Saad und die Hoffnung auf den nächsten großen Moment

Vor fast genau einem Jahr war sein Stern im Volkspark aufgegangen. Im April 2023 wurde Elias Saad beim Stadt-Derby zum erst zweiten Mal im Profifußball eingewechselt, traf erstmals und wurde fortan zu St. Paulis Überflieger. Vor der Neuauflage ist er unsanft gelandet.

Hat gute Erinnerungen an den Volkspark: Elias Saad.

Hat gute Erinnerungen an den Volkspark: Elias Saad.

IMAGO/MIS

Das Aufeinandertreffen vor rund zwölf Monaten war denkwürdig. Aufgrund des Spielverlaufs, des Ergebnisses von 4:3 – und auch aufgrund der Geschichte von Elias Saad. Der gebürtige Hamburger war erst vier Monate zuvor aus der Regionalliga von Eintracht Norderstedt ans Millerntor gewechselt, hatte für den HSV zwischendurch mal Futsal gespielt. Ausgerechnet im Derby erzielte er seinen ersten Treffer und startete eine Reise, die ausschließlich Höhepunkte bereithielt: ein Stammplatz auf St. Paulis linker Außenbahn, der Spitzenplatz in der 2. Liga, der erste Länderspieleinsatz für Tunesien.

Findet “Straßenkicker” Saad im Derby zu alter Stärke zurück?

Danach setzte ein Prozess ein, den sein Trainer und Förderer Fabian Hürzeler “völlig normal” findet: Der 24-Jährige, dessen größte Stärke laut Hürzeler  “seine Straßenkicker-Mentalität” ist, begann das Nachdenken, er verlor seine Einfachheit und Selbstverständlichkeit – und seinen Stammplatz: In Hannover (2:1) kam er erst in der Nachspielzeit, beim 1:0-Sieg gegen Rostock gar nicht ins Spiel. Und im Volkspark, wo vor rund einem Jahr sein Stern aufging?

Schon nach der Partie in Hannover hatte Hürzeler Enttäuschung bei seinem Flügelstürmer registriert und erklärt, es gehe nun um dessen Reaktion. Dass er in der Woche darauf keine Einsatzminute bekam, ist ein Indiz, dass diese ausgeblieben ist. In der Trainingswoche vor dem Derby hat der Coach nach eigener Aussage hingegen eine gesehen. “Elias hat sehr, sehr gut trainiert, er hat eine sehr, sehr gute Reaktion gezeigt.” Er sagt: “Natürlich darf er enttäuscht sein, aber mir ist wichtig, dass jeder sein Ego hintenanstellt.”

Hürzeler: “Vielleicht hat er am Freitag ja wieder einen großen Moment”

Hürzeler ist es wichtig, Saads Situation sachlich einzuordnen. “Elias ist ein junger Spieler, es ging seit dem Derby im letzten Jahr für ihn sehr rasant nach oben. Aber es gehört dazu, auch Schwächephasen auszuhalten und durchzumachen. Er kommt da nur allein raus.” Aber er muss nicht allein durch. “Es ist klar, dass er von uns die komplette Unterstützung bekommt.” Dann lächelt der 31-jährige Trainer versöhnlich und gleichzeitig herausfordernd: “Vielleicht hat er am Freitag ja wieder einen großen Moment.”

Sebastian Wolff

So plant Hürzeler den doppelten St. Pauli-Triumph

Der erste Matchball zum Bundesliga-Aufstieg liegt ausgerechnet im Volkspark parat. Fabian Hürzeler versucht gar nicht erst, diese Besonderheit für den FC St. Pauli kleinzureden, ist aber dennoch bemüht, den Fokus allein auf die sportliche Aufgabe zu richten.

“Große Chance, diesen Schritt zu machen”: Fabian Hürzeler will den Derby-Sieg und den Aufstieg.

IMAGO/Noah Wedel

“Es ist im Training und im gesamten Verein, in allen Gebäuden zu spüren, dass große Vorfreude und positive Emotionen da sind”, sagt der Trainer, “für uns aber ist es entscheidend, die Balance hinzubekommen aus Emotionen und Verstand. Darauf wird es ankommen.” Und darauf arbeitet er als Chef hin.

