Krösche: “Es gibt Schmerzgrenzen, keiner ist unverkäuflich”

Obwohl die Eintracht im vergangenen Sommer einen Transferüberschuss im hohen zweistelligen Millionenbereich erzielte, wird Markus Krösche wohl auch in der kommenden Transferperiode zumindest einen werthaltigen Leistungsträger verkaufen. Der Klub ist weiterhin auf Transfererlöse angewiesen.

Auf dem Transfermarkt gefordert: Markus Krösche soll bei Eintracht Frankfurt erneut einen Transferüberschuss erwirtschaften.

Auf dem Transfermarkt gefordert: Markus Krösche soll bei Eintracht Frankfurt erneut einen Transferüberschuss erwirtschaften.

IMAGO/Chai v.d. Laage

Die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen rissen eine Schneise der Verwüstung in die Bilanzen der Eintracht Frankfurt Fußball AG. Der scheidende Aufsichtsratsboss Philip Holzer beziffert die pandemiebedingten Verluste auf 80 Millionen Euro. Das Eigenkapital schmolz zeitweise auf unter zehn Millionen Euro zusammen.

Eintracht investierte über 60 Millionen Euro in die Infrastruktur

Hinzu kamen große Investitionen in die Infrastruktur. Das 2021 eröffnete Profi-Camp kostete etwa 34 Millionen Euro, zudem hatte Vorstandssprecher Axel Hellmann bereits 2018 angekündigt, bis zu 30 Millionen Euro in die Digitalisierung des Stadions zu stecken. Allein schon der 2020 installierte neue Videowürfel stellte ein Millionenprojekt dar. Die Darlehen für diese Investitionsoffensive müssen weiterhin zurückgezahlt werden.

Seit der 2020 erfolgten Fusion mit dem 1. FFC Frankfurt fließen Millionen in den Frauenfußball. Vor zwei Jahren setzte Krösche außerdem die Wiedereinführung einer zweiten Mannschaft um, schon im ersten Jahr gelang aus der Hessenliga der Aufstieg die Regionalliga. Die Heimspiele werden im Sportpark Dreieich ausgetragen, der seit 2022 von einer Tochtergesellschaft der Eintracht betrieben wird. Auch das kostete und kostet Millionen.

Zudem ist der Mitarbeiterstab in der Fußball AG in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Mittlerweile gibt es etwa 400 Festangestellte, zum Vergleich: Vor Corona waren es im Geschäftsjahr 2019 durchschnittlich 227 Mitarbeiter.

Das Eigenkapital liegt wieder bei 60 Millionen Euro

All das muss man sich vergegenwärtigen, um zu verstehen, weshalb die Eintracht weiterhin auf Transfererlöse angewiesen ist. Obwohl Krösche in der vergangenen Sommer-Transferperiode einen Transferüberschuss im hohen zweistelligen Millionenbereich erzielte, soll er bei Transfers auch in der kommenden Periode mehr Geld einnehmen als ausgeben.

Das bestätigte er auf einer Pressekonferenz am Montag. Die Überschüsse im vergangenen Jahr wurden auch dazu genutzt, das Eigenkapital wieder auf das Vor-Corona-Niveau zu erhöhen. Es liegt aktuell bei etwa 60 Millionen Euro.

Keiner ist unverkäuflich. Trotzdem wollen wir nicht viele Veränderungen und die Mannschaft zusammenhalten.

Markus Krösche

Um für einen Überschuss zu sorgen, wird Krösche wohl zumindest einen werthaltigen Leistungsträger verkaufen müssen. Willian Pacho und Omar Marmoush sind potenzielle Verkaufskandidaten, die für Ablösen jenseits der 40 Millionen Euro sorgen könnten.

“Bei jedem Spieler gibt es Schmerzgrenzen, keiner ist unverkäuflich. Trotzdem wollen wir nicht viele Veränderungen und die Mannschaft zusammenhalten. Im Großen und Ganzen sind wir sehr zufrieden mit dem Kader”, sagt Krösche.

Ein “Fallschirm” für ein Jahr ohne Europapokal

Das Ziel ist weiterhin, eine gute Mischung aus jungen und erfahrenen Kräften zu finden. Der Sportvorstand sieht durch die Entwicklung von Spielern mit Potenzial auch die Möglichkeit, einen “Fallschirm” zu schaffen, um durch Transfererlöse auch mal eine Saison ohne internationalen Wettbewerb überbrücken zu können.

Talente wie Igor Matanovic (21), Nathaniel Brown (20), Aurele Amenda (20) oder Krisztian Lisztes (19) stoßen im Sommer dazu. Aktuell besteht der größte Handlungsbedarf im Mittelfeldzentrum, die Wunschlösung heißt Pascal Groß (32). Doch ob der Nationalspieler von Brighton zur SGE wechseln will, bleibt abzuwarten.

Natürlich müsste auch nachgelegt werden, falls Marmoush oder Pacho Frankfurt verlassen sollten. Als möglichen Pacho-Ersatz hat Krösche Konstantinos Koulierakis (20, PAOK Saloniki) im Visier.

Julian Franzke

Lisztes darf sich in der Vorbereitung präsentieren – Krösche plant zahlreiche Leihgeschäfte

Einen großen personellen Umbruch wie im vergangenen Jahr soll es bei der Eintracht in diesem Sommer nicht geben. Trotzdem wird es viele Transferbewegungen geben, mehr als ein halbes Dutzend Spieler könnten verliehen werden.

Bastelt am Kader für die kommende Saison: Frankfurts Sportvorstand Markus Krösche.

Bastelt am Kader für die kommende Saison: Frankfurts Sportvorstand Markus Krösche.

IMAGO/Jan Huebner

Im vergangenen Sommer verließen mit Randal Kolo Muani, Jesper Lindström, Djibril Sow, Daichi Kamada und Evan Ndicka fünf Stammspieler die Eintracht, auch Europa-League-Held Rafael Borré ging. Zudem trat Trainer Dino Toppmöller die Nachfolge von Oliver Glasner an. Derart turbulent wird es 2024 nicht zugehen. Toppmöller bleibt im Amt, zudem werden wohl höchstens zwei Stammkräfte die Hessen verlassen – Stürmer Omar Marmoush und Verteidiger Willian Pacho werden schon länger mit Klubs aus der Premier League in Verbindung gebracht.

Baum und Ferri Julia sollen bei anderen Klubs reifen

Nichtsdestotrotz zeichnen sich schon jetzt zahlreiche Transferbewegungen ab. Sportvorstand Markus Krösche kündigte am Montag an, dass Torhüter Simon Simoni (19), Außenverteidiger Elias Baum (18) und Stürmer Ignacio Ferri Julia (19) verliehen werden sollen. Baum und Ferri Julia kamen in der vergangenen Saison zu einigen Einsätzen bei den Profis, spielten meist aber in der zweiten Mannschaft. “Vom Level her hilft die Regionalliga ihnen nicht mehr bei ihrer Entwicklung. Wir sind schon mit Klubs im Austausch, sodass sie auf dem nächsthöheren Level Spielzeit bekommen”, sagt Krösche. Bei beiden gebe es eine “sehr große Fantasie, dass sie auch bei der Eintracht ihren Weg gehen können”.

Auch der zuletzt an Vitesse Arnheim ausgeliehene offensive Mittelfeldspieler Paxten Aaronson (20) soll abermals verliehen werden. Lösungen müssen zudem bei Flügelstürmer Faride Alidou (22, Leihe nach Köln) und Jessic Ngankam (23, Leihe nach Mainz) gefunden werden. Beiden ist in Frankfurt wohl auch perspektivisch kein Durchbruch zuzutrauen. Das gilt erst recht für Verteidiger Jerome Onguene (26), der zuletzt an Servette Genf verliehen war, dort aber überhaupt keine Rolle spielte. Es ist durchaus denkbar, dass auch dieses Trio noch mal verliehen wird – ihren Marktwert konnten sie jedenfalls nicht steigern.

Matanovic als leuchtendes Vorbild

Offen ist, ob Neuzugang Kristijan Lisztes (19, Ferencvaros, 4 Mio. Ablöse) fest eingeplant wird. Der offensive Mittelfeldspieler war in Budapest kein unangefochtener Stammspieler, der Schritt in die Bundesliga ist groß. “Er wird auf jeden Fall erst mal zu uns stoßen und die Sommervorbereitung bei uns machen”, kündigt Krösche an. Dann fällt die Entscheidung, ob der ungarische U-21-Nationalspieler noch mal verliehen wird.

Ähnlich verfuhr die SGE vor einem Jahr bei Igor Matanovic. Der Stürmer hinterließ in der Vorbereitung durchaus einige Duftnoten, wurde schlussendlich aber an den KSC verliehen – eine goldrichtige Entscheidung. In Karlsruhe blühte der 21-Jährige so richtig auf (14 Tore, 7 Assists), sodass er in der neuen Saison im Eintracht-Sturm fest eingeplant ist und auf regelmäßige Einsätze kommen dürfte.

Unklar ist, wie es bei den Mittelfeldspielern Antonio Foti (20, Leihe nach Hannover) und Marcel Wenig (20, Leihe nach Nürnberg) weitergeht. Beide stehen in Frankfurt bis 2025 unter Vertrag. Um sie ein weiteres Mal auszuleihen, müssten ihre Verträge also erst mal verlängert werden. Angesichts der fehlenden Perspektive erscheint das auf den ersten Blick nicht sinnvoll. Nicht mehr zurückkehren wird Sechser Kristijan Jakic (27). Für fünf Millionen Euro zog der FC Augsburg die Kaufoption für den kampfstarken Sechser.

Amenda, Brown und Uzun kommen zur Eintracht

Innenverteidiger Hrvoje Smolcic wird die Hessen mit hoher Wahrscheinlichkeit verlassen. Für den 23-Jährigen gab es schon im vergangenen Januar einen Markt, angesichts der dünnen Personaldecke in der Abwehr ließ ihn die Eintracht jedoch nicht ziehen. Nun erhält der Kroate grünes Licht für einen Abgang. In Aurele Amenda (20, BSC Young Boys, 9 Mio.) steht bereits ein Neuzugang für die Innenverteidigung fest.

Für die Linksverteidigerposition stößt Nathaniel Brown (Nürnberg, 3,25 Mio.) zur Eintracht. Die Verpflichtung machte die Eintracht bereits im Winter klar, lieh den 20-Jährigen aber zunächst noch einmal an den Zweitligisten aus. Von Nürnberg wird auch Offensivspieler Can Uzun zur Eintracht stoßen. Dem Vernehmen nach steht die Verpflichtung des 18-jährigen Ausnahmetalents längst fest, mit der offiziellen Bekanntgabe des Transfers ist Anfang Juli zu rechnen.

Julian Franzke