt, dass du gegen eine Mannschaft schon viele Tore gemacht hast. Das ist schon irgendwo im Unterbewusstsein, vielleicht gibt das ein bisschen mehr Selbstvertrauen.” Davon jedenfalls dürfte die Leihgabe des FC Burnley am Sonntag genügend getankt haben für den Liga-Endspurt.

Benni Hofmann

Matarazzo weiß nichts mehr: “Auf einmal lag Fritzle auf mir”

Als der VfB Stuttgart in der Nachspielzeit gegen Köln doch noch den direkten Klassenerhalt geschafft hatte, überschlugen sich die Emotionen. Mittendrin: Trainer Pellegrino Matarazzo.

Trainer, Spieler und Maskottchen: Der VfB Stuttgart ließ seiner Freude nach dem Klassenerhalt freien Lauf.

Trainer, Spieler und Maskottchen: Der VfB Stuttgart ließ seiner Freude nach dem Klassenerhalt freien Lauf.

IMAGO/Pressefoto Baumann

Irgendwie hatte es sich angekündigt, irgendwie aber auch nicht. Einerseits erspielte sich der VfB Stuttgart am letzten Spieltag gegen den 1. FC Köln Chance um Chance, bis auf Sasa Kalajdzics Kopfballtreffer nach einer Ecke wollte verschwenderischen Schwaben aus dem Spiel heraus aber kein Tor gelingen. Zu Beginn der Nachspielzeit gab es aber noch einen Eckstoß für den VfB …

Und plötzlich, weil auch aus Dortmund durchgesickert war, dass der BVB den 0:1-Rückstand gegen Hertha BSC in ein 2:1 gedreht hatte, brachen alle Dämme. “Ich weiß gar nicht mehr, was passiert ist. Ich hab’ so einen Schädel vom vielen Schreien und Jubeln”, gestand VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo, der nach dem 2:1 durch Kapitän Wataru Endo “ekstatisch” Richtung Spielertraube gestürmt war, am “Sky”-Mikrofon.

Ein Tor des “absoluten Willens”

“Ich weiß auch gar nicht, wer das Tor geschossen hat”, grinste der 44-Jährige, ehe er darüber aufgeklärt wurde – “ich sehe nur, wie auf einmal Fritzle auf mir lag”. Auch das Maskottchen ließ seinen Emotionen nach zwei voneinander abhängigen dramatischen Spielverläufen freien Lauf. Für “alle, die zum VfB gehören”, war es laut Matarazzo “ein schöner Moment, ein toller Abschluss”. Dank eines Tores “des absoluten Willens.”

Bundesliga, 34. Spieltag

Der verbal manchmal etwas zurückhaltende Coach nahm es mit der Verschwiegenheit nach dem abrupten Saisonende – in die Relegation muss nun Hertha BSC – nicht mehr so genau: “Es wird sicherlich weitergefeiert. Ich glaube, es wird eine Abrissparty geben”, so Matarazzo, der zumindest nicht verriet, wo die Mannschaft des Tabellen-15. den Abend ausklingen lässt.

Wie auch immer das aber passieren mag: “Heute wird man nie vergessen”, sprach der US-Amerikaner auch den “überragenden” Fans aus der Seele. “Sein ganzes Leben lang.”