Hürzeler bestreitet die Vorbereitung auf sein drittes Stadt-Derby als Hauptverantwortlicher mit einem Kader, der sich wieder füllt. Abwehr-Chef und Chef-Stratege Eric Smith ist ebenso wieder im Training wie der linke Schienenspieler Lars Ritzka – das bedeutet für ihn einen Abwägungsprozess, insbesondere im Fall Smith. Der Schwede ist mit seinen herausragenden Fähigkeiten im Aufbauspiel ein Unterschiedsspieler, gleichzeitig besteht nach seinen auskurierten muskulären Problemen ein Restrisiko, dazu hat Hauke Wahl im Zentrum zuletzt in Hannover (2:1) und gegen Rostock (1:0) absolute defensive Verlässlichkeit garantiert.

Hürzeler sagt: “Eric ist unser Bindeglied, schafft es die Balance zwischen Offensive und Defensive herzustellen. Er ist ein Ausnahmespieler und hat herausragende Fähigkeiten, trotzdem haben wir es zuletzt auch ohne ihn geschafft.” Das bedeutet: Der Coach hofft, “dass Eric dabei ist, aber wir werden bei ihm und auch Lars Ritzka von Tag zu Tag sehen.”

Hürzeler will ersten Derby-Sieg

Von Tag zu Tag wird auch der Pulsschlag höher rund ums Millerntor, und Hürzeler nimmt dies auch genauso wahr. “Wir können die Bedeutung des Derbys gar nicht wegdiskutieren und wollen es auch nicht. Wir streben nach dem Höchsten.”

Ein Aufstieg ist das Resultat einer Saison, ein Derby-Sieg das Resultat eines Spiels. Ich denke, ich würde den Aufstieg höher bewerten.”

Fabian Hürzeler

Vor allem sagt er: “Ich habe das Derby als Cheftrainer jetzt zwei Mal gespielt und noch nie gewonnen.” Vor einem Jahr im Volkspark gab es eine 3:4-Niederlage in einem denkwürdigen und hochklassigen Stadt-Duell, im Hinspiel am Millerntor ein 2:2 nach 2:0-Führung. “Jetzt”, sagt Hürzeler, “will ich unseren Fans etwas zurückgeben.”

Hürzeler: “Daraus können wir auch Kraft ziehen”

Der Triumph wäre gleichbedeutend mit dem Aufstieg und aus seiner Sicht auch mit dem Erklimmen einer nächsten Entwicklungsstufe. “Natürlich spielt der Kopf eine große Rolle, aber irgendwann ist das überthematisiert, dann geht es darum, unter Druck abzuliefern und damit auch den nächsten Schritt zu gehen. Beim HSV haben wir die große Chance, diesen Schritt zu machen.”

Denn angesichts der großen Brisanz, dass der HSV daheim ausgerechnet im direkten Duell alles verlieren und der einst kleine Nachbar alles gewinnen kann, ahnt der 31-Jährige: “Wir werden ganz sicher nicht mit offenen Armen empfangen. Es wird hitzig, und daraus können wir auch Kraft ziehen.”

Deutlich macht er bei aller Rivalität, dass es ihm um mehr als den Derby-Sieg geht. “Die Bedeutung ist riesig, das weiß ich. Aber ein Aufstieg ist das Resultat einer ganzen Saison, ein Derby-Sieg das Resultat eines Spiels. Ich denke, ich würde den Aufstieg noch höher bewerten.”

Sebastian Wolff

So plant Hürzeler den doppelten St. Pauli-Triumph

Der erste Matchball zum Bundesliga-Aufstieg liegt ausgerechnet im Volkspark parat. Fabian Hürzeler versucht gar nicht erst, diese Besonderheit für den FC St. Pauli kleinzureden, ist aber dennoch bemüht, den Fokus allein auf die sportliche Aufgabe zu richten.

“Große Chance, diesen Schritt zu machen”: Fabian Hürzeler will den Derby-Sieg und den Aufstieg.

IMAGO/Noah Wedel

“Es ist im Training und im gesamten Verein, in allen Gebäuden zu spüren, dass große Vorfreude und positive Emotionen da sind”, sagt der Trainer, “für uns aber ist es entscheidend, die Balance hinzubekommen aus Emotionen und Verstand. Darauf wird es ankommen.” Und darauf arbeitet er als Chef hin.

Hürzeler bestreitet die Vorbereitung auf sein drittes Stadt-Derby als Hauptverantwortlicher mit einem Kader, der sich wieder füllt. Abwehr-Chef und Chef-Stratege Eric Smith ist ebenso wieder im Training wie der linke Schienenspieler Lars Ritzka – das bedeutet für ihn einen Abwägungsprozess, insbesondere im Fall Smith. Der Schwede ist mit seinen herausragenden Fähigkeiten im Aufbauspiel ein Unterschiedsspieler, gleichzeitig besteht nach seinen auskurierten muskulären Problemen ein Restrisiko, dazu hat Hauke Wahl im Zentrum zuletzt in Hannover (2:1) und gegen Rostock (1:0) absolute defensive Verlässlichkeit garantiert.

