NHL-Star Draisaitl wird Deutschland bei der WM nicht verstärken

Die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft hat beste Chancen auf den Einzug ins WM-Viertelfinale. Einer der besten Eishockey-Stürmer der Welt wird dem DEB allerdings nicht helfen.

Auch bei einem Ausscheiden in den NHL-Playoffs mit den Edmonton Oilers wird Leon Draisaitl nicht zur EM nachreisen.

Auch bei einem Ausscheiden in den NHL-Playoffs mit den Edmonton Oilers wird Leon Draisaitl nicht zur EM nachreisen.

IMAGO/USA TODAY Network

Weltklasse-Stürmer Leon Draisaitl wird bei einem Ausscheiden aus den NHL-Playoffs nicht die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft bei der WM in Tschechien verstärken. “Alle Lizenzen sind vergeben”, sagte Bundestrainer Harold Kreis nach dem 8:2 am Freitag gegen Kasachstan. Der Vizeweltmeister ist mit drei Siegen und zwei Niederlagen in der Gruppe auf Kurs Viertelfinale.

Jede Nation darf 25 Spieler bei den Titelkämpfen in Prag und Ostrava melden. Das hat der Deutsche Eishockey-Bund bereits genutzt. Vor knapp einer Woche reiste Lukas Reichel von den Chicago Blackhawks als letzter Nachrücker nach Tschechien. Gastgeber Tschechien kann dagegen noch drei Spieler nachmelden.

Die Edmonton Oilers stehen mit Draisaitl im Playoff-Viertelfinale vor dem Aus. Am Donnerstag (Ortszeit) verloren die Kanadier das fünfte Spiel bei den Vancouver Canucks mit 2:3 und liegen auch in der Serie Best-of-Five mit 2:3 zurück.

Reichel: “Haben einfach nicht aufgehört Plays zu machen”

Mit dem 8:2 gegen Kasachstan brannte die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft erneut ein Offensivfeuerwerk ab. Auch dank einer Reihe, die “was bewegt”.

Die neue deutsche Top-Reihe: Lukas Reichel, J.J. Peterka und Wojciech Stachowiak.

Die neue deutsche Top-Reihe: Lukas Reichel, J.J. Peterka und Wojciech Stachowiak.

IMAGO/ActionPictures

Das 8:2 gegen Kasachstan war nach dem 8:1 am Mittwoch gegen Lettland der zweite Kantersieg der DEB-Auswahl bei der Eishockey-WM in Tschechien in Serie. Das Tor zum Viertelfinale steht für die deutschen Kufenflitzer nun sperrangelweit offen und kann bereits am Samstag (16.20 Uhr) im Idealfall mit einem Sieg gegen Polen durchschritten werden.

Dabei bekam der Weltmeister in den beiden Partien zuvor von den USA und Schweden (jeweils 1:6) noch deutlich seine Grenzen aufgezeigt. Zwei Auftritte, die Harold Kreis zu einer Reaktion veranlassten. “Gegen die USA und Schweden sind wir nicht so richtig in die Offensive gekommen”, sagte der Bundestrainer bei ProSieben. Kreis nahm deshalb eine Veränderung in seinen Sturmreihen vor – und fand dabei aller Voraussicht nach eine neue Idealbesetzung.

Denn die vor dem Lettland-Spiel neu zusammengestellte Reihe J.J. Peterka (Buffalo Sabres), Lukas Reichel (Chicago Blackhawks) und Wojciech Stachowiak (ERC Ingolstadt) spielte auch gegen Kasachstan groß auf. Reichel erzielte zwei Tore, Peterka schlug einmal zu und Stachowiak war an vier Toren beteiligt.

Kreis: “Wir haben uns überlegt, wer könnte zwischen Lukas und J.J. spielen?”

