Die Stiller-Szene: Warum der VfB einen Elfmeter wollte

Neben der Beschäftigung mit den eigenen Fehlern im Zuge des 1:2 bei Werder Bremen drehte sich in der Spielanalyse der Stuttgarter Verantwortlichen einiges um eine potenzielle Elfmeterszene.

Erst streckte Michael Zetterer (re.) Angelo Stiller nieder - kurz danach gerieten beide aneinander. Werders Keeper bekam dafür Gelb.

Erst streckte Michael Zetterer (re.) Angelo Stiller nieder – kurz danach gerieten beide aneinander. Werders Keeper bekam dafür Gelb.

IMAGO/Pressefoto Baumann

Neben der Beschäftigung mit den eigenen Fehlern im Zuge des 1:2 bei Werder Bremen drehte sich in der Spielanalyse der Stuttgarter Verantwortlichen einiges um eine potenzielle Elfmeterszene. Der Tenor der VfB-Profis und -Funktionäre war klar: In der 68. Minute hätte sich niemand auf Seiten der Gastgeber über einen Strafstoß beschweren können.

Was war passiert? Nach einer Flanke von Maximilian Mittelstädt stieg Angelo Stiller am Fünfereck hoch, setzte den Ball per Kopf über das Bremer Tor und wurde nur Sekundenbruchteile später von Werder-Schlussmann Michael Zetterer niedergestreckt. “Der Torwart haut ihm komplett ins Gesicht, da kann man auch Elfmeter pfeifen”, ärgerte sich Deniz Undav am DAZN-Mikrofon. Auch Sebastian Hoeneß war – bei aller Selbstkritik an fehlender Schärfe und Effizienz in den entscheidenden Momenten am Sonntagnachmittag – der Meinung: “Er trifft ihn im Gesicht, da gehören die Fäuste nicht hin. Wir haben die Erfahrung schon gemacht, dass es da Elfmeter geben kann.”

Damit spielte der Trainer auf eine durchaus vergleichbare Szene aus der Vorsaison an: Am 14. Mai 2023 segelte im Duell mit Bayer Leverkusen ein langer Ball in den VfB-Strafraum. Weil Dan-Axel Zagadou diesen klärte, räumte der herauseilende Fabian Bredlow damals nicht das Leder ab, sondern Leverkusens Edmond Tapsoba. Schiedsrichter Frank Willenborg zeigte nach dem Video-Studium auf den Punkt, Exequiel Palacios traf zum 1:1-Endstand, ein herber Schlag für die damals im Abstiegskampf steckenden Schwaben. “Eine Scheißsituation. Wenn Daxo nicht an den Ball kommt, boxe ich den Ball raus. Dann ist alles gut. So wird es halt als Foul und Elfer ausgelegt”, sagte Bredlow damals.

Warum verzichtete Schröder auf ein Video-Studium?

Der VAR hatte die Szene in Bremen auch gecheckt, wie damals den Zweikampf zwischen Bredlow und Tapsoba. Doch anders als im Mai 2023, als Willenborg sich selbst die Bilder ansah und dann auf den Punkt zeigte, verzichtete Referee Robert Schröder auf ein Video-Studium. Warum? Das hängt mit der praktischen Regelauslegung zusammen. Vor dem Kontakt mit Zetterer hatte Stiller bereits abgeschlossen, in aller Regel muss ein Kontakt danach nicht mehr als Foul geahndet werden, es sei denn, er ist derart rücksichtslos, dass im Normalfall mindestens eine Gelbe Karte fällig wäre. Das ist ein Unterschied zu Bredlow/Tapsoba. Während Zetterer eher mit der flachen Hand gegen Stillers Kopf “patscht”, räumte Bredlow den Leverkusener damals mit den Fäusten gegen den Kopf regelrecht ab, entsprechend erhielt der VfB-Schlussmann auch eine Verwarnung. Daher schickte der VAR Willenborg damals auch zum Video-Studium, was Felix Zwayer bei Schröder nicht tat. Klar ist aber auch: Ein Strafstoß wäre in jedem Fall möglich gewesen.

Benni Hofmann

Nübel gewinnt den Kampf gegen die Uhr

Das Rennen gegen die Uhr hatte Alexander Nübel in der Vorwoche verletzungsbedingt noch verloren. Diesmal scheint Stuttgarts Keeper rechtzeitig fit zu werden. Mit seinem Einsatz in Bremen wird gerechnet.

Packt wohl in Bremen wieder zu: VfB-Keeper Alexander Nübel.

Packt wohl in Bremen wieder zu: VfB-Keeper Alexander Nübel.

IMAGO/Beautiful Sports

Die Parade am 28. Spieltag gegen Dortmunds Karim Adeyemi, als der VfB-Keeper in der 31. Minute und beim Stand von 0:0 mit einem reflexartigen Ausfallschritt die Großchance des alleine auf ihn zulaufenden Nationalspielers zunichtemachte, bescherte dem Keeper erst Komplimente und später Schmerzen. Die Muskulatur des 27-Jährigen im Gesäßbereich wurde in Mitleidenschaft gezogen. Zwar half Nübel, den späteren 1:0-Erfolg des Traditionsvereins von 1893 im Signal Iduna Park über die Zeit zu bringen. Die anschließende Partie gegen Eintracht Frankfurt verpasste der bis 2026 vom FC Bayern Ausgeliehene allerdings.

Es ist nie leicht, auf einmal wieder zwischen den Pfosten zu stehen. Aber bei ihm sehe ich keine Nervosität.

Sebastian Hoeneß über Fabian Bredlow

Wenn auch nur ganz knapp. “Alex war in der vergangenen Woche schon an der Grenze, eventuell spielen zu können”, erzählt Sebastian Hoeneß. “Am Ende war es dann aber eine Risikoabwägung.” In Rücksprache mit dem Keeper “haben wir gemeinsam entschieden, das Risiko nicht einzugehen”. Der Cheftrainer verzichtete auf Nübel und setzte auf seine Nummer 2, Fabian Bredlow. Mit dessen Arbeit der 41-Jährige im Rückblick “sehr zufrieden” war. Man habe dem 29-Jährigen angesehen, “dass er diese Situation schon erlebt hat. Es ist nie leicht, auf einmal wieder zwischen den Pfosten zu stehen. Aber bei ihm sehe ich keine Nervosität.” Ganz im Gegenteil. Bredlow habe gegen Frankfurt  “sowohl im Torwartspiel, er musste drei Situationen vereiteln, wie auch im Spiel mit dem Ball, sehr ruhig, sehr klar agiert und auch gute lange Schläge gehabt. Wir haben zu null gespielt und er hat seinen Teil dazu beigetragen”.

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Wenn die Stuttgarter am Sonntag bei Werder in Bremen antreten, wird Nübels Schattenmann dennoch wieder auf die Bank zurückkehren müssen. Die schwäbische Nummer 1, so Hoeneß, habe seine Beschwerden im verlängerten Rücken weitgehend auskuriert. “Wir können davon ausgehen, dass Alex morgen voll trainiert. Dann muss man natürlich abwarten, wie er reagiert. Wenn alles gutgeht, ist er sicher eine Option für das Wochenende.” Alles deutet darauf hin, dass Nübel den Kampf gegen die Uhr diesmal gewinnen wird.

George Moissidis