Hürzeler sagt: “Eric ist unser Bindeglied, schafft es die Balance zwischen Offensive und Defensive herzustellen. Er ist ein Ausnahmespieler und hat herausragende Fähigkeiten, trotzdem haben wir es zuletzt auch ohne ihn geschafft.” Das bedeutet: Der Coach hofft, “dass Eric dabei ist, aber wir werden bei ihm und auch Lars Ritzka von Tag zu Tag sehen.”

Hürzeler will ersten Derby-Sieg

Von Tag zu Tag wird auch der Pulsschlag höher rund ums Millerntor, und Hürzeler nimmt dies auch genauso wahr. “Wir können die Bedeutung des Derbys gar nicht wegdiskutieren und wollen es auch nicht. Wir streben nach dem Höchsten.”

Ein Aufstieg ist das Resultat einer Saison, ein Derby-Sieg das Resultat eines Spiels. Ich denke, ich würde den Aufstieg höher bewerten.”

Fabian Hürzeler

Vor allem sagt er: “Ich habe das Derby als Cheftrainer jetzt zwei Mal gespielt und noch nie gewonnen.” Vor einem Jahr im Volkspark gab es eine 3:4-Niederlage in einem denkwürdigen und hochklassigen Stadt-Duell, im Hinspiel am Millerntor ein 2:2 nach 2:0-Führung. “Jetzt”, sagt Hürzeler, “will ich unseren Fans etwas zurückgeben.”

Hürzeler: “Daraus können wir auch Kraft ziehen”

Der Triumph wäre gleichbedeutend mit dem Aufstieg und aus seiner Sicht auch mit dem Erklimmen einer nächsten Entwicklungsstufe. “Natürlich spielt der Kopf eine große Rolle, aber irgendwann ist das überthematisiert, dann geht es darum, unter Druck abzuliefern und damit auch den nächsten Schritt zu gehen. Beim HSV haben wir die große Chance, diesen Schritt zu machen.”

Denn angesichts der großen Brisanz, dass der HSV daheim ausgerechnet im direkten Duell alles verlieren und der einst kleine Nachbar alles gewinnen kann, ahnt der 31-Jährige: “Wir werden ganz sicher nicht mit offenen Armen empfangen. Es wird hitzig, und daraus können wir auch Kraft ziehen.”

Deutlich macht er bei aller Rivalität, dass es ihm um mehr als den Derby-Sieg geht. “Die Bedeutung ist riesig, das weiß ich. Aber ein Aufstieg ist das Resultat einer ganzen Saison, ein Derby-Sieg das Resultat eines Spiels. Ich denke, ich würde den Aufstieg noch höher bewerten.”

Sebastian Wolff

Ligaunabhängig: FC St. Pauli verlängert mit Hauptsponsor

Der FC St. Pauli arbeitet bereits seit zehn Jahren ununterbrochen mit seinem Hauptsponsor zusammen. Nun wurde die Zusammenarbeit um drei weitere Jahre verlängert.

Der Schriftzug des Mobilfunkanbieters Congstar wird weiterhin das Trikot des FC St. Pauli (hier: Oladapo Afolayan) zieren.

Der Schriftzug des Mobilfunkanbieters Congstar wird weiterhin das Trikot des FC St. Pauli (hier: Oladapo Afolayan) zieren.

IMAGO/Noah Wedel

Bereits in den Jahren 2006 bis 2009 liefen die Profis des FC St. Pauli mit dem Mobilfunkanbieter Congstar auf dem Trikot auf, zur Saison 2014/15 folgte das zweite Engagement des Unternehmens, das seither ununterbrochen besteht. Am Montag gab der Zweitliga-Spitzenreiter nun die Verlängerung mit seinem Hauptsponsor um drei weitere Jahre bekannt. Bis Ende der Saison 2027/28 wird die Zusammenarbeit ausgeweitet.

