Kaufmann: “Wenn es kein Foul ist, kann man es ja laufen lassen”

Eintracht Braunschweig kassierte gegen den Hamburger SV eine verdiente Niederlage. Der vermeintliche Anschlusstreffer kurz nach Wiederanpfiff sorgte aber für Unmut und Diskussionen.

Johan Gomez staubt ab - in die Szene verwickelt waren auch HSV-Keeper Matheo Raab, Miro Muheim und Fabio Kaufmann (verdeckt)

Johan Gomez staubt ab – in die Szene verwickelt waren auch HSV-Keeper Matheo Raab, Miro Muheim und Fabio Kaufmann (verdeckt)

picture alliance/dpa

Daniel Scherning war zunächst nicht zu beruhigen, der BTSV-Coach gestikulierte an der Seitenlinie immer wieder in Richtung Referee Daniel Siebert, der in der 49. Minute einen Treffer von Johan Gomez nach Ansicht der Bilder in der Review Area wieder einkassiert hatte.

Einen Scorerpunkt hätte wohl Fabio Kaufmann als Vorbereiter erhalten, der Braunschweiger war nach Anderson Lucoquis Hereingabe in einen Dreikampf mit Miro Muheim und HSV-Schlussmann Matheo Raab verwickelt. Der 31-Jährige suchte gegenüber Sky nach einer Erklärung: “Der Ball wird vorne herum gespielt, der Torwart kommt raus, zwischen mir und ihm ist dann noch der Verteidiger, der volle Kanne seinen eigenen Torwart umräumt. Dann liegt der Ball frei, ich versuche, auf der Torlinie noch herumzustochern und dann ist der Ball drin. So hat es sich für mich angefühlt”, meinte der Mittelfeldakteur.

Also wenn es bei einer Torwartaktion nicht um Foul geht, dann brauchen wir auch keinen Schiedsrichter.

Fabio Kaufmann

Mit Siebert habe sich Kaufmann danach ausgetauscht. “Ich habe ihm gesagt, dass ich ganz losgelöst vom Ergebnis ein paar Sachen anders gesehen habe.” Zur fraglichen Szene habe der Schiedsrichter gesagt, “es sei ganz klar – und da geht es anscheinend gar nicht um Foul”. Schlüssig war das für Kaufmann, der unverständig den Kopf schüttelte, nicht: “Also wenn es bei einer Torwartaktion nicht um Foul geht, dann brauchen wir auch keinen Schiedsrichter. Wenn es kein Foul ist, kann man es ja laufen lassen. Ich habe die Erklärung noch nicht ganz verstanden, ich muss die Bilder sehen, dann kann ich dazu etwas sagen.”

Kaufmann kritisiert die eigene Vorstellung

Der Anschlusstreffer hätte Braunschweig ins Spiel zurückbringen können. Deshalb sei es auch “ein Schlüsselmoment” gewesen, wie Kaufmann meinte, der aber auch eingestand: “Dass wir das Spiel gegen einen guten Gegner verloren haben, da müssen wir uns an die eigene Nase fassen. Wir haben es nicht gemacht wie sonst und müssen das aufarbeiten.”

Als Rückschlag im Abstiegskampf wollte der gebürtige Aalener die 0:4-Pleite nicht werten: “Uns wirft gar nichts zurück. Wir wissen, dass wir in jedem Spiel an unser Maximum herankommen müssen. Das haben wir in den letzten Wochen gut gemacht, heute nicht und deshalb auch keine Punkte geholt. Nächste Woche gilt es wieder 100 Prozent abzuliefern.”

HSV: Weshalb Muheims Fehlen doppelt schmerzt

Seine Bedeutung für den Hamburger SV wies Miro Muheim beim 1:1 in Fürth einmal mehr und nicht nur wegen seines Traumtores nach. Gegen Kaiserslautern aber fehlt der Linksverteidiger gelbgesperrt – das bedeutet zusätzliche Schwierigkeiten auf einer aktuellen Hamburger Problemposition.

Fehlt am kommenden Wochenende mit einer Gelbsperre: Miro Muheim.

Fehlt am kommenden Wochenende mit einer Gelbsperre: Miro Muheim.

