Henriksen schwärmt von Reservist Widmer: “Ein echter Leader”

Beim 4:0 gegen Darmstadt überzeugten die Mainzer Profis ihre Fans ebenso wie den Trainer. Der schwärmt rückblickend aber ganz besonders vom Torjubel eines Reservisten.

Gemeinsam zum Ziel Klassenerhalt: Bo Henriksen und Silvan Widmer.

Gemeinsam zum Ziel Klassenerhalt: Bo Henriksen und Silvan Widmer.

IMAGO/Kessler-Sportfotografie

Ob der jüngste Kantersieg gegen Schlusslicht Darmstadt seiner Mannschaft noch einmal zusätzliche Energie verliehen habe, lautete die Frage an Bo Henriksen an diesem Donnerstag. Ein naheliegender Gedanke – den der Mainzer Trainer allerdings entschieden verneinte. Denn: “Diese Spieler können gar nicht mehr Energie dazubekommen als sie ohnehin schon haben. Diese Gruppe ist einfach total hungrig auf den gemeinsamen Erfolg.” Als aktuellsten Beleg führte der dänische Fußballlehrer seine Beobachtungen aus der gerade absolvierten Vormittagseinheit an: “Wir haben alt gegen jung gespielt. Die Alten haben gewonnen – und den Sieg danach richtig ausgelassen bejubelt. Es geht ums Gewinnen, das ist genau die Mentalität, die wir wollen.”

“Diejenigen, die nicht spielen, unterstützen das Team bedingungslos”

Als weiteres “ganz großes Plus in der Kultur dieses Klubs” führt Henriksen an: Den immensen Zusammenhalt der Gruppe, trotz des derzeit fast maximalen Konkurrenzkampfs, da einzig die Langzeitausfälle Stefan Bell und Maxim Leitsch nicht zur Verfügung stehen. “Wir haben so viele Spieler, die es verdient hätten, auf dem Platz zu sein”, erklärt der Coach, “aber ich kann nicht alle glücklich machen. Doch diejenigen, die nicht spielen, unterstützen das Team bedingungslos.” Erklärtes “Paradebeispiel” dafür laut Henriksen: Silvan Widmer, der dem Trainer gegen Darmstadt als Reservist sogar das größte Glücksgefühl vermittelte: “Nach dem 1:0 habe ich unseren Kapitän gesehen, den ich draußen gelassen habe, wie er auf Robin Zentner zuspringt und ihn umarmt wie der glücklichste Mensch der Welt. Das ist ein echter Leader, ein echter Kapitän – und dieses Bild war für mich das schönste Erlebnis am vergangenen Wochenende.”

Drohende Gelbsperren lassen den Trainer kalt

Die relativ luxuriöse Personalsituation sorgt zudem in einer weiteren Hinsicht für Beruhigung. Dass vorm anstehenden Heimspiel gegen Hoffenheim gleich acht Profis von einer Gelbsperre bedroht sind, kommentiert Henriksen so: “Es würde nichts ausmachen, wenn ein, zwei Spieler kommende Woche fehlen. Manchmal tut eine Blutauffrischung einer Mannschaft ja sogar sowieso gut.” Vorbelastet sind konkret Brajan Gruda, Edi Fernandes, Jae-sung Lee, Ludovic Ajorque, Nadiem Amiri, Philipp Mwene, Tom Krauß und Widmer. Auswirkungen auf die Planungen für Hoffenheim hat diese Situation nicht. “Für uns”, wiederholt Henriksen wie seit einigen Wochen, “geht es nur ums nächste Finale.” Eine Marschroute, mit der die 05er bisher eindeutig auf Erfolgskurs liegen.

Thiemo Müller

Gelbgefahr bei Kapitän Widmer und sieben weiteren Mainz-Profis

Dominik Kohr ist nach verbüßter Sperre gegen Darmstadt wieder spielberechtigt für Mainz 05. Dafür droht nach dem Gelb-“Festival” in Leipzig gleich acht FSV-Spielern im Saisonfinale eine Zwangspause.

Gelb vorbelastet: Mainz-Kapitän Silvan Widmer.

Gelb vorbelastet: Mainz-Kapitän Silvan Widmer.

IMAGO/Jan Huebner

79-mal sind die Profis von Mainz 05 im bisherigen Saisonverlauf von den Schiedsrichtern verwarnt worden. Das wird nur noch vom VfL Bochum übertroffen, dessen Akteure 82-mal Gelb sahen. Die “bösen Buben” von Mainz 05 heißen Dominik Kohr (10 Gelbe), Sepp van den Berg (8), Leandro Barreiro und Anthony Caci (je 6). Kohr ist damit ligaweit der Spitzenreiter, gefolgt vom Gladbacher Julian Weigl (9).

Beim 0:0 in Leipzig verteilte Schiedsrichter Frank Willenborg gleich fünf Gelbe Karten an die Mainzer Mannschaft, wodurch nun insgesamt acht Spieler mit vier Gelben vorbelastet sind. Das betrifft Ludovic Ajorque, Nadiem Amiri, Edimilson Fernandes, Tom Krauß, Jae-Sung Lee, Phillipp Mwene, Marco Richter und Silvan Widmer.

