Positive Signale von Neuhaus für Dortmund

Leichte Entspannung in einer wichtigen Personalie bei Borussia Mönchengladbach: Florian Neuhaus, der zuletzt verletzt ausgefallen war, könnte am Samstag wieder zur Verfügung stehen.

Florian Neuhaus nähert sich seinem Comeback.

Florian Neuhaus nähert sich seinem Comeback.

IMAGO/fohlenfoto

Unter den Augen des aktuellen Fußballlehrer-Jahrgangs aus der Schweiz, der für eine Woche im Borussia-Park und bei Landsmann Gerardo Seoane hospitiert, betrat Florian Neuhaus am Dienstagnachmittag mit seinen Teamkollegen den Trainingsplatz. Die Achillessehnenbeschwerden, die den Mittelfeldspieler am Mitwirken im Auswärtsspiel beim VfL Wolfsburg hinderten, sind weitestgehend ausgestanden.

Neuhaus konnte bei der ersten Einheit der neuen Trainingswoche weite Teile des Programms absolvieren. Für grünes Licht ist es allerdings noch zu früh, was das nächste Heimspiel gegen Borussia Dortmund angeht. Abgewartet werden muss jetzt, wie Neuhaus‘ Achillessehne auf die Belastung im Training reagiert. Frühestens am Donnerstag dürfte absehbar sein, ob der Mittelfeldmann den Gladbacher Kader am Samstag wieder verstärken kann. Wenn die Fohlen gegen Dortmund den nächsten Anlauf nehmen, zum ersten Mal seit über zwei Jahren zwei Bundesligasiege hintereinander einzufahren.

Das letzte Mal gelang dies den Borussen im März 2022 mit Erfolgen gegen Hertha (2:0) und in Bochum (2:0). “Der Sieg in Wolfsburg hat uns einen Energieschub gegeben. Doch wir müssen konzentriert weiterarbeiten, denn gegen Dortmund erwartet uns wieder ein ganz anderes Spiel”, sagte Seoane nach der Einheit.

Kramer pausiert weiter – Individuelle Einheit für Koné

Der komplette Kader stand dem VfL-Trainer am Dienstag trotz der Neuhaus-Rückkehr nicht zur Verfügung. Mittelfeldspieler Christoph Kramer, der schon in Wolfsburg erkrankt ausgefallen war, pausierte immer noch. Manu Koné (Muskelfaserriss im Oberschenkel) absolvierte eine individuelle Einheit. Tony Jantschke laboriert weiter an Adduktorenproblemen. Und Alassane Plea kam am Dienstag aus Gründen der Belastungssteuerung nicht mit auf den Platz, zumal er angeschlagen (Schlag auf die Wade) aus dem Wolfsburg-Spiel kam. Der Franzose soll, so der Plan, am Mittwoch wieder mit der Mannschaft trainieren.

Jan Lustig

Schick wird an der Leiste operiert

Patrik Schick muss unters Messer und fehlt Bayer Leverkusen deshalb beim Trip nach Mexiko.

Muss unters Messer: Patrik Schick.

Muss unters Messer: Patrik Schick.

IMAGO/Treese

Ohne Torjäger Patrik Schick (26) reist Bayer 04 Leverkusen am heutigen Sonntag nach Mexiko, wo das Team von Trainer Gerardo Seoane zu Ehren des 100. Jubiläums von Bayer Mexiko ein Gastspiel in Toluca absolvieren wird.

OP schon länger geplant

Der Tscheche unterzieht sich einer Leisten-Operation, die bereits länger geplant war. Der Termin direkt nach Saisonende wurde gewählt, um Schick das Comeback zum Trainingsauftakt im Juli zu ermöglichen.

Schick besaß mit 24 Treffern erheblichen Anteil an Leverkusens Qualifikation für die Champions League.

“Die Real-Spieler wussten nicht, wie sie dieses Spiel gewinnen konnten”

Thomas Brdaric (47) stand im Champions-League-Finale am 15. Mai 2002 in Leverkusens Startelf gegen Real Madrid. Im kicker-Interview erinnert er sich an “ein Jahr wie im Märchen” – und den bitteren Abschluss.

Mittendrin im Konzert der Großen: Thomas Brdaric (re.) grätscht gegen Real-Star Luis Figo.

Mittendrin im Konzert der Großen: Thomas Brdaric (re.) grätscht gegen Real-Star Luis Figo.

imago images/Mary Evans

kicker: Herr Brdaric, von 1999 bis 2003 spielten Sie für Bayer Leverkusen. Nehmen Sie uns einmal mit in die Zeit, in der der Begriff “Vizekusen” entstand.

