Matarazzo weiß nichts mehr: “Auf einmal lag Fritzle auf mir”

Als der VfB Stuttgart in der Nachspielzeit gegen Köln doch noch den direkten Klassenerhalt geschafft hatte, überschlugen sich die Emotionen. Mittendrin: Trainer Pellegrino Matarazzo.

Trainer, Spieler und Maskottchen: Der VfB Stuttgart ließ seiner Freude nach dem Klassenerhalt freien Lauf.

Trainer, Spieler und Maskottchen: Der VfB Stuttgart ließ seiner Freude nach dem Klassenerhalt freien Lauf.

IMAGO/Pressefoto Baumann

Irgendwie hatte es sich angekündigt, irgendwie aber auch nicht. Einerseits erspielte sich der VfB Stuttgart am letzten Spieltag gegen den 1. FC Köln Chance um Chance, bis auf Sasa Kalajdzics Kopfballtreffer nach einer Ecke wollte verschwenderischen Schwaben aus dem Spiel heraus aber kein Tor gelingen. Zu Beginn der Nachspielzeit gab es aber noch einen Eckstoß für den VfB …

Und plötzlich, weil auch aus Dortmund durchgesickert war, dass der BVB den 0:1-Rückstand gegen Hertha BSC in ein 2:1 gedreht hatte, brachen alle Dämme. “Ich weiß gar nicht mehr, was passiert ist. Ich hab’ so einen Schädel vom vielen Schreien und Jubeln”, gestand VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo, der nach dem 2:1 durch Kapitän Wataru Endo “ekstatisch” Richtung Spielertraube gestürmt war, am “Sky”-Mikrofon.

Ein Tor des “absoluten Willens”

“Ich weiß auch gar nicht, wer das Tor geschossen hat”, grinste der 44-Jährige, ehe er darüber aufgeklärt wurde – “ich sehe nur, wie auf einmal Fritzle auf mir lag”. Auch das Maskottchen ließ seinen Emotionen nach zwei voneinander abhängigen dramatischen Spielverläufen freien Lauf. Für “alle, die zum VfB gehören”, war es laut Matarazzo “ein schöner Moment, ein toller Abschluss”. Dank eines Tores “des absoluten Willens.”

Bundesliga, 34. Spieltag

Der verbal manchmal etwas zurückhaltende Coach nahm es mit der Verschwiegenheit nach dem abrupten Saisonende – in die Relegation muss nun Hertha BSC – nicht mehr so genau: “Es wird sicherlich weitergefeiert. Ich glaube, es wird eine Abrissparty geben”, so Matarazzo, der zumindest nicht verriet, wo die Mannschaft des Tabellen-15. den Abend ausklingen lässt.

Wie auch immer das aber passieren mag: “Heute wird man nie vergessen”, sprach der US-Amerikaner auch den “überragenden” Fans aus der Seele. “Sein ganzes Leben lang.”

Thommy nutzt jede Chance zur Eigenwerbung

Kurz vor dem Ende der Saison und seines Vertrags beim VfB Stuttgart nutzt Erik Thommy jede Chance, Eigenwerbung für sich zu betreiben.

Bleibt er beim VfB Stuttgart? Für Erik Thommy war die nun endende Saison ziemlich verkorkst.

Bleibt er beim VfB Stuttgart? Für Erik Thommy war die nun endende Saison ziemlich verkorkst.

IMAGO/Sportfoto Rudel

Es war und ist eine verkorkste Spielzeit. Für den VfB, für die sportliche Führung, für viele Hoffnungsträger, viele Neuzugänge – und für Erik Thommy. Dem 27-Jährigen war von Anfang an signalisiert worden, dass es für ihn schwer werden würde, sich einen Startplatz im Team von Pellegrino Matarazzo zu erspielen. Dazu sei die Konkurrenz auf der linken Seite mit Offensivverteidiger Borna Sosa sowie den reinen Angreifern Chris Führich, Omar Marmoush oder auch Tiago Tomas einfach zu groß. Dennoch ließ sich der gebürtige Ulmer, auch mangels besserer Alternativen, nicht abschrecken beziehungsweise abgeben.

Auch nachdem er erst wegen einer Corona-Infektion und anschließend wegen anhaltender Hüftprobleme, die in einem Beckenschiefstand ihre Ursache hatten, Anfang des Jahres 2022 endgültig abgeschrieben schien, machte der frühere Augsburger keinen Strich unter das Kapitel Stuttgart. Und wurde belohnt.

Keine Anzeichen für Thommys Verbleib

Seit dem 29. Spieltag stand Thommy, der bis dahin auf 14 Kaderplätze und fünf Einsätze (meist in den Schlussminuten) kam, in jeder Partie auf dem Rasen. Gegen den VfL Wolfsburg (1:1), sogar von Beginn an. Dennoch saß der 27-Jährige zuletzt in München beim 2:2 wieder auf der Bank. “Definitiv”, sei er enttäuscht gewesen. “Ich hätte gerne wieder von Anfang an gespielt”, sagt der Linksfüßer. “Ich wäre auch bereit gewesen und habe das auch dem Trainer gesagt. Aber er hat anders entschieden. Das muss ich und werde ich respektieren. Mal sehen, wie er beim nächsten Mal entscheidet. Er weiß, dass er auf mich zählen kann.”

Entsprechend goutiert der Cheftrainer, den Fleiß und die Gewissenhaftigkeit Thommys, der zu der Sorte Profis gehört, die sich alles hart erarbeiten und erarbeiten müssen. Dies aber widerspruchslos und ehrgeizig tun. Ein Musterprofi, der sich akkurat mit seiner Fitness und Professionalität auseinandersetzt, nichts dem Zufall überlässt. Dessen Zeit in Stuttgart allerdings dem Ende zuzugehen scheint. Zwar wolle man erst einmal abwarten, wie der VfB abschneidet, heißt es auf Nachfrage. Aber es gibt keinerlei Anzeichen, dass Thommy bleibt, bleiben soll oder bleiben will.

Ich lebe den Moment.

Erik Thommy

“Ich lebe den Moment und denke noch gar nicht so weit. Wir haben noch Zeit und werden sehen, was kommt”, sagt der Flügelmann, der sich nach eigener Aussage mit seiner Situation noch nicht beschäftigt hat und einfach mal die Chance nutzt, sich auf dem Markt zu positionieren. “Ich bin froh, dass ich auf dem Platz stehen darf und der Trainer merkt, dass er in dieser schwierigen Situation auf mich setzen kann, dass ich da bin, dass ich Bock darauf habe.” Auch auf die Wohl-und-Wehe-Partie gegen den 1. FC Köln, gegen das er noch gute Erinnerungen hat. Als Leihspieler im Trikot von Fortuna Düsseldorf erzielte Thommy am 27. Spieltag 2019/20 beim 2:2 gegen den FC sein bislang letztes Bundesligator.

George Moissidis

Mit Sondertrikot ins Glück? VfB im Saisonfinale mit dem “Geist von 1992”

Der VfB Stuttgart wird im letzten Bundesligaspiel 2021/22 in einem speziellen Trikot auflaufen. Damit soll mindestens die Relegation gesichert werden.

Das Sondertrikot des VfB Stuttgart in Anlehnung an 1992.

Das Sondertrikot des VfB Stuttgart in Anlehnung an 1992.

VfB Stuttgart

Fünfmal ist der VfB Stuttgart in seiner Historie Meister geworden, aktuell haben die Schwaben aber andere Sorgen. Dennoch soll ein Trikot aus dem Jahre 1992, in dem die bis dato vorletzte Meisterschaft in der Bundesliga gefeiert wurde, für Erfolg sorgen.

Erneut soll am 34. Spieltag im Mai positive Geschichte geschrieben werden

Dies gaben die Stuttgarter am Mittwoch bekannt. Am 34. Spieltag wird sich das Team im Heimspiel gegen den 1. FC Köln (Samstag, 15.30 Uhr, LIVE! bei kicker) in Anlehnung an den Titel vor 30 Jahren – der genau am 34. Spieltag dank eines Kopfballtreffers von Guido Buchwald im Mai eingetütet wurde – ein Sondertrikot überstreifen.

“Das historische, meisterliche Trikot mit viel Detailtreue und unverwechselbaren Mustern” knüpft laut dem VfB-Vorstandsvorsitzenden Alexander Wehrle “an den Geist von 1992 an, der uns auch am Samstag gegen den 1. FC Köln beflügeln und Glück bringen soll”. Gegen seinen Ex-Klub hofft er, dass eine Serie bestehen bleibt: “Wir haben in den bisherigen JAKO-Sondertrikots immer gewonnen.”

Der fünfte Erfolg wäre angesichts der Lage im Abstiegskampf viel wert: Nur mit drei Punkten hätte der VfB die Chance, die Relegation noch zu vermeiden. Dafür müsste gleichzeitig Hertha BSC in Dortmund verlieren.

Mit Sondertrikot ins Glück? VfB im Saisonfinale mit dem “Geist von 1992”

Der VfB Stuttgart wird im letzten Bundesligaspiel 2021/22 in einem speziellen Trikot auflaufen. Damit soll mindestens die Relegation gesichert werden.

Das Sondertrikot des VfB Stuttgart in Anlehnung an 1992.

Das Sondertrikot des VfB Stuttgart in Anlehnung an 1992.

VfB Stuttgart

Fünfmal ist der VfB Stuttgart in seiner Historie Meister geworden, aktuell haben die Schwaben aber andere Sorgen. Dennoch soll ein Trikot aus dem Jahre 1992, in dem die bis dato vorletzte Meisterschaft in der Bundesliga gefeiert wurde, für Erfolg sorgen.

Erneut soll am 34. Spieltag im Mai positive Geschichte geschrieben werden

Dies gaben die Stuttgarter am Mittwoch bekannt. Am 34. Spieltag wird sich das Team im Heimspiel gegen den 1. FC Köln (Samstag, 15.30 Uhr, LIVE! bei kicker) in Anlehnung an den Titel vor 30 Jahren – der genau am 34. Spieltag dank eines Kopfballtreffers von Guido Buchwald im Mai eingetütet wurde – ein Sondertrikot überstreifen.

“Das historische, meisterliche Trikot mit viel Detailtreue und unverwechselbaren Mustern” knüpft laut dem VfB-Vorstandsvorsitzenden Alexander Wehrle “an den Geist von 1992 an, der uns auch am Samstag gegen den 1. FC Köln beflügeln und Glück bringen soll”. Gegen seinen Ex-Klub hofft er, dass eine Serie bestehen bleibt: “Wir haben in den bisherigen JAKO-Sondertrikots immer gewonnen.”

Der fünfte Erfolg wäre angesichts der Lage im Abstiegskampf viel wert: Nur mit drei Punkten hätte der VfB die Chance, die Relegation noch zu vermeiden. Dafür müsste gleichzeitig Hertha BSC in Dortmund verlieren.

Zündung zur rechten Zeit: Sosa und Kalajdzic beenden ihre Durststrecke

Stuttgart punktet beim FC Bayern. Dank einer guten Leistung und dem Offensivduo Borna Sosa und Sasa Kalajdzic, das seine Durstrecke beendet hat.

Haben mal wieder gezündet: Borna Sosa (re.) und Sasa Kalajdzic.

Haben mal wieder gezündet: Borna Sosa (re.) und Sasa Kalajdzic.

IMAGO/Sportfoto Rudel

Nicht zuletzt schwache Offensivdarbietungen brachten Stuttgart erst in diese missliche Situation. Der VfB am Rande der Zweitklassigkeit, vor dem vergangenen Spieltag und dem eigenen Spiel beim FC Bayern fast schon abgeschrieben. Mit einem überraschend guten Auftritt beim 2:2 konnten sich die Schwaben ein kleines bisschen Luft verschaffen. Die Relegation ist so gut wie gesichert. Dank einer guten Leistung aller beim Rekordmeister und dem endlich mal wieder funktionierenden Offensivduo Borna Sosa und Sasa Kalajdzic.

Endspiele des VfB Stuttgart

Kalajdzic: “Dann ist es nicht einfach”

Seit dem 26. Spieltag, dem 1:1 bei Union Berlin, hatte Stuttgarts gefährlichstes Doppel nicht mehr gemeinsam für einen Treffer gesorgt. Dann folgte die 52. Minute in der Allianz-Arena. Die dritte Flanke Sosas innerhalb weniger Sekunden findet den Kopf von Kalajdzic, der das 2:2 erzielt. “Das hat Borna und mir gutgetan”, erklärt der Torschütze, der sich und den Kollegen in den vergangenen Wochen einer regelrechten Spezialbehandlung ausgesetzt sah. “Es war gefühlt so, dass jede Mannschaft Borna mit zwei Mann zugestellt hat und ich im Strafraum von zwei Mann gedeckt wurde. Dann ist es nicht einfach.”

Ein Remis für den “Kopf, die Moral” – und die Tabelle

Dass Kalajdzic nur eine Minute nach seinem Treffer zum Ausgleich plötzlich allein vor Manuel Neuer auftauchte, aber an Deutschlands Nummer 1 scheiterte, ärgert den Österreicher nur bedingt. “Ich weiß, dass ich den Ball hätte reinmachen müssen”, meint der Nationalspieler. “Aber es überwiegt trotzdem das Positive.” Ungeachtet dessen, dass die vielen Chancen auch für einen Sieg hätten reichen können. Vielleicht sogar müssen. “Natürlich kann man immer meckern, dass mehr drin gewesen wäre. Aber wir haben uns mit dem Punkt so viel erarbeitet, für den Kopf, für die Moral.” Für die Tabelle.

Für den 34. Spieltag stehen den Schwaben alle Optionen offen. Mit einem Sieg könnten sie sogar Hertha BSC auf Platz 15 abfangen, wenn die Berliner gegen Dortmund nicht punkten. Mit einem Remis ist der Relegationsplatz sicher, selbst wenn Bielefeld, das ein schlechteres Torverhältnis ausweist, in Leipzig siegen sollte. “Jetzt liegt es an uns. Wie wichtig der Punkt ist, werden wir nächste Woche sehen.” Das das Minimalziel Relegation in Gefahr kommen könnte, glaubt Kalajdzic nicht. “Es müsste viel passieren, dass wir es nicht schaffen”, so der Stürmer, der lieber “ein bisschen nach oben schielen” will.

Unabhängig vom Saisonfinish: Kalajdzic nicht abgeneigt, zu wechseln

Ein möglicher Klassenerhalt, so der Publikumsliebling, spiele keine Rolle, wie es mit ihm persönlich weitergeht. Kalajdzic ist umworben und nicht abgeneigt, vor dem Ende seines Ende Juni 2023 auslaufenden Vertrags, zu wechseln. Der Traditionsklub kann und will dies nicht ausschließen, darf außerdem mit einer Ablöse um die 20 Millionen Euro rechnen. Auf die Frage, wie oft er noch das Trikot des VfB tragen werde, meint Kalajdzic nur: “Ich hoffe, dass es in dieser Saison nur noch einmal sein wird. Danach wird man weitersehen.”

George Moissidis

Matarazzo lässt sich das Hoffen nicht verbieten

Die jüngsten Leistungen und die Statistiken sprechen alles andere als für eine realistische Chance der Stuttgarter in München. Doch Trainer Pellegrino Matarazzo lässt sich das Hoffen nicht verbieten.

Pellegrino Matarazzo kämpft mit dem VfB Stuttgart um den Klassenerhalt.

Pellegrino Matarazzo kämpft mit dem VfB Stuttgart um den Klassenerhalt.

IMAGO/Sportfoto Rudel

Wenn es ein O in VfB gäbe, stünde es für Optimismus. Pellegrino Matarazzo ignoriert das Fehlen dieses Buchstabens ebenso, wie die vielen unerfreulichen Statistiken, die diese Partie für den VfB hergibt. Nur drei Beispiele: Die Bayern erzielten schon 221 Tore gegen den VfB. So viele wie gegen keinen anderen aktuellen Bundesligisten. Sie feierten 67 Siege im Oberhaus gegen die Schwaben. Kein anderes Team besiegte einen Bundesligakontrahenten öfter. Dazu kommen 18 Erfolge in den jüngsten 19 Duellen der beiden Süd-Klubs. Am 34. Spieltag 2017/18 nahmen die Stuttgarter die Punkte mit, die sie und ihr Trainer diesmal ebenfalls anvisieren.

“Wir brauchen Mut, Geschlossenheit, Härte und Intensität”, sagt Matarazzo vor dem Duell mit dem Rekordmeister, gegen den seine Mannschaft nach Bielefelds  Niederlage in Bochum mit einem Remis sogar den Relegationsplatz ein bisschen, mit einem Sieg komplett und vielleicht sogar nochmal Hertha Platz 15 streitig machen könnte. Dazu gelte es,   den Status der Münchner als Übermannschaft am besten zu ignorieren. “Was wir beeinflussen können, müssen wir sehr, sehr gut machen: jeden Zweikampf mit hundert Prozent führen, einfache Lösungen suchen und diese gut machen.” Es sei kein ausgesprochen großes Selbstvertrauen nötig. Das beim VfB sowieso eher rudimentär statt im Überfluss vorhanden ist. “Man braucht keine breite Brust, um gut und leidenschaftlich zu verteidigen.”

Wenn der Glaube fehlt, brauchen wir erst gar nicht antreten.

Pellegrino Matarazzo

Genau darauf wird es besonders ankommen, meint der 44-Jährige. “Wir brauchen eine stabile Defensivleistung, indem wir höher pressen oder tiefer stehen. Etwas dazwischen funktioniert in München nicht. Entweder man presst höher mit einer hundertprozentigen Intensität oder man steht tiefer, verteidigt kompakt und setzt auf Nadelstiche. Und das über 90 Minuten.” Was selbst dann zu wenig sein könnte, wenn man die individuelle Qualität der Bayern betrachtet, die sich nach dem 1:3 in Mainz sowie ihrem Kurztrip nach Ibiza keine weitere Angriffsfläche für Kritik leisten wollen und dürfen. “Man braucht vielleicht auch mal etwas Glück, um die eine oder andere Chance zu überstehen, wenn die Bayern einen guten Tage haben”, sagt Matarazzo, der dieses in die eigene Hand nehmen möchte. “Wichtig ist der Glaube an die eigene Stärke, an die Chance, etwas holen zu können. Wenn der Glaube fehlt, brauchen wir erst gar nicht antreten.”

Fast auf den Tag genau vor vier Jahren, am 12. Mai 2018, hatten die Schwaben diesen Mut. Mit 4:1 besiegten sie den Rekordmeister und gingen als schwäbische Spaßbremsen in die Historie ein. Vor der Übergabe der Meisterschale, die auch diesmal die Bayern nach dem Abpfiff erwartet. “Wir fahren nicht hin, um eine Party mitzufeiern, sondern um Punkte mitzunehmen”, sagt Matarazzo, der den damaligen Überraschungserfolg bisher nicht thematisiert hat.

“Das ist nicht mehr wichtig, weil es eine andere Mannschaft ist, eine andere Situation.” Aus dem aktuellen Kader standen vor drei Jahren  lediglich Erik Thommy und Orel Mangala auf dem Rasen, Stuttgart auf Rang acht und anschließend auf sieben. Zeiten voller Optimismus, die im Jahr darauf im Abstieg endeten, den man diesmal erst noch zu verhindern versucht. George Moissidis

Matarazzo lässt sich das Hoffen nicht verbieten

Die jüngsten Leistungen und die Statistiken sprechen alles andere als für eine realistische Chance der Stuttgarter in München. Doch Trainer Pellegrino Matarazzo lässt sich das Hoffen nicht verbieten.

Pellegrino Matarazzo kämpft mit dem VfB Stuttgart um den Klassenerhalt.

Pellegrino Matarazzo kämpft mit dem VfB Stuttgart um den Klassenerhalt.

IMAGO/Sportfoto Rudel

Wenn es ein O in VfB gäbe, stünde es für Optimismus. Pellegrino Matarazzo ignoriert das Fehlen dieses Buchstabens ebenso, wie die vielen unerfreulichen Statistiken, die diese Partie für den VfB hergibt. Nur drei Beispiele: Die Bayern erzielten schon 221 Tore gegen den VfB. So viele wie gegen keinen anderen aktuellen Bundesligisten. Sie feierten 67 Siege im Oberhaus gegen die Schwaben. Kein anderes Team besiegte einen Bundesligakontrahenten öfter. Dazu kommen 18 Erfolge in den jüngsten 19 Duellen der beiden Süd-Klubs. Am 34. Spieltag 2017/18 nahmen die Stuttgarter die Punkte mit, die sie und ihr Trainer diesmal ebenfalls anvisieren.

“Wir brauchen Mut, Geschlossenheit, Härte und Intensität”, sagt Matarazzo vor dem Duell mit dem Rekordmeister, gegen den seine Mannschaft nach Bielefelds  Niederlage in Bochum mit einem Remis sogar den Relegationsplatz ein bisschen, mit einem Sieg komplett und vielleicht sogar nochmal Hertha Platz 15 streitig machen könnte. Dazu gelte es,   den Status der Münchner als Übermannschaft am besten zu ignorieren. “Was wir beeinflussen können, müssen wir sehr, sehr gut machen: jeden Zweikampf mit hundert Prozent führen, einfache Lösungen suchen und diese gut machen.” Es sei kein ausgesprochen großes Selbstvertrauen nötig. Das beim VfB sowieso eher rudimentär statt im Überfluss vorhanden ist. “Man braucht keine breite Brust, um gut und leidenschaftlich zu verteidigen.”

Wenn der Glaube fehlt, brauchen wir erst gar nicht antreten.

Pellegrino Matarazzo

Genau darauf wird es besonders ankommen, meint der 44-Jährige. “Wir brauchen eine stabile Defensivleistung, indem wir höher pressen oder tiefer stehen. Etwas dazwischen funktioniert in München nicht. Entweder man presst höher mit einer hundertprozentigen Intensität oder man steht tiefer, verteidigt kompakt und setzt auf Nadelstiche. Und das über 90 Minuten.” Was selbst dann zu wenig sein könnte, wenn man die individuelle Qualität der Bayern betrachtet, die sich nach dem 1:3 in Mainz sowie ihrem Kurztrip nach Ibiza keine weitere Angriffsfläche für Kritik leisten wollen und dürfen. “Man braucht vielleicht auch mal etwas Glück, um die eine oder andere Chance zu überstehen, wenn die Bayern einen guten Tage haben”, sagt Matarazzo, der dieses in die eigene Hand nehmen möchte. “Wichtig ist der Glaube an die eigene Stärke, an die Chance, etwas holen zu können. Wenn der Glaube fehlt, brauchen wir erst gar nicht antreten.”

Fast auf den Tag genau vor vier Jahren, am 12. Mai 2018, hatten die Schwaben diesen Mut. Mit 4:1 besiegten sie den Rekordmeister und gingen als schwäbische Spaßbremsen in die Historie ein. Vor der Übergabe der Meisterschale, die auch diesmal die Bayern nach dem Abpfiff erwartet. “Wir fahren nicht hin, um eine Party mitzufeiern, sondern um Punkte mitzunehmen”, sagt Matarazzo, der den damaligen Überraschungserfolg bisher nicht thematisiert hat.

“Das ist nicht mehr wichtig, weil es eine andere Mannschaft ist, eine andere Situation.” Aus dem aktuellen Kader standen vor drei Jahren  lediglich Erik Thommy und Orel Mangala auf dem Rasen, Stuttgart auf Rang acht und anschließend auf sieben. Zeiten voller Optimismus, die im Jahr darauf im Abstieg endeten, den man diesmal erst noch zu verhindern versucht. George Moissidis

George Moissidis

Matarazzo will von Wettbewerbsverzerrung nichts wissen

Ein Großteil der Profis des FC Bayern legte Anfang der Woche auf Ibiza die Beine hoch. Die Spieler des VfL Bochum machten im Pott die große Sause. Anders als sein Kollege Felix Magath will Stuttgarts Trainer Pellegrino Matarazzo aber nichts von einer möglichen Wettbewerbsverzerrung wissen.

Erwartet "topbesetzte" Bayern: Pellegrino Matarazzo

Erwartet “topbesetzte” Bayern: Pellegrino Matarazzo

IMAGO/Michael Weber

Nachdem die Profis des Rekordmeisters aus München in Mainz mit 1:3 untergegangen waren und Bochum mit 4:3 in Dortmund zum vorzeitigen Klassenerhalt gekommen war, hatte sich Hertha-Trainer Magath zu einem Aufruf gemüßigt gefühlt: Es sei wünschenswert, wenn Teams ohne weitere konkrete Ziele die Saison dennoch ernsthaft zu Ende spielten. Ein Appell gegen eine vielleicht unbewusste aber deswegen nicht unmögliche Wettbewerbsverzerrung, die für die abstiegsbedrohte Klubs wie eben Berlin sowie Stuttgart und Bielefeld zum Damoklesschwert werden könnte.

Dass die Bayern-Stars sich außerdem einen Kurzurlaub auf Ibiza gönnten, mag den früheren Nationalspieler und Musterprofi zusätzlich befremdet beziehungsweise geärgert haben. Stuttgarts Chefcoach kann der ganzen Thematik dagegen nichts abgewinnen. Für Matarazzo ist alles gesagt und kein Grund zur Aufregung. Die Bayern und die Bochumer “hatten zwei Tage frei und waren etwas unterwegs. Ich gehe davon aus, dass es dennoch bei beiden Teams eine professionelle Spielvorbereitung gab. Es ist ja nicht so, dass sie fünf Tage auf Sauftour waren”.

Bayern will jedes Spiel gewinnen und ihre Meisterschaft feiern. Wir sind vorbereitet auf eine topbesetzte Münchner Mannschaft.

Pellegrino Matarazzo

Der 44-Jährige glaubt nicht, dass der VfB daraus einen Vorteil ziehen könnte. “Zwei, drei freie Tage zu haben, kann auch positiv sein, kann helfen, den Kopf freizukriegen. Bayern will jedes Spiel gewinnen und ihre Meisterschaft feiern. Wir sind vorbereitet auf eine topbesetzte Münchner Mannschaft.”

Legt Bielefeld vor?

Ernsthaftigkeit, die er auch den Bochumern nicht abspricht, die am heutigen Abend (20.30 Uhr, LIVE! bei kicker) Stuttgarts Verfolger Bielefeld erwarten. Matarazzo hat sein Trainerteam zu sich eingeladen. “Wir werden etwas essen, vielleicht ein Bierchen trinken und das Spiel anschauen”, sagt der Chefcoach, der hofft, dass die Arminen leer ausgehen. Sonst würden sie den VfB überholen und noch mehr unter Erfolgsdruck setzen. “Dass es ein wichtiges Spiel ist, ist kein Geheimnis. Ob es aber einen Effekt darauf haben wird, wie wir das Spiel in München angehen, wird man sehen.”

Die Ausgangslage sei vorgegeben. “Wir wollen unabhängig davon etwas holen, wollen punkten”, erklärt Matarazzo, der je nach Zwischenstand allenfalls Auswirkungen für die Endphase der Partie sieht. “Vielleicht hat es Einfluss darauf, wie viel Risiko wir zum Ende des Spiels eingehen müssen. Mehr aber nicht.”

Mavropanos? Matarazzo ist “optimistisch”

Personell hat der US-Italiener keine größeren Probleme zu vermelden. Der am gestrigen Donnerstag im Training fehlende Konstantinos Mavropanos soll am Sonntag einsatzbereit sein. Der Innenverteidiger habe gegen Wolfsburg “einen Schlag oberhalb des Beckenkamms abbekommen. Das bereitet ihm leichte Probleme. Mal sehen, ob er heute schon wieder ins Training einsteigen kann oder erst morgen. Ich gehe aber davon aus, ich bin optimistisch, dass es klappen wird.” Ein Fragezeichen steht dagegen hinter Roberto Massimo, der wegen Rückenproblemen gestern nicht auf dem Rasen mitmischen durfte. “Sein Einsatz ist fraglich.”

George Moissidis