Der Auftrag für Hamburgs Derby-Rekordler

Derby-Geschichte hat Bakery Jatta schon häufiger geschrieben. Mit einem Einsatz am Freitagabend würde der Gambier auch in die Geschichte des Hamburger Stadt-Duells eingehen. Er wäre dann gemeinsam mit Richard Golz der Derby-Rekordspieler.

Wurde 2022 mit seinem 2:1-Siegtreffer zum Derby-Helden: Bakery Jatta (li.).

Wurde 2022 mit seinem 2:1-Siegtreffer zum Derby-Helden: Bakery Jatta (li.).

imago images/Lobeca

Der frühere HSV-Torwart hat das Stadt-Derby insgesamt neun Mal bestritten, seinerzeit noch im Oberhaus. Jatta hätte im Volkspark bereits zum alleinigen Rekordhalter aufsteigen können, hatte das Hinspiel (2:2) Anfang Dezember aber wegen einer Gelbsperre verpasst – dass er in der kommenden Spielzeit weitere Derbys hinzufügen kann, erscheint unwahrscheinlich. Nach sechs gemeinsamen Jahren in der 2. Liga spricht im Vorfeld der 111. Auflage dieses Vergleichs fast alles dafür, dass sich die Hamburger Klubs im Sommer trennen. Das war tatsächlich viel früher erwartet worden. Allerdings mit umgekehrtem Ausgang und einem HSV-Aufstieg.

Schwieriger Start unter Baumgart

Offener als die Aufstiegsfrage ist dieser Tage und Wochen die nach Jattas Rolle. Schon unter Ex-Trainer Tim Walter war der 25-Jährige nicht gut ins neue Kalenderjahr gestartet, unter Nachfolger Steffen Baumgart ging die Klarheit in seinen Aktionen mehr und mehr verloren, obwohl der Rechtsaußen mit seinen athletischen Voraussetzungen, seinem Tempo und seiner Intensität im Anlaufen eigentlich wie gemacht für des neuen Trainers Spielidee erscheint und dieser auch schon während seiner Zeit beim 1. FC Köln ein Faible für die Hamburger Identifikationsfigur hatte.

Gambier glänzt als Joker

Zuletzt in Braunschweig hatte Baumgart kein Startelf-Mandat für Jatta, aber: Nach seiner Einwechslung erzielte der Flügelstürmer beim 4:0-Erfolg als Joker seinen ersten Treffer unter dem neuen Coach. Die Bewerbung für mehr Spielzeit im Derby? “Baka ist ein Spieler, der schon sehr lange hier ist”, sagt Baumgart, “er ist auch sehr wichtig für uns. Ich bin der Meinung, dass er gerade wieder besser in Form kommt und klarer in seinen Abläufen wird.”

Ob das für die Startelf reicht, erklärt der 52-Jährige, “werden wir sehen”. Die jüngsten Trainingsformen aber deuten zumindest an, dass Jatta zurückkehren könnte: Jean-Luc Dompé war am Mittwoch nicht im vermeintlichen A-Team, stattdessen stürmte Ransford Königsdörffer über die linke und Jatta über die rechte Seite.

Bestätigt Jatta die Derby-Expertise?

Jattas Vergangenheit in den Derbys spräche in jedem Fall für einen Einsatz: Beim denkwürdigen 4:3 im Vorjahr hatte er ebenso getroffen wie beim 2:1 wie am 20. Spieltag vor zwei Jahren. Da hatte St. Pauli erstmals zum Überholmanöver angesetzt, war zum Rückspiel im Volkspark mit sechs Punkten Vorsprung angetreten und hatte zur Pause 1:0 geführt – das Siegtor fiel durch Jatta.

In diesem Jahr ist das Überholmanöver nicht mehr abzuwenden. Es geht für Jatta und den HSV allein darum, die Aufstiegsparty des Nachbarn im eigenen Wohnzimmer zu verhindern und die Minimalchance auf Platz 3 zu wahren. Das klingt wie der perfekte Auftrag für einen, der vor eineinhalb Jahren im kicker-Interview gesagt hat: „Der HSV ist mein Leben.”

