Lynen: “Gerade ist es nicht schlau, auf die Tabelle zu gucken”

Acht Punkte beträgt der Vorsprung auf Platz 16, Werder kann nicht mehr gewinnen und jetzt geht es nach Leverkusen: Senne Lynen blendet die Situation weitgehend aus.

Senne Lynen muss mit Werder noch den ein oder anderen Zähler einfahren.

Senne Lynen muss mit Werder noch den ein oder anderen Zähler einfahren.

IMAGO/Langer

Ein paar deutsche Wörter streute Senne Lynen immer mal wieder selbst in seine ansonsten auf Englisch formulierten Antworten ein. Doch als es am Mittwochnachmittag bei einer Frage auf Deutsch um etwaige “Sorgen” ging, zu der die aktuelle Lage beim SV Werder Bremen in der Bundesliga veranlasst, musste der Belgier doch um die Übersetzung bitten. Nur zwei Punkte aus den vergangenen sechs Spielen bieten aktuell durchaus Anlass zur Beunruhigung, der Vorsprung auf den Relegationsplatz ist auf acht Punkte geschmolzen, jener auf Platz 17 auf deren neun. Und noch stehen sechs Partien aus, das sind 18 zu vergebene Punkte für jeden Klub.

Lynen reagierte darauf zunächst jedenfalls mit einem Satz, wie er von Profifußballern jede Woche ausgesprochen wird: “Für uns ist es wichtig, auf uns zu gucken.” Was er dann aber noch ergänzte, offenbarte zumindest, dass man sich auch am Osterdeich der immer kritischeren Situation bewusst ist. Angesichts der anhaltenden Sieglosserie sei es “gerade nicht schlau, auf die Tabelle zu gucken”. Irgendwo verständlich, das Abrutschen in den vergangenen Wochen auf Platz 12 taugt nicht unbedingt dazu, für die “guten Gefühle und den Vibe” zu sorgen, auf die es laut Lynen ankomme, um erfolgreich zu sein.

Ersatzgeschwächtes Werder: Lynen hat “keine Angst”

Das 1:1-Unentschieden in Frankfurt wertete der 25-Jährige aber immerhin als Stimmungsaufheller und “einen Schritt nach vorne, vieles lief gut: Wir waren auf dem Platz wie ein Team – in schwierigen Phasen muss man zusammenbleiben.” Doch am Sonntag wartet auf die Bremer nun eben die schwierigste Aufgabe der Bundesliga, zumal in einem ganz außergewöhnlichen Rahmen: Bayer Leverkusen kann dann vor eigenem Publikum den Gewinn der Deutschen Meisterschaft klar machen. “Das ist ein Spiel, wo wir nicht so viel zu verlieren haben”, sagte Lynen: “Es wird viel Druck auf den Leverkusenern lasten, den Titel zu Hause fix zu machen.”

Dass Werder gerade in der Defensive ohne Marco Friedl (Gelbsperre), Anthony Jung (Rotsperre), Amos Pieper (Sprunggelenkverletzung) und wohl auch Niklas Stark voraussichtlich stark ersatzgeschwächt in die BayArena reisen wird, macht dem Mittelfeldspieler jedenfalls “keine Angst: Wir mussten schon in vielen Spielen unter Beweis stellen, dass dann ein anderer bereit war einzuspringen”, so Lynen: “Und mein Gefühl war immer, dass die Jungs einen guten Job gemacht haben.”

Tabellenmitte statt -spitze: “Das ist nicht einfach”

Für den Mann, der in der Vergangenheit mit Ex-Klub Royale Union Saint-Gilloise in Belgien sonst “fast immer” um die Plätze “an der Spitze der Tabelle” mitgespielt hat, ist es in der Bundesliga nun ja auch das erste Mal, dass es vorrangig um den Klassenerhalt geht. “Das ist nicht einfach”, befand Lynen, wobei er Wert darauf legt, dass Werder zurzeit nicht “unten in der Tabelle” rangiert, sondern “in der Mitte”.

Der Sommer-Neuzugang erklärt: “Ich war es gewöhnt, fast jedes Wochenende zu gewinnen. Das erinnert mich jetzt daran, dass das nicht normal war.” Und doch sei dieses Selbstverständnis aus Belgien genauso eine Hilfe für Lynens Mindset, auch mit Werder demnächst wieder Siege zu holen. Die Luft wird sonst immer dünner.

Tim Lüddecke

Personalpuzzle bei Werder mit Comebacker Friedl? “Gar nicht kompliziert”

Der SV Werder Bremen trifft auf den zuletzt chronisch erfolgslosen VfL Wolfsburg unter neuen Voraussetzungen, die “eine Premiere” für Trainer Ole Werner darstellen. Der SVW-Coach muss außerdem umbauen, sieht darin aber keinerlei Schwierigkeiten.

Kapitän und verlängerter Arm: Bremens Trainer Ole Werner kann wieder auf Marco Friedl (li.) bauen.

Kapitän und verlängerter Arm: Bremens Trainer Ole Werner kann wieder auf Marco Friedl (li.) bauen.

IMAGO/MIS

Die Ausfallliste bei Werder Bremen? Kurz ist sie nicht. Allein drei Profis müssen für das Heimspiel im Weserstadion gegen Wolfsburg am Karsamstag (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker) aufgrund ihrer jeweiligen 5. Gelben Karte aussitzen – Mitchell Weiser, Jens Stage, Senne Lynen. Darüber hinaus passen Dawid Kownacki (Oberschenkel), Niklas Stark (Sprunggelenk) und kurzfristig auch noch Angreifer Justin Njinmah (Hüfte) verletzungsbedingt.