Thomas Brdaric (47): Gerne. Ist ja viel passiert damals. Dinge, die man nicht vergisst. Ich erinnere mich an einen in jenen Jahren schon sehr gut geführten Verein mit tollen Spielern in einer von Reiner Calmund zusammengestellten Super-Truppe, die fast schon zum Siegen verdammt war. Die aber, und darauf spielen Sie ja an, in kurzer Abfolge mehrfach knapp scheiterte.

Schmerzlicher Höhepunkt war das verlorene Champions-League-Endspiel vor genau 20 Jahren, am 15. Mai 2002, in Glasgow gegen Real Madrid – 1:2. Welche Erinnerungen haben Sie?

Zuerst einmal erinnere ich mich daran, dass die Real-Spieler hinterher selbst nicht so richtig wussten, wie sie dieses Spiel gewinnen konnten. Sie hatten gefühlt zweimal auf unseren Kasten geschossen, dabei einen Glückstreffer durch Raul und ein Traumtor durch Zidane erzielt. Wir waren das ganze Spiel über dran, auch ich hatte eine große Chance zur Führung, nachdem Lucio zwischenzeitlich das 1:1 gelungen war. Dimitar Berbatov und Ulf Kirsten kamen noch herein, aber es sollte einfach nicht sein. Und Iker Casillas, der bei Madrid für den verletzten Cesar Sanchez ins Tor musste, wuchs einfach über sich hinaus. Ein ganz bitterer Abschluss einer unfassbaren Saison!

Unfassbar, weil Bayer 04 in der Meisterschaft einen Fünf-Punkte-Vorsprung vor Dortmund in den letzten drei Partien verspielte, schließlich Zweiter wurde und auch das DFB-Pokalfinale gegen Schalke vier Tage vor dem Madrid-Spiel mit 2:4 verloren hatte?

Ja, Wahnsinn, oder? Erklärbar ist das bis heute nur schwer. Wir hatten am Ende weit über 50 Pflichtspiele in jener Saison in den Knochen. Aber es war nicht die Müdigkeit. Vielleicht überstrahlte das bevorstehende Finale in Glasgow gegen Real alles und nahm auch uns ein bisschen von der Konzentration auf die anderen Wettbewerbe. Aber international hatten wir ganz ehrlich auch ein Jahr wie im Märchen.

Wie tief saß der Stachel nach den verpassten Titeln?

Nun, wir sind als Mannschaft nicht auseinander gebrochen. In der Champions League reichte es ein Jahr später bis in die Zwischenrunde, im DFB-Pokal flogen wir 2003 im Halbfinale bei den Bayern raus. Aber in der Liga hatten wir Probleme, sicherten uns erst ganz spät mit Trainer Klaus Augenthaler, der für Klaus Toppmöller und zwischenzeitlich Thomas Hörster übernommen hatte, knapp den Klassenerhalt.

Ich glaube, wir waren uns einfach zu sicher.

Thomas Brdaric über die vergebene Meisterschaft 2000

Das Drama von 2002 hat unterdessen ja eine Vorgeschichte im Mai 2000. Da ließ Bayer mit einem 0:2 bei der schon geretteten SpVgg Unterhaching am letzten Spieltag den Meistertitel liegen. Wie konnte das passieren?

Ich glaube, wir waren uns einfach zu sicher. Unser Trainer Christoph Daum stellte uns noch am Abend vorm Spiel im Hotel die Gewissensfrage: Was ist euch wichtiger – wollt ihr nur viel Geld auf dem Konto haben oder wollt ihr einen Titel? Natürlich wollten wir die Meisterschale. Und die stand ja sogar im Sportpark in Haching schon im wahrsten Sinne zum Greifen nah für die Übergabe nach dem Spiel bereit! Wir gingen auf dem Weg zum Platz an der Schale vorbei.

Bundesliga

Was passierte dann?

Daum ließ unser offensivstarkes Team mit einer neuen, auf Sicherheit bedachten Taktik antreten. Ein Punkt hätte ja gereicht! Dann passierte Michael Ballack dieses Missgeschick mit dem Eigentor und das Unbegreifliche nahm seinen Lauf. Es war wahnsinnig heiß in dem kleinen, engen Stadion. Wir fanden einfach nicht zurück. Ich hatte im Hinspiel als Joker beim 2:1-Sieg zweimal getroffen, wurde diesmal wieder eingewechselt und hatte per Kopf die Möglichkeit zum Ausgleich. Gerhard Tremmel hielt den Ball, später hat er mich in unserer gemeinsamen Zeit in Hannover übrigens wieder freundlich daran erinnert … Haching machte bald das 2:0 – und die Schale wurde nach Spielschluss von Unterhaching ins Münchner Olympiastadion gefahren, wo die Bayern uns mit einem 3:1 gegen Bremen im letzten Moment noch abgefangen hatten.