“Mit Congstar verbindet uns seit vielen Jahren eine enge und vertrauensvolle Partnerschaft auf Augenhöhe. Es ist nicht selbstverständlich, dass ein Partner seine Zusammenarbeit stets vorzeitig verlängert hat”, freut sich Wilken Engelbrecht, kaufmännischer Geschäftsleiter beim FC St. Pauli. “Zusammen wollen wir auch in Zukunft gesellschaftlich relevante Themen progressiv und kreativ angehen. Gerade in einer Zeit, in der sich der gesellschaftliche Diskurs immer mehr nach rechts verschiebt, sind wir sehr dankbar einen Hauptsponsor wie Congstar an unserer Seite zu haben, der mutig seine gesellschaftliche Verantwortung wahrnimmt. Wir stehen auch in unserem Land in diesem Jahr vor richtungsweisenden Wahlen und sehen es gemeinsam mit Congstar als unsere Verantwortung an, klare Kante für demokratische und gesellschaftliche Grundwerte zu zeigen. Es ist alles andere als gewöhnlich, dass ein Unternehmen wie Congstar bereit ist, seine mediale Reichweite für diese wichtigen Haltungsthemen einzusetzen.”

Ligaunabhängige Verlängerung

“Die Zusammenarbeit mit dem FC St. Pauli ist etwas ganz Besonderes. Wir verstehen sie daher auch nicht als ein klassisches Sponsoring, sondern als eine echte Partnerschaft. Den erfolgreichen gemeinsamen Weg werden wir – unabhängig von der Ligazugehörigkeit – sehr gerne und voller Leidenschaft weiterbeschreiten. Dabei werden wir auch zukünftig Botschaften für Toleranz, Vielfalt, Respekt und gegen Rassismus setzen und unsere Gaming-Aktivitäten weiter stärken. Wenn das eine oder andere dabei vielleicht auf den ersten Blick für das fußballerische Umfeld ungewöhnlich ist, passt es aber zu unseren gemeinsamen Werten”, so Congstar-Geschäftsführer Axel Orbach.

St. Paulis Ziel: Als Stadtmeister in die Bundesliga

Das Schalker Unentschieden gegen Fortuna Düsseldorf macht’s möglich: Ausgerechnet im Stadt-Derby beim HSV kann der FC St. Pauli am Freitag den Bundesliga-Aufstieg vorzeitig perfekt machen.

St. Pauli will mit einem Sieg im Stadt-Derby den Aufstieg perfekt machen.

St. Pauli will mit einem Sieg im Stadt-Derby den Aufstieg perfekt machen.

IMAGO/Steinbrenner

Das Credo am Millerntor ist klar und branchenüblich: “Wir schauen nur auf uns.” Das predigen alle Protagonisten seit Wochen und Monaten. Zumindest am Samstagabend, das hat Marcel Hartel verraten, haben sie auf St. Pauli auch Fernsehen geschaut. “Ich gucke generell viel Fußball”, hatte der Topscorer mit einem Augenzwinkern erklärt. Seit dem 1:1 und nun sieben Zählern Vorsprung vor der Fortuna soll der große Schritt nach oben gleich beim ersten Anlauf gelingen. Ausgerechnet im Volkspark. “Es ist ganz klar das Ziel, das Derby zu gewinnen”, unterstreicht Hartel, “darauf werden wir die ganze Woche hinarbeiten.”

Hürzeler noch ohne Stadt-Derby-Sieg als Trainer

Fabian Hürzeler ist grundsätzlich unverdächtig, ein Ankündigungs-Meister zu sein. Der designierte Aufstiegs-Trainer aber erklärt mit Blick hinüber in den Volkspark: “Ich habe als Cheftrainer noch kein Stadt-Derby gewonnen.” Durch das 1:0 gegen Rostock haben der 31-Jährige und seine Spieler bereits Historisches geschaffen: St. Pauli wird erstmals überhaupt im Profifußball in einer Abschlusstabelle vor dem großen Nachbarn stehen, der Coach aber will mehr: “Um die Nummer 1 der Stadt zu sein, muss man auch im Stadt-Derby bestehen.”

In Phasen, in denen es um alles geht, sind auch mal andere Tugenden gefragt

Johannes Eggestein

Anhaltspunkte, dass St. Pauli am Freitagabend bestehen kann, wurden bereits gegen Rostock geliefert. Weil die Mannschaft, wie schon in Hannover nachwies, dass sie auch dann erfolgreich sein kann, wenn ihr nicht mehr alles spielerisch leicht fällt. “In Phasen, in denen es um alles geht, sind auch mal andere Tugenden gefragt”, sagt Johannes Eggestein, “die haben wir gegen Hansa auf den Rasen gebracht. Wir haben uns wie schon in Hannover durchgekämpft.” Und sie haben wieder nach einer Ecke getroffen, schon im vierten Spiel in Folge. “Wir arbeiten jede Woche hart daran”, verrät Hartel.