“Wir haben uns überlegt, wer könnte zwischen Lukas und J.J. spielen?”, sagte Kreis nach der Partie und erklärte: “Wir haben dann entschieden, dass es die drei Spieler sein sollen, die von der Veranlagung und der Geschwindigkeit am besten zusammenpassen. Mit Stachowiak hat Kreis das entscheidende Puzzleteil gefunden: “Es ist eine Reihe, wenn die aufs Eis kommt, die bewegt was.” Allerdings wollte Kreis nicht nur seine Offensive loben. “Wenn wir die Scheibe verlieren, dann arbeiten alle hart zurück”, sagte Kreis: “Es ist ein kollektiver Fünf-Mann-Erfolg, schon aus unserer Defensivzone heraus.”

EISHOCKEY-WM 2024

Ein ganz besonderes Strahlen hatte Reichel auf dem Gesicht, immerhin wurde der am 17. März 2022 in Nürnberg geborene Angreifer am Freitag 22 Jahre jung. “Es ist schön, am Geburtstag ein Tor zu schießen”, sagte Reichel bei MagentaSport. “Wir haben einfach nicht aufgehört Plays zu machen”, fügte er an.

Eine Einschätzung, die er mit Kreis teilte: “Die Jungs spüren, wenn sie diszipliniert und strukturiert spielen, was für eine Spielfreude sie haben”, sagte der Bundestrainer und blickte bereits auf das Match gegen Polen voraus. “Das wird sich mit großer Sicherheit auf morgen übertragen.”

Während Kreis sein Team im Vergleich zum Lettland-Spiel unverändert ließ, kündigte er gegen den Aufsteiger eine Änderung im Tor an, wo Philipp Grubauer (Seattle Kraken) eine Pause erhalten wird. “Morgen wird Mathias Niederberger im Tor stehen.”

8:2 gegen Kasachstan: Deutschland nimmt Viertelfinale ins Visier

Deutschland ist bei der Eishockey-WM in Tschechien dem Viertelfinale erneut einen Schritt näher gekommen: Mit dem 8:2 gegen Kasachstan feierte das DEB-Team den zweiten Kantersieg in Folge.

Deutschlands Lukas Reichel zieht ab und trifft gegen Kasachstan.

Deutschlands Lukas Reichel zieht ab und trifft gegen Kasachstan.

IMAGO/ActionPictures

Deutschland erwischte einen Blitzstart gegen Kasachstan: Gerade einmal 62 Sekunden waren gespielt, und Szuber erzielte die Führung für das DEB-Team. Der NHL-Legionär von den Arizona Coyotes arbeitete vor dem Tor der Kasachen konsequent, hatte letztendlich aber auch Glück, dass sein zweiter Puck vom Schlittschuh eines Kasachen ins Tor ging.

Deutschland blieb in der Anfangsphase am Drücker und legte kurz danach sogar nach: Nach einem schnellen Vorstoß bediente Maximilian Kastner vom EHC Red Bull München mustergültig den zukünftigen Kölner Parker Tuomie, der sich die Chance nicht entgehen ließ und auf 2:0 stellte (3.).

Mit der frühen Führung im Rücken wollte Deutschland gleich nachlegen, konnte aber kein weiteres Kapital aus der Überlegenheit schlagen. Im Gegenteil: Gleich die erste Überzahlsituation nutzten die Mittelasiaten zum Anschlusstor durch Startschenko (9.) aus. In der Folgezeit konnte Kasachstan die Partie offener gestalten, Deutschland stand aber in der Defensive sicher und ließ keine weiteren Chancen mehr zu.

Deutschland besticht durch Schusseffizienz

Auch im Mittelabschnitt erwischte Deutschland einen Blitzstart. J.J. Peterka von den Buffalo Sabres markierte mit einer feinen Einzelleistung das 3:1 für Deutschland (22.). Und damit nicht genug: Lukas Reichel von den Chicago Blackhawks erhöhte auf 4:1 (29.), Lukas Kälble von den Fischtown Pinguins stellte sogar noch auf 5:1 (36.).

Das DEB-Team bestach besonders durch seine Schusseffizienz – ganz im Gegensatz zu den Kasachen. Diese trafen zweimal das Aluminium, zudem konnte sich auch NHL-Goalie Philipp Grubauer auszeichnen. Der Seattle-Torhüter konnte sich besonders gegen Panyukov (22.) und Startschenko (26.) sowie Shestakov (33.) auszeichnen. Die Führung des DEB-Teams ging aber völlig in Ordnung, die Mannschaft von Bundestrainer Harold Kreis war sowohl Stock- als auch Schlittschuhtechnisch besser und konnte sich auch auf die individuelle Klasse seiner NHL-Profis verlassen.