Wie gehen Sie heute mit dem Begriff “Vizekusen”, den sich der Verein sogar zum Schutz vor Missbrauch patentieren lassen hat, um?

Besonders lustig finde ich ihn logischerweise noch immer nicht. Aber es ist ja irgendwie auch ein Markenzeichen, ein Merkmal für diesen Klub. Das ist besser als für gar nichts zu stehen. Und gefühlt wird mehr darüber gesprochen als anderswo über so manch eine Meisterschaft … Mit den ganz Großen in Deutschland und Europa, denen wir damals so nahe gerückt waren, können die Leverkusener heute allein aus wirtschaftlicher Sicht nicht mithalten. Aber sie haben sportlich immer wieder gute Mannschaften am Start, zusammengestellt und trainiert von wirklich fähigen Leuten. Allein aufgrund dieser Nachhaltigkeit über Jahrzehnte wünschte ich Bayer 04, dass es bald wirklich einmal wieder zu einem Titel reicht.

Interview: Michael Richter

“Die Real-Spieler wussten nicht, wie sie dieses Spiel gewinnen konnten”

Thomas Brdaric (47) stand im Champions-League-Finale am 15. Mai 2002 in Leverkusens Startelf gegen Real Madrid. Im kicker-Interview erinnert er sich an “ein Jahr wie im Märchen” – und den bitteren Abschluss.

Mittendrin im Konzert der Großen: Thomas Brdaric (re.) grätscht gegen Real-Star Luis Figo.

Mittendrin im Konzert der Großen: Thomas Brdaric (re.) grätscht gegen Real-Star Luis Figo.

imago images/Mary Evans

kicker: Herr Brdaric, von 1999 bis 2003 spielten Sie für Bayer Leverkusen. Nehmen Sie uns einmal mit in die Zeit, in der der Begriff “Vizekusen” entstand.

Thomas Brdaric (47): Gerne. Ist ja viel passiert damals. Dinge, die man nicht vergisst. Ich erinnere mich an einen in jenen Jahren schon sehr gut geführten Verein mit tollen Spielern in einer von Reiner Calmund zusammengestellten Super-Truppe, die fast schon zum Siegen verdammt war. Die aber, und darauf spielen Sie ja an, in kurzer Abfolge mehrfach knapp scheiterte.

Schmerzlicher Höhepunkt war das verlorene Champions-League-Endspiel vor genau 20 Jahren, am 15. Mai 2002, in Glasgow gegen Real Madrid – 1:2. Welche Erinnerungen haben Sie?

Zuerst einmal erinnere ich mich daran, dass die Real-Spieler hinterher selbst nicht so richtig wussten, wie sie dieses Spiel gewinnen konnten. Sie hatten gefühlt zweimal auf unseren Kasten geschossen, dabei einen Glückstreffer durch Raul und ein Traumtor durch Zidane erzielt. Wir waren das ganze Spiel über dran, auch ich hatte eine große Chance zur Führung, nachdem Lucio zwischenzeitlich das 1:1 gelungen war. Dimitar Berbatov und Ulf Kirsten kamen noch herein, aber es sollte einfach nicht sein. Und Iker Casillas, der bei Madrid für den verletzten Cesar Sanchez ins Tor musste, wuchs einfach über sich hinaus. Ein ganz bitterer Abschluss einer unfassbaren Saison!

Unfassbar, weil Bayer 04 in der Meisterschaft einen Fünf-Punkte-Vorsprung vor Dortmund in den letzten drei Partien verspielte, schließlich Zweiter wurde und auch das DFB-Pokalfinale gegen Schalke vier Tage vor dem Madrid-Spiel mit 2:4 verloren hatte?

Ja, Wahnsinn, oder? Erklärbar ist das bis heute nur schwer. Wir hatten am Ende weit über 50 Pflichtspiele in jener Saison in den Knochen. Aber es war nicht die Müdigkeit. Vielleicht überstrahlte das bevorstehende Finale in Glasgow gegen Real alles und nahm auch uns ein bisschen von der Konzentration auf die anderen Wettbewerbe. Aber international hatten wir ganz ehrlich auch ein Jahr wie im Märchen.

Wie tief saß der Stachel nach den verpassten Titeln?

Nun, wir sind als Mannschaft nicht auseinander gebrochen. In der Champions League reichte es ein Jahr später bis in die Zwischenrunde, im DFB-Pokal flogen wir 2003 im Halbfinale bei den Bayern raus. Aber in der Liga hatten wir Probleme, sicherten uns erst ganz spät mit Trainer Klaus Augenthaler, der für Klaus Toppmöller und zwischenzeitlich Thomas Hörster übernommen hatte, knapp den Klassenerhalt.