Intensive Arbeit an den Details wird zum Schlüssel in einem Aufstiegskampf, in dem St. Pauli die Lösungen in den Partien nicht mehr zufliegen, diese aber beharrlich gesucht werden. “Wenn du stabil stehst und gut verteidigst, entscheiden Standards Spiele”, sagt Hartel. Und auch den Aufstieg. Womöglich schon am Freitag. Im Stadt-Derby.

Sebastian Wolff

HSV – St. Pauli: Wie geht das Hamburger Derby aus?

Ausgerechnet beim HSV kann der FC St. Pauli den Aufstieg perfekt machen. Wie geht das Hamburger Stadt-Derby aus?

Szene aus dem Hinrunden-Duell: Jonas Meffert gegen Jackson Irvine.

Szene aus dem Hinrunden-Duell: Jonas Meffert gegen Jackson Irvine.

IMAGO/MIS

Der FC St. Pauli steht kurz vor dem Aufstieg in die Bundesliga. Schon im Stadt-Derby beim HSV am kommenden Freitag (18.30 Uhr, LIVE! bei kicker) können die Kiezkicker die Rückkehr ins Oberhaus perfekt machen.

Aber auch der HSV selbst wahrte seine Minimalchance. Die Mannschaft von Steffen Baumgart hat drei Spieltage vor Saisonende vier Punkte Rückstand auf die Fortuna, die den Relegationsplatz belegt.

Schon jetzt steht fest, dass St. Pauli erstmals eine Saison im Profifußball als Nummer 1 der Hansestadt abschließen wird. Doch wie geht das Hamburger Derby aus? Jetzt abstimmen:

Vielen Dank für Deine Teilnahme!

Irvine geht als Serientäter voran

Der Jubel war ekstatisch am Hamburger Millerntor, die Bedeutung des Sieges immens. Der FC St. Pauli hat mit dem 1:0 gegen Hansa Rostock den nächsten Schritt Richtung Bundesliga gemacht – und der Kapitän ist wieder einmal eindrucksvoll vorneweg gegangen.

Torschütze und Leistungsträger: Kapitän Jackson Irvine.

Torschütze und Leistungsträger: Kapitän Jackson Irvine.

IMAGO/Ostseephoto

Nach einem Eckball von Marcel Hartel war Jackson Irvine per Kopf zur Stelle und hat damit gleich zwei Serien fortgesetzt. Im vierten Spiel in Folge war der Kiez-Klub nach einer Eckball-Variante erfolgreich. Hinzu kommt: Seit drei Jahren ist der Australier in Hamburg, hat drei Mal mit St. Pauli daheim gegen Hansa Rostock gespielt, jedes Mal gewonnen – und vor allem auch jedes Mal getroffen.

“Es ist unglaublich, ich treffe zum dritten Mal in Folge in einem Heimspiel gegen Rostock. Das fühlt sich unfassbar gut an.” Und es ist für St. Pauli unfassbar wichtig. Weil sich der Aufstiegsfavorit im ersten Durchgang schwer tat gegen das hohe Pressen der Rostocker und wenige Lösungen fand. Irvine fand sich an den Auftritt in der Vorwoche in Hannover erinnert. “Die Spielverläufe ähnelten sich, es war anfangs schwierig, und wir konnten uns bei Niko bedanken.”

Als Kapitän muss man vorangehen

Jackson Irvine

Keeper Nikola Vasilj hatte wie schon beim 2:1-Sieg bei 96 auch am Freitagabend wieder zwei Glanzmomente, rettete jeweils herausragend gegen Juan-José Perea. “In der zweiten Hälfte”, konstatiert Irvine, “haben wir es dann sehr gut gespielt.” Dass sein Treffer den entscheidenden Schuss Sicherheit gab, hat er sehr wohl registriert, empfindet es aber als seine Pflicht. “Als Kapitän”, sagt der 31-Jährige, “muss man vorangehen. Ich versuche, damit schon im Training anzufangen.”

Sein Trainer sieht das genauso und streicht Irvines Anführer-Tugenden ausdrücklich heraus: “Ich bin froh, dass ich Jacko habe. Nicht nur, aber natürlich gerade auch jetzt in dieser Phase.” Auch Fabian Hürzeler hat natürlich bemerkt, wie schwer St. Pauli der so wichtige Dreier gefallen ist. “In der ersten Hälfte hatten wir Probleme, waren nicht so klar in unseren Abläufen.” Dann aber traf Irvine kurz nach der Pause und legte die Basis für einen fortan zwar nicht glanzvollen, aber souveränen Auftritt.