“Justin hat die Probleme, die er die letzten Wochen schon mit dabei hatte, nicht rechtzeitig komplett hinter sich lassen können”, erklärte Werder-Cheftrainer Ole Werner am Gründonnerstag auf der obligatorischen Pressekonferenz vor diesem 27. Bundesliga-Spieltag und schränkte hoffnungsvoll ein: “Wir gehen davon aus, dass er nächste Woche wieder auf dem Platz steht.”

Werner sieht Lösungen – und setzt auf Rückkehrer

Wie genau will Werner nun die vielen fehlenden Puzzlestücke ausfüllen? Was sind seine Gedankenspiele? Ganz einfach: Werner zeigte sich wenig getroffen von den Ausfällen, er wird aus seiner Sicht eine sehr kompetitive Elf zusammenbauen. “Gar nicht kompliziert”, sagte der SVW-Coach. “Die Lösungen liegen auf vielen Positionen auf der Hand. Na klar ist es blöd mit den vielen Verletzungen und fehlenden Spielern. Doch es gibt viele, die auf ihren Einsatz warten und auch schon gezeigt haben, was sie drauf haben. Darauf freu ich mich. Ich habe vollstes Vertrauen in die Jungs und darauf, dass alle ihre Chancen nutzen wollen.”

Zumal Werner außerdem wieder auf seinen Kapitän bauen kann: Marco Friedl. Ein Syndesmoseriss hatte den 26-jährigen Österreicher und Innenverteidiger einige Wochen außer Gefecht gesetzt, nun winkt sein Comeback seit dem 1:0 in Köln vom 22. Spieltag (16. Februar). “Wenn Marco nichts Außergewöhnliches in den nächsten 24 Stunden passiert, dann wird er anfangen. Er ist unser Kapitän, darüber hinaus auch im Laufe der Saison in dieser zentralen Rolle (in der Mitte der Dreierreihe; Anm. d. Red.) besser und besser geworden. Er war vor der Verletzung in einer super Verfassung, auch jetzt hat er gut gearbeitet. Er wird uns sicherlich helfen.”

Werner und Hasenhüttl: “Details behalte ich in meinem Kopf”

Dass die Vorbereitung auf die finale Bundesliga-Phase nicht gut gelaufen war – der Test gegen Zweitligist Hannover 96 hatte ein enttäuschendes 1:3 hervorgebracht -, wurde außerdem schnell zu den Akten gepackt. Werner habe gerade der Auftritt beim Freundschaftsspiel zwar “nicht gefallen – viele Sachen in der Abstimmung und Kommunikation waren nicht gut” und auch einstellungstechnisch sei allgemein viel Luft nach oben gewesen. Das sei aber abgehakt, denn: “Die Intensität war bei dem ein oder anderen sicherlich nicht so gut, wie ich mir das vorstelle. Trotzalledem wartet am Samstag ein anderer Gegner auf uns, wo logischerweise ein anderer Charakter da ist. Dann stehen auch mehr Jungs auf dem Platz, die einen Rhythmus haben.”

Und auch der Aspekt, dass die seit elf Ligaspielen nicht mehr siegreichen Wölfe mit neuem Coach – Ralph Hasenhüttl als Nachfolger von Niko Kovac – daherkommen, treibe Werner nicht in Unsicherheit. “Diese Komponente kann man immer schwer voraussehen – abgesehen davon, dass bei einem Trainerwechsel viel Feuer und Engagement auf dem Platz zu sehen ist”, so der Werder-Coach. “Trotzdem gibt es viele Dinge, wo man sich Informationen holen kann. Das ist auch keine neue Situation, da hat man schon Erfahrungen gemacht.” Er sei deshalb optimistisch, “dass wir die Jungs gut auf das Spiel einstellen werden”.

Das Treffen mit Hasenhüttl wird allgemein “eine Premiere für mich. Er steht für hohes, aktives Anlaufen und geradliniges, zielstrebiges Spiel. Ein paar weitere Details behalte ich in meinem Kopf.”

“Ich erlebe Duckschi nicht großartig verändert”

Marvin Ducksch

Wartet seit geraumer Zeit auf sein zehntes Saisontor: Bremens Stürmer Marvin Ducksch.
IMAGO/Nordphoto

Und dann wäre da zu guter Letzt noch Bremens eigene Schwächephase mit drei 1:2-Niederlagen am Stück – bei der TSG Hoffenheim, gegen Dortmund und zuletzt bei Union Berlin. “Wir hatten speziell in Hoffenheim Möglichkeiten, mehr mitzunehmen”, blickte Werner nochmals darauf zurück. “Auch gegen Dortmund, wo die Rote Karte dazu kommt, haben wir hintenraus Möglichkeiten gehabt. Nichtsdestotrotz ist es so, dass wenn du dreimal in Folge ohne Punkte dastehst, erstens nicht zufrieden bist – und zweitens immer irgendwas gefehlt hat.”

Was genau? “Wenn es nur ein Tor Unterschied ist, geht es häufig um Effektivität und Konsequenz im Strafraum. Nicht um alles, denn sonst verlierst du Spiele deutlicher. Und da ist es jetzt unsere Aufgabe, diese Konsequenz wieder auf den Platz zu bringen. Es war gut, dass wir diese Pause hatten – und jetzt geht es in die letzten entscheidenden Spiele mit einer guten Ausgangssituation. Die gilt es für uns zu nutzen.”

Dabei soll im besten Fall auch der seit sechs Bundesliga-Partien torlose Marvin Ducksch wieder knipsen. Hart mit seinem Führungsspieler ins Gericht ging sein Trainer Werner übrigens nicht: “Ich erlebe Duckschi nicht großartig verändert, er arbeitet an seinen Themen. Wenn er dranbleibt, wird er auch wieder treffen – das hat er in der Vergangenheit auch immer bewiesen.”