IMAGO/Zink

In Ermangelung an Außenverteidigern hatte Steffen Baumgart zuletzt zwei Mal schon einen taktischen Kniff angewendet und für den am Oberschenkel verletzten Rechtsverteidiger Ignace van der Brempt seinen zentralen Mittelfeldmann Ludovit Reis als “Doppelagenten” eingesetzt: Der Niederländer agierte gegen Wehen Wiesbaden (3:0) und auch am Ostersonntag mit dem Ball als zweiter Sechser, ließ sich bei gegnerischem Ballbesitz rechts in die Viererkette fallen.

Van der Brempt war bis Mitte letzter Woche zur Reha in seiner belgischen Heimat, soll behutsam wieder an das Mannschaftstraining herangeführt werden – damit ist höchst fraglich, ob der 22-Jährige schon am kommenden Samstag gegen die Pfälzer wieder eine Option sein kann.

Katterbach nach Verletzung bereit für die Startelf

Immerhin, links hat Baumgart für Muheim einen positionsgetreuen Ersatz: Noah Katterbach war nach auskurierten Oberschenkelproblemen schon in Fürth Kandidat für einen Kaderplatz, gegen den FCK wird er in die Startelf rücken.

Muheims Fehlen schmerzt angesichts seiner rasanten Entwicklung in dieser Spielzeit dennoch. “Miro hat defensiv und offensiv seine Stärken, hat sich nicht nur sportlich, sondern auch als Persönlichkeit unheimlich weiterentwickelt”, hatte Sportdirektor Claus Costa erst kürzlich anlässlich der vorzeitigen Vertragsverlängerung mit dem früheren St. Gallener bis 2027 gesagt.

Unter Baumgart: Ohne Muheim verliert der HSV

Tatsächlich bilden auch die jüngsten Zahlen seinen Wert ab: Zwei Partien hatte er seit dem Trainerwechsel wegen eines Muskelfaserrisses im Oberschenkel verpasst, beide (1:2 gegen Osnabrück und 0:2 in Düsseldorf) gingen verloren. Dementsprechend konnte den 25-Jährigen sein herrlicher Linksschuss in Fürth weder über die fünfte Gelbe Karte noch über den doppelten Punktverlust hinwegtrösten. “Es ist schön, dass der Ball reingegangen ist, aber drei Punkte wären in unserer Situation schöner gewesen.” Für das neue Ziel Relegationsplatz müssen die nächsten drei gegen Kaiserslautern geholt werden – erstmals unter Baumgart dann auch ohne Muheim.

Sebastian Wolff

Debütant Müller “happy”, Consbruch mit dem Fürther Happy End

Die SpVgg Greuther Fürth hat dem Negativtrend Einhalt geboten. Beim 1:1 gegen den Hamburger SV verpassten die Franken die Führung, am Ende konnten sie mit einem Punkt zufrieden sein. Alexander Zorniger lobte einen Debütanten.

Der Debütant geht, der Ausgleichstorschütze kommt: Philipp Müller (l.) und Jomaine Consbruch.

Der Debütant geht, der Ausgleichstorschütze kommt: Philipp Müller (l.) und Jomaine Consbruch.

IMAGO/Zink

Der Kleeblatt-Coach trauerte frühen Großchancen durch Armindo Sieb (7.) und Lukas Petrov (16.) etwas nach: “Wenn du mehr als einen Punkt willst, dann musst du das am Anfang vergolden.” Weil der HSV Zug um Zug besser wurde (Pfostenkopfball Bakery Jatta, 53.) und die Führung nach Miro Muheims Traumtor (56.) hätte ausbauen müssen (Jonas Urbig parierte famos gegen Andras Nemeth, 70.), war mehr als ein Zähler nicht drin für die SpVgg. Auch wegen des weiteren Spielverlaufs – Anssi Suhonen verpasste knapp die erneute HSV-Führung (80.).

Zorniger musste gegen die Hanseaten in Julian Green auf einen der zentralen Mittelfeldspieler verzichten und setzte bei der Maßgabe, das “Zentrum kompakt zu machen”, auf Philipp Müller. Der 20-Jährige habe es “über die zweite Mannschaft gut gemacht, er war schon vorher mal in der Verlosung”, begründete Zorniger seine Wahl für Müller und zunächst gegen Jomaine Consbruch.

Davon träumt man als kleines Kind.

