Mainzer Burkardt reif für den Gentlemen’s Club

Jonathan Burkardt ist eine seltene Erscheinung im bunten Profizirkus der Bundesliga. In größter Abstiegsnot verlängert er seinen auslaufenden Vertrag. Beim 4:1 gegen die TSG Hoffenheim freut er sich fast mehr über das Tor von Karim Onisiwo als über sein eigenes und sorgt zudem mit einer ehrlichen Antwort dafür, dass die 05er eine Ecke weniger bekommen.

Der Mainzer Jonathan Burkardt (l.) gegen den Hoffenheimer Umut Tohumcu.

Der Mainzer Jonathan Burkardt (l.) gegen den Hoffenheimer Umut Tohumcu.

IMAGO/Thomas Frey

In der 10. Minute entscheidet Schiedsrichter Felix Zwayer auf Eckstoß für Mainz, geht dann zu Burkardt und befragt ihn, ob er noch dran war, was dieser bejaht. Statt einer Ecke für den FSV darf Hoffenheim das Spiel fortsetzen. “Das ist kein großes Ding, ich möchte mir meine Werte bewahren”, sagt der Mainzer Stürmer nach dem Abpfiff.

Zehn Minuten später fällt das 1:0 der Gäste wie aus dem Nichts. Die hoch überlegenen Mainzer lassen sich dadurch weder aus der Ruhe noch aus dem Konzept bringen. “Wir können momentan auch mit Rückschlägen umgehen und sind cool geblieben”, stellt Burkardt später fest. Mit großer Leidenschaft kämpft die Mannschaft gegen den Rückstand an. Kurz nach der Pause gelingt Burkardt das 1:1, vier Minuten später erhöht Phillipp Mwene auf 2:1 – die Partie ist gedreht.

“Wir haben es irgendwie erzwingen können”, betont der Schütze des Ausgleichs, der den Ball von Anthony Caci mustergültig auf den Kopf serviert bekommt. “Ich habe gesehen, wie er hochguckt und musste aufgrund seiner super Flankenqualität nur noch den Kopf hinhalten”, freut sich Burkardt über sein fünftes Saisontor. Nachdem er erst Ende November aus einer langen Verletzungspause zurückgekehrt war, spielt er zum dritten Mal über 90 Minuten. Der 23-Jährige nähert sich immer mehr der Form, die er vor der Knie-OP hatte.

Beim 3:1 durch Brajan Gruda steht Burkardt als Vorlagengeber bereit. Für den größten Jubel im Mainzer Lager sorgt jedoch das 4:1 durch Karim Onisiwo. “Ich habe mich fast mehr gefreut als bei meinem Tor, weil er es dermaßen verdient, Tag für Tag dafür echt gearbeitet hat und so ein bisschen die Scheiße am Schuh hatte in dieser Saison”, sagt Burkardt trocken. Onisiwos erster Saisontreffer habe den Tag “perfekt abgerundet”.

Michael Ebert

Henriksens Liebeserklärung an Lee

Anders als beim jüngsten 2:0 im Schlüsselspiel gegen Bochum wartet bei RB Leipzig nun wieder ein Spitzenteam auf Mainz 05. Für den Trainer der Rheinhessen kein Anlass, die grundsätzliche Herangehensweise zu ändern.

Jae-Sung Lee (li.) und Mainz-Trainer Bo Henriksen.

Jae-Sung Lee (li.) und Mainz-Trainer Bo Henriksen.

IMAGO/Martin Hoffmann

Gedanken an die 1:8-Klatsche beim FC Bayern, das bislang letzte Auswärtsspiel, will 05-Coach Bo Henriksen gar nicht erst aufkommen lassen: “Natürlich geht es jetzt wieder gegen eine Top-Mannschaft”, sagt der Däne, “aber das ist Leverkusen auch. Und dort hätten wir beinahe einen Punkt geholt.” Weshalb man die bevorstehende Partie in Leipzig “lieber mit Leverkusen als mit Bayern vergleichen” wolle. Henriksens Ansage: “Wir wissen natürlich um die Leipziger Klasse – aber wir fahren trotzdem dahin, um gewinnen.” Entscheidend fürs Gelingen seien “harte Arbeit, die Performance und Gewinnermentalität. Wenn das alles stimmt, haben wir immer eine Chance, egal gegen wen.”

Auch aus der Länderspielpause leitet der Coach etliche Fortschritte ab

Positivität bleibt also der Schlüssel in der Herangehensweise des Fußballlehrers, der auch aus der zurückliegenden Länderspielpause wieder etliche Fortschritte ableitet. “Hauptsache war, die Spieler, die aus Verletzungen gekommen sind, fitter zu kriegen. Das haben wir geschafft, zudem hat uns die Zeit mental weitergebracht. Ich erlebe ein Team mit großem Spirit.”

Außer für Leandro Barreiro, der mit Luxemburg die EM-Teilnahme verpasst hat, gab es auch für die Länderspielreisenden durchweg Erfolgserlebnisse. Jae-sung Lee trat bei Südkoreas 3:0 gegen Thailand ebenso als Torschütze in Erscheinung wie Brajan Gruda beim 2:0-Erfolg der deutschen U 21 gegen Israel. Phillipp Mwene siegte mit Österreich 6:1 gegen die Türkei, Silvan Widmer mit der Schweiz 1:0 in Irland. Andreas Hanche-Olsen war vergangenen Freitag bei Norwegens 1:2 gegen Tschechien über die komplette Distanz am Start, wurde dann am Dienstag gegen die Slowakei (1:1) absprachegemäß geschont. “Auch das war gut für uns”, so Henriksen, “erstmals nach seiner Verletzung hat Andreas wieder volle 90 Minuten absolviert.”

“Lee ist kein Mann großer Worte – er zeigt es einfach auf dem Platz”

Ebenso wie Sepp van den Berg dürfte Hanche-Olsen damit in der Dreierkette gesetzt sein. Wer dort den gelbgesperrten Dominik Kohr ersetzt, ließ der Coach am Donnerstag noch offen. Als Optionen nannte er Edimilson Fernandes, Josuha Guilavogui und Anthony Caci. Nahezu die maximale Auswahl zu haben, freut Henriksen generell hörbar. Lob aus Trainermund gibt es für seine Profis querbeet, auch für die unter seiner Regie bislang noch erfolglosen Torjäger Karim Onisiwo (“Er hat fantastisch trainiert, als hätten wir einen neuen Spieler”) und Ludovic Ajorque (“Ich war zufrieden mit seiner Arbeit gegen Bochum, und er hat es auch im Training sehr gut gemacht”).

Eine regelrechte Hymne stimmte Henriksen gar auf Lee an: “Er ist ein Kämpfer, der für uns durchs Feuer geht. Auf ihn kann man immer zählen, dabei ist er kein Mann großer Worte. Sondern er zeigt es einfach auf dem Platz. Das liebe ich.” Weshalb Lee trotz der strapaziösen Länderspielreise auch in Leipzig nicht wegzudenken sein dürfte. Thiemo Müller

Thiemo Müller