“Dieser Sieg”, weiß Hauke Wahl, “hat eine immense Bedeutung.” Und die nächste Partie von immenser Bedeutung steht schon vor der Tür: das Derby beim HSV am kommenden Freitagabend im Volkspark. “Wir Spieler wissen, was den Fans dieses Spiel bedeutet”, versichert Irvine. Der Kapitän ist wild entschlossen, wieder vorneweg zu gehen.

Sebastian Wolff

Irvine bringt St. Pauli der Bundesliga näher

Nach einer klaren Leistungssteigerung im zweiten Durchgang fuhr der FC St. Pauli dank Kapitän Jackson Irvine einen Sieg gegen Hansa Rostock ein, dank dem die Kiez-Kicker Relegationsplatz drei sicher haben.

Goldener Treffer; Jackson Irvine und Co. bejubeln das Tor zum 1:0.

Goldener Treffer; Jackson Irvine und Co. bejubeln das Tor zum 1:0.

IMAGO/Noah Wedel

Dass es für beide Teams vier Spieltage vor Schluss um viel ging, machte zunächst der abstiegsbedrohte FC Hansa Rostock klar. Die Kogge lief den FC St. Pauli vom Start weg aggressiv an, erzwang Ballverluste und verhinderte dadurch einen geordneten Spielaufbau des Tabellen-Zweiten.

Runderneuerte Rostocker legen gut los

Hansa-Trainer Mersad Selimbegovic hatte zuletzt zwei Niederlagen in Serie gesehen, bei denen seinem Team kein eigenes Tor gelungen war. Nach dem 0:2 gegen Magdeburg griff er deshalb zu einem Sechsfach-Wechsel und warf David, Rossipal, Fröling, Bachmann, Vasiliadis und Perea für Roßbach (Gelbsperre), Stafylidis, Neidhart, Rhein, Pröger und Junior Brumado ins kalte Wasser.

2. Bundesliga, 31. Spieltag

Zunächst kein Kapital schlagen konnten die Gäste aus ihrer guten Vorstellung gegen die Kiez-Kicker, bei denen Trainer Fabian Hürzeler nach dem 2:1-Auswärtserfolg in Hannover auf Wechsel verzichtet hatte. Nach einer Ecke hatte Vasiliadis die beste Chance (7.), aus dem Spiel gelang wenig.

Vasilj pariert zweimal stark – David bügelt Fehler aus

Dann aber wäre Selimbegovics Plan, mit zwei antrittsstarken Stürmern aufzulaufen, beinahe aufgegangen, St. Paulis Torwart Vasilj parierte allerdings zweimal stark gegen den durchgebrochenen Perea (19., 33.).

St. Pauli brachte derweil immer wieder nur im Ansatz seine Klasse auf den Platz, einzig Hartel wusste mit dem Ball zu überzeugen. Die beste Chance ergab sich aus einem Befreiungsschlag, bei dem FCH-Verteidiger David zunächst schlecht stand, im Laufduell mit Eggestein seinen Fehler aber ausbügelte (41.).

Kemlein vergibt doppelt – Irvine köpft ein

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“Fortuna für Alle”: Zur Nachahmung empfohlen?

Außerdem: BVB-Reporter Patrick Kleinmann rechnet vor, warum Rang fünf höchstwahrscheinlich zur Champions-League-Qualifikation reicht, Kevin de Bruyne sorgt für eine Premiere und beim NFL-Draft gibt’s eine dicke Überraschung.


15:53 Minuten

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Ein enttäuschender Auftritt in den ersten 45 Minuten, den die Gastgeber eilig auszubügeln versuchten. Einen Flugkopfball setzte Kemlein knapp daneben (47.), dann scheiterte er aus kurzer Distanz an Kolke (52.). St. Pauli war nun aber deutlich besser drin – und belohnte sich nach Kemleins zweitem Abschluss bei der anschließenden Ecke. Irvine schraubte sich in Hartels Hereingabe und köpfte ein (53.).

Weil die Rostocker im Nachgang ein Aufbäumen vermissen ließen, konnte der FC St. Pauli die Führung problemlos verwalten. Klare Torchancen erspielten sich die Kiez-Kicker nicht, doch auch aus Hansa-Sicht kam keine Gefahr mehr auf. Ein Spiel, das in der Schlussphase von Fouls und Unterbrechungen geprägt war, sollte somit durch Irvines Treffer entschieden werden.