Ich glaube, wir waren uns einfach zu sicher.

Thomas Brdaric über die vergebene Meisterschaft 2000

Das Drama von 2002 hat unterdessen ja eine Vorgeschichte im Mai 2000. Da ließ Bayer mit einem 0:2 bei der schon geretteten SpVgg Unterhaching am letzten Spieltag den Meistertitel liegen. Wie konnte das passieren?

Ich glaube, wir waren uns einfach zu sicher. Unser Trainer Christoph Daum stellte uns noch am Abend vorm Spiel im Hotel die Gewissensfrage: Was ist euch wichtiger – wollt ihr nur viel Geld auf dem Konto haben oder wollt ihr einen Titel? Natürlich wollten wir die Meisterschale. Und die stand ja sogar im Sportpark in Haching schon im wahrsten Sinne zum Greifen nah für die Übergabe nach dem Spiel bereit! Wir gingen auf dem Weg zum Platz an der Schale vorbei.

Bundesliga

Was passierte dann?

Daum ließ unser offensivstarkes Team mit einer neuen, auf Sicherheit bedachten Taktik antreten. Ein Punkt hätte ja gereicht! Dann passierte Michael Ballack dieses Missgeschick mit dem Eigentor und das Unbegreifliche nahm seinen Lauf. Es war wahnsinnig heiß in dem kleinen, engen Stadion. Wir fanden einfach nicht zurück. Ich hatte im Hinspiel als Joker beim 2:1-Sieg zweimal getroffen, wurde diesmal wieder eingewechselt und hatte per Kopf die Möglichkeit zum Ausgleich. Gerhard Tremmel hielt den Ball, später hat er mich in unserer gemeinsamen Zeit in Hannover übrigens wieder freundlich daran erinnert … Haching machte bald das 2:0 – und die Schale wurde nach Spielschluss von Unterhaching ins Münchner Olympiastadion gefahren, wo die Bayern uns mit einem 3:1 gegen Bremen im letzten Moment noch abgefangen hatten.

Wie gehen Sie heute mit dem Begriff “Vizekusen”, den sich der Verein sogar zum Schutz vor Missbrauch patentieren lassen hat, um?

Besonders lustig finde ich ihn logischerweise noch immer nicht. Aber es ist ja irgendwie auch ein Markenzeichen, ein Merkmal für diesen Klub. Das ist besser als für gar nichts zu stehen. Und gefühlt wird mehr darüber gesprochen als anderswo über so manch eine Meisterschaft … Mit den ganz Großen in Deutschland und Europa, denen wir damals so nahe gerückt waren, können die Leverkusener heute allein aus wirtschaftlicher Sicht nicht mithalten. Aber sie haben sportlich immer wieder gute Mannschaften am Start, zusammengestellt und trainiert von wirklich fähigen Leuten. Allein aufgrund dieser Nachhaltigkeit über Jahrzehnte wünschte ich Bayer 04, dass es bald wirklich einmal wieder zu einem Titel reicht.

Interview: Michael Richter

“Der schönste Fußball in Europa”: Wie Leverkusen 2002 die Champions League aufmischte

Am 15. Mai 2002 steht Bayer 04 Leverkusen im Finale der Champions League, nachdem das Team einen Hochkaräter nach dem anderen ausgeschaltet hat. Über eine Saison, in der sogar die gegnerischen Fans stehend applaudierten.

Ein Tor im Champions-League-Finale: Bayer Leverkusen bejubelt am 15. Mai 2002 das 1:1 durch Lucio.

Ein Tor im Champions-League-Finale: Bayer Leverkusen bejubelt am 15. Mai 2002 das 1:1 durch Lucio.

Getty Images

Lange, sehr lange ist der Ball unterwegs und senkt sich in den Leverkusener Strafraum. Trotzdem hat Zinedine Zidane eine Menge Zeit, nimmt die Kugel volley aus der Luft und trifft mit links ins kurze Eck. Perfekte Haltung, ein toller Schuss, dennoch nicht ganz unhaltbar für Torhüter Hans Jörg Butt. 2:1 führt der hohe Favorit im Finale der Champions League in Glasgow, doch Bayer 04 ist den Königlichen nicht nur ebenbürtig, nein: Die Werkself ist im Hampden Park über weite Strecken die überlegene Mannschaft gegen Real Madrid und drängt mit Macht auf den Ausgleich.