Deutschland zeigt bärenstarken Schlussabschnitt – Reichel beschenkt sich erneut

Im Schlussabschnitt dominierte dann eigentlich nur noch das DEB-Team. Und die Kreis-Schützlinge zeigten teils tolle und sehenswerte Kombinationen und gaben damit den deutschen Fans verstärkt Anlass zu Hoffnungen auf eine erneut erfolgreiche WM. Und das DEB-Team belohnte sich auch für seine starke Vorstellung: Der Ingolstädter Wojciech Stachowiak spielte sich gekonnt mit Peterka durch die Reihen der Kasachen, Reichel mussten den genauen Querpass von Peterka nur noch über die Linie drücken (51.). Reichel beschenkte sich damit an seinem selbst, der gebürtige Nürnberger feierte am Freitag seinen 22. Geburtstag.

Damit aber nicht genug. In der 55. Minute schaltete Deutschland nach einem Puckgewinn schnellt um, Frederik Tiffels vom Deutschen Meister Eisbären Berlin nahm die Scheibe gut mit und schloss eiskalt zum 7:2 ab. Zwischenzeitlich hatte Kasachstan nach einem Bully durch Korolyov (52.) verkürzen können. Den Schlusspunkt setzte aber Deutschland, Kastner erzielte den 8:2-Endstand (59.).

Statistik zum Spiel

Deutschland – Kasachstan

Deutschland: Grubauer – J. Müller, Wissmann; M. Müller, Szuber; Wagner, Kälble; Ugbekile, Fohrler – Ehliz, Michaelis, Pföderl; Reichel, Stachowiak, Peterka; Tiffels, Sturm, Kahun; Tuomie, Kastner, Ehl.

Lettland: Shutov – Orekhov, Daniyar; Metalnikov, Beketayev; Dikhanbek, Breus; Gaitamirov, Korolyov – Rymarev, Omirbekov, Starchenko; Mikhailis, Mukhametov, Muratov; Savitsky, Shestakov, Panyukov; Asetov, Boiko, Rakhmanov.

Tore: 1:0 Szuber (01:02), 2:0 Tuomie (02:24), 2:1 Startschenko (07:59), 3:1 Peterka (21:11), 4:1 Reichelt (28:29), 5:1 Kälble (35:17), 6:1 Reichel (50:27), 6:2 Korolyov (51:52), 7:2 Tiffels (54:14), 8:2 Kastner (58:34)

Strafminuten: Deutschland 6 – Kasachstan 2

Schiedsrichter: Mikael Holm (Schweden)/Kristian Vikman (Finnland).

Zuschauer: 8479 (in Ostrava)

Jörg Wieserner

Das nächste Drama: Draisaitls Oilers vor dem Aus

Wiederholt sich Geschichte? Die Edmonton Oilers stehen sich mal wieder selbst im Weg und stehen nach dem 2:3 bei den Vancouver Canucks kurz vor dem Aus in den Playoffs. Die Gründe sind nicht neu.

Leon Draisaitl und die Oilers stehen sich mal wieder selbst im Weg.

Leon Draisaitl und die Oilers stehen sich mal wieder selbst im Weg.

IMAGO/USA TODAY Network

Fünftes Spiel der Serie, zum fünften Mal entschied am Ende ein einziges Tor. Und wieder, wie in Spiel vier, in der letzten Spielminute. Doch dieses Mal hatten die Canucks das bessere Ende für sich, insgesamt verdient. Dabei begannen die Oilers gut, allerdings kam ihr Powerplay dieses Mal nicht in Fahrt und blieb trotz fünf Versuchen erfolglos. Dennoch brachte Evander Kane Edmonton auf Vorlage von Draisaitl in Führung (4.), der Deutsche verbuchte damit auch im zehnten Playoff-Spiel dieser Saison mindestens einen Scorerpunkt. Verteidiger Carson Soucy glich mit einem feinen Schuss aus (18.), die Oilers benötigten jedoch nur 23 Sekunden, um wieder vorne zu liegen: Brett Kulak leitete mit tollem Einsatz im eigenen Drittel ein, Connor Brown legte ab auf Mattias Janmark, 2:1.

