Bilanz des Schreckens: So taumelt der FCK in die 3. Liga

Der 1. FC Kaiserslautern bestätigte in Fürth das problematische Muster der Saison. Die Relegation wäre inzwischen ein Gewinn – und müsste klare Priorität gegenüber dem Finale im DFB-Pokal gegen Meister Leverkusen genießen. Eine kommentierende Analyse von kicker-Reporter Moritz Kreilinger.

Am Boden: Kapitän Jean Zimmer und der FCK stecken tief im Abstiegssumpf.

Am Boden: Kapitän Jean Zimmer und der FCK stecken tief im Abstiegssumpf.

IMAGO/Zink

Trotz nunmehr über eines Jahrzehnts Bundesliga-Absenz ist der FCK mit 17 Siegen nach Zwei-Tore-Rückstand noch immer der Rekordhalter in der höchsten deutschen Spielklasse. Mitunter spektakuläre Aufholjagden und der Glaube, gegen jeden noch so aussichtslosen Rückstand bis zur letzten Sekunde zu kämpfen, sind Teil der Identität des Traditionsvereins. Doch von diesem Selbstverständnis ist in dieser Saison nichts zu spüren. Ausgerechnet in der 50. Spielzeit nach der legendärsten aller Aufholjagden: dem 7:4 über den FC Bayern.

Schuster-Entlassung: ein gravierender Fehler

Dramatisch ist die Lage derzeit vor allem, weil sich der Verein regelmäßig mit seiner einstigen Waffe selbst schlagen lässt. Die jüngste Niederlage in Fürth ist ein Spiegelbild der Saison: 1:0 geführt – und am Ende verloren. Das 1:2 bei der Spielvereinigung, erlitten in der fünften Minute der Nachspielzeit, ist bereits das siebte (!) Spiel dieser Art. Insgesamt konnte der FCK elf Partien trotz zwischenzeitlicher Führung nicht gewinnen.

Dass diese Bilanz des Schreckens von keinem Konkurrenten unterboten wird, bedarf eigentlich keiner expliziten Erwähnung.

Dirk Schuster zu entlassen, war schon Ende November auf Tabellenplatz elf liegend mehr als fragwürdig, entpuppt sich aber immer mehr als einer der größten Fehlentscheidungen in der jüngeren FCK-Historie. Schuster holte in 14 Spielen im Schnitt 1,29 Punkte. Dimitrios Grammozis während seines völlig desolaten sechs-Spiele-Intermezzos 0,5. Friedhelm Funkel steht nach sieben Partien bei einem Punkt. Wo der Unterschied noch gravierender ist: Nur in drei Partien gab der FCK unter Schusters Regie nach einer Führung noch Punkte ab, also in 21 Prozent. Die Werte unter Grammozis (66 Prozent) und Funkel (50 Prozent) bewegen sich in ganz anderen Dimensionen.

Platz 4 in der Halbzeit-Tabelle

Das Ausmaß der ganzen Misere rund um die verspielten Punkte offenbart eine Tabelle, die nur die jeweils die erste Hälfte aller Spiele berücksichtigt: Der FCK liegt hier mit 50 Punkten auf Platz 4. Knapp hinter Hertha BSC, dem FC St. Pauli und Holstein Kiel. Lauterns 45-Minuten-Vorsprung auf Halbzeit-Schlusslicht Hansa Rostock beträgt sagenhafte 30 (!) Punkte. In der Realität steht die Kogge nach 90 Minuten zwei Zähler vor den Pfälzern …

Es wird ein Kraftakt, den zweiten Abstieg in die 3. Liga nach 2018 noch zu verhindern. Im Schnitt reichten 34,87 Punkte am Ende einer Zweitliga-Saison, um den Relegationsplatz zu erreichen. Mit Sicherheit braucht man diese Saison mehr. Deutlich mehr. Die drei verbleibenden Heimspiele werden am Ende ausschlaggebend sein. Es geht gegen drei direkte Konkurrenten. Am Samstag (13 Uhr, LIVE! bei kicker) kommt Wehen Wiesbaden, zwei Wochen später der 1. FC Magdeburg und zum Saisonfinale Eintracht Braunschweig. Zur Erinnerung: In der Hinrunde gingen alle drei Spiele verloren – inklusive Interimsgespann übrigens unter drei verschiedenen Trainern.

Finale? Klare Nebensache

Mit Blick auf den Abwärtstrend von zuletzt drei Niederlagen in Serie und dem kniffligen Restprogramm wäre das Erreichen des Relegationsplatzes schon ein Gewinn. Das Finale im DFB-Pokal gegen Bayer Leverkusen am 25. Mai (Samstag, 20 Uhr) könnte dann zu einem ganz besonders teuren Spaß werden. Bei allem Respekt vor den Erfolgen, die der FCK als Außenseiter in seiner Historie gefeiert hat: So aussichtslos wie in diesem Endspiel ist die Lage noch nie gewesen.

In der möglichen Relegation am Mittwoch vor (22. Mai) und nach (29. Mai) dem Duell in Berlin geht es um die Existenz. Diese Spiele müssten in der Vorbereitung klare Priorität genießen. Was ein Abstieg in die 3. Liga zu bedeuten hat, muss man in Kaiserslautern wirklich niemandem erzählen.

Warum Schuster dem FCK zu einem weiteren Jahr mit Funkel rät

Friedhelm Funkel hat den 1. FC Kaiserslautern ins DFB-Pokal-Finale geführt. Im kicker erklärt Vor-Vorgänger Dirk Schuster, warum er fest an den Klassenerhalt glaubt – und zu einer Verlängerung rät.

Trugen beide zum Final-Einzug des 1. FC Kaiserslautern bei: Dirk Schuster (li.) und Friedhelm Funkel.

Trugen beide zum Final-Einzug des 1. FC Kaiserslautern bei: Dirk Schuster (li.) und Friedhelm Funkel.

IMAGO/Eibner

Der 1. FC Kaiserslautern hat in dieser DFB-Pokal-Saison ein doppeltes Kunststück vollbracht. Er erreichte nicht nur am Dienstag als Zweitligist das Finale – er schaffte das sogar mit nur einem Sieg über einen Bundesligisten. In der 2. Runde hatte der FCK den abstiegsgefährdeten 1. FC Köln mit 3:2 bezwungen, danach hießen die Gegner 1. FC Nürnberg (2:0), Hertha BSC (3:1) und nun 1. FC Saarbrücken (2:0).

Gegen Köln hatte noch Dirk Schuster auf der Bank gesessen. “Natürlich spricht mich der eine oder andere darauf an, ob mir dieser Erfolg nicht vielmehr wehtut beim Gedanken, dass ich ihn ja eigentlich selbst auf der Bank hätte miterleben können”, schreibt Lauterns Ex-Trainer im kicker (Donnerstagausgabe) über den Final-Einzug. “Doch ich habe in meiner Karriere längst gelernt: Im Fußball ist kein Platz für persönliche Sentimentalitäten.”

Am meisten freuen würde mich, wenn sich Friedhelm nicht mit dem Pokal-Sieg verabschieden würde.

Dirk Schuster

Dass die FCK-Verantwortlichen nach Dimitrios Grammozis Friedhelm Funkel als “Feuerwehrmann” installierten, wertet Schuster als “absolut richtige Trainer-Entscheidung”. Denn: “Seine pragmatische Art, genau den Fußball spielen zu lassen, der zur Mannschaft passt und die größten Erfolgsaussichten bietet, ist schließlich auch im Abstiegskampf das A und O. Deshalb bin ich überzeugt, dass Lautern die Klasse halten wird.”

Und danach? “Am meisten freuen würde mich, wenn sich Friedhelm nicht mit dem Pokal-Sieg verabschieden würde”, erklärt Schuster. “Sondern wenn er den Titel holt – und es dem FCK danach gelingt, ihn zu überzeugen, noch eine Saison dranzuhängen.”

Doch für dieses Szenario gibt es derzeit noch viele Hürden: der 16. Platz nach 27 Spieltagen in der Liga mit vielen Konkurrenten, Pokal-Finalgegner Bayer 04 Leverkusen – und die offene Frage, ob Funkel überhaupt zu einem längeren Engagement bereit wäre. Zu Beginn seiner Amtszeit hatte der 70-Jährige diese als “zeitlich begrenzt” bezeichnet.

Warum Schuster Almamy Toures Einsatz in Saarbrücken überraschte und er nicht glaubt, dass der Final-Einzug “die Sinne vernebelt”: Die ganze Kolumne gibt’s im aktuellen kicker vom Donnerstag – hier auch als eMagazine.

Pokalfinale zwischen Abstiegsrelegation: Kurioses FCK-Saisonfinale möglich

Der 1. FC Kaiserslautern steht zum achten Mal in seiner langen Vereinsgeschichte im Endspiel des DFB-Pokals und hat damit die Chance auf den dritten Titel nach 1990 und 1996. Zugleich droht den Pfälzern aber auch die Abstiegsrelegation – und ein ziemlich ungewöhnliches Saisonfinale. Auch Düsseldorf könnte betroffen sein.

Zwischen Pokalfinalfreude, Abstiegskampf und einem möglichen kuriosen Endspurt: der 1. FC Kaiserslautern.

Zwischen Pokalfinalfreude, Abstiegskampf und einem möglichen kuriosen Endspurt: der 1. FC Kaiserslautern.

IMAGO/Fussball-News Saarland

Äußerst ungewöhnlich ist diese Saison 2023/24 schon längst für den 1. FC Kaiserslautern.

Denn einerseits sind die Roten Teufel im DFB-Pokal sportlich von Sieg zu Sieg geeilt, haben nun das Märchen von Drittligist Saarbrücken mit einem 2:0-Sieg im Halbfinale beendet und selbst zum ersten Mal seit 2003 (1:3 gegen Bayern München) das Endspiel in Berlin erreicht. Andererseits haben die Pfälzer aber auch schon drei Trainer gebraucht (Dirk Schuster, Dimitrios Grammozis, Friedhelm Funkel), da in der 2. Bundesliga der Abstieg und Niedergang in Liga drei droht.

Sieben Spieltage vor Schluss nämlich rangiert der FCK mit 29 Punkten auf dem 16. Rang – dieser Platz würde am 34. Spieltag die Relegation bedeuten. Was einem äußerst ungewöhnlichen Szenario gleichkommen würde …

Werden FCK-Erinnerungen an 1996 wach?

Stand jetzt sind die Entscheidungsspiele zwischen dem Zweitliga-Drittletzten und Drittliga-Dritten von der Deutschen Fußball Liga (DFL) für den 24. Mai (Freitag) und 28. Mai (Dienstag) angesetzt. Das Pokalfinale im Berliner Olympiastadion steigt am 25. Mai (Samstag).

Heißt: Kaiserslautern winkt – sollte der Traditionsklub wirklich als Zweitliga-16. einlaufen – ein Saisonfinale mit zwei Existenzkämpfen und einem großen Highlight dazwischen. Es könnte so auch dazu kommen, dass die Lauterer erst den dritten Pokalsieg der Vereinsgeschichte feiern, ehe der Gang in die 3. Liga ansteht. So etwas ähnliches hatte es bekanntlich schon einmal gegeben: So waren die Roten Teufel am Ende der Bundesliga-Saison 1995/96 in die 2. Liga abgestiegen, nur um eine Woche später durch ein 1:0 gegen Karlsruhe den DFB-Pokal in die Höhe zu stemmen.

FCK-Coach Funkel, der seit 14. Februar als direkter Grammozis-Nachfolger mit der Mission Klassenerhalt betreut ist, will solch eine dramatische Geschichte natürlich verhindern. So sagte der inzwischen 70-Jährige nach dem Finaleinzug in der ARD: “Wir wollen nach Berlin fahren mit der Gewissheit, dass wir die Liga halten können oder gehalten haben. Die Liga ist wichtiger. Und wir werden alles dafür tun, dass wir 15. werden.”

DFL benennt Ausweichtermine

Immerhin darf sich der FCK sicher sein, dass für den Fall einer Abstiegsrelegation die DFL ein paar Änderungen vornehmen wird – sonst würden dem Klub schließlich am 24., 25. und 28. Mai drei immens wichtige Partien in zu naher Abfolge bevorstehen. Wie die Deutsche Fußball Liga aber bereits im März mitgeteilt hat, gibt es Ausweichtermine – auch für eine Finalteilnahme von Fortuna Düsseldorf im Übrigen, die Rheinländer gastieren bei Favorit Leverkusen am Mittwoch (20.45 Uhr, LIVE! bei kicker) und befinden sich mitten im Zweitliga-Aufstiegsrennen.

Podcast

Saarbrücken gegen Kaiserslautern: Wer fährt zum DFB-Pokal-Finale nach Berlin?


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Auf der Website der DFL (bundesliga.com) heißt es dazu: “Sollte ein Relegationsteilnehmer zusätzlich im DFB-Pokalfinale (25. Mai 2024) stehen – aktuell kommen hier die Halbfinalisten Fortuna Düsseldorf und 1. FC Kaiserslautern in Betracht, wären Ausweichtermine am 22. Mai 2024 (Hinspiel) und 29. Mai 2024 (Rückspiel) möglich.”

Hier würden die Relegationsspiele allerdings auch mit anderen großen Partien kollidieren, weshalb vielleicht noch an den Anstoßzeiten geschraubt werden müsste. Schließlich veranstaltet die UEFA in Dublin am 22. Mai (Mittwoch) das Finale der Europa League, am 29. Mai in Athen das Endspiel der Conference League. Anstoßzeit jeweils: 21 Uhr.

DFB-Pokalfinale und Relegation in der Datenübersicht:

22. Mai 2024: Ausweichtermin laut DFL-Mitteilung
23. Mai 2024: Hinspiel zwischen dem Bundesliga-16. und Zweitliga-Dritten
24. Mai 2024: Hinspiel zwischen dem Drittliga-Dritten und Zweitliga-16.
25. Mai 2024: Finale DFB-Pokal in Berlin
27. Mai 2024: Rückspiel zwischen dem Zweitliga-Dritten und Bundesliga-16.
28. Mai 2024: Rückspiel zwischen dem Zweitliga-16. und Drittliga-Dritten
29. Mai 2024: Ausweichtermin laut DFL-Mitteilung

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