Kvaratskhelias besonderer Dank an Cristiano Ronaldo

Wer hätte das gedacht? Georgien schafft bei seiner ersten EM-Teilnahme gleich den Sprung ins Achtelfinale und lässt höher gehandelte Teams wie Kroatien, Serbien, Tschechien oder Ungarn hinter sich.

Dreht nach seinem frühen Tor zum 1:0 jubelnd ab: Georgiens Star Kvisha Kvaratskhelia.

Dreht nach seinem frühen Tor zum 1:0 jubelnd ab: Georgiens Star Kvisha Kvaratskhelia.

IMAGO/SNA

Das Glück eines Gegners zum richtigen Zeitpunkt, vor allem aber aufopferungsvoller Kampf und große Effizienz bei der Verwertung der wenigen Torchancen führte Georgien am Mittwochabend beim 2:0 gegen den klaren Favoriten Portugal ins Achtelfinale. Die Iberer hatten schon vor der Partie als Gruppensieger festgestanden und mit acht Umstellungen auch einige der wichtigsten Akteure geschont, unter anderem die Mittelfeldstrategen Bruno Fernandes und Bernardo Silva oder auch Abwehrspieler Ruben Dias.

Gegen den auf den Papier indes noch immer hochkarätig besetzten Europameister von 2016 kämpften und spielten sich die Georgier beinahe in Trance – symbolisiert bereits durch den unwiderstehlichen Lauf von Kvisha Kvaratskhelia vor dem frühen 1:0 oder dessen Sturmkollegen Georges Mikautadze, der Kvaratskhelias Tor vorbereitet und das vorentscheidende 2:0 eiskalt vom Elfmeterpunkt schließlich selbst erzielt hatte.

Sagnol lobt die “menschliche Qualität” seines Teams

Nach dem Spiel, in denen die georgischen Fans nicht nur die Tore, sondern auch jede Abwehraktion, darunter viele Paraden des exzellent aufgelegten Keepers Giorgi Mamardashvili, frenetisch bejubelten, wirkten viele Spieler regelrecht beseelt: “Wir haben gekämpft wie Löwen”, freute sich etwa Kvaratskhelia bei MagentaSport. “Wir waren sicher, dass wir gewinnen können und wollten alles dafür geben. Ich bin so glücklich”, so der Napoli-Star weiter.

gruppenphase, 3. Spieltag

Ein Extralob seines Coaches erhielt derweil ein anderer: Otar Kiteishvili vom österreichischen Meister Sturm Graz. “Er hat nach zwei Wochen Verletzungspause ein fantastisches Spiel gemacht. Er könnte problemlos für einen der Topklubs in Europa spielen”, befand Willy Sagnol.

Darüber hinaus lobte der ehemalige Spieler des FC Bayern München den Charakter seines Teams über alle Maßen: “Wenn man unsere Bank ansieht, ist das in Sachen fußballerischer Qualität sicherlich nicht das allerbeste. Wohl aber in Sachen menschlicher Qualität. Ich bin sehr, sehr glücklich.”

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Cristiano Ronaldo sorgte für Zusatzmotivation

Die besonderen georgischen Qualitäten soll jetzt auch Achtelfinalgegner Spanien zu spüren bekommen, wenn es nach Kvaratskhelia geht: “Wir haben schon viele Spiele gegen sie gespielt und haben enormen Respekt. Spanien und Portugal gehören zu den besten Teams. Aber wir haben heute bewiesen, dass wir jedes Team schlagen können. Wir werden da sein, um wieder zu kämpfen und zu gewinnen.”

Ein besonderes Lob erhielt auch Cristiano Ronaldo vom georgischen Offensivspieler, wobei der portugiesische Superstar vorab offenbar sogar für zusätzliche Motivation beim späteren Gegner gesorgt hatte: “Wir haben uns vor dem Spiel getroffen und er hat mir Erfolg gewünscht. Das hätte ich mir nie erträumen lassen. Er ist einer der besten Spieler der Welt. Es ist toll, wenn er vor dem Spiel mit einem spricht. Das hat uns dabei geholfen, das wir heute etwas Großes schaffen können.”

