Mit Senß nach Frankfurt: Casalino wird Wattenscheid verlassen

Die SG Wattenscheid 09 verliert mit Felix Casalino im Sommer einen Leistungsträger, der weit über die Grenzen der Oberliga-Spielfelder Popularität genießt. Bei der Suche nach einem neuen Klub bindet der Influencer seine zahlreichen Fans mit ein.

Ein Stürmer mit vielen Fans: Felix Casalino begeistert als Influencer speziell die junge Generation.

Ein Stürmer mit vielen Fans: Felix Casalino begeistert als Influencer speziell die junge Generation.

IMAGO/Michael Ketzer

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Nach vier Jahren im Trikot der SG Wattenscheid 09 wird Felix Casalino zur kommenden Saison eine neue Herausforderung suchen. Das gaben die SGW und der 25-jährige Stürmer am Freitag parallel bekannt. Eine Entscheidung, hinter der weitaus mehr private als sportliche Gründe stecken.

Casalino, ein unter anderem auf dem Youtube-Kanal “freekickerz” aktiver und bekannter Content-Creator und Influencer, wird nämlich mit seiner neuen Freundin Elisa Senß nach Frankfurt ziehen. Der Wechsel der deutschen Nationalspielerin von Bayer 04 Leverkusen zur Eintracht ist seit Mitte März fix.

Da für das Fußballer-Paar eine Wochenend-Beziehung nicht infrage kam – beide stehen schließlich samstags und sonntags regelmäßig auf dem Platz – wird Casalino seinen Lebensmittelpunkt ebenfalls in die Main-Metropole verlagern. Auf “Youtube” rief der bisherige Wattenscheid-Stürmer seine Abonnenten dazu auf, ihm neue Vereine vorzuschlagen. “Solange das Projekt cool ist und der Verein mich reizt, bin ich sehr offen dafür”, betont Casalino, dass er sich auch einen Klub unterhalb von Regional- oder Oberliga vorstellen könne.

Der Aufstieg als Krönung

Sein Abschied aus der Lohrheide falle ihm indes schwer: “Wattenscheid ist mir ans Herz gewachsen. Ich habe mit dem Verein gefühlt alles mitgemacht”, so Casalino in seinem Video und nennt den Aufstieg in die Regionalliga 2021 als die “Krönung” seiner vier Jahre. Bislang brachte es Casalino auf 19 Tore in 57 Oberliga-Spielen für den früheren Bundesliga-Klub. 2022/23 traf er in 21 Regionalliga-Partien immerhin dreimal.

Wattenscheids Sportvorstand Hartmut Fahnenstich lässt ebenfalls durchblicken, dass er die Trennung bedauere: “‘Casa’ ist ein ganz besonderer Junge. Nicht nur wegen seiner Internetauftritte, den zahlreichen jugendlichen Fans, die wir bei den Spielen immer am Spielfeldrand haben, sondern auch als Mensch. Ich kenne ihn jetzt erst ein halbes Jahr, aber er ist mir in dieser Zeit schon ans Herz gewachsen. Er hat eine offene, witzige Art und man kann sich auf ihn verlassen. Daher finde ich es fürs gesamte Team und fußballerisch sehr sehr schade, dass er uns verlässt.”

Für den Umzug nach Frankfurt bringt Fahnenstich allerdings Verständnis auf und nennt noch ein Ziel: “Ich denke schon, dass er auch etwas wehmütig ist, gerade jetzt, wo wir auch mit seiner Hilfe uns gegen den Abstieg gestemmt haben. So etwas schweißt natürlich zusammen. Jetzt hoffen wir, dass wir ihm in den letzten Spielen einen schönen Abschied bereiten können.”

“An dieser Niederlage hatte ich lange zu knabbern”

Am Samstag spielt die SGS Essen im DFB-Pokal-Halbfinale beim Serien-Gewinner VfL Wolfsburg, der den Titel zuletzt neunmal in Folge gewann. Vor vier Jahren trafen beide Teams im Finale in Köln aufeinander – mit denkbar knappem Ausgang für den VfL. Ein Spiel, das Essens Trainer Markus Högner sehr beschäftigte.

Coach Markus Högner und die SGS Essen verloren 2020 das Pokalfinale gegen den VfL Wolfsburg.

Coach Markus Högner und die SGS Essen verloren 2020 das Pokalfinale gegen den VfL Wolfsburg.