Der FCSP darf deshalb einen weiteren Schritt in Richtung Bundesliga bejubeln und reist mit Rückendwind am kommenden Freitag zum Stadtderby beim Hamburger SV (18.30 Uhr), der den Stadtrivalen nicht mehr einholen kann – Platz drei ist für den FC St. Pauli inzwischen sicher. Hansa Rostock hingegen bleibt zum dritten mal in Folge punkt- und torlos und empfängt einen Tag später den formstarken Karlsruher SC (13 Uhr).

Ein potenzieller 100-Millionen-Stürmer – und sein rätselhafter Torjubel

Viktor Gyökeres zählt zu den begehrtesten Stürmern in ganz Europa. Über einen schwedischen Nationalspieler, der St. Pauli als Sprungbrett nutzte, bald 100 Millionen Euro in Sportings Kasse spülen könnte – und ein Geheimnis um seinen mysteriösen Torjubel macht.

Alle Augen auf ihn: Viktor Gyökeres.

Alle Augen auf ihn: Viktor Gyökeres.

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In Zeiten, in denen Pau Cubarsi mit 17 und Lamine Yamal mit 16 Jahren ein Champions-League-Viertelfinale mit Barcelona bestreiten, erscheint ein Durchbruch mit 25 Jahren spät. Eigentlich zu spät. Mit Viktor Gyökeres befindet sich allerdings ein Stürmer genau dieses Alters aktuell auf der Überholspur – und weckt dabei in ganz Europa Begehrlichkeiten.

Der Schwede mit ungarischen Wurzeln schießt in seiner ersten Saison bei Sporting gerade alles kurz und klein. 38 Tore und 16 Vorlagen in 45 Pflichtspielen sprechen eine überdeutliche Sprache. Die Herzen in Portugals Hauptstadt hat Gyökeres im Sturm erobert. “Er ist nicht nur für die Sporting-Fans ein Idol, sondern für alle, sogar sein Torjubel wird von allen genutzt”, erklärte sein Trainer und Förderer Ruben Amorim zuletzt: “Er ist sehr freundlich, die Leute lieben ihn. Selbst wenn er drei Elfmeter verschießen würde, würden sie seinen Namen schreien.”

Keiner lag bislang richtig.

Viktor Gyökeres über seinen Torjubel

Der Torjubel ist ein zentrales Thema beim Hype um Gyökeres – weil er ein ungelüftetes Mysterium ist. Trifft der schwedische Nationalspieler (20 Länderspiele, sechs Tore, zwei Assists), was in dieser Saison häufig genug vorkommt, verschlingt der Angreifer die Finger wie vor dem Gebet ineinander und presst sie an den Mund. Die Daumen zeigen dabei gen Stirn.

“Es gab Hannibal Lector, Batman-Bösewicht Bane, alles Mögliche, aber keiner lag bislang richtig”, sagte Gyökeres noch zu Zeiten in Englands zweiter Liga: “Es ist irgendwie auch lustig, wenn alle fragen. Vielleicht erzähle ich es euch eines Tages.” Nur auf den Knien nach einem Tor zu rutschen, sei ihm “zu langweilig” gewesen.

Dass er wie angekündigt das Rätsel lüften wird, “wenn Sporting die Meisterschaft feiert”, darf zumindest angezweifelt werden. Schon als Profi von Coventry City verwies er mit einer Auflösung auf das Saisonende – und ließ es doch wieder offen.

Josh Eccles, einst Mitspieler bei Coventry, mutmaßte in englischen Medien, dass Gyökeres derart juble, weil er seine Gegenspieler “auffrisst”. Eine Formulierung, die viel über den Spielertypen Gyökeres aussagt. Schon in seiner Jugendzeit in Schweden stach seine aggressive Spielweise hervor, dabei ist der 1,87 Meter große Angreifer wuchtig und wendig zugleich. Was es für die Gegenspieler noch schwerer macht, ihn zu packen zu kriegen.

Gefürchtet waren seine Dribblings auf der Insel – und sie sind es auch heute in Portugal. Im von Sporting fast ausschließlich praktizierten flachen 3-4-3-System gibt Gyökeres nur formell den Stoßstürmer. Regelmäßig weicht er auf die Flügel aus – bevorzugt den linken -, um den Gegner in Dribblings und Eins-gegen-eins-Duellen vor Probleme zu stellen.