Sebastian Wolff

Baumgart: “Das geilste Spiel, was du haben kannst”

Seine Vorfreude und Begeisterung für das Stadt-Derby hat Steffen Baumgart auf der Pressekonferenz am Mittwoch mehrfach überdeutlich zum Ausdruck gebracht. Klar scheint: Transportiert der Trainer seine Emotionalität auf die Mannschaft, wird es am Freitag gegen St. Pauli heiß.

Heiß auf den Ball - und das bevorstehende Stadtderby: HSV-Trainer Steffen Baumgart.

Heiß auf den Ball – und das bevorstehende Stadtderby: HSV-Trainer Steffen Baumgart.

picture alliance/dpa

Die Geschichte von Baumgarts Faible für den Hamburger SV von Kindesbeinen an ist viel erzählt, er selbst fügt im Vorfeld zum Hamburger Stadtduell nun ein weiteres Kapitel hinzu. “Das Spiel wollte ich schon als kleiner Junge haben. Das Derby ist das, worauf ich mich am meisten gefreut habe, als ich den Job übernommen habe. Jetzt darf ich dabei sein.”

Als Baumgart seinen Job angetreten hat, lag der HSV als Dritter noch wesentlich aussichtsreicher im Aufstiegsrennen als jetzt, gegen den einst kleinen Nachbarn droht sogar der Super-GAU: ein St. Pauli-Aufstieg im Volkspark und dazu das vorzeitige Ende aller theoretischen Chancen, wenn Rivale Düsseldorf im Parallelspiel Nürnberg besiegt. Der 52-jährige gebürtige Rostocker aber ist grundsätzlich kein Freund von Ängsten und sagt mit Blick auf den Freitagabend: “Es geht da gar nicht so sehr um Tabellenkonstellationen, sondern darum, ein geiles Spiel zu machen. Das kann für den Hamburger Fußball ein Riesenabend werden.”

Und in der Theorie sogar einer mit Party auf der einen und neuer Hoffnung auf der anderen Seite – nämlich dann, wenn Düsseldorf stolpert. Dann wäre St. Pauli selbst bei einer Niederlage Erstligist, und der HSV wieder mittendrin im Rennen um Platz 3. “Ich finde, es ist mit das geilste Spiel, was du haben kannst, alles andere müssen wir von uns schieben”, sagt Baumgart daher und fragt rhetorisch: “Was willst du mehr?”

Ein Mutmacher ist seine persönliche Derby-Bilanz. Mit dem 1. FC Köln bestritt er fünf Rheinderbys gegen Borussia Mönchengladbach und verlor nur eines. Weil er in besonderen Spielen auch mit einer besonderen Ansprache wirkt? Er widerspricht ausdrücklich nicht: “Ich bin insgesamt sehr emotional, dass ich dann auf so ein Spiel heiß und geil bin, kann sich jeder vorstellen. Ich bin in Derbys dann immer noch ein bisschen drüber.”

Baumgart will nicht der Depp sein

In etwa das erwartet er am Freitag auch von seinen Spielern und weiß, dass dieses Duell gerade dann von elementarer Bedeutung ist, wenn das Saisonziel tatsächlich verfehlt wird. “Wenn du ein Derby gewinnst, bist du der Held, unabhängig von der Tabelle. Wenn du verlierst, bist du der Depp. Ich versuche, weniger der Depp zu sein.”

Sebastian Wolff

HSV: Baumgart glaubt an Benes-Verbleib

Beim Training am Mittwoch fehlte Laszlo Benes erwartungsgemäß und fällt damit auch für das Stadt-Derby gegen St. Pauli aus. Die Schlagzeilen dominiert der Slowake dieser Tage dennoch, Steffen Baumgart glaubt aber an einen Verbleib seines Unterschiedsspielers.

Steffen Baumgart geht bei Laszlo Benes nicht von einem Abgang aus.

Steffen Baumgart geht bei Laszlo Benes nicht von einem Abgang aus.

IMAGO/Philipp Szyza

Dass das Derby für Benes wegen muskulärer Probleme zu früh kommt, hatte sich bereits zum Wochenbeginn abgezeichnet. “Er arbeitet in der Reha am Aufbau”, sagt der Trainer, “es läuft gut, aber es wird nicht bis zum Freitag reichen.” Das klingt zunächst einmal nicht danach, als sei der Auftritt des 26-Jährigen vor zweieinhalb Wochen in Magdeburg (2:2) sein letzter im HSV-Trikot gewesen.