IMAGO/Beautiful Sports

Es war am 4. Juli 2020, als die SGS Essen ganz nah dran war am ersten Titel der 20-jährigen Vereinsgeschichte. 3:3 stand es am Ende von 90 hochklassigen Minuten im Finale des DFB-Pokals, das damals im Kölner Rhein Energie Stadion aufgrund der Corona-Auflagen ohne Zuschauer ausgetragen werden musste. Die Partie zwischen der SGS und dem VfL Wolfsburg ging nach torloser Verlängerung ins Elfmeterschießen, das die Essenerinnen mit 2:4 verloren geben mussten. “An dieser Niederlage hatte ich noch lange daran zu knabbern”, erzählt Markus Högner, damals wie heute Trainer der Sportgemeinschaft Essen-Schönebeck.

Die Mannschaft, die vor vier Jahren auf dem Platz stand, lässt die Freunde des Frauenfußballs mit der Zunge schnalzen: Mit Marina Hegering und Lena Oberdorf (beide VfL Wolfsburg), Stina Johannes und Nicole Anyomi (beide Eintracht Frankfurt), Elisa Senß (Bayer Leverkusen) sowie Lea Schüller (Bayern München) trugen alleine sechs aktuelle Nationalspielerinnen das Trikot der SGS, die Jahr für Jahr gute Spielerinnen ausbildet und dann an die größeren und zahlungskräftigeren Bundesliga-Klubs abgibt bzw. abgeben muss. “Vielleicht werden wir auch in diesem Jahr die eine oder andere verlieren. Aber die meisten Spielerinnen haben langfristige Verträge, und wir wollen die auch definitiv halten”, kündigt der Trainer an.

Trotz Ausfällen: Wolfsburg ist der Favorit

Zuletzt wechselte Vivien Endemann im vergangenen Sommer zum VfL Wolfsburg. Am 28. Februar feierte die 22-Jährige ihr Debüt in der Nationalmannschaft beim Nations-League-Spiel in den Niederlanden. “Vivien war auch schon bei uns eine sehr fokussierte Spielerin mit einer guten Einstellung”, lobt Högner die schnelle Offensivakteurin, die am Samstag (13 Uhr) im DFB-Pokal-Halbfinale auf ihren Ex-Klub treffen wird.

Klar ist, dass Gastgeber VfL Wolfsburg trotz der Ausfälle von Alexandra Popp und Marina Hegering als Favorit in die Partie gegen Essen gehen wird. 48 Pokal-Spiele in Serie hat der Bundesligazweite gewonnen, ist seit 2015 neunmal in Folge beim Finale in Köln als Sieger vom Platz gegangen. “Der VfL strebt natürlich danach, zumindest diesen Titel zu gewinnen, nachdem die Meisterschaft wohl zu Gunsten der Bayern entschieden ist”, sagt Högner über seinen Ex-Klub, für den er von Mai 2018 bis Januar 2019 als Co-Trainer tätig war. “Aber wir rechnen uns trotzdem auch Chancen aus.” Mutig müsse seine Mannschaft am Samstag zu Werke gehen, fordert der 56-Jährige. “Wolfsburg hat schon ein unfassbares Tempo in der Offensive, da muss man hinten stabil bleiben, wenn mal irgendwie ein langer Ball gespielt wird oder hinter die die Kette kommt.”

Viele haben ja den Eindruck, dass wir zweimal pro Woche auf Asche trainieren und nur 15 Bälle haben.

SGS-Trainer Markus Högner über die Sicht auf seinen Verein

Nicht ohne Stolz erzählt Högner, dass “viele Spielerinnen sagen, dass wir ekelhaft zu bespielen sind, weil wir zweikampfstark sind und eine gute Kompaktheit haben.” Das wird auch am Samstag in Wolfsburg primär gefordert sein, um nach 2014 (0:3 gegen den 1. FFC Frankfurt) und 2020 zum dritten Mal das Pokalfinale in Köln erreichen zu können.

In der Bundesliga zählt die SGS Essen zu den positiven Überraschungen der laufenden Saison. Aktuell belegt das Team Tabellenplatz 6. Eine Platzierung, die Högner in den letzten fünf Saisonspielen gerne verteidigen möchte. Sicher ist aber, dass der einzig verbliebene eigenständige Frauenfußball-Klub der Bundesliga auch in der nächsten Saison erstklassig spielen wird. “Viele haben ja den Eindruck, dass wir zweimal pro Woche auf Asche trainieren und nur 15 Bälle haben”, erzählt Högner und betont: “Wir sind aber inzwischen hochprofessionell.”

Gunnar Meggers