Luhukay schwärmte: “Wie ein Rennpferd”

Gegen tief stehende Gegner kommen Gyökeres’ Stärken nicht so sehr zu Tragen wie beim Umschalt- und Konterspiel. Gleichzeitig fällt es ihm aber auch nicht schwer, Bälle als Wandspieler festzumachen. Eine spezielle Mischung, die ihn weit oben auf die Wunschzettel europäischer Großklubs wandern ließ.

Schon während seiner Leihstation auf St. Pauli in der Saison 2019/20 scheute Gyökeres nicht davor zurück, weite Wege zu gehen, mit nach hinten zu arbeiten, mal auf der linken Defensivseite auszuhelfen. Nach dem überlebenswichtigen 3:1 im Kellerduell mit Wiesbaden, in dem der Schwede zwei Tore erzielte und ein weiteres vorbereitete, lobte Trainer Jos Luhukay: “Viktor ist gelaufen wie ein Rennpferd. Und das bis in die Schlussphase. Ich glaube, der wollte noch eine halbe Stunde länger spielen. Der war nicht kaputt zu kriegen.”

Der kicker machte ihn zum “Spieler des Tages”. Luhukay sah einen Offensivspieler, der “mit vollem Herzen, unglaublich viel Ehrgeiz und Freude bei St. Pauli” war: “Das ist bei Leihspielern nicht immer selbstverständlich.” Natürlich wollte Luhukay den Schweden (sieben Tore und vier Vorlagen in 26 Zweitliga-Einsätzen), der nicht zu halten war, gerne halten.

Sporting reibt sich wohl schon die Hände

Stammverein Brighton & Hove Albion, der nicht genügend Vertrauen in die Stärke Gyökeres’ besaß, verlieh ihn stattdessen an Swansea City und nur ein halbes Jahr später an Coventry City. Dort spürte er uneingeschränktes Vertrauen, wurde für umgerechnet schlanke 1,2 Millionen Euro fest verpflichtet und kam in zweieinhalb Jahren auf 43 Tore und 17 Assists in 116 Pflichtspielen. Es sind die mit Abstand meisten Partien, die er für einen einzigen Verein machte.

Doch auch für den englischen Zweitligisten war “Rennpferd” Gyökeres nicht zu halten. Und dann schwang er sich plötzlich zum doppelten Rekordtransfer auf: Die kolportierten 24 Millionen Euro machten ihn zum teuersten Abgang der Engländer und zum teuersten Zugang in Sportings Historie.

Eine Investition, die sich auszahlen sollte – und bald womöglich fast vierfach zurückgezahlt wird. Gyökeres besitzt einen Vertrag bis 2028, der eine Ausstiegsklausel in Höhe von 100 Millionen Euro beinhalten soll. Gerade Klubs aus der Premier League sollen bereits Bereitschaft signalisiert haben, tief in die Tasche zu greifen. Sporting würde sich bei einem möglichen Wettbieten wohl die Hände reiben.

Was den Transfer in diesem Sommer für potenzielle Abnehmer ebenfalls attraktiv macht: Gyökeres, der sich wegen Schwedens verpasster EM-Teilnahme nicht ins Schaufenster stellen kann, würde die Saison 2024/25 ausgeruht angehen.

Berater: “Ich habe Viktor nur wegen Amorim zu Sporting geholt”

Die Personalie Amorim ist indes offenbar eng an die von Gyökeres geknüpft. Sportings Erfolgstrainer, der jüngst eine Einigung mit dem FC Liverpool dementierte, wird ab Sommer auf der Insel gesehen. Gyökeres’ Berater Hasan Cetinkaya wurde deswegen in der portugiesischen Zeitung Record bereits deutlich: “Ich habe Viktor nur wegen Amorim zu Sporting geholt. Ich kannte seine Philosophie und wusste, wie er Viktor auf das nächste Level bringen kann. Wir haben noch acht Spiele vor uns, und dann werden wir eine Entscheidung treffen, aber die Zukunft hängt auch stark davon ab, was mit Amorim passiert.”

Für Gyökeres gebe es wenig überraschend “viele Interessenten” und Sporting sei ein Klub, “der verkaufen muss”. Die Zuneigung, mit der sein Klient in Lissabon überschüttet wird, ist laut Cetinkaya allerdings auch nicht selbstverständlich: “Es gibt so viel Liebe für ihn – so etwas habe ich noch nie gesehen.”

Gyökeres hat aber auch die Champions League noch nie gesehen – geschweige denn ein Viertelfinale in diesem Wettbewerb. Und er ist ja keine 17 mehr.

Maximilian Schmidt