Eine ganz besondere Mannschaft schickt Bayer Leverkusen ins Rennen 2001/02, eine nahezu perfekte Mischung aus Strategen und genialen Fußballern, ein Team, das europaweit begeistert und im Frühjahr Titelchancen in allen drei Wettbewerben besitzt. Am Ende geht das Spieljahr in die Chronik ein als die Saison, in der der Klub seinen Ruf als “Vizekusen” zementiert.

Ersatzmann Casillas wächst über sich hinaus

Den deutschen Meistertitel vergeigt die Mannschaft auf der Zielgeraden, Borussia Dortmund schnappt sich die Trophäe. Im Pokalfinale unterliegt die Mannschaft von Klaus Toppmöller gegen Schalke. Die letzte Möglichkeit, eine grandiose Saison mit einem Titel zu krönen, ergibt sich also gegen die Königlichen – und die Mannschaft bringt den hohen Favoriten in arge Bedrängnis.

Angriff auf Angriff tragen die Leverkusener in den Strafraum von Real, doch Torhüter Iker Casillas, erst nach der Pause für den verletzten Cesar Sanchez eingewechselt, wächst über sich hinaus und ist nicht zu bezwingen. Alleine in der Nachspielzeit zeigt er drei tolle Paraden. Trotz großer Leistung also geht das Finale verloren.

“Bayer weint wieder”, titelt der kicker. Es fehlt die Krönung einer unglaublichen Saison mit einer spielfreudigen und offensivstarken Mannschaft, die vielen als die stärkste in der Leverkusener Vereinsgeschichte gilt. Angeführt von Trainer Toppmöller, der seine Stars wirbeln lässt und mit dafür sorgt, dass die oft skeptisch betrachtete Werkself europaweit Sympathien für ihre mitreißende Spielweise gewinnt.

“Diese Saison”, sagt er Jahre später, “war ein absoluter Traum, auch weil uns vorher praktisch keiner auf die Rechnung hatte.” Freudig wie ein Fan erlebt der Trainer die Kräftemessen mit den Top-Klubs des Kontinents, kann dabei aber auch Ausnahmekönner wie Michael Ballack, Lucio, Bernd Schneider, Jens Nowotny, Diego Placente, Carsten Ramelow, Zé Roberto und Yildiray Bastürk ins Rennen schicken. “Toppi führte die Mannschaft mit großer Begeisterung”, kommentiert Reiner Calmund, damals Manager, die fruchtbare Verbindung, und er hat auch mich damit angesteckt. Dabei bin ich ja schon ein abgebrühter Hund gewesen.”

“Diese Mannschaft treibt Europas Fußball-Adel die Schamesröte ins Gesicht”

Die Vorrunde übersteht Bayer als Gruppenzweiter, hinter dem FC Barcelona, vor Lyon und Fenerbahce, und marschiert auch unangefochten durch die Zwischenrunde. “Diese Mannschaft spielt rotierenden Kombinationsfußball und treibt Europas Fußball-Adel die Schamesröte ins Gesicht”, schwärmt die Gazzetta dello Sport.


Michael Owen, Zoltan Sebescen, Michael Ballack

Auch Michael Owen und Liverpool hatten das Nachsehen: Ein überragender Michael Ballack (re.) führte Leverkusen durch die K.-o.-Phase.
Getty Images

Toppmöllers Truppe lässt in der zweiten Gruppenphase Juventus Turin und Arsenal hinter sich, schafft den Sprung in die nächste Runde schließlich durch ein 3:1 bei Deportivo La Coruna mit einem überragenden Ballack, der womöglich die beste Saison seiner Karriere hinlegt – seine letzte unterm Bayer-Kreuz vor seinem Wechsel zum FC Bayern. “Wir haben alles und jeden an die Wand gespielt”, sagt der damalige Torwarttrainer Toni Schumacher in Erinnerung an diesen Siegeszug, national wie international. “Es war so geil, dieser Mannschaft zuzuschauen.”

Der Kader ist eigentlich nicht breit genug aufgestellt für die hohen Anforderungen, aber trotzdem scheint diese Mannschaft kaum zu stoppen. “Wir hatten alle gar keine Zeit, viel darüber nachzudenken, was wir da gerade leisten“, erklärt Toppmöller, “es ging ja in allen drei Wettbewerben immer weiter, Schlag auf Schlag.”

Standing Ovations im Old Trafford: Selbst die United-Fans applaudieren

Beispiel Liverpool: Trotz eines 0:1 an der Anfield Road schaltet die Werkself im Viertelfinale auch die Reds aus und setzt sich zu Hause mit einem 4:2 durch. Noch stärker aber ist der Auftritt im ersten Halbfinale gegen Manchester United. “Für mich war dieses 2:2 unser bestes Spiel überhaupt”, erinnert sich Toppmöller. “Die United-Anhänger haben unsere Leistung mit Standing Ovations honoriert.”

Leverkusens Weg ins Champions-League-Finale

Ziemlich glücklich übersteht Bayer das Rückspiel in der BayArena, denn Manchester erweist sich hier als die bessere Mannschaft. Das Glück muss helfen, als Diego Placente kurz vor Schluss noch einen Schuss von Diego Forlan von der Linie kratzt. Leverkusen steht tatsächlich im Finale, einmal mehr ist Ballack der Spiritus Rector. “Nach diesem Spiel”, so Calmund, “habe ich Michael Ballack zum Ritter geschlagen, weil der alles abgegrätscht und weggeputzt hat, das war sensationell.”

Wir haben seinerzeit den schönsten Fußball in Europa gespielt.

Leverkusens Trainer Klaus Toppmöller

Der Preis für den Einzug ins Finale allerdings ist hoch: Jens Nowotny hat sich im Rückspiel gegen United einen Kreuzbandriss zugezogen, Zé Roberto fehlt im Finale gesperrt, insgesamt schwinden langsam aber sicher die Kräfte. Des Trainers Vorgabe dennoch gegen den hohen Favoriten: kein Abwarten, kein Taktieren, voll drauf wie immer! “Wir haben seinerzeit den schönsten Fußball in Europa gespielt”, schwärmt Toppmöller auch heute noch, “auch deshalb wollten wir uns auf keinen Fall hinten reinstellen, sondern das Spiel selber bestimmen.”

Tatsächlich, Bayer ist über weite Strecken die bessere Mannschaft – und das gegen eine Elf mit Stars wie Figo, Roberto Carlos, Raul und Zidane, “als sie noch kein Moos auf dem Rücken hatten”, wie es Calmund ausdrückt. Doch auch gegen diese Spitzenkönner hält Bayer voll dagegen. Im Gegensatz dazu baut Real auf einen überragenden Torwart, der beste Leverkusen Chancen zunichte macht.

Lesen Sie auch: “Wir gingen an der Schale vorbei” – Thomas Brdaric im “Vizekusen”-Interview

Real übersteht die Sturm- und Drangphase der Deutschen und holt zum neunten Mal den Henkelpott. “Ein bisschen Glück hat gefehlt, vielleicht auch ein bisschen Qualität gegen diese Weltklasse-Mannschaft”, meint Defensivstratege Ramelow im Rückblick. “Wir haben Real sicher mächtig beeindruckt, aber Casillas war an diesem Abend nicht zu bezwingen.”

Still ist es anschließend in der Kabine. “Der Stolz auf unsere Leistung”, so Ramelow, “kam erst viel später.” Stolz auf eine überragende Saison mit spektakulären Auftritten. Auch ohne Krönung. Butt, Ramelow, Ballack, Schneider und Oliver Neuville werden dann auch noch bei der WM Zweiter. Wieder Vize.

Oliver Bitter

“Der schönste Fußball in Europa”: Wie Leverkusen 2002 die Champions League aufmischte

Am 15. Mai 2002 steht Bayer 04 Leverkusen im Finale der Champions League, nachdem das Team einen Hochkaräter nach dem anderen ausgeschaltet hat. Über eine Saison, in der sogar die gegnerischen Fans stehend applaudierten.

Ein Tor im Champions-League-Finale: Bayer Leverkusen bejubelt am 15. Mai 2002 das 1:1 durch Lucio.

Ein Tor im Champions-League-Finale: Bayer Leverkusen bejubelt am 15. Mai 2002 das 1:1 durch Lucio.

Getty Images

Lange, sehr lange ist der Ball unterwegs und senkt sich in den Leverkusener Strafraum. Trotzdem hat Zinedine Zidane eine Menge Zeit, nimmt die Kugel volley aus der Luft und trifft mit links ins kurze Eck. Perfekte Haltung, ein toller Schuss, dennoch nicht ganz unhaltbar für Torhüter Hans Jörg Butt. 2:1 führt der hohe Favorit im Finale der Champions League in Glasgow, doch Bayer 04 ist den Königlichen nicht nur ebenbürtig, nein: Die Werkself ist im Hampden Park über weite Strecken die überlegene Mannschaft gegen Real Madrid und drängt mit Macht auf den Ausgleich.

Eine ganz besondere Mannschaft schickt Bayer Leverkusen ins Rennen 2001/02, eine nahezu perfekte Mischung aus Strategen und genialen Fußballern, ein Team, das europaweit begeistert und im Frühjahr Titelchancen in allen drei Wettbewerben besitzt. Am Ende geht das Spieljahr in die Chronik ein als die Saison, in der der Klub seinen Ruf als “Vizekusen” zementiert.

Ersatzmann Casillas wächst über sich hinaus

Den deutschen Meistertitel vergeigt die Mannschaft auf der Zielgeraden, Borussia Dortmund schnappt sich die Trophäe. Im Pokalfinale unterliegt die Mannschaft von Klaus Toppmöller gegen Schalke. Die letzte Möglichkeit, eine grandiose Saison mit einem Titel zu krönen, ergibt sich also gegen die Königlichen – und die Mannschaft bringt den hohen Favoriten in arge Bedrängnis.

Angriff auf Angriff tragen die Leverkusener in den Strafraum von Real, doch Torhüter Iker Casillas, erst nach der Pause für den verletzten Cesar Sanchez eingewechselt, wächst über sich hinaus und ist nicht zu bezwingen. Alleine in der Nachspielzeit zeigt er drei tolle Paraden. Trotz großer Leistung also geht das Finale verloren.

“Bayer weint wieder”, titelt der kicker. Es fehlt die Krönung einer unglaublichen Saison mit einer spielfreudigen und offensivstarken Mannschaft, die vielen als die stärkste in der Leverkusener Vereinsgeschichte gilt. Angeführt von Trainer Toppmöller, der seine Stars wirbeln lässt und mit dafür sorgt, dass die oft skeptisch betrachtete Werkself europaweit Sympathien für ihre mitreißende Spielweise gewinnt.

“Diese Saison”, sagt er Jahre später, “war ein absoluter Traum, auch weil uns vorher praktisch keiner auf die Rechnung hatte.” Freudig wie ein Fan erlebt der Trainer die Kräftemessen mit den Top-Klubs des Kontinents, kann dabei aber auch Ausnahmekönner wie Michael Ballack, Lucio, Bernd Schneider, Jens Nowotny, Diego Placente, Carsten Ramelow, Zé Roberto und Yildiray Bastürk ins Rennen schicken. “Toppi führte die Mannschaft mit großer Begeisterung”, kommentiert Reiner Calmund, damals Manager, die fruchtbare Verbindung, und er hat auch mich damit angesteckt. Dabei bin ich ja schon ein abgebrühter Hund gewesen.”

“Diese Mannschaft treibt Europas Fußball-Adel die Schamesröte ins Gesicht”

Die Vorrunde übersteht Bayer als Gruppenzweiter, hinter dem FC Barcelona, vor Lyon und Fenerbahce, und marschiert auch unangefochten durch die Zwischenrunde. “Diese Mannschaft spielt rotierenden Kombinationsfußball und treibt Europas Fußball-Adel die Schamesröte ins Gesicht”, schwärmt die Gazzetta dello Sport.


Michael Owen, Zoltan Sebescen, Michael Ballack

Auch Michael Owen und Liverpool hatten das Nachsehen: Ein überragender Michael Ballack (re.) führte Leverkusen durch die K.-o.-Phase.
Getty Images

Toppmöllers Truppe lässt in der zweiten Gruppenphase Juventus Turin und Arsenal hinter sich, schafft den Sprung in die nächste Runde schließlich durch ein 3:1 bei Deportivo La Coruna mit einem überragenden Ballack, der womöglich die beste Saison seiner Karriere hinlegt – seine letzte unterm Bayer-Kreuz vor seinem Wechsel zum FC Bayern. “Wir haben alles und jeden an die Wand gespielt”, sagt der damalige Torwarttrainer Toni Schumacher in Erinnerung an diesen Siegeszug, national wie international. “Es war so geil, dieser Mannschaft zuzuschauen.”

Der Kader ist eigentlich nicht breit genug aufgestellt für die hohen Anforderungen, aber trotzdem scheint diese Mannschaft kaum zu stoppen. “Wir hatten alle gar keine Zeit, viel darüber nachzudenken, was wir da gerade leisten“, erklärt Toppmöller, “es ging ja in allen drei Wettbewerben immer weiter, Schlag auf Schlag.”

Standing Ovations im Old Trafford: Selbst die United-Fans applaudieren

Beispiel Liverpool: Trotz eines 0:1 an der Anfield Road schaltet die Werkself im Viertelfinale auch die Reds aus und setzt sich zu Hause mit einem 4:2 durch. Noch stärker aber ist der Auftritt im ersten Halbfinale gegen Manchester United. “Für mich war dieses 2:2 unser bestes Spiel überhaupt”, erinnert sich Toppmöller. “Die United-Anhänger haben unsere Leistung mit Standing Ovations honoriert.”

Leverkusens Weg ins Champions-League-Finale

Ziemlich glücklich übersteht Bayer das Rückspiel in der BayArena, denn Manchester erweist sich hier als die bessere Mannschaft. Das Glück muss helfen, als Diego Placente kurz vor Schluss noch einen Schuss von Diego Forlan von der Linie kratzt. Leverkusen steht tatsächlich im Finale, einmal mehr ist Ballack der Spiritus Rector. “Nach diesem Spiel”, so Calmund, “habe ich Michael Ballack zum Ritter geschlagen, weil der alles abgegrätscht und weggeputzt hat, das war sensationell.”

Wir haben seinerzeit den schönsten Fußball in Europa gespielt.

Leverkusens Trainer Klaus Toppmöller

Der Preis für den Einzug ins Finale allerdings ist hoch: Jens Nowotny hat sich im Rückspiel gegen United einen Kreuzbandriss zugezogen, Zé Roberto fehlt im Finale gesperrt, insgesamt schwinden langsam aber sicher die Kräfte. Des Trainers Vorgabe dennoch gegen den hohen Favoriten: kein Abwarten, kein Taktieren, voll drauf wie immer! “Wir haben seinerzeit den schönsten Fußball in Europa gespielt”, schwärmt Toppmöller auch heute noch, “auch deshalb wollten wir uns auf keinen Fall hinten reinstellen, sondern das Spiel selber bestimmen.”

Tatsächlich, Bayer ist über weite Strecken die bessere Mannschaft – und das gegen eine Elf mit Stars wie Figo, Roberto Carlos, Raul und Zidane, “als sie noch kein Moos auf dem Rücken hatten”, wie es Calmund ausdrückt. Doch auch gegen diese Spitzenkönner hält Bayer voll dagegen. Im Gegensatz dazu baut Real auf einen überragenden Torwart, der beste Leverkusen Chancen zunichte macht.

Lesen Sie auch: “Wir gingen an der Schale vorbei” – Thomas Brdaric im “Vizekusen”-Interview

Real übersteht die Sturm- und Drangphase der Deutschen und holt zum neunten Mal den Henkelpott. “Ein bisschen Glück hat gefehlt, vielleicht auch ein bisschen Qualität gegen diese Weltklasse-Mannschaft”, meint Defensivstratege Ramelow im Rückblick. “Wir haben Real sicher mächtig beeindruckt, aber Casillas war an diesem Abend nicht zu bezwingen.”

Still ist es anschließend in der Kabine. “Der Stolz auf unsere Leistung”, so Ramelow, “kam erst viel später.” Stolz auf eine überragende Saison mit spektakulären Auftritten. Auch ohne Krönung. Butt, Ramelow, Ballack, Schneider und Oliver Neuville werden dann auch noch bei der WM Zweiter. Wieder Vize.

Oliver Bitter

“Dieses Schal-Gate beenden”: Völler wünscht sich was vor dem Pokalfinale

Bei seiner offiziellen Abschiedsfeier als scheidender Geschäftsführer von Bayer 04 Leverkusen hat Rudi Völler seine Meinung bezüglich gemeinsamer Fanschals vor dem Finale im DFB-Pokal zwischen Leipzig und Freiburg kundgetan.

Hört als Geschäftsführer von Bayer Leverkusen auf, bleibt der Werkself aber treu: Rudi Völler.

Hört als Geschäftsführer von Bayer Leverkusen auf, bleibt der Werkself aber treu: Rudi Völler.

IMAGO/Jan Huebner

“Dieses Schal-Gate beenden”: Völler wünscht sich was vor dem Pokalfinale

Bei seiner offiziellen Abschiedsfeier als scheidender Geschäftsführer von Bayer 04 Leverkusen hat Rudi Völler seine Meinung bezüglich gemeinsamer Fanschals vor dem Finale im DFB-Pokal zwischen Leipzig und Freiburg kundgetan.

Hört als Geschäftsführer von Bayer Leverkusen auf, bleibt der Werkself aber treu: Rudi Völler.

Hört als Geschäftsführer von Bayer Leverkusen auf, bleibt der Werkself aber treu: Rudi Völler.

IMAGO/Jan Huebner

“Dieses Schal-Gate beenden”: Völler wünscht sich was vor dem Pokalfinale

Bei seiner offiziellen Abschiedsfeier als scheidender Geschäftsführer von Bayer 04 Leverkusen hat Rudi Völler seine Meinung bezüglich gemeinsamer Fanschals vor dem Finale im DFB-Pokal zwischen Leipzig und Freiburg kundgetan.

Hört als Geschäftsführer von Bayer Leverkusen auf, bleibt der Werkself aber treu: Rudi Völler.

Hört als Geschäftsführer von Bayer Leverkusen auf, bleibt der Werkself aber treu: Rudi Völler.

IMAGO/Jan Huebner