Darmstadt, Köln und Bochum sind im Vorteil

Während Trainer Bo Henriksen vor dem Spiel gegen Darmstadt 98 (Samstag, 15.30 Uhr, LIVE! bei kicker) fast aus dem Vollen schöpfen kann, droht Mainz 05 in den anschließend noch ausstehenden sechs Saisonspielen der ein oder andere Personalausfall. Die Konkurrenz im Tabellenkeller hat deutlich weniger Sorgen, was drohende Gelbsperren betrifft. Bei Gegner Darmstadt sind nur drei Spieler mit vier Gelben Karten belastet, beim 1. FC Köln und VfL Bochum jeweils zwei.

Nachdem die Trainingseinheiten am Dienstag und Mittwoch weitgehend unfallfrei verliefen, sollte es angesichts des zur Verfügung stehenden Kaders für Mainz kein Problem sein, die ein oder andere Sperre zu kompensieren. In Leipzig gelang das dem Team bereits deutlich erfolgreicher als Anfang März in München. Beim FC Bayern musste neben Barreiro der gelb-rot-gesperrte Kohr ersetzt werden und der FSV kam mit 1:8 unter die Räder.

Michael Ebert

Henriksens Liebeserklärung an Lee

Anders als beim jüngsten 2:0 im Schlüsselspiel gegen Bochum wartet bei RB Leipzig nun wieder ein Spitzenteam auf Mainz 05. Für den Trainer der Rheinhessen kein Anlass, die grundsätzliche Herangehensweise zu ändern.

Jae-Sung Lee (li.) und Mainz-Trainer Bo Henriksen.

Jae-Sung Lee (li.) und Mainz-Trainer Bo Henriksen.

IMAGO/Martin Hoffmann

Gedanken an die 1:8-Klatsche beim FC Bayern, das bislang letzte Auswärtsspiel, will 05-Coach Bo Henriksen gar nicht erst aufkommen lassen: “Natürlich geht es jetzt wieder gegen eine Top-Mannschaft”, sagt der Däne, “aber das ist Leverkusen auch. Und dort hätten wir beinahe einen Punkt geholt.” Weshalb man die bevorstehende Partie in Leipzig “lieber mit Leverkusen als mit Bayern vergleichen” wolle. Henriksens Ansage: “Wir wissen natürlich um die Leipziger Klasse – aber wir fahren trotzdem dahin, um gewinnen.” Entscheidend fürs Gelingen seien “harte Arbeit, die Performance und Gewinnermentalität. Wenn das alles stimmt, haben wir immer eine Chance, egal gegen wen.”

Auch aus der Länderspielpause leitet der Coach etliche Fortschritte ab

Positivität bleibt also der Schlüssel in der Herangehensweise des Fußballlehrers, der auch aus der zurückliegenden Länderspielpause wieder etliche Fortschritte ableitet. “Hauptsache war, die Spieler, die aus Verletzungen gekommen sind, fitter zu kriegen. Das haben wir geschafft, zudem hat uns die Zeit mental weitergebracht. Ich erlebe ein Team mit großem Spirit.”

Außer für Leandro Barreiro, der mit Luxemburg die EM-Teilnahme verpasst hat, gab es auch für die Länderspielreisenden durchweg Erfolgserlebnisse. Jae-sung Lee trat bei Südkoreas 3:0 gegen Thailand ebenso als Torschütze in Erscheinung wie Brajan Gruda beim 2:0-Erfolg der deutschen U 21 gegen Israel. Phillipp Mwene siegte mit Österreich 6:1 gegen die Türkei, Silvan Widmer mit der Schweiz 1:0 in Irland. Andreas Hanche-Olsen war vergangenen Freitag bei Norwegens 1:2 gegen Tschechien über die komplette Distanz am Start, wurde dann am Dienstag gegen die Slowakei (1:1) absprachegemäß geschont. “Auch das war gut für uns”, so Henriksen, “erstmals nach seiner Verletzung hat Andreas wieder volle 90 Minuten absolviert.”

“Lee ist kein Mann großer Worte – er zeigt es einfach auf dem Platz”

Ebenso wie Sepp van den Berg dürfte Hanche-Olsen damit in der Dreierkette gesetzt sein. Wer dort den gelbgesperrten Dominik Kohr ersetzt, ließ der Coach am Donnerstag noch offen. Als Optionen nannte er Edimilson Fernandes, Josuha Guilavogui und Anthony Caci. Nahezu die maximale Auswahl zu haben, freut Henriksen generell hörbar. Lob aus Trainermund gibt es für seine Profis querbeet, auch für die unter seiner Regie bislang noch erfolglosen Torjäger Karim Onisiwo (“Er hat fantastisch trainiert, als hätten wir einen neuen Spieler”) und Ludovic Ajorque (“Ich war zufrieden mit seiner Arbeit gegen Bochum, und er hat es auch im Training sehr gut gemacht”).

Eine regelrechte Hymne stimmte Henriksen gar auf Lee an: “Er ist ein Kämpfer, der für uns durchs Feuer geht. Auf ihn kann man immer zählen, dabei ist er kein Mann großer Worte. Sondern er zeigt es einfach auf dem Platz. Das liebe ich.” Weshalb Lee trotz der strapaziösen Länderspielreise auch in Leipzig nicht wegzudenken sein dürfte. Thiemo Müller

Thiemo Müller