Ab dem Mitteldrittel übernahm Vancouver das Spielgeschehen, von den Oilers kam viel zu wenig. 17:4-Schüsse in diesem Spielabschnitt sagen alles. Back-up Calvin Pickard, der erneut den Vorzug vor Stuart Skinner erhalten hatte, überzeugte, und die Oilers hätten die Führung in die Pause nehmen können, hätte nicht Evan Bouchard krass gepatzt, als er die Scheibe vor dem eigenen Tor verlor und Phillip Di Giuseppe mit der Rückhand zum 2:2 traf (26.). Von dieser Art Fehler begehen die Oilers Jahr für Jahr zu viele, bringen sich damit um den Erfolg.

Das Schlussdrittel verlief wieder ausgeglichener. Enttäuschend allerdings die Leistung von Superstar Connor McDavid, von dem viel zu wenig kam. Gibt am Ende die Müdigkeit den Ausschlag, weil die Stars der Oilers viel zu oft auf dem Eis stehen (müssen), weil vom Rest zu wenig kommt? So lief es bereits im Vorjahr beim Aus gegen die Vegas Golden Knights in der zweiten Runde.

Das dramatische Ende von Spiel fünf: Elias Lindhom traf den Pfosten, J.T. Miller staubte 33 Sekunden vor der Schlusssirene ab, weil McDavid ihn ziehen ließ. Ein Sudden Death in der regulären Spielzeit.

Nun ist der Druck für die Oilers enorm beim Stand von 2:3 in der Serie: Spiel sechs in der Nacht auf Sonntag in Edmonton müssen sie gewinnen, sonst wäre diese Saison zu früh vorbei, würde als große Enttäuschung abgeheftet, generelle Fragen für die Zukunft würden gestellt. Zum Beispiel, ob Draisaitl verlängert oder ob er sein letztes Spiel im Oilers-Trikot bestritten hat. Der Superstar würde 2024/25 in sein letztes Vertragsjahr gehen, ohne eine Verlängerung müssten die Oilers ihn wohl abgeben. Die Mechanismen aus dem Profifußball lassen grüßen.

Hattrick von Kreider, New York Rangers im Conference Finale

Ins Conference Finale eingezogen sind derweil die New York Rangers, ebenfalls dramatisch. In Spiel sechs bei den Carolina Hurricanes lagen sie nach zwei Dritteln mit 1:3 zurück, alles sah nach einem siebten Spiel aus, obwohl die Rangers in der Serie bereits mit 3:0 geführt hatten. Doch dann gelang Chris Kreider ein Hattrick innerhalb von neun Minuten, Barclay Goodrow traf noch zum 5:3 ins leere Tor. Im Conference Finale treffen die Rangers auf den Sieger zwischen den Florida Panthers und den Boston Bruins (Zwischenstand 3:2).

0,2 Sekunden vor Schluss: Österreich zwingt Finnland in die Knie

Österreich sorgt bei der Eishockey-WM in Tschechien weiter für die verrückten Dinge. Der furiosen Aufholjagd gegen Kanada ließ die Alpenrepublik am Donnerstag eines der wohl spätesten WM-Tore folgen.

Jubel mit der Sirene: Die Spieler Österreichs können ihr Glück kaum fassen.

Jubel mit der Sirene: Die Spieler Österreichs können ihr Glück kaum fassen.

AFP via Getty Images

Ein 5:6 im allerletzten Moment gegen die Schweiz kassiert, ein 1:6 gegen Kanada aufgeholt, um dann mit 6:7 zu verlieren – und nun ein beachtlicher Comeback-Sieg gegen die Finnen: Die Nationalmannschaft Österreichs schreibt bei der Eishockey-WM in Tschechien weiterhin die dicken Schlagzeilen.