Philipp Müller

Der gebürtige Bamberger freute sich überschwänglich über seine Zweitliga-Premiere: “Davon träumt man als kleines Kind und ich bin unglaublich happy über die Chance”, sagte Müller nach der Partie und beurteilte seine Leistung wie Zorniger (“Er hat ein starkes Debüt von Anfang an gehabt”): “War ein gelungener Einstand, würde ich sagen.”

Consbruch empfindet “Freude pur”

Dass dieser Einstand auch mit einem Punktgewinn einher ging, dafür sorgte Joker Consbruch. Der aus Bielefeld vor der Saison gewechselte 22-jährige Mittelfeldspieler kommt bei den Fürthern bislang nicht über einen Ergänzungsstatus hinaus und hatte in Rostock seine vierte Startelfchance nicht genutzt (kicker-Note 4,5), nach Greens Ausfall aber wohl insgeheim dennoch auf eine weitere Bewährungsprobe von Beginn an gehofft.

Stattdessen sorgte er als Joker für ein Fürther Happy End, schweißte den Ball aus großer Distanz in den rechten Winkel (77.) und verspürte “Freude pur”. Sein Fazit kann wohl für die SpVgg als auch für ihn persönlich gelten: “Wir hatten zuletzt schwierige Wochen, deshalb ist der Punkt gerade gegen den HSV schon etwas, das wir positiv mitnehmen können.”

“Enttäuschung ist groß”: HSV hinkt den eigenen Ansprüchen hinterher

So wirklich rund läuft es beim Hamburger SV unter Steffen Baumgart noch nicht. Nach dem 1:1 in Fürth machte der Trainer keinen Hehl daraus, dass das nicht die Ansprüche des Klubs sind.

Nachdenklich: Es läuft noch nicht rund für Steffen Baumgart beim HSV.

Nachdenklich: Es läuft noch nicht rund für Steffen Baumgart beim HSV.

IMAGO/Zink

“Wenn du die Torchancen siehst, dann muss man sagen, es muss mehr als ein Tor sein. Jetzt fährst du mit einem Teilerfolg nach Hause, der sehr weh tut”, sagte Steffen Baumgart nach dem 1:1 in Fürth bei Sky. “Die Enttäuschung heute ist groß, weil mehr drin war.”

Nach einer ersten Hälfte, in der der HSV den Gegner mit zwei Fehler zu Toren einlud (Sieb und Petkov vergaben), und in der offensiv nicht viel ging, steigerten sich die Rothosen nach dem Seitenwechsel deutlich. Die Führung durch das Traumtor Miro Muheim war verdient, eine höhere Führung als das 1:0 war absolut drin, wenn nicht gar Pflicht.

“Dass wir nicht zufrieden sind, darüber brauchen wir nicht sprechen. Wir hatten Möglichkeiten das Spiel zu gewinnen. Wir haben sehr viel gut gemacht. Am Ende stehst du vier-, fünfmal vor dem Torwart und machst die Dinger nicht”, haderte Baumgart. Und defensiv ließ der Hamburger SV kaum etwas zu – bis der Sonntagsschuss von Jomaine Consbruch kam. “Wir haben nicht viel zugelassen, dann bekommen wir ein Traumtor gegen uns, das ist natürlich bitter am Ende”, so Torschütze Muheim.

HSV verliert Rang drei an Düsseldorf

Da die Konkurrenz gewonnen hat, sieht es für den Hamburger SV zumindest in Sachen direkter Aufstieg nicht gut aus. Der Rückstand auf den Zweiten aus Kiel beträgt schon sieben Punkte, der auf Tabellenführer St. Pauli gar zwölf Zähler. Platz drei mussten die Nordlichter an Düsseldorf abgeben. Immerhin ist die Fortuna nur einen Zähler entfernt.

Allerdings ist auch klar, dass es unter dem neuen Coach noch lange nicht rund läuft. In fünf Spielen unter Baumgart gab es zwei Siege, ein Remis und zwei Niederlagen. “Der Anspruch ist, dass wir Spiele gewinnen, das tun wir nicht in der Häufigkeit, wie wir uns das vorstellen”, weiß natürlich auch der ehemalige Köln-Coach.

Bei nur noch sieben Spieltagen vor der Brust scheinen St. Pauli und Kiel enteilt. Für den HSV geht geht es nun erst einmal darum, sich Platz drei zu sichern. Ansonsten könnte im sechsten Zweiligajahr zum vierten Mal Rang vier zu Buche stehen.