Sagnol über Hamburgs Stadion: “Möchte nicht noch mal herkommen”

Willy Sagnol war nach Georgiens erstem EM-Punkt stolz auf sein Team – fühlte sich in der Nachspielzeit gegen Tschechien aber auch an ein anderes Spiel in Hamburg erinnert.

Aufbauende Worte: Willy Sagnol (re.) mit Unglücksrabe Saba Lobjanidze.

Aufbauende Worte: Willy Sagnol (re.) mit Unglücksrabe Saba Lobjanidze.

picture alliance / MSSP

Wenn der eigene Torhüter zum “Player of the Match” gekürt wird, aber man selbst den Sieg nur um Haaresbreite verpasst hat, kann das kein ganz normales Spiel gewesen sein. Und so fühlte es sich für Willy Sagnol am Samstag auch an. Georgien, das schon zum Auftakt gegen die Türkei (1:3) zu mitreißenden 90 Minuten beigetragen hatte, erkämpfte sich im Hamburger Volksparkstadion gegen Tschechien ein 1:1-Remis, bei dem zwei Akteure in ganz unterschiedliche Rollen schlüpften.

Hinten schrammte Giorgi Mamardashvili nur knapp an einem neuen EM-Rekord vorbei. Der 23-jährige Keeper vom FC Valencia parierte elf Torschüsse, was laut Opta seit EM-Datenerfassung 1980 nur der Lette Aleksanders Kolinko mit zwölf Paraden gegen die Niederlande 2004 toppt. Dass er seine Mannschaft vor einer Niederlage bewahrt hatte, sei trotzdem “nicht ganz richtig”, erklärte Mamardashvili später bescheiden. “Ich habe nur meinen Job gemacht.”

Und vorne vergab der in der 82. Minute eingewechselte Saba Lobjanidze in der Nachspielzeit die Riesenchance auf den Last-Minute-Sieg, als er am Ende einer Drei-gegen-eins-Situation übers Tor schoss und getröstet werden musste. Für seinen Trainer war das nervlich fast zu viel – gerade weil er 2001 an selber Stelle schon einmal eine unvergessene Nachspielzeit erlebt hatte.

“Vor 23 Jahren wurde ich in diesem Stadion zum ersten Mal Deutscher Meister mit Bayern München – durch ein Tor in der letzten Minute”, erinnerte der 47-jährige Franzose an Patricks Andersson 1:1 beim HSV, nach dem Schalke doch nicht die Schale bekommen und Oliver Kahn mit der Eckfahne gekuschelt hatte. “Diesmal hat die letzte Minute eine andere Entscheidung gebracht. Ich glaube nicht, dass ich hier noch einmal herkommen möchte. Er ist zu ermüdend, zu nervenaufreibend.”

Ich liebe Georgien so sehr, aber ich habe nicht erwartet, dass wir unser erstes Turnier gewinnen.

Willy Sagnol

Ganz ernst meinte Sagnol das natürlich nicht nach einem Spiel, das ihn mit “Stolz” erfüllte. “Wenn du weißt, woher wir kommen, kann man nicht enttäuscht sein”, erklärte er. “Unser Ziel war es, bei dieser EURO Erfahrungen zu sammeln. Ich liebe Georgien so sehr, aber ich habe nicht erwartet, dass wir unser erstes Turnier gewinnen. Es war sehr wichtig für die Spieler, zu sehen, wie es auf dem höchsten Niveau im Fußball zugeht. Wir müssen noch viel lernen, aber es wird Georgien in der Zukunft helfen.”

Vor dem finalen Spiel gegen die bereits als Gruppensieger feststehenden Portugiesen hat Georgien immer noch Chancen, bei der ersten Teilnahme ins Achtelfinale einzuziehen. In Hamburg findet übrigens keines davon statt.

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