Gegen Finnland lag das ÖEHV-Team nach dem ersten Abschnitt mit 0:2 im Hintertreffen. Die Dinge schienen ihren Lauf zu nehmen, nachdem Saku Mäenalanen (3.) und Oliver Kapanen (9.) für die Nordeuropäer getroffen hatten. Doch der Underdog um den starken David Kickert im Tor steckte nicht auf. Mario Huber sorgte in der 24. Minute für den Anschlusstreffer – und für mächtig Spannung im Schlussdrittel.

Baumgartners Treffer zählt

Dort brachte das Team um den NHL-Profi Marco Rossi (Minnesota Wild) die Finnen so richtig ins Schwitzen. Thimo Nickl schoss zehn Minuten vor dem Ende den 2:2-Ausgleich. Dann die Crunchtime: Benjamin Baumgartner aus Zell am See, einst von den New Jersey Devils gedraftet und in der abgelaufenen Saison in der Schweiz beim SC Bern unter Vertrag, trifft kurz vor der Schlusssirene zum viel umjubelten Siegtreffer. Oder doch zu spät? Die Torlinienkamera beweist in der Zeitlupe: 0,2 Sekunden vor der Sirene überquerte der flach geschossene Puck die Torlinie. Der Treffer wird gegeben, 3:2!

Perfekt war der erste Gruppensieg im vierten Anlauf. Mit nun vier Punkten dürfen die Österreicher in Sachen Abstiegskampf etwas durchschnaufen. Am Freitag geht es gegen Gastgeber Tschechien weiter, ehe die wohl wichtigeren Duelle mit Norwegen und Schlusslicht Großbritannien folgen.

“Gibt uns sehr viel Stabilität”: Teamkollegen schwärmen von Sturm

Die Pleiten gegen die USA und Schweden hatte Nico Sturm aufgrund einer Blessur verpasst. Am Mittwoch kehrte er zurück und war gegen Lettland gleich ein Faktor. Dementsprechend erhielt er viel Lob von seinen Mitspielern.

Gewann beide WM-Spiele, in denen er auf dem Eis stand: Nico Sturm.

Gewann beide WM-Spiele, in denen er auf dem Eis stand: Nico Sturm.

IMAGO/Andreas Beil

Leistungsträger, Anführer und Bessermacher: Nico Sturm ist bei der Eishockey-Weltmeisterschaft Deutschlands Unterschiedsspieler. Seine Mitspieler schwärmen vom NHL-Profi, auch Bundestrainer Harold Kreis ist schwer angetan. Sturm hebt die Nationalmannschaft wie bei der 8:1-Gala gegen Lettland auf ein neues Niveau. “Er ist ein absoluter Profi. In der Kabine und auf dem Eis ist er eine Führungsperson, absolut”, beschrieb Kreis seinen neben Kapitän Moritz Müller wichtigsten Spieler.

Du weißt genau, wenn die Situation kritisch ist und Nico steht auf dem Eis, wird er die richtige Entscheidung treffen.

JJ Peterka

Sturm ist einer dieser Eishockeyspieler, die jeder Trainer gerne in seiner Mannschaft hat. Er ist ein sogenannter Zwei-Wege-Stürmer, der sowohl defensiv als auch offensiv seine Stärken hat. Er ist ein Akteur, der in den entscheidenden Phasen einer Partie auf dem Eis steht. “Du weißt genau, wenn die Situation kritisch ist und Nico steht auf dem Eis, wird er die richtige Entscheidung treffen”, sagte NHL-Kollege JJ Peterka von den Buffalo Sabres.

Sturm nimmt die Rolle des Anführers an

Mit Verantwortung kann der Profi von den San Jose Sharks bestens leben und umgehen. “Die strebe ich an”, sagte er. Sturm weiß um seinen Status. Die Rolle schiebt er nicht weg – im Gegenteil. “Ich hoffe schon, dass ich den Jungs Selbstvertrauen mitgeben kann, wenn ich auf dem Eis bin. Sie sollen denken: Der ist draußen, der macht das”, sagte Sturm. “Das ist auch mein Job in San Jose. Ich denke, ich mache den auch sehr gut.”