Mit 13 Treffern und zwölf Vorlagen ist Benes in dieser Spielzeit zum Hamburger Topscorer aufgestiegen, hat zudem im Nicht-Aufstiegsfall eine Ausstiegsklausel, die zwischen zwei und drei Millionen Euro liegen soll. Baumgart indes geht nicht nur davon aus, dass der sichere EM-Teilnehmer noch in dieser Spielzeit für die Hanseaten auflaufen wird, sondern, dass er das auch in der nächsten Saison noch tun wird.

Benes weckt Begehrlichkeiten

Medienberichten aus der Türkei, nach denen Benes vor einem Wechsel zu Trabzonspor stehe, lassen den Coach jedenfalls nicht ansatzweise nervös werden. “Ich glaube nicht, dass es ein Angebot aus der Türkei gibt”, sagt Baumgart. Klar ist: Benes weckt nach der bislang besten Saison seiner Karriere Begehrlichkeiten, ist mit der festgeschriebenen Ablösesumme zusätzlich attraktiv und strebt nach dem Maximum, also nach Erstklassigkeit.

Baumgart jedoch hat ganz offenbar andere Signale von seinem Spieler vernommen. “Ich gehe davon aus, dass “Laci” hierbleiben und mit uns in die 1. Liga aufsteigen will. Am Besten über die nächsten drei Spiele, was schwer wird. Aber wenn nicht, dann greifen wir nächstes Jahr wieder an.” Die Überzeugung des 52-Jährigen jedenfalls scheint groß, dass der Profi keinen Gebrauch von seiner Klausel macht: “Ich habe nicht das Gefühl, dass er einen anderen Weg gehen will.”

Die Voraussetzungen dafür, dass der HSV auch in der laufenden Spielzeit noch die theoretische Chance hat, über die Relegation erstklassig werden zu können, müssen am Freitag (18.30 Uhr, LIVE! bei kicker) durch einen Sieg gegen den Stadtnachbarn und Spitzenreiter FC St. Pauli geschaffen werden – noch ohne Benes.

Sebastian Wolff

HSV: Im Derby mit Glatzel, aber weiter ohne Benes

Zum Start in die Trainingswoche vor dem Derby gab es beim HSV eine Entwarnung, zwei Stammspieler aber trainieren nur individuell. Steffen Baumgart wird wohl weiter auf Ignace van der Brempt und Laszlo Benes verzichten müssen, dafür ist Robert Glatzel gegen St. Pauli startklar.

Rechtzeitig fit fürs Stadt-Derby: HSV-Torjäger Robert Glatzel.

Rechtzeitig fit fürs Stadt-Derby: HSV-Torjäger Robert Glatzel.

IMAGO/Eibner

Der Torjäger hatte sich in der Nacht vor der Partie in Braunschweig (4:0) mit Magenproblemen herumgeplagt, wenig geschlafen, dann aber doch gespielt und doppelt getroffen. Am Sonntag beim Auslaufen nach der Partie fehlte der 30-Jährige geschwächt, sagte: “Ich war schon ziemlich platt.” Dienstag aber kehrte er auf Anhieb ins Mannschafttraining zurück, absolvierte die komplette Einheit. Und brennt auf das Stadt-Derby: “Wir wissen, dass das Spiel für unsere Fans von großer Bedeutung ist, wir wollen ihnen den Derby-Sieg schenken.”

Glatzel schielt noch auf die Torjägerkanone

Ein Dreier am Freitagabend erhielte dem HSV weiterhin die Minimalchance auf den Relegationsplatz, Glatzel verhehlt nicht, dass er auch noch ein persönliches Ziel verfolgt: den Gewinn der Torjägerkanone des kicker. Mit 18 Saisontoren liegt er aktuell drei Treffer hinter Herthas Haris Tabakovic und bekennt: “Natürlich ist das eines meiner Ziele mit dem HSV. Aber in erster Linie will ich mit der Mannschaft helfen, damit wir auch die nächsten Spiele erfolgreich gestalten. Und da würden Tore sicher helfen.”

Eine statistische Besonderheit hat der gebürtige Münchner auch ohne den Gewinn der Kanone schon erreicht: Durch seinen Doppelpack am vergangenen Samstag hat er nun in drei Zweitligaspielzeiten nacheinander mindestens 18 Treffer für den gleichen Klub erzielt. Das gelang vor ihm lediglich Hans Walitza für den 1. FC Nürnberg, Dieter Schatzschneider im Trikot von Hannover 96 und Heinz Mödrath bei Fortuna Köln.

Für Benes und van der Brempt wird es wohl zu knapp

Glatzel ist wild entschlossen, seine Bilanz gegen den Stadtnachbarn auszubauen, Topscorer Benes (13 Tore, 12 Vorlagen) hingegen muss wohl weiter aussetzen. Wegen muskulärer Probleme hatte der Slowake schon die Partien gegen Kiel (0:1) und in Braunschweig verpasst, auch am Dienstag absolvierte er lediglich eine individuelle Einheit abseits der Teamkollegen. Mit Blick auf die kurze Woche und den Freitag als Spieltermin dürfte die Zeit für ihn ebenso zu knapp werden wie für van der Brempt. Der Rechtsverteidiger absolvierte das Aufwärmprogramm im Kreise der Mannschaft, wechselte dann ebenfalls in den individuellen Trainingsbetrieb.

Sebastian Wolff

Poreba: Neue Rolle – neue Perspektive?

Auf den Ausfall von Laszlo Benes hatte HSV-Trainer Steffen Baumgart in Braunschweig mit einer taktischen Anpassung reagiert und Lukasz Poreba gebracht. Die Lens-Leihgabe spielte eher einen zweiten Sechser als einen Achter, sorgte für Stabilität. Ein Zukunfts-Modell?

Lukasz Poreba verbuchte zwei Assists für den HSV.

Lukasz Poreba verbuchte zwei Assists für den HSV.

IMAGO/Lobeca

Ganz und gar neu war die Variante mit einem zweiten defensiver denkenden Mittelfeldspieler im Zentrum nicht, sie half aber deutlich sichtbar, Räume zu schließen. “Das 4-2-3-1 gegen den Ball tut uns gut”, sagt Kapitän Sebastian Schonlau, “wir waren sehr kompakt, hatten eine sehr gute Absicherung.” Auch Jonas Meffert, in der Vergangenheit zumeist der alleinige Sechser, verrät: “Wir haben uns sehr wohl und sicher auf dem Platz gefühlt.” Hinzu kam beim 4:0-Erfolg am Wochenende in Braunschweig: Weil auch Ludovit Reis bei eigenem Ballbesitz immer wieder aus der Rechtsverteidigerposition vorrückte, hatte der HSV im Mittelfeldzentrum immer ein deutliches Übergewicht, ließ so fast gar keine der gefürchteten Braunschweiger Umschaltaktionen zu. Außerdem entstand aus der Zentrale Gefahr: Poreba verbuchte zwei Assists, Reis gab einen vorletzten Pass und erzielte einen Treffer.

Der leicht modifizierte Ansatz im Zentrum könnte nach dem knapp zwei Jahre praktizierten 4-3-3-System dauerhaft mehr Balance erzeugen – und auch Poreba eine neue Perspektive eröffnen. Der 24-jährige Pole hatte lange Zeit nur eine Nebenrolle in Hamburg gespielt, seine Rückkehr nach Lens schien bereits besiegelt.

Dann überzeugte er Anfang April beim 2:1 gegen Kaiserslautern als Siegtorschütze, fiel im Anschluss wegen Krankheit aus. “Er hatte es davor schon gut gemacht, deshalb war es für mich logisch, ihn zu bringen”, sagt Baumgart und lobt: “Lukasz hat zwei Tore vorbereitet, weitere Möglichkeiten kreiert, also nicht viel falsch gemacht.”

Weitere Ausleihe?

Hält der Mittelfeldmann den eingeschlagenen Kurs, wird er womöglich doch nochmal zum Thema für den HSV. Klar scheint: Die festgeschriebene Ablösesumme in Millionenhöhe für den bis 2027 in Frankreich gebundenen Profi ist im immer noch wahrscheinlichen Nicht-Aufstiegsfall utopisch. Zumindest aber hat er mit seiner Entwicklung auf der Zielgeraden der Saison dafür geworben, dass der HSV sich womöglich um eine weitere Ausleihe bemüht. Dass Poreba helfen kann, erst Recht in einer veränderten Ausrichtung, hat er in jedem Fall angedeutet.

Sebastian Wolff

Glatzels Antworten auf die Zukunftsfrage

Am Samstag hat Robert Glatzel beim 4:0 in Braunschweig mit seinem frühen Doppelpack die Weichen auf Sieg gestellt. Die Weichen für die Zukunft indes noch nicht. Der HSV darf wieder ganz zart auf Platz 3 hoffen. Und auf seinen Torjäger.

Will unbedingt nochmal in die Bundesliga: Robert Glatzel.

Will unbedingt nochmal in die Bundesliga: Robert Glatzel.

IMAGO/Lobeca

Robert Glatzel hat wie nach seinen ersten beiden Vertragsjahren auch für diesen Sommer eine Ausstiegsklausel, dürfte den HSV im Nichtaufstiegsfall für die festgeschriebene Ablösesumme von 2,3 Millionen Euro verlassen. Er ist einerseits in Hamburg inzwischen fest verwurzelt, will andererseits unbedingt nochmal in die Bundesliga. Der 30-Jährige versichert: “Darüber mache ich mir aktuell keine Gedanken. Das sind Themen, mit denen ich mich erst nach der Saison beschäftige. Denn diese ist ja noch nicht zu Ende.” Und sie ist seit dem eigenen Sieg und dem Düsseldorfer 1:1 auf Schalke auch noch nicht ganz gelaufen. “Wir haben es weiterhin nicht in der eigenen Hand”, sagt der gebürtige Münchner, “das einzige, was wir beeinflussen können, sind unsere Leistungen, und, dass wir weitere Siege einfahren.”

Mehr zum HSV

Gerade die nächste Partie hat es in sich: St. Pauli kann durch Düsseldorfs doppelten Punktverlust vom Samstagabend ausgerechnet im Volkspark aus eigener Kraft vorzeitig aufsteigen, der HSV will dies nicht nur verhindern, sondern selbst weiter Druck auf die vier Zähler vorn liegende Fortuna ausüben. “Das Spiel ist von großer Bedeutung”, weiß Glatzel und sagt nach dem Stimmungstief in den zurückliegenden Tagen: “Es ist wichtig, mit einem guten Gefühl in diese Woche zu gehen. Wir wollen unseren Fans den Derby-Sieg schenken.”

Glatzel selbst hofft ebenfalls auf ein deutlich besseres Gefühl. In Braunschweig war er aufgelaufen, obwohl er gesundheitlich stark beeinträchtigt war. Steffen Baumgart hatte nach der Partie gesagt, der Mittelstürmer habe ihn darüber gar nicht informiert, sondern lediglich der medizinischen Abteilung ein Zeichen gegeben und dies als Signal gewertet, dass Glatzel unbedingt spielen wollte. Der bestätigt: “Ich hatte eine sehr unruhige Nacht mit starken Magenproblemen, aber es stimmt, dass ich dem Trainer nichts gesagt habe. Ich wollte unbedingt spielen und der Mannschaft helfen.”

Sonntag kurierte er sich aus und hat ein klares Ziel vor Augen: Ausgeruht und genesen ins Derby gehen, um dem Stadtnachbarn die Aufstiegsparty im eigenen Wohnzimmer zu vermiesen und die Minimalchance auf die Relegation zu wahren – das wäre gleichzeitig auch die beste Antwort auf die Zukunftsfrage.

Sebastian Wolff

Glatzels Antworten auf die Zukunftsfrage

Am Samstag hat Robert Glatzel beim 4:0 in Braunschweig mit seinem frühen Doppelpack die Weichen auf Sieg gestellt. Die Weichen für die Zukunft indes noch nicht. Der HSV darf wieder ganz zart auf Platz 3 hoffen. Und auf seinen Torjäger.

Will unbedingt nochmal in die Bundesliga: Robert Glatzel.

Will unbedingt nochmal in die Bundesliga: Robert Glatzel.

IMAGO/Lobeca

Robert Glatzel hat wie nach seinen ersten beiden Vertragsjahren auch für diesen Sommer eine Ausstiegsklausel, dürfte den HSV im Nichtaufstiegsfall für die festgeschriebene Ablösesumme von 2,3 Millionen Euro verlassen. Er ist einerseits in Hamburg inzwischen fest verwurzelt, will andererseits unbedingt nochmal in die Bundesliga. Der 30-Jährige versichert: “Darüber mache ich mir aktuell keine Gedanken. Das sind Themen, mit denen ich mich erst nach der Saison beschäftige. Denn diese ist ja noch nicht zu Ende.” Und sie ist seit dem eigenen Sieg und dem Düsseldorfer 1:1 auf Schalke auch noch nicht ganz gelaufen. “Wir haben es weiterhin nicht in der eigenen Hand”, sagt der gebürtige Münchner, “das einzige, was wir beeinflussen können, sind unsere Leistungen, und, dass wir weitere Siege einfahren.”

Mehr zum HSV

Gerade die nächste Partie hat es in sich: St. Pauli kann durch Düsseldorfs doppelten Punktverlust vom Samstagabend ausgerechnet im Volkspark aus eigener Kraft vorzeitig aufsteigen, der HSV will dies nicht nur verhindern, sondern selbst weiter Druck auf die vier Zähler vorn liegende Fortuna ausüben. “Das Spiel ist von großer Bedeutung”, weiß Glatzel und sagt nach dem Stimmungstief in den zurückliegenden Tagen: “Es ist wichtig, mit einem guten Gefühl in diese Woche zu gehen. Wir wollen unseren Fans den Derby-Sieg schenken.”

Glatzel selbst hofft ebenfalls auf ein deutlich besseres Gefühl. In Braunschweig war er aufgelaufen, obwohl er gesundheitlich stark beeinträchtigt war. Steffen Baumgart hatte nach der Partie gesagt, der Mittelstürmer habe ihn darüber gar nicht informiert, sondern lediglich der medizinischen Abteilung ein Zeichen gegeben und dies als Signal gewertet, dass Glatzel unbedingt spielen wollte. Der bestätigt: “Ich hatte eine sehr unruhige Nacht mit starken Magenproblemen, aber es stimmt, dass ich dem Trainer nichts gesagt habe. Ich wollte unbedingt spielen und der Mannschaft helfen.”

Sonntag kurierte er sich aus und hat ein klares Ziel vor Augen: Ausgeruht und genesen ins Derby gehen, um dem Stadtnachbarn die Aufstiegsparty im eigenen Wohnzimmer zu vermiesen und die Minimalchance auf die Relegation zu wahren – das wäre gleichzeitig auch die beste Antwort auf die Zukunftsfrage.

Sebastian Wolff

Boldt kämpft um seine HSV-Zukunft

Die Woche nach dem 0:1 gegen Kiel war herausfordernd in Hamburg – für die Mannschaft und für den Boss. In Braunschweig demonstrierten zunächst die Spieler und im Anschluss an den 4:0-Sieg auch Jonas Boldt Kampfeslust.

Hat den HSV auch über die Saison hinaus fest im Blick: Jonas Boldt.

Hat den HSV auch über die Saison hinaus fest im Blick: Jonas Boldt.

IMAGO/Lobeca

Der Erfolg bei den Niederachsen war jederzeit ungefährdet und hätte bei konsequenter Chancenverwertung noch weitaus deutlicher ausfallen können. Es war ein Zeichen der Mannschaft, was in dieser Spielzeit möglich gewesen wäre – oder gar noch ist? Der eigene Sieg und das Remis der Düsseldorfer auf Schalke lässt bei nun vier Punkten Rückstand weiterhin die theoretische Chance auf Platz 3.

31. Spieltag

Sportvorstand Boldt gibt sich betont kämpferisch: “Viele haben darauf gewartet, dass das Thema nach Braunschweig endgültig erledigt ist. Mit der Art und Weise, wie wir gespielt haben, haben wenige gerechnet. Aber weil wir jetzt einmal gewonnen haben, ruhen wir uns nicht aus. Wir arbeiten daran, dass wir ganz am Ende der Saison noch einmal gucken, wie es ausgegangen ist.”

Gucken, wie es ausgeht – das betrifft auch seine eigene Person. Und auch in Bezug auf seine ganz persönliche Zukunft ist der 42-Jährige im Kampfmodus. Seit der vergangenen Woche führt der Aufsichtsrat erste Sondierungsgespräche über mögliche Nachfolgekandidaten. Der Daumen ist zwar noch nicht endgültig gesenkt, die Gedanken der Kontrolleure aber gehen in alle Richtungen.

Auf die Frage am NDR-Mikrofon, ob er denke, dass er für die Zukunft des HSV noch der Richtige sei, sagte Boldt am Samstag in den Katakomben des Eintracht-Stadions: “Ich weiß, dass ich in der Zukunft noch der Richtige bin.” Seine Begründung: “Ich bin seit fünf Jahren hier. Was wir hier gemeistert haben, ist nicht für jeden ersichtlich.” Es ist eine offene Kritik an seinen Kritikern, und tatsächlich hat es der frühere Leverkusener mit seinem Führungsstil und seiner Personalauswahl geschafft, dass es lange ruhig geblieben ist in Hamburg. Er sagt: “Es ist beim HSV sehr speziell. Auch wenn Vorstand Sport davor steht, geht es in meiner Rolle nicht um Sport alleine, sondern um viel, viel mehr.”

Gedankenspiele eine logische Folge

Es geht aber eben auch um Sport. Und weil der HSV auch im fünften Anlauf unter Boldt nicht ins Ziel zu kommen droht, sind Gedankenspiele in alle Richtungen unter den Aufsichtsräten eine logische Folge. Ein Jahr vor Vertragsende aufzugeben, ist für Boldt indes keine Option. “Es gibt noch einiges zu tun, und ich werde weiter vorangehen. Das ist meine persönliche Überzeugung. Und daran gibt es für mich auch nichts zu zweifeln.”

Sebastian Wolff

HSV: Kranker Glatzel stellt die Weichen

Vor einer Woche schien die Stimmung in Hamburg gekippt, in der Nacht vor dem Spiel in Braunschweig stand dann der Einsatz des Torjägers auf der Kippe – am Ende lief Robert Glatzel auf und eröffnete mit einem Doppelpack den Torreigen. Dreht der HSV nach dem 4:0 nun auch Stimmung und Saison?

Vorbereiter und Torschütze: Ransford Königsdörffer und Robert Glatzel (re.).

Vorbereiter und Torschütze: Ransford Königsdörffer und Robert Glatzel (re.).

IMAGO/Lobeca

“Wir hatten eine schwierige Woche”, sagt Kapitän Sebastian Schonlau und fügt erleichtert an: “Wenn das die Reaktion auf eine schwere Woche ist, dann bin ich sehr einverstanden.” Tatsächlich waren die Hamburger am Samstag vom ersten Moment an voll auf Sendung, hatten nach nicht einmal einer Minute die erste Großchance durch Ransford Königsdörffer. Die Weichen stellte dann mit Glatzel jener Mann, der mit Magen-Darm-Problemen zu kämpfen hatte. Steffen Baumgart würdigt den Einsatz und auch die Bereitschaft des 30-Jährigen: “Bobby hatte der medizinischen Abteilung ein Zeichen gegeben, aber er hat nicht einmal mit dem Trainer gesprochen. Das zeigt mir, dass er unbedingt spielen wollte.” Voll des Lobes über den Torjäger war auch Immanuel Pherai nach seiner Rückkehr ins Eintracht-Stadion: “Wir wissen, wie gut Bobby ist, selbst wenn er nicht im Vollbesitz seiner Kräfte ist. Wenn er richtig fit gewesen wäre, hätte er vielleicht drei oder vier Tore gemacht.”

Wir wollten diesen Sieg unbedingt.

Sebastian Schonlau

Neben Doppelpacker Glatzel hatte auch Baumgarts taktische Anpassung entscheidenden Anteil am erfolgreichen Braunschweig-Trip, der sich wie Balsam auf die geschundene Hamburger Seele anfühlt. Mit Lukasz Poreba und Jonas Meffert hatte der Coach gegen den Ball eine Doppelsechs und Pherai als Zehner aufgeboten. Da auch Ludovit Reis aus der Rechtsverteidigerposition immer wieder vorrückte, hatte der HSV das Zentrum fest im Griff, erspielte sich eine turmhohe Überlegenheit und hätte die Partie noch weitaus deutlicher gewinnen können. “Wir wollten diesen Sieg unbedingt”, gibt Schonlau mit Worten wieder, was zuvor durch Taten sichtbar geworden ist. Und nach den zurückliegenden Tagen mit fast allen verlorenen Saisonzielen nicht zwingend erwartbar war. “Ich weiß nicht, ob wir aufgrund der Situation befreit aufgespielt haben”, sagt Schonlau, “wir wollten einfach reagieren.” Das ist gelungen mit dem dominantesten und bislang besten Auftritt unter Baumgart. Der Abwehr-Chef erklärt: “Mit dem 4-2-3-1 gegen den Ball hatten wir eine gute Kompaktheit und mit unserem Dreier-Aufbau viele Lösungen.”

Mit Rückenwind ins Derby

Der Sieg in Braunschweig beschert dem HSV weiterhin eine Rest-Perspektive in dieser Spielzeit. Und eine deutlich verbesserte Stimmung vor dem Stadt-Derby, obwohl bereits seit St. Paulis 1:0 gegen Rostock feststeht, dass der Nachbar erstmals eine Saison im Profifußball als Nummer 1 der Hansestadt abschließen wird. “Es tut uns gut, mit einem Erfolg in die Derby-Woche zu gehen”, unterstreicht Schonlau, “jetzt wollen wir uns für unsere Farben zerreißen und zeigen, was uns der HSV bedeutet.”

Sebastian Wolff

HSV-Spielmacher Pherai: Braunschweig-Rückkehr als Lehrling

Sein erstes Tor für den HSV hatte Immanuel Pherai ausgerechnet beim 2:1 im Hinspiel gegen seinen Ex-Klub Eintracht Braunschweig erzielt. Die Hoffnungen auf den Durchbruch haben sich indes auch vor dem Rückspiel und der ersten Rückkehr noch nicht erfüllt.

Immanuel Pherai wartet noch auf seinen Durchbruch beim Hamburger SV.

Immanuel Pherai wartet noch auf seinen Durchbruch beim Hamburger SV.

IMAGO/Eibner

Drei Tore und fünf Vorlagen stehen in der Statistik des 23-jährigen Mittelfeldmannes, dessen Verpflichtung im vergangenen Sommer mit großen Erwartungen verknüpft waren – zur festen Größe aber ist Immanuel Pherai, der zum Nachfolger von Sonny Kittel aufgebaut werden sollte, in der Hansestadt noch nicht geworden. Auch nicht seit dem Trainerwechsel. Unter Steffen Baumgart ist für den früheren Dortmunder lediglich ein Assist notiert, resultiert aus einem herausgeholten Elfmeter beim 1:2 gegen Osnabrück. Das ist zu wenig für Pherais Ansprüche, aber auch für die des Klubs.

Dennoch bestehen durchaus Startelfchancen am Samstag in Braunschweig. Diese resultieren vor allem aus der personellen Situation: Mit Laszlo Benes (muskuläre Probleme) fällt ein Konkurrent auf der Achterposition aus, mit Ludovit Reis wird der zweite voraussichtlich wieder als verkappter Rechtsverteidiger benötigt. Der Grund: Ignace van der Brempt fehlte am Freitag beim Abschlusstraining vor der Abreise nach Niedersachsen, Reis wird folglich wohl wieder zwischen Mittelfeld und der Rechtsverteidigerrolle pendeln müssen.

Baumgart teilt Walters Einschätzung

Dennoch bleibt eine Frage offen: Wann findet Pherai seine Rolle? Baumgart stellt zunächst einmal eine Gegenfrage: “Hat er sie denn vorher gefunden?” Für ihn steht fest: “Manu ist ein sehr, sehr talentierter Spieler, der aber auch noch sehr viel lernen muss.” Und in den Augen des neuen Trainers sind das exakt die gleichen Dinge, die der alte Coach angemahnt hatte.

Schon Tim Walter war Pherais Spiel mitunter zu risiko- und fehlerbehaftet, dessen Nachfolger konstatiert nun ebenfalls: “Manu muss abwägen, welche Pässe er spielen sollte und welche nicht, das sind Erfahrungswerte. Er ist noch nicht so weit, alles richtig zu machen. Aber wir sind dran und er ist auf einem guten Weg.” Der nächste Nachweis für den guten Weg ist an der ehemaligen Wirkungsstätte erwünscht. Und der Torerfolg aus dem Hinspiel im November dient als Mutmacher.

Sebastian Wolff