“Er gibt uns sehr, sehr viel Stabilität”, merkte Peterka an. “Das haben wir im Hinterkopf und das gibt Vertrauen in der Truppe.” Dies rechtfertigt Sturm auf dem Eis. Beim 8:1 am Mittwoch gegen den WM-Dritten Lettland war er an den ersten beiden Treffern beteiligt. Das achte Tor machte der Nordamerika-Profi dann selbst. “Es hat sehr viel Spaß gemacht”, sagte der Nationalspieler.

Sturm ist in der Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Vor knapp zwölf Monaten spielte er eine wichtige Rolle beim Silber-Coup bei der WM im finnischen Tampere. Aktuell führt er das deutsche Team erneut in Richtung Viertelfinale, auch wenn der Turnierstart etwas holprig war.

Minimalziel Viertelfinale nur noch Formsache

Zwei WM-Spiele verpasste Sturm wegen einer Verletzung, zweimal musste die Nationalmannschaft gegen die NHL-Stars der USA (1:6) und Schweden (1:6) Lehrgeld zahlen. Eine Aussprache nach den beiden Pleiten mit dem Trainer, aber vor allem innerhalb der Mannschaft zeigte schnell Wirkung und war ein Faktor. Die Sturm-Rückkehr gegen Lettland ein weiterer.

“Er spielt ja nicht umsonst in der NHL, der besten Liga der Welt”, sagte Berlins Verteidiger Kai Wissmann über den Team-Leader und nannte eine weitere Sturm-Stärke. “Er gewinnt sehr viele Bullys für uns”, betonte der Berlins Meister-Kapitän. “Das ermöglicht uns, mit dem Puck zu starten und nicht erst 20 Sekunden hinter dem Gegner herzurennen. Er ist ein sehr wichtiger Spieler, ganz klar.”

In den restlichen drei Vorrundenspielen soll Sturm wieder den Takt angeben. Am Freitag (16.20 Uhr/Pro Sieben und MagentaSport) geht es gegen Kasachstan. Dann folgen einen Tag später Polen und zum Abschluss der Gruppenphase am Dienstag Frankreich. Mit zwei Siegen und zwei Niederlagen steht die DEB-Auswahl derzeit bestens da. Das Kreis-Team dürfte sich gegen die Außenseiter sogar noch eine Niederlage leisten. Das Minimalziel Viertelfinale scheint nur noch Formsache zu sein. “Wir sind auf Kurs”, sagte Sturm.

Peterka und der “Key-Faktor”

Das 8:1 gegen den Bronzemedaillen-Gewinner von 2023 aus Lettland sorgte bei der deutschen WM-Auswahl am Mittwochabend für spürbare Erleichterung – in die sich allerdings auch Warnungen mischten.

Das DEB-Team bei der deutschen Nationalhymne nach dem 8:1 gegen Lettland.

Das DEB-Team bei der deutschen Nationalhymne nach dem 8:1 gegen Lettland.

IMAGO/ActionPictures

“Es hätte nicht besser laufen können”, meinte Nico Sturm nach der Galavorstellung am späten Mittwochnachmittag. J.J. Peterka sah dies bei MagentaSport ähnlich: “Heute sind wir als Mannschaft richtig, richtig gut aufgetreten.” Der von Beginn an äußert konzentrierte und – nach den schnellen Toren – auch immer spielfreudigere Auftritt des deutschen Teams war die richtige Antwort des Vize-Weltmeisters auf die beiden enttäuschenden 1:6-Niederlagen gegen die USA und Schweden.

“Das hat viel mit den letzten Tagen zu tun. Wir haben da viel zusammen gesessen”, erklärte Peterka, dass die letzten beiden Spiele auch im Team nicht ohne Wirkung geblieben waren. “Wichtiger als das Ergebnis war heute die Art und Weise”, meinte daher auch Sturm, der beide Spiele – nach einer Blessur aus dem Auftaktspiel gegen die Slowakei – selbst verpasst hatte.

Kreis und das Gespräch im Hotel

Die Art und Weise der Niederlagen war es auch gewesen, die Harold Kreis nach dem Schweden-Spiel hatte reagieren lassen. Der Bundestrainer hatte das Team im Hotel noch einmal zusammengerufen: “Das Gespräch im Hotel, das wir hatten, da ging es ja nicht darum, Leute irgendwie auf den richtigen Weg zu bringen, sondern auf den gleichen Weg zu bringen. Die Jungs sind hochprofessionell und heute waren wir alle auf dem gleichen Weg. Das gibt ein gutes Gefühl”, so Kreis.

Peterka (“Natürlich war ich frustriert die letzten Tage”), der gegen Lettland seine bisherige WM-Torflaute mit einem Doppelpack beendete, fügte an, dass gerade auch Gespräche unter den Spielern selbst ein Brustlöser gewesen seien: “Das war wirklich der Key-Faktor. Wenn man im Team Sachen durchgeht, hat das nochmal einen bisschen höheren Stellenwert, würde ich sagen. Weil einfach jeder aus sich rauskommt, jeder was dazu beitragen kann.”

Warnung der Routiniers: “Dürfen nicht zu hoch fliegen”

Vor den abschließenden drei Vorrundenspielen gegen Kasachstan (Freitag, 16.20 Uhr), Aufsteiger Polen (Samstag, 16.20 Uhr) und Frankreich (Dienstag, 12.20 Uhr; alle bei ProSieben und MagentaSport) hat die DEB-Auswahl nun eine sehr gute Ausgangsposition in Sachen Viertelfinalqualifikation und könnte sich womöglich auch eine weitere Niederlage erlauben.

Vor allzu großer Entspanntheit und Sorglosigkeit warnen zwei deutsche Routiniers indes eindringlich. “Es wird jetzt nicht einfach in den nächsten Tagen”, sagte Sturm – und Kai Wissmann, Kapitän von DEL-Champion Eisbären Berlin, ergänzte: “Wir dürfen jetzt nicht zu hoch fliegen.”

Dank Kantersieg gegen Lettland: DEB-Team nimmt Kurs auf das Viertelfinale

Dank eines konzentrierten und spielfreudigen Auftritts beim 8:1-Kantersieg gegen Lettland befindet sich Deutschland – nach zwei 1:6-Niederlagen gegen die USA und Schweden – wieder auf Viertelfinalkurs.

Deutschlands Dominik Kahun (li.) brachte sein Team gegen Lettland früh auf Siegkurs.

Deutschlands Dominik Kahun (li.) brachte sein Team gegen Lettland früh auf Siegkurs.

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Im wichtigen Spiel gegen die Letten konnte Harold Kreis wieder auf seinen vollen Kader bauen. Neben Nico Sturm war auch Max Szuber wieder mit von der Partie. Beide hatten sich im Auftkaktspiel gegen die Slowakei (6:4) Blessuren zugezogen. Im Tor kam erneut Philipp Grubauer zum Einsatz, der damit im vierten Turnierspiel zum dritten Mal begann.

Damit einher gingen auch einige Reihenumstellungen des Bundestrainers. So rückte J.J. Peterka in einer Formation mit Linksaußen Lukas Reichel und Wojciech Stachowiak. Dominik Kahun rückte von der Center- auf die Außenposition neben Frederik Tiffels und Rückkehrer Sturm. Tobias Eder und Daniel Fischbuch fehlten somit überzählig.

Kahun und Wissmann vollstrecken eiskalt

Das DEB-Team startete mit viel Elan ins Spiel und setzte Lettland mit viel Tempo und frühem Forechecking unter Druck. Nachdem Kristers Gudlevskis vom deutschen Vize-Meister Bremerhaven einen Schuss seines bisherigen DEL-Teamkollegen Lukas Kälble nur prallen lassen konnte, vollstreckte Kahun zur Führung. Nur wenig später hatte Stachowiak die nächste gute Chance (7.).

Mitte des ersten Drittels kam auch Lettland besser ins Spiel, die besseren Chancen aber hatte weiterhin das deutsche Team. Sturm scheiterte nach einem Alleingang aber an Gudlevskis (12.). Spät im ersten Drittel hatten beide Mannschaften jeweils ihre erste Überzahl-Gelegenheit. Während die deutsche Auswahl ihre allerdings schadlos überstand, benötigte Kai Wissmann für Deutschland nur 19 Sekunden Powerplay, um sein Team nach dem ersten Drittel mit 2:0 in Führung zu bringen: Der Berliner Verteidiger narrte die kurz desorientierte lettische Verteidigung mit einem Solo über die halbe Eisfläche und schloss akkurat an Gudlevskis ins rechte Toreck ab (19.).

Peterka & Co. in Torlaune – Gudlevskis muss raus

Im zweiten Drittel entschied die Kreis-Auswahl die Partie frühzeitig: Pföderl überwand Gudlveskis 48 Sekunden nach Drittelbeginn nach einer Drei-auf-Zwei-Situation durch die Beine. Kurz nach dem 4:0 von Parker Tuomie (23.) war schließlich bereits Schluss für den Bremerhavener Keeper, NHL-Keeper Merzlikins (Columbus) übernahm im Tor der Letten. Doch dies hielt Deutschland keineswegs von weiteren Treffern ab. In Überzahl erzielte Peterka sein lange erwartetes erstes Turniertor (26.).

In der Folge wurden die frustrierten Letten undisziplinierter, die Strafzeiten häuften sich. Marc Michaelis stellte bei gerade auslaufender doppelter Überzahl auf 6:0 (31.), Peterka machte wenig später seinen Doppelpack perfekt (36.). 58 Sekunden vor Drittelende gelang Markuss Komuls schließlich gegen die einmal kurz etwas nachlässige deutsche Defensive der Ehrentreffer für Lettland.

Nico Sturm, Elvis Merzlikins, Ralfs Freibergs (v.li.)

Erzielte das Tor zum 8:1 für Deutschland: Nico Sturm.
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Im Nachsetzen: Sturm setzt den Schlusspunkt

Im Schlussabschnitt nahm die Intensität angesichts des überdeutlichen Spielstands ein wenig ab. Dennoch gelang Sturm im Nachsetzen der achte deutsche Treffer (45.). Nachdem der vermeintliche zweite Treffer der Letten in der 49. Minute nach erfolgreicher “Challenge” von Kreis und Video-Check der Linesmen wegen einer vorangegangen Abseitsstellung keine Anerkennung erhielt, plätscherte das Spiel anschließend der Schlusssirene entgegen.

Im fünften Turnierspiel kann das deutsche Team am Freitag gegen Kasachstan (16.20 Uhr bei ProSieben und MagentaSport) einen weiteren großen Schritt in Richtung Viertelfinalqualifikation gehen.

Statistik zu Spiel

Deutschland – Lettland 8:1 (2:0, 5:1, 1:0)

Deutschland: Grubauer – J. Müller, Wissmann; M. Müller, Szuber; Wagner, Kälble; Ugbekile, Fohrler – Ehliz, Michaelis, Pföderl; Reichel, Stachowiak, Peterka; Tiffels, Sturm, Kahun; Tuomie, Kastner, Ehl.

Lettland: Gudlevskis (ab 25. Merzlikins) – Zile, Jaks; Freibergs, Cukste; Mamcics, Komuls; Cibulskis – Dzierkals, Abols, Daugavins; Krastenbergs, Batna, Ro. Bukarts; Indrasis, Locmelis, Ri. Bukarts; Gavars, Ansons, Egle; Tralmaks.

Tore: 1:0 (5:27) Kahun (Kälble, Tiffels), 2:0 (18:05) Wissmann PP (Sturm), 3:0 (20:48) Pföderl (Ehliz, J. Müller), 4:0 (22:42) Tuomie (Kastner, Ugbekile), 5:0 (25:37) Peterka PP (Reichel, Wissmann), 6:0 (30:54) Michaelis PP (Ehliz. J. Müller), 7:0 (35:53) Peterka (Stachowiak, Reichel), 7:1 (39:02) Komuls (Dzierkals), 8:1 (44:28) Sturm.

Strafminuten: Deutschland 6  – Lettland 12.

Schiedsrichter: Riku Brander (Finnland)/Michael Campbell (